Kaimauer Pischelsdorf
Zu den
hier im Beitrag #4, Bilder 13 u. 14, veröffentlichten Fotos mit der Kaimauer in Pischelsdorf bekam ich eine Anfrage, ob ich mehr zur im Buch von
Richard Richter; „Das Werden der Donau Chemie AG“ (Zwentendorf 2002)
beschriebenen, ursprünglich vorgesehenen Mitbenutzung durch die MUNA (Munitionssichtungsstelle) Trasdorf wisse?
Dazu ein Textauszug aus dem Kapitel „Kaimauer“ aus dem vorhin zitierten Buch:
Notiz vom 19. 8. 1940:
Es wird dazu bemerkt, dass die Kaianlage für 3 Betriebe errichtet werden soll, für die HF Anlage die Anfang 1941 die Produktion aufnimmt, die SO3 Anlage der IG Leverkusen Betriebsbeginn Juli 1941 und für die MUNA, die ebenfalls im Laufe des Jahres 1941 die Produktion aufnehmen soll.
Das heißt der Kai muss im Laufe des Jahres 1941 betriebsbereit sein.
Für Baukosten wurden etwa 2 Millionen RM vorgesehen, ein Materialverbrauch von 930 t Eisen und 720 t Zement, an Arbeitsstunden wurden 160.000 veranschlagt.
Drei Entlade-Anschlüsse für Benzinkähne wurden geplant. Der Hafenbetrieb wird während der Befüll- und Entleerungsarbeiten ruhen. Auch eine besondere Art von Lokomotive wird eingesetzt. Eine Dampf-Speicher oder, wie sie allgemein genannt wurde, eine „feuerlose“ Lokomotive.
Die gesamte Kaianlage hat eine Länge von 375 m, davon sind 100 m für Benzin und 175 m für die Rohstoffmanipulation und weitere 100 m für die MUNA in Trasdorf gedacht. Vorerst wäre die MUNA – Trasdorf an der Errichtung beteiligt gewesen. Durch die Absiedlung ihrer Haupttätigkeiten (Versuche und Erprobungen der verschiedensten Gerätschaften für die V1 und V2 Raketen) nach Peenemünde war das Interesse daran verloren. Die Militärverwaltung zieht sich von einer Teilnahme am Bau der Kaianlage somit gänzlich zurück. Gegen Kriegsende war die Anlage in Trasdorf eine Munitionssichtungsstelle, eine Art Qualitätsüberprüfung der Heereswaffen. Auf Teilen dieses Geländes “Heeresbau” genannt steht heute das Umspannwerk Dürnrohr.
Museum Zwentendorf
Bauarbeiten 1941/42
Betreffend der Nichtinanspruchnahme durch die „MUNA“ Trasdorf wegen
„Absiedlung ihrer Haupttätigkeiten (Versuche und Erprobungen der verschiedensten Gerätschaften für die V1 und V2 Raketen) nach Peenemünde“ irrt Richard bzw. ist einem der vielen Gerüchte und Fehlinformationen über die Anlagen in Trasdorf aufgesessen!
Bei den 1939/1940 begonnenen Planungen und für 1941 vorgesehenen Fertigstellung der Kaimauer an der Donau stand weder eine Lagerung bzw. Versuche und Erprobungen von
„V2-Raketen“ (Aggregat 4) in Trasdorf zur Diskussion! Damals wurde lediglich auf den Feldern bei Trasdorf die dem
„Heeresnebenzeugamt (HNZA) Herzogenburg“ unterstellte
„Munitionssichtungsstelle Sitzenberg-Reidling“ (Benennung nach dem zuständigen Anschlussbahnhof) errichtet! Die oftmals verwendete Bezeichnung
„MUNA“ -> Munitionsanstalt ist ebenfalls nicht zutreffend! Hauptaufgabe der Einrichtung war die Aufarbeitung und Lagerung von erbeuteter „Feindmunition und Sprengmittel“! Für die umfangreichen Transporte bei An- und Weiterlieferung des Materials wurde ursprünglich auch eine Variante zur Nutzung des Wasserweges angedacht, daher die anfänglichen Planungen zur Teil-Nutzung der Kaianlage für die „MUNA“. Aus nicht bekannten Gründen verzichtete man jedoch auf den Schiffstransport und die Logistik wurde voll auf die Bahn ausgerichtet. Jedenfalls gab es im Planungszeitraum 1939/40 für die Kaimauer und der zeitlich parallelen Entwicklungsphase der Rakete in Peenemünde keine Nennung irgend eines Standortes in Österreich mit Bezug zur „V 2 - Raketenwaffe“!
Erst ab Ende März 1943 kam es in Folge der Planungen, die Wiener Neustädter
„Rax-Werke“ als 3. Montagebetrieb für die „A 4 – Raketen“ (nach Peenemünde und Friedrichshafen) heranzuziehen, zur Errichtung des „A 4 – Heimatlagers“ (V 2) mit
Deckname „Isabella“ neben den Objekten der Mun-Sichtungsstelle in Trasdorf! Während die begonnene Installierung der Fertigungsanlagen in den „Rax-Werken“ wegen der Fertigungsverlagerung in das
„Mittelwerk - Dora“ bei Nordhausen Ende Oktober 1943 bereits wieder abgebrochen wurde, konnten die in einfacher Bauweise errichteten Lagerhütten für „A 4“ in Trasdorf fertiggestellt werden. Soweit bekannt, war keine Lagerung von
„Fieseler Fi 103 – V1“ vorgesehen. Aber auch eine tatsächliche Lagerung von „A 4“ in Trasdorf konnte bisher nicht glaubhaft nachgewiesen werden!
Jedenfalls bestand alleine schon aus der zeitlichen Abfolge kein Zusammenhang der Nichtbenutzung der Kaianlage durch das „Heimatlagers für A 4“ wegen Verlagerung von Aktivitäten nach Peenemünde! Bei den Planungen der Mauer 1939 wusste man noch nichts von der ab 1943 projektierten Lagerung von "V 2" in Trasdorf!
Noch einige Fotos vom 20.08.2017 von der heute noch bestehenden Kaimauer: