Bilder-Restauratorin

josef

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Schönheitsoperation als historische Zeitreise
Manchmal hängt sie kopfüber an einer Decke, dann wieder sitzt sie stundenlang im Schneidersitz, um wertvollen Gemälden, Wandmalereien oder Statuen wieder neuen Glanz zu verleihen: die Grazer Restauratorin Eva Kleinsasser „operiert“ Kunstschätze.
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Es sind Kunstschätze aus Kirchen, Schlössern und Privathäusern, an denen die Zeit ihre Spuren hinterlässt. Dann gilt es, behutsam und mit Fingerspitzengefühl, Hand anzulegen. Einem Arzt gleich untersucht die Restauratorin Eva Kleinsasser das ihr anvertraute wertvolle Bild. Ein drei mal vier Meter großes Schlachtengemälde aus dem oststeirischen Wasserschloss Hainfeld. „Der Firnis ist vergilbt, verschmutzt, es gibt schlechte Übermalungen. Das wird man sehen, wenn man das Bild freilegt und Farbe abnimmt. Dann müssen Fehlstellen retouchiert und randgenau gekittet werden.“

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Es gehe nicht darum, das Bild beliebig zu verändern sondern authentisch zu restaurieren, stets im Bewusstsein um dessen Wert als Kulturgut.

„Immer wieder auf die Bilder einstellen“
„Es ist spannend, dass die Objekte, die Jahrhunderte wechseln und damit auch die Techniken. Man muss sehr flexibel sein und sich auf das Objekt einstellen und es auch wieder authentischer machen. Unser Versuch ist es, immer ein bisschen näher dem Original zu kommen“, erzählt Eva Kleinsasser von ihrer Arbeit.

Oft gibt es Überraschungen
Bei ihrer Arbeit mit realen Zeugnissen der Menschheitsgeschichte, kommt es auch vor, dass die Originale selbst sich als verfälscht herausstellen. So staunte Eva Kleinsasser vergangenen Sommer, bei der Restaurierung des Altarbildes „Verkündigung an Maria“ aus dem Grazer Dom, als sie beim Abtragen von einstigen ungeschickt ausgeführten Übermalungen plötzlich ein zerschnittenes Bild vor sich hatte.

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Deutlich sieht man hier den Schnitt mitten im Bild.
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Eva Kleinsasser bei der Arbeit am Altarbild des Grazer Doms.
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So hängt das Bild im Grazer Dom über dem Altar.
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Eva Kleinsasser und ihr Team bei der Arbeit am Altarbild.
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Deutlich sichtbare Schnittstellen die auf mehrere zusammengefügte Bilder hindeuten.
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Das Altarbild des Grazer Doms vor der Restaurierung.

Das Bild stammt von 1618, der Altar wurde erst später errichtet. Jetzt gebe es Annahmen, dass ein oder zwei Bilder für diesen Altar passend gemacht wurden, erzählt Kleinsasser. Ihre Aufgabe sei es nun, die Schnitte wieder zu integrieren und das Bild für den Betrachter lesbar zu machen.

Große Verantwortung bei Restaurierung der alten Schätze
Die Restaurierungen gleichen einer Art Schönheitsoperation und doch ist die maximale Erhaltung mehr als Kosmetik, greift sie doch tief auch in die Bereiche Naturwissenschaften, Kultur oder Geschichte ein. Die Grazerin ist sich ihrer großen Verantwortung bewusst. Beispielsweise bei der Restaurierung der Fastentücher, die in der Fastenzeit die bildlichen Darstellungen Jesu verhüllen. Diese stammen aus der Gegend um St.Veit und sind Teil von nur noch sehr wenigen erhaltenen Fastentüchern, die es in der Steiermark gibt.

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Ein Fastentuch das durch oftmaliges Auf- und Abrollen sichtbare Spuren bekommen hat.
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Deutlich sichtbare Risse und Fehler auf dem kostbaren Fastentuch.
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Übermalung von Rissen auf dem Fastentuch.

Die zahlreichen Fehlstellungen, die man in der Malschicht sieht, entstehen durch das Auf- und Abhängen und das Aufrollen auf der Stange.

Beruf als Zeitreise in spannende Epochen
Die Konservierung und Restaurierung der historischen Schätze ist für die Grazerin eine Berufung zur Wahrung historischer Güter und jedes mal eine Zeitreise in spannende Epochen. „Jedes einzelne Objekt ist eine Herausforderung. Man muss sich immer wieder einarbeiten, ein Konzept entwickeln. Daher ist jedes aktuelle Projekt immer das interessanteste.“
19.01.2020, red, steiermark.ORF.at
Schönheitsoperation als historische Zeitreise
 
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