Es mag nur ein „kleiner Schritt“ für den US-Astronauten Neil Armstrong gewesen sein, als er vor 50 Jahren als erster Mensch den Mond betrat, doch die Landung auf dem Erdtrabanten war zweifellos ein großer Sprung für die Medien - und die Politik. Schon der Start von Apollo 11 am 16. Juli 1969 wurde von Millionen Menschen im Fernsehen verfolgt, die Landung zog die ganze Welt in den Bann. Nicht zuletzt deshalb steht der Mond ein halbes Jahrhundert später erneut im Mittelpunkt.
Am 20. Juli 1969, kurz nach 21.17 Uhr, vermeldet Armstrong die erfolgreiche Landung der Mondlandefähre per Funk: „The Eagle has landed.“ Schon Stunden vor dem Ausstieg aus dem engen Gefährt ist das „Space Race“, das Rennen ins All zwischen der Sowjetunion und den USA inmitten des Kalten Kriegs, damit entschieden.
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„The Eagle has landed“: Am 20. Juli, dreieinhalb Tage nach dem Start in Florida, setzte die Mondlandefähre auf der Oberfläche auf
Im Missionsablauf von Apollo 11 der US-Raumfahrtbehörde (NASA) ist für Armstrong und die Nummer zwei auf dem Mond, Edwin „Buzz“ Aldrin, nach der Landung eigentlich eine mehrstündige Schlafpause eingeplant, doch dazu kommt es nicht: Stattdessen bereiten die beiden ihren Ausstieg aus der Fähre vor. Die Luke der Landefähre „Eagle“ wird um 3.39 Uhr geöffnet, durch die sich Armstrong in seinem Raumanzug anschließend mit viel Anstrengung zwängt.
Armstrong, der nur noch wenige Sprossen einer Leiter von der Mondoberfläche entfernt ist, öffnet zunächst eine Klappe des Mondlandemoduls. Dahinter ist neben Instrumenten für die bevorstehenden Forschungsarbeiten auf dem Mond auch eine Kamera angebracht, damit der Ausstieg auf der Erde live mitverfolgt werden kann.
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Vor dem Abflug trainierten Armstrong und Aldrin die Abläufe auf der Oberfläche
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Eine Kamera war an der Seite der Mondlandefähre angebracht, um Armstrong und Aldrin beim Ausstieg zu filmen
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Buzz Aldrin beim Verlassen der Mondlandefähre, fotografiert von Neil Armstrong mit einer Mittelformatkamera
Auf der Oberfläche wurden zahlreiche Experimente durchgeführt
Insgesamt zweieinhalb Stunden verbrachten die Astronauten auf der Oberfläche
Auch zahlreiche Fotos wurden geschossen und zur Erde zurückgebracht
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Der Flugplan von Apollo 11 enthält den genauen Ablauf der Mondmission
Dann steigt der Astronaut die Leiter hinab: Vor der letzten Stufe testet Armstrong noch, ob er auch wieder hinaufklettern kann, dann pausiert er kurz, um der Zentrale in Houston und dem versammelten internationalen Fernsehpublikum die Beschaffenheit des Mondsandes zu beschreiben. Schließlich, um 3.56 Uhr MEZ, pünktlich zur besten Sendezeit in den USA, betritt Armstrong als erster Mensch den Mond.
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In dem Moment, als er den Mond betritt, übermittelt Armstrong in Richtung Erde wohl eine der bekanntesten Aussagen des 20. Jahrhunderts: „That's one small step for (a) man, one giant leap for mankind“ - „ein kleiner Schritt für den Menschen, ein großer Sprung für die Menschheit“. Knapp zwanzig Minuten später folgt ihm Kopilot Aldrin, der den Mond als „großartige Trostlosigkeit“ beschreibt.
Armstrongs erste Schritte
Zweieinhalb Stunden dauerte der Spaziergang auf dem Mond insgesamt, das Programm war dicht: So hüpfte Aldrin etwa über die Oberfläche, um die Bewegungsabläufe im Hinblick auf die geringere Schwerkraft einerseits, die größere Last durch den Raumanzug andererseits zu testen. Medienwirksam erklärte er vor laufender Kamera jeden Schritt. Auch das Sammeln von Gesteinsproben, insgesamt rund 25 Kilo, war Teil der Mission, genauso wie ein Experiment zur Untersuchung des Sonnenwindes.
