Vollblut-Archäologin

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Vollblut-Archäologin mit Sensationsfund
2011 wurde bei Grabungen in Wöllersdorf (Bezirk Wr. Neustadt) ein Jahrtausende alter Schädel entdeckt – das älteste erwachsene Mordopfer Österreichs, wie man seit heuer weiß. Für „Menschen im Blickpunkt“ hat noe.ORF.at mit der Archäologin über ihre Leidenschaft gesprochen.
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Es war ein wissenschaftliches Grabungsteam unter der Leitung von Archäologin Dorothea Talaa, das 2011 den historisch wertvollen Fund machte. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Universalmuseums Joanneum in Graz wurde der Schädel aus Wöllersdorf später untersucht. Mithilfe der Radiokarbondatierung ließ sich ein Alter von beinahe 9.000 Jahren feststellen. Für die Archäologin Dorothea Talaa, die an vielen Grabungsprojekten beteiligt ist und auch zahlreiche Museen in Niederösterreich betreut, ein Sensationsfund.

Das Alter des Schädels sei zunächst nicht klar gewesen: „Weil bei dem Schädel eben keine charakteristischen Beigaben dabei waren, habe ich mir gedacht, ich lasse ihn datieren und dann kam die Überraschung. Wir haben von einem amerikanisches Labor, das sehr exakt arbeitet, die Datierung bekommen. Dann war klar, dass wir hier ein Objekt aus der Mittelsteinzeit haben. Das heißt: Wöllersdorf ist seit dem siebenten Jahrtausend vor Christus besiedelt“, erklärt Talaa im Gespräch mit noe.ORF.at.


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Archäologin Dorothea Talaa bei Grabungen

Archäologin rekonstruiert steinzeitliche Tathergänge
Die Perchtoldsdorferin machte sich schon früh als Wissenschaftlerin einen Namen. Archäologie fasziniert sie. „Es ist die Rekonstruktion von Geschehnissen, die Jahrtausende zurückliegen. Das ist vielleicht das Faszinierendste. Jedes Mal, wenn der Bagger kommt und den Humus abhebt, ist es, als ob ein Teppich zurückgerollt wird und alles, was darunter liegt, wird sichtbar.“

Dorothea Talaa leitet auch etliche zeitgeschichtliche Museen, etwa jenes in Wöllersdorf, in dem zahlreiche Grabungsfunde zu sehen sind. Archäologie ist ihr Leben, sagt die Wissenschaftlerin: „Ich wollte nie etwas anderes machen. In meiner Familie haben viele Verwandte große archäologische Sammlungen gehabt. Ich bin als Kind schon damit aufgewachsen und es war für mich immer faszinierend, Tathergänge zu rekonstruieren.“.


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Mit dem Jahrtausende alten Schädel machte die Archäologin einen Sensationsfund

9.000 Jahre altes Mordopfer wurde im Krieg erschlagen
Es sind aber auch die Erkenntnisse, die Grabungen zu Tage fördern, zum Beispiel über Zuwanderung in früherer Zeit, die für Talaa wichtig sind. „Die Gräber, die ich mit meinem Team ausgrabe, sind faszinierend, weil unterschiedliche Menschen, teilweise auch Zuwanderer mit unterschiedlichen Gegenständen bestattet wurden und man kann diese Bestattungsrituale nachvollziehen. Zum Beispiel gibt es Parallelen, die heute noch in Asien stattfinden.“

Die 2011 in Wöllersdorf entdeckte Schädeldeponie gab Aufschluss über die Begräbnisrituale für ein Mitglied der mittelsteinzeitlichen Oberschicht. Der fast 9.000 Jahre alte Schädel gehörte zu einem Mordopfer. Der Mann soll erschlagen worden sein. „Er war ein Krieger, der offensichtlich in Folge von Kriegshandlungen zu Tode gekommen ist“, erklärt die Archäologin Dorothea Talaa. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Stammesführer.
Der Mordfall lässt sich heute wohl nicht mehr restlos klären, aber die Hintergründe zu erforschen, das ist für Dorothea Talaa wichtig. „Der Tathergang, also diese Rekonstruktion und auch die Rekonstruktion der Menschen, wie sie gekleidet waren, wie sie ausgeschaut und gelebt haben, hat mich immer fasziniert. Ich wollte nie etwas anderes beruflich machen.“
10.06.2020, Doris Henninger noe.ORF.at
Vollblut-Archäologin mit Sensationsfund
 
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