"Ehem. Baumwollspinnerei" in Rohrbach am Steinfelde

Bunker Ratte

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#1
Die einst modernste Baumwollspinnerei der Donaumonarchie!
Rohrbach am Steinfelde – Gemeinde Ternitz

Josef Mohr, der Inhaber der Möllersdorfer und Felixdorfer Baumwollspinnereien, veranlasste 1840 den Bau einer weiteren mechanischen Spinnerei in Rohrbach am Steinfelde. Als Antriebsmotoren dienten Wasserräder und eine Dampfmaschine mit einer Leistung von etwa einhundert Pferdestärken. Das landesbefugte Unternehmen Josef Mohr&Söhne beschäftigte nach Inbetriebnahme seiner dritten Baumwollspinnerei insgesamt an die 500 Personen. 1888 erwarb die à Pottendorfer Baumwollspinnerei und Zwirnerei Aktiengesellschaft die Spinnfabrik in Rohrbach, die in eine Weberei mit 390 mechanischen Webstühlen umgerüstet wurde. 1905 wurden große Teile der Fabrik durch einen Brand zerstört, jedoch umgehend wieder errichtet und durch den Neubau einer Spinnerei erweitert. Die mit 48.000 Spindeln ausgestattete neue Baumwollspinnerei galt nach ihrer Fertigstellung als modernste Spinnerei der Donaumonarchie. Während des Zweiten Weltkriegs musste – ebenso wie in zahlreichen anderen Betrieben der Textilbranche – die Garnerzeugung der Produktion von Flugzeugteilen weichen. Die 1944 durch Luftangriffe beschädigte Fabrik wurde 1945 von der Roten Armee beschlagnahmt und 1946 als Spinnerei wiederhergestellt. 1967 erwarb Josef Hubers Erben, Wirk-und Strickwarenfabrik das Rohrbacher Werk. Anfang der Achtzigerjahre beschäftigte die Fabrik in Rohrbach rund 300 Personen. 1987 wurde der Betrieb eingestellt. Das alte Produktionsgebäude ist über einem lang gestreckten, rund 20 x 60 m großen Grindriss viergeschossig und mit einem ausgebauten Dachgeschoß errichtet worden. Die Fassade ist glatt verputzt und gelb gefärbt; sie zeigt Eisensprossenfenster mit segmentbogenförmigem Sturz. Bedeckt wird das Gebäude von einem Satteldach mit aufgesetzter Firstlaterne. Die Deckenkonstruktionen werden von gusseisernen Säulen getragen. Die kurz nach der Jahrhundertwende neu errichtete Spinnerei befindet sich im nördlichen Teil des Fabrikareals im Anschluss an die Kraftzentrale und den weithin sichtbaren Wasserturm. Der ebenerdige zwölfschiffige Shedbau wurde als Stahlskelettkonstruktion mit einer Fassade aus Sichtziegelmauerwerk errichtet. Die Fassade zeigt große Holzsprossenfenster mit segmentbogenförmigem Sturz. Sichtziegelflächen und Putzfelder bestimmen das an barocke Bauformen erinnernde äußere Erscheinungsbild der Spinnerei. Die Dachlandschaft wird durch den Wechsel von Graben-und aufgesetzten Sheddächern rhythmisiert. Der Wasserturm entstand über einem quadratischen Grundriss; er wirkt gedrungen und zeigt einen leicht auskragenden Behälteraufsatz, der einen allseitig mit Uhren versehenen Trumhelm trägt. Das nach außen tretende Sichtziegelmauerwerk wird durch Putzfelder strukturiert. Überragt wird die gesamte Produktionsanlage vom wuchtigen Schornstein. Der Fabrik sind Werkswohnbauten vorgelagert, die als viergeschossige Laubenganghäuser mit Eckrisaliten ausgeführt wurden. Die über einem Grundriss von etwa vierzig mal zwölf Metern hergestellten Wohnhäuser werden von Sattel-und Walmdächern abgeschlossen. Die Fassaden sind glatt verputzt und zeigen straßenseitig angebrachte Putzlisenen sowie Holzkastenfenster. Die Erschließung der Wohnungen erfolgt über hofseitig gelegene Laubengänge. Die Kragarme mit Rundornamenten wurden in Gusseisen hergestellt, sie tragen eine Holzbohlenkonstruktion.
Quelle: Das industrielle Erbe Niederösterreichs

Weitere Hinweise bezüglich Stollenanlage und WNF gibt es unter Petersberg - Ternitz im Forum.

