1943 – Ein französisches Zitat

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Worte im Dunkel
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Nach dem Blitzkrieg gegen Frankreich im Frühjahr 1940 waren etwa 1,5 Millionen Franzosen in Kriegsgefangenschaft gegangen. Diese wurden zwar teilweise zur Zwangsarbeit herangezogen, doch die deutsche Wirtschaft verlangte nach mehr. Anfangs versuchten die deutschen Besatzer über die Organisation „Relève“ – auf deutsch: Ablöse, Ersatz, Nachwuchs – Arbeiter auf freiwilliger Basis anzuwerben. Im Gegenzug sollten französische Kriegsgefangene freigelassen werden. Diese Versprechungen – wohl auch weil sie nicht eingehalten wurden – zeigten jedoch nicht den erwarteten Erfolg. Nur einige Zehntausend meldeten sich freiwillig zur Arbeit für Deutschland. Die Strategie verschärfte sich bald hin zur Zwangsmaßnahme.

Ab Februar 1943 wurden die Menschen für den Arbeitseinsatz in Deutschland über das „Service de Travail Obligatoire“ (STO) – auf deutsch: Verpflichtender Arbeitsdienst – angeworben. Die Grundlage für die Anwerbungen war nun nicht mehr die Freiwilligkeit, sondern Gesetze, die junge Männer und Frauen zur Arbeit im Dienste des Dritten Reichs verpflichteten. Auf diese Weise wurden 600.000 Menschen zum Arbeitseinsatz gezwungen, viele von ihnen kamen auch nach Österreich. Insgesamt starben etwa 30.000 dieser Zwangsarbeiter im Zuge ihres Einsatzes. Viele Franzosen, die nicht für Deutschland arbeiten wollten, entschieden sich stattdessen zum Eintritt in die Résistance, den französischen Widerstand.


Vergängliche Schriften an der abblätternden Farbe einer Ziegelwand. Aufgrund weiterer Beschriftungen in der direkten Umgebung um diesen Spruch konnte ich ihn auf 1943 datieren.

An einer Ziegelwand im Keller einer alten Fabrik hat ein französischer Arbeiter ein schriftliches Andenken hinterlassen. Da es sich um ein kommunistisches Zitat handelt, kann man davon ausgehen, dass es sich beim Verfasser um einen Kriegsgefangenen oder einen STO-Arbeiter gehandelt hat, denn Kommunisten waren zu diesem Zeitpunkt verboten und hätten sich nicht freiwillig für Arbeit im Dienste Deutschlands angeboten:
„Tout pour unir
Rien pour Diviser“
P.C.F.
Das bedeutet „Alles zu vereinen, nichts zu teilen“. Als Verfasser hat der Franzose die PCF, die „Parti communiste français“ (Kommunistische Partei Frankreichs) angeführt. Ich habe bei meinen Recherchen den Politiker, Pazifist und Schriftsteller Henri Barbusse, der Mitglied der PCF war, als Urheber eines ganz ähnlichen Zitats gefunden.

Mehr zu den Jahren von 1939 bis Kriegsende: 1939 bis Kriegsende – Worte im Dunkel

Originalbeitrag: 1943 – Ein französisches Zitat – Worte im Dunkel
 
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