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Eines der bekanntesten Fotos der Raumfahrtgeschichte zeigt Buzz Aldrin, Neil Armstrong spiegelt sich in dessen Visier
Aber vor allem die politischen Statements von der Mondoberfläche blieben über die Jahrzehnte im Gedächtnis. Schon beim Verlassen des „Eagle“ wurde eine Gedenktafel enthüllt: „An dieser Stelle betraten erstmals Menschen vom Planeten Erde den Mond. Juli 1969. Wir kamen in Frieden für die gesamte Menschheit“, stand auf ihr geschrieben. Aldrin und Armstrong verlasen die Botschaft. Es wird vermutet, dass sie in diesem Moment über eine halbe Milliarde Menschen hören konnten, die das Ereignis im Fernsehen verfolgten.
Als ikonisch gilt auch das Bild der US-Flagge auf der Mondoberfläche. Laut NASA eineinhalb mal einen Meter groß, angebracht an einem Mast aus Aluminium, an der Oberseite verstärkt, damit sie im „Vakuum des Mondes ausgerollt“ bleibt, heißt es im Missionsbericht. Sie ist ebenso Motiv auf Filmaufnahmen wie auf zahlreichen Fotos, die auf dem Mond von den Astronauten gemacht wurden. Die Botschaft ist klar: Was den Russen bisher verwehrt geblieben war, hatten die USA nun erreicht.
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Buzz Aldrin neben der amerikanischen Flagge
Unterstrichen wurde die Botschaft von einem Anruf aus dem Weißen Haus, den Armstrong auf der Mondoberfläche entgegennahm. „Hallo, Neil und Buzz. Ich spreche hier aus dem Oval Office des Weißen Hauses. Und das muss gewiss der historischste Anruf aller Zeiten sein. Für jeden Amerikaner muss das der stolzeste Tag in unserem Leben sein. Und Menschen rund um den Globus, da bin ich mir sicher, werden Amerika für diese immense Leistung anerkennen“, so US-Präsident Richard Nixon.
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„Während ihr aus dem Meer der Ruhe ('Sea of Tranquility') zu uns sprecht, sind wir inspiriert, unsere Bemühungen zu verdoppeln, Ruhe und Frieden auch auf die Erde zu bringen. Für einen unbezahlbaren Moment in der Geschichte der Menschheit sind alle Menschen auf der Erde wirklich eins: eins in ihrem Stolz auf das, was ihr getan habt, und eins in unseren Gebeten, dass ihr sicher zur Erde zurückkehrt.“
Kennedys Plan geht knapp auf
Für diese acht Tage, in denen Apollo 11 von der Erde zum Mond und zurück flog, waren die USA tatsächlich im Zentrum der Aufmerksamkeit - für US-Präsident Nixon eine willkommene Abwechslung inmitten von Rassenunruhen innerhalb der USA, dem Vietnam-Krieg und dem Kalten Krieg. Dass die USA das Rennen ins All „gewinnen“, galt jedoch lange Zeit alles andere als gesichert.
Denn bis dahin beherrschten die Russen das Geschehen im Weltall: Erst hatten sie mit Sputnik den ersten Satelliten im All, im April 1961 war mit Juri Gagarin auch ein Russe der erste Mensch im Weltraum. Der damalige Präsident John F. Kennedy erkundigte sich daraufhin bei seinem Vize Lyndon B. Johnson, wie man die UdSSR schlagen könne, etwa ob eine Mondlandung das „Space Race“ entscheiden würde. Johnson bejahte.
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Der Satellit „Sputnik 1“ wurde 1958 von den Russen als erster Satellit ins Weltall befördert
Schon im Mai 1961 trat Kennedy daraufhin vor den Kongress und gab ein ambitioniertes Ziel vor: Noch „vor dem Ende des Jahrzehnts“ wolle man einen „Menschen zum Mond schicken und ihn wieder zurück zur Erde holen“. In die Reise auf den Mond wurden 25 Milliarden US-Dollar investiert, die NASA schätzt, dass rund 400.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an dem Vorhaben beteiligt waren.