Aktuell werden die Gebäude von diversen Firmen nachgenutzt, beziehungsweise wird das Areal von Zur Spinnerei - Karl Schweigl verwaltet.

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Bunker Ratte

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#5
Mich würde interessieren wie das Areal früher, bzw. noch in Betrieb ausgesehen hat, vielleicht hat jemand Hinweise und Historische Aufnahmen?
 
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HF130C

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#8
Sehr interessante Bilder einer sehenswerten Anlage.

Ein bemerkenswertes Detail ist auf Bild 33 und 34 zu sehen: Offensichtlich ist es ein Fallschacht, durch den Abfälle(?) aus der Türe oben runtergeworfen wurden. Was nicht so dazupasst, ist das Elektroraumtaferl auf der Türe. Aber das Fallgut könnte auch über den Brückensteg gekommen sein. Interessant auch, dass der Fallschacht offenbar aus Niroblechen besteht. Da die Fabrik 1987 geschlossen wurde, passt das Niroblech nicht so dazu, das war damals eigentlich zu teuer für solche einfachen Anwendungen. Könnte der Schacht von einer Nachnutzung stammen? Aber produzierende Gewerbe, die im Obergeschoß Abfälle in großen Mengen erzeugten werden kaum in den Gebäuden gewesen sein?

Konntest du erkennen, wie der Fallschacht unten geendet hat? Man sieht auf dem Foto eine seitliche Öffnung, interessant wäre, ob diese direkt am Boden gelegen ist oder der Schacht erhöht geendet hat, um ein Fuhrwerk oder einen Behälter drunter zu stellen?

Eine Frage noch zu dem Kanal: Dieser scheint ja samt Wehr noch in Betrieb zu sein, gibts hier eine Nutzung in Form einer Turbine zur Stromgewinnung? Ohne Zweck wird man den Kanal wohl kaum in Betrieb belassen?
 

josef

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#9

f326561

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#11
Eine Frage noch zu dem Kanal: Dieser scheint ja samt Wehr noch in Betrieb zu sein, gibts hier eine Nutzung in Form einer Turbine zur Stromgewinnung? Ohne Zweck wird man den Kanal wohl kaum in Betrieb belassen?
Ja, es gibt entlang des Werkskanals einige kleine Wasserkraftwerke (zB. bei der ehemaligen Schraubenfabrik im Stadtzentrum von Neunkirchen), welche nach wie vor Strom produzieren. In Ternitz-Dunkelstein wird dieser Werkskanal von der Schwarza abgeleitet, daher ist die Schwarza in diesem Bereich zwischen Ternitz und Loipersbach die meiste Zeit das Jahres trocken.
 

Bunker Ratte

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#12
Ein bemerkenswertes Detail ist auf Bild 33 und 34 zu sehen: Offensichtlich ist es ein Fallschacht, durch den Abfälle(?) aus der Türe oben runtergeworfen wurden. Was nicht so dazupasst, ist das Elektroraumtaferl auf der Türe. Aber das Fallgut könnte auch über den Brückensteg gekommen sein. Interessant auch, dass der Fallschacht offenbar aus Niroblechen besteht. Da die Fabrik 1987 geschlossen wurde, passt das Niroblech nicht so dazu, das war damals eigentlich zu teuer für solche einfachen Anwendungen. Könnte der Schacht von einer Nachnutzung stammen? Aber produzierende Gewerbe, die im Obergeschoß Abfälle in großen Mengen erzeugten werden kaum in den Gebäuden gewesen sein?

Konntest du erkennen, wie der Fallschacht unten geendet hat? Man sieht auf dem Foto eine seitliche Öffnung, interessant wäre, ob diese direkt am Boden gelegen ist oder der Schacht erhöht geendet hat, um ein Fuhrwerk oder einen Behälter drunter zu stellen?
Ich wollte mir die ehemaligen Fabriksgebäude auch von Innen Ansehen. Nach einer Anfrage meinerseits in der Verwaltung (Karl Schweigl), die ja vor Ort in dem Verwaltungsgebäude ansässig ist, wurde dies abgelehnt. Weil die meisten Gebäude und auch die Ehemaligen Wohnhäuser an diversen Firmen verpachtet sind. Nur so viel steht fest, daß in den Gebäuden nichts mehr an die Spinnerei erinnert, es wurde alles demontiert und neu ausgebaut. Es wurden pazelierte Lagerräume geschaffen. Ich denke das die Rutsche oder Fallschacht noch von den Umbauarbeiten oder einer Nachnutzung stammt. So wie es aber aussieht hat dies jetzt keine Funktion mehr. Jedenfalls endet der Schacht direkt am Boden.

