75 Jahre "Steyr-Traktoren"

josef

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Zukunft von Traktoren: Autonomes Fahren und Methan im Tank
Seit 75 Jahren werden Steyr-Traktoren produziert. Nur wenigen ist bewusst, dass es sich bei diesen Fahrzeugen mittlerweile um mobile Hightech-Büros handelt
Der Landwirt sitzt mit dem Tablet im Büro, während Drohnen die zu bestellenden Felder analysieren und der Traktor eigenständig seine Runden dreht. Außerdem läuft er nicht mehr mit Diesel, sondern mit Methan. Klingt sehr futuristisch, ist aber teilweise bereits Realität.

"Wir gehen davon aus, dass autonom fahrende Traktoren noch dieses Jahrzehnt auf den Markt kommen", sagt Steyr-Traktoren-Manager Mirco Romagnoli im Gespräch mit dem STANDARD. Die Technik gebe es bereits, aber die Sensoren seien für die Massenproduktion noch zu teuer, und auch die Gesetze ließen es noch nicht zu.


Steyr-Traktoren gehört zum zweitgrößten Landtechnikproduzenten der Welt, zu CNH Industrial. Am Standort Sankt Valentin werden Traktoren mit bis zu 300 PS für Steyr und Case IH produziert.
Foto: imago images/FLPA/Wayne Hutchins

Steyr Traktoren mit Sitz im niederösterreichischen Sankt Valentin feiert sein 75-jähriges Bestehen, und auch wenn es noch Menschen braucht, um den Traktor zu lenken, hat sich das Fahrzeug zu einem Hightech-Produkt entwickelt. Werkstätten können aus der Ferne auf die Software zugreifen, Spritzmaschinen düngen nur, wo es wirklich nötig ist, und Steuersysteme vermeiden Überlappungen. Diese Dinge zu ermöglichen lässt sich die Steyr-Konzernmutter CNH Industrial einiges kosten. Vergangenes Jahr hat CNH das US-Softwareunternehmen Raven für 2,1 Milliarden Dollar gekauft, um selbst Systeme entwickeln zu können.

55 Traktoren am Tag
Steyr ist Marktführer in Österreich und wurde 1996 vom zweitgrößten Landtechnikhersteller der Welt, CNH Industrial, dem auch Case und New Holland angehören, übernommen. In der Fabrik in Sankt Valentin werden jährlich 10.000 Traktoren produziert und Firmenangaben zufolge allesamt verkauft. Während der Corona-Pandemie wurde im vergangenen Herbst ein neuer Bestwert erzielt: 55 Traktoren wurden an einem Tag hergestellt.

"Wir kamen gut durch die Krise, die Auftragsbücher sind voll. Unsere Kunden arbeiten auf dem Feld und in der Natur, für sie bestand nie wirklich Gefahr wegen des Virus", sagt Romagnoli. Es sei die Lieferkettenproblematik, mit der man hadere. Der Krieg habe die Situation noch weiter verschärft. "Energie wurde sehr teuer, und unsere Zulieferer haben die Preise angehoben, was wir teilweise weitergegeben haben. Unsere Preissteigerungen lagen im zweistelligen Prozentbereich, Stornierungen haben wir trotzdem noch keine erhalten."


Mirco Romagnoli (li.) und Carlo Alberto Sisto bei der 75-Jahre-Feier von Steyr-Traktoren in Sankt Valentin.
Foto: Steyr

Längere Wartezeiten
Die Wartezeiten hätten sich jedoch verlängert. Laut Romagnoli warten Kundinnen und Kunden üblicherweise drei bis sechs Monate auf ihr Produkt, mittlerweile sind es sechs bis acht. Würde es so weitergehen, könnten es aber auch zwölf Monate werden.

Fast alle Branchen kämpfen mit Fachkräftemangel, für Steyr sieht die Situation jedoch verhältnismäßig gut aus. In Sankt Valentin arbeiten 750 Menschen. "Mehr als ein Drittel unserer Beschäftigten sind selbst Landwirte, was Besseres kann dir als Firma nicht passieren", sagt CNH-Europa-Chef Carlo Sisto. Sie wüssten aus der Praxis, wie Teile zu verbauen sind, damit sie funktionieren bzw. leichter reparierbar sind. Die Konkurrenz in der Region sei gut, doch es gebe auch dementsprechend viele gute Arbeitskräfte. "Mangel haben wir keinen."

Elektromotor im Traktor
Allerdings sucht man auch am Traktorenmarkt neue Ideen für die Frage, womit Motoren künftig laufen sollen. Bei Autos ist die Entscheidung mehr oder weniger gefallen, die Industrie steuert Richtung Elektromotor. In der Landwirtschaft herrscht weniger Klarheit, CNH verfolgt unterschiedliche Ansätze. "Wir haben mit New Holland als Erste weltweit einen Traktor entwickelt, der mit Methan fährt", erklärt Sisto. "Dieser Traktor hat dieselbe Leistung wie Diesel, aber keine Emissionen." Mit der entsprechenden Infrastruktur könnten Landwirte autark werden. Methan entstehe automatisch im Betrieb.

Elektromotoren sind natürlich auch Thema, doch die Meinungen divergieren. Viele kritisieren, ein E-Motor bringe nicht dieselbe Leistung aufs Feld. Sisto bestätigt, dass E-Motoren in schwierigem Gelände an Leistung verlieren. "Aber wir entwickeln gemeinsam mit der US-Firma Monarch einen elektrischen Traktor, allerdings ein kleineres Modell für die kommunale Nutzung." Auch an Hybridmodellen arbeite man. Es brauche noch einiges an Forschungsarbeit, um einen klaren Plan für die Landwirtschaft zu entwickeln. Man sei noch nicht weit genug.

Insgesamt investiert CNH eigenen Angaben zufolge jährlich mehr als 1,2 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung, um technologisch nicht an Boden zu verlieren. Bekannterweise entwickelt sich ja auch Weltmarktführer John Deere ständig weiter.
(Andreas Danzer, 12.7.2022)
Zukunft von Traktoren: Autonomes Fahren und Methan im Tank
 
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