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Die Crew von Apollo 1 konnte nie ins All starten
Im Rahmen des Apollo-Programms der NASA wurde fortan daran gearbeitet, eine bemannte Mondlandung zu bewältigen - mit zahlreichen Anlaufschwierigkeiten: So wurde die im Nachhinein in Apollo 1 umgetaufte erste bemannte Mission noch vor dem Start den drei beteiligten Astronauten zum Verhängnis. Sie kamen bei einem Brand, der bei einem Testlauf entstanden war, ums Leben - für das Apollo-Programm ein herber Rückschlag.
Die Mischung aus politischem Zweck, reichlich Geld und wohl auch Leichtsinn führte letztlich dazu, dass sich das Apollo-Programm bis zur geglückten Mondlandung im Juli 1969 doch noch zum Erfolg entwickelte. Mit der „Saturn V“-Rakete wurden Kommando-, Service- und Mondmodul zuerst in den Erdorbit und später in den Mondorbit befördert, ehe sich die Mondlandefähre vom Rest abkoppelte.
Der unsichtbare Dritte
Während Armstrong und Aldrin an Bord des „Eagle“ und anschließend auf der Mondoberfläche Geschichte schrieben, blieb der dritte Astronaut der Apollo-11-Mission, Michael Collins, im Kommandomodul und kreiste um den Mond. Dass er alleine auf der dunklen Seite des Mondes war, vom Funkverkehr mit der Erde abgeschnitten und ohne seine Kollegen, brachte ihm den Titel des „einsamsten Menschen aller Zeiten“ ein.
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Ein Blick auf das Kommandomodul „Columbia“ aus Perspektive der Mondlandefähre
Collins selbst sah das naturgemäß anders. Zwar soll er in der Kapsel notiert haben: „Ich bin jetzt wirklich alleine und absolut alleine von jeder bekannten Lebensform.“ Doch über seine Gefühlslage schrieb er in seiner Autobiografie: „Bewusstheit, Erwartung, Zufriedenheit, Vertrauen, fast schon Jubel“. Eines, worauf Collins oft hinwies, ist jedenfalls unumstritten: Er war für den Erfolg der Mission wesentlich - immerhin war es seine Aufgabe, Armstrong und Aldrin „abzuholen“.
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Michael Collins blieb während Armstrongs und Aldrins Mondspaziergang im Kommandomodul
Damit war vor allem der psychische Stress für Collins enorm, wie er danach schrieb. Denn was wäre passiert, wären Armstrong und Aldrin auf der Mondoberfläche nicht erfolgreich gewesen? Von einem Fehler bei der Landung bis hin zu Komplikationen beim Andockmanöver war das Fehlerpotenzial enorm. Die Angst davor, alleine zurückzukehren und die beiden Astronauten auf dem Mond zurückzulassen, habe ihn monatelang begleitet, so Collins.
„Im Falle eines Mondunglücks“
Auf einen Fehlschlag von Apollo 11 bereitete sich auch der US-Präsident vor - ein Memo mit dem Titel „Im Falle eines Mondunglücks“, datiert auf den 18. Juli, also nur zwei Tage vor der Landung, enthält eine fertige Rede, die praktisch das Ableben von Armstrong und Aldrin verkündet. „Das Schicksal hat bestimmt, dass die Menschen, die zum Mond geflogen sind, um ihn in Frieden zu erforschen, auf dem Mond bleiben werden, um dort in Frieden zu ruhen“, so die einleitenden Worte. Ein Vermerk darunter empfiehlt Nixon, er solle „die künftigen Witwen anrufen“.
Dazu kam es jedoch nicht: Die Mondlandefähre konnte von der Oberfläche abheben, das Andocken verlief erfolgreich. Collins, Armstrong und Aldrin waren im Kommandomodul „Columbia“ wiedervereint. Am 24. Juli, drei Tage nachdem der „Eagle“ angedockt hatte, kehrte die Apollo-11-Mannschaft in die Erdatmosphäre zurück und schlug mit ihrer Kapsel im Pazifik ein - nur wenige Kilometer vