1683 - Reichweite einer osmanischen Kanone

Stoffi

Well-Known Member
#1
Hi!

Die Türkenschanze (heutiger Türkenschanzpark) diente ja dazu, die Belagerer vor dem Entsatzheer zu schützen... Wie weit war eigentlich die Reichweite einer Kanone aus der damaligen Zeit?

Hätt man hier bis zur Donau (ca. 2000m) schießen können?

lg stoffi
 
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Zwerg Bumsti

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#7
Kommt auf die Kanonen an die man dort stehen hatte.
Ein direkter Demontierschuss auf 1000m war mit einem Feldgeschütz möglich. Die Kugeln flogen zwar weiter (2000 - 3000m) verloren aber logischerweise auch ihre Durchschlagskraft. Zum Köpfe abreißen reichte es aber durchaus noch.
Schwere Belagerungs oder Festungsgeschütze schossen natürlich weiter.

Ich habe selber mal mit dem Nachbau eines kleineren Feldgeschützes, einem sogenannten Falkonett (eine Art Infantriegeschütz cal. 4cm) geschossen. Ziele aus Holzrundlingen hatten wir auf 300und 200m stehen. Die Durchschlagskraft der Eisenkugeln war beachtlich. Auf 300m stanzte die Kugel ein sauberes, wie gebohrtes, Loch aus den Armdicken Rundlingen.
Stein, in unserem Fall Betonkugeln, zertrümmerten das Holz und rissen Riesenlöcher.
Als Kugelfang diente ein langgestreckter, leicht Ansteigender Hang. Fehlschüsse und durchgeschlagene Kugeln schlugen in 700 - 800m Entfernung ein.

Problematisch ist allerdings dass man diese Antiken Kanonen nicht, wie ein Modernes Geschütz, auf ein Ziel einschießen und Nachrichten kann. Die Lafette macht bei jedem Schuß einen "Luftsprung" und rollt zurück. Man muss die Kanone also für jeden Schuß neu einrichten.
Schüsse auf bewegliche Ziele auf der Donau wären also bestimmt möglich gewesen. Ob auch Treffer möglich gewesen wären ist eine andere Geschichte.
 
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Stoffi

Well-Known Member
#8
wunderbar, mit der Antwort kann ich schon einiges anfangen.. Ausgangslage ist ja der Türkenschanzpark in Wien, der auf einer anhöhe liegt. Von hier aus konnten die Osmanischen Kanoniere richtung entsatzheer schiessen.

Genau dieses "nicht ausrichten" können ist den osmanen dann zum verhängniss geworden, weil sie den hang unterhalb der schanze nicht verteidigen konnten..
lg stoffi

Anbei eine 1:8 "Höhenverzerrte Ansicht" der Türkenschanze und des gebietes westlicht davon. Genau dieses Tal konnte von den Osmanen gut verteidigt werden so weit ich das verstanden habe. Die Breite sind ca. 1700m Luftline.

Kann das so stimmen wie ich es eingezeichnet habe?
 

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Zwerg Bumsti

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#10
Die Skizze wird wohl so stimmen. :bravo:

Lt. Geschichtschreibung führten die Türken, für ein so großes Heer, recht wenig Artillerie mit sich.

Das osmanische Heer verfügte über 50 Balyemezgeschütze mit einem Kaliber von 13 bis 40 Kilogramm (10 bis 30 Okka), 15 bis 20 Kolumbrinegeschütze (türk. Kolomborna) mit einem Kaliber von 4 bis 11 Kilogramm, 5 Mörser und 120 Sahigeschütze. Größere Geschütze wurden von Großwesir Kara Mustafa nicht mitgenommen, obwohl genügend Geschütze in ungarischen Festungen für die Osmanen vorhanden waren.

Quelle: Richard Franz Kreutel "Die Geschichte des Silihdar." (Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte.) Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1955, Erste Auflage, S. 141–143.

Die Balyemezgeschütze gehörten zur Belagerungsartillerie, schossen also sicher weiter als 2000m.
Die Sahigeschütze waren Langrohre, etwa den Europ. "Basilisken" vergleichbar, und wurden als Mauerbrecher eingesetzt. Sie schossen natürlich auch weiter als 2000m.
Die "Kolumbrinen" waren Feldgeschütze. Die kleineren Modelle waren dem von mir beschriebenem "Falkonett" vergleichbar.
 
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Zwerg Bumsti

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#11
Die Skizze wird wohl so stimmen. :bravo:

Lt. Geschichtschreibung führten die Türken, für ein so großes Heer, recht wenig Artillerie mit sich.




Quelle: Richard Franz Kreutel "Die Geschichte des Silihdar." (Das türkische Tagebuch der Belagerung Wiens 1683, verfasst vom Zeremonienmeister der Hohen Pforte.) Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1955, Erste Auflage, S. 141–143.

Die Balyemezgeschütze gehörten zur Belagerungsartillerie, schossen also sicher weiter als 2000m.
Die Sahigeschütze waren Langrohre, etwa den Europ. "Basilisken" vergleichbar, und wurden als Mauerbrecher eingesetzt. Sie schossen natürlich auch weiter als 2000m.
Die "Kolumbrinen" waren Feldgeschütze. Die kleineren Modelle waren dem von mir beschriebenem "Falkonett" vergleichbar.
Ich gebe aber zu bedenken dass die Osmanen das Gelände auch mit Kartätschenfeuer hätten bestreichen können.
Kavallerie hätte andererseits das Feuer auch unterlaufen können. D.h. eine Salve herauslocken und dann so schnell Attackieren dass die Geschützbedienungen nicht mehr zum Nachladen kommen.
(Selbiges war auch Standardtaktik bis zu Ende der Vorderladergeschütze.)
Hatten die Osmanischen Artilleristen dann keine, oder nur wenig, Infanterie als Bedeckung zur Hand muss es ihnen übel ergangen sein.
 
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