Reste eines alten Materialaufzuges und einer Wasserleitung zum Stift Göttweig

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Nutzte die vegetationslose Zeit zum fotografieren von Pfeilerresten eines ehemaligen Materialaufzuges an der Ostseite des Göttweiger Stiftsberges.
Dazu mein Bericht:

Das 1083 vom Passauer Bischof Altmann gegründete Stift Göttweig wurde im Laufe der Jahrhunderte von einigen Feuersbrünsten heimgesucht. So zerstörte auch 1718 ein Großbrand einen Großteil der Stiftsbauten. Der damalige Abt Gottfried Bessel beauftragte den kaiserlichen Architekt Johann Lucas von Hildebrandt mit der Planung eines barocken Neubaues und bereits 1720 begannen die Bauarbeiten.

Zum Transport der enormen Mengen an Baumaterial auf das Plateau des Stiftsberges erstellte 1719 der Salzburger Zimmermeister Abraham Huebner einen Vorschlag für einen Materialaufzug. An Hand eines Holzmodells überzeugte er Abt Bessel von der Funktion und Huebner konnte mit der Errichtung beginnen.

Vom Panholz, an der Straße von Furth über den Göttweiger Sattel nach Paudorf, führte eine auf einer Holzkonstruktion verlegte Schienentrasse auf die Hochfläche am Berg. Darauf wurde mit einer Seilwinde ein hölzerner Transportwagen bewegt. In der Bergstation gingen 4 Pferde im Kreis und trieben über ein hölzernes „Getriebe“ aus Kammrädern die Winde an. 1722 wurde das hölzerne Getriebe verbessert, damals dürften auch die Holzstützen der Trasse auf die heute noch teilweise erhaltenen Steinpfeiler geändert worden sein. Wie lange der Aufzug in Betrieb war konnte ich noch nicht in Erfahrung bringen.

Bilder Teil 1:
1. Ostseite des Stiftsberges mit dem ehemaligen Trassenverlauf.
2. Zeitgenössischer Stich mit Darstellung der Trasse, noch mit Holzpfeiler.
3. Darstellung der Antriebsmaschine.
4. Holzmodell von Huebner.
5. Übersicht des Panholzes: Hinter den linken Häusern befand sich ein stiftseigener Ziegelofen. In der „jüngeren“ Vergangenheit befand sich am Hang hinter diesen Häusern eine FAn-Doppelanlage, siehe hier die Beiträge #18 -20 und #37

Bildquelle 2.-4.: Ausstellungskatalog „900 Jahre Stift Göttweig 1083-1983“; Göttweig 1983
 

Anhänge

Zuletzt bearbeitet:

Soundy

† (17. Juli 2020)
#3
Da habe ich aber jetzt geschaut! Ich hätte nicht geglaubt, dass von diesem Schrägaufzug noch Reste vorhanden sind.
:danke für die Bilder!

1783 war dieser Bauabschnitt beendet, wurde aber nie in vollem Umfang des Planes von Johann Lucas von Hildebrandt ausgeführt. Ob der Aufzug danach noch in Betrieb war, ist unklar. Angeblich gibt es das Holzmodell noch in den Sammlungen des Stiftes.

Soundy
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#6
Da habe ich aber jetzt geschaut! Ich hätte nicht geglaubt, dass von diesem Schrägaufzug noch Reste vorhanden sind...
Ist auch wenigen bekannt, das steile Gelände ist ja ab Frühjahr bis in den Herbst hinein total verwachsen...man sieht ja jetzt fast nichts vor lauter Lianen usw. :)
1783 war dieser Bauabschnitt beendet, wurde aber nie in vollem Umfang des Planes von Johann Lucas von Hildebrandt ausgeführt
:danke für die Info! Wie wäre eigentlich der Plan von Hildebrandt gewesen? Auch Fischer von Erlach wirkte an Verbesserungsvorschlägen mit...
Angeblich gibt es das Holzmodell noch in den Sammlungen des Stiftes
Stimmt! Auch ein weiteres Funktionsmodell einer Wasserpumpenanlage von A. Huebner existiert noch! Damit wurde von Klein Wien Wasser zum Stift hochgepumpt! Bringe darüber in nächster Zeit einen Ergänzungsbeitrag darüber, muss noch Fotos machen bzw. im Gelände suchen.Am Dienstag kam ein ordentlicher Regenschauer dazwischen, als ich nach dem Panholz in Klein Wien vorbeischauen wollte...

Unklar ist auch, ob es von der Talstation eine Rollbahn oder etwas Ähnliches zur rund 200 m weiter südlich gelegenen Ziegelei gegeben hat? Teilweise vorhandene Geländestrukturen könnten eventuell darauf hindeuten...? Der Ziegelofen ist übrigens am alten Stich der Trasse zu sehen (Gebäude mit Rauch...)