Eine Frage noch zu dem Kanal: Dieser scheint ja samt Wehr noch in Betrieb zu sein, gibts hier eine Nutzung in Form einer Turbine zur Stromgewinnung? Ohne Zweck wird man den Kanal wohl kaum in Betrieb belassen?
In dieser Anlage wird kein Strom mehr erzeugt, die Informationen habe ich in der Verwaltung erfahren!
 

Bunker Ratte

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#13
Ja, es gibt entlang des Werkskanals einige kleine Wasserkraftwerke (zB. bei der ehemaligen Schraubenfabrik im Stadtzentrum von Neunkirchen), welche nach wie vor Strom produzieren. In Ternitz-Dunkelstein wird dieser Werkskanal von der Schwarza abgeleitet, daher ist die Schwarza in diesem Bereich zwischen Ternitz und Loipersbach die meiste Zeit das Jahres trocken.
Danke, für die Hinweise.
 
#14
War heute dort, aber leider habe ich für die Beantwortung von HF130C (#8) das falsche Objekt überprüft (da muss ich nochmals hin).
Allerdings habe ich einen Mieter gefragt und er hat Aufnahmen von Innen erlaubt:
die Decke von beiden Seiten (ist der gleiche Standplatz für die Aufnahmen - einmal nach links und einmal nach rechts aufgenommen).
Da ist keine Zwischendecke oder künstliches Licht vorhanden, der Lichteinfall täuscht.
Man sieht, wie hell es so eine Dachkonstruktion macht.

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#16
Um die Frage von HF130C zu beantworten: unter diesem Schacht fließt Wasser
Dieses Gebäude brummt auch; würde mich nicht wundern falls dort ein Generator arbeitet.
 

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#18
Um die Frage von HF130C zu beantworten: unter diesem Schacht fließt Wasser
Dieses Gebäude brummt auch; würde mich nicht wundern falls dort ein Generator arbeitet.
Für die, die nichts mit Wasserkraftanlagen zu tun haben:
Ich bin mir ziemlich sicher, dass in diesem Schacht das Treibgut, welches der Rechen vor der Turbine aus dem Wasser holt, nach der Turbine zurück in den Kanal fällt.
 
#19
Ein Video über den Eigentümer der Rohrbacher Spinnerei Quelle
Demnach zählte der Aufbau des Vertriebes von Maresi und den daraus gewonnenen Kundenkontakten zum Grundstock seines Vermögens.
Beitrag von @f326561

Übrigens, produziert von der Ennstalmilch, die von sich selbst schreibt:
"Von Anfang an legten die 27 Gründungsmitgliedern klare Richtlinien fest, um Produkte von allerhöchster Qualität herzustellen. Von täglichen Babymilchlieferungen nach Wien über die Frischmilchproduktion für die US Army....." Anmerkung: diese wurde auch nach Italien geliefert, zu den Flugstützpunkten der Amerikaner.

Und Maresi schreibt:

"Die Marke MARESI wurde 1955 geboren. Der Name "MARESI" wurde in einem Wiener Heurigen in Grinzing konzipiert als 1955 ein Teilnehmer erzählte, dass sie gerade in Stainach im Ennstal haltbare Milch erfunden hätten, dafür aber noch einen Namen brauchten. "Maria Theresia", bot einer der anderen an, "aber wie wir sie in Wien nennen: Maresi“.

Und die neue Marke "MARESI" war geboren.

Die 250g-Flasche mit Kronenkork war das erste Produkt im Sortiment. Die einprägsame Glasflasche mit der blondbezopften Sennerin eroberte blitzartig die österreichischen Kaffeetische."


hergestellt-in-oesterreich.png
 
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#20
Im Zuge der Recherchen in diesem Gebiet einige Fotos:
 

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