Bilder:

1. "Urwald", obwohl der "Jakobsweg" dort den Berg hochführt :D
2- Mögliche Trasse einer Rollbahn oder Ähnlichem...
 

Anhänge

Soundy

† (17. Juli 2020)
#7
Von einer Feldbahn von der Ziegelei zur Talstation ist mir nichts bekannt. Damals waren "Schienenbahnen" hauptsächlich im Bergbau in Verwendung (Spurnagelhunte und ähnliches), erst im 19. Jahrhundert begann durch die Firmen Decauville und Dolberg das Feldbahnzeitalter.

Der Plan der Plan von Hildebrandt hätte so http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Kleiner_Goettweig.jpg ausgesehen.

Soundy
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#9
Historische Wasserleitung und Pumpwerk Klein Wien - Göttweig

Wie bereits angemerkt, projektierte und baute der Salzburger Zimmermeister Abraham Huebner nicht nur einen Materialaufzug auf den Stiftsberg von Göttweig, sondern auch eine Wasserleitung samt Pumpwerk.

Wie beim Aufzug überzeugte Huebner den Abt Bessel 1718 mit einem hölzernen Funktionsmodell des Pumpwerkes und bekam den Bauauftrag. Ebenfalls 1719 begann man mit den Bauarbeiten, die sich jedoch weitaus schwieriger gestalteten als jene für den Aufzug. Durch diverse Pannen erstreckte sich die Bauzeit über mehrere Jahre, bis endlich im September 1721 das erste Wasser vom Tal in die Zisternen am Stiftsberg gelangte…

Das Wasser wurde von einem Brunnenfeld beim „Pfisterhof“ (Wirtschaftshof des Stiftes) in Klein Wien mittels einer hölzernen Pumpenkonstruktion in Bleirohren auf den Berg gepumpt. Angetrieben wurde das Pumpwerk mittels Wasserkraft des Fladnitz-Baches. 1724 wurde die Anlage nach Plänen von Architekt und Baumeister J. Emanuel Fischer von Erlach verbessert. Das Beförderungssystem mittels Antrieb mit einem Wasserrad war für damalige Zeiten eine technische Glanzleistung… Erhalten ist außer den zeitgenössischen Darstellungen der Anlage und dem Holzmodell von Huebner nichts mehr.

Teil 1:

1. Zeitgenössischer Stich: Trasse der Wasserleitung vom Fladnitztal bei Klein Wien am Rücken des Westhanges zu Zisternen am Stiftsplateau.
2. Das Pumpwerk mit dem Wasserrad zum Antrieb des Gestänges der Pumpenkolben.
3. Holzmodell von Huebner
Bildquelle 1.-3.: Ausstellungskatalog „900 Jahre Stift Göttweig 1083-1983“; Göttweig 1983
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#10
Historische Wasserleitung - Teil 2.

Teil 2:

4. Blickrichtung N vom Fladnitztal zwischen Paudorf und Klein Wien hoch zum Stift Göttweig. Die Wasserleitungstrasse verlief am Hang im Bereich links der Stiftsgebäude zwischen Talboden und Berg. Es sind keine Überreste mehr erkennbar…

5. Blick vom Stift ins Tal zum Aufnahmestandpunkt von Foto 4: Links geht es nach Paudorf und die Straße am unteren Rand führt nach Klein Wien… (Aufnahme aus 2009).

6. Nochmals der ehemalige Ausgangspunkt der Wasserleitung im Bereich des Fladnitz-Baches (derzeit Kanalbaustelle ). Das linke Gebäude steht an Stelle des Pfisterhofes bzw. des damaligen Pumpwerkes.

7. Nochmals Blick vom Stift ins von der Fladnitz durchflossene Tal nach Klein Wien: In Bildmitte wieder das Gelände der ehemaligen Pumpstation. Darüber am Berghang des „Waxenberges“ die St.-Blasius-Kirche mit dem Friedhof… (Aufnahme aus 2009).

8. - 9. Die idyllisch gelegene St.-Blasius-Kirche von Klein Wien.
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#11
Ehem. Materialaufzug

Im Bereich Panholz am Göttweiger Berg finden derzeit Holzschlägerungs- bzw. Rodungsarbeiten statt. Dadurch wurde die Sicht auf die unteren Pfeiler der ehemaligen Aufzugstrasse frei.

Aufnahmen 11.02.2014 bei miesen Wetter- u. Lichtverhältnissen:
 

Anhänge

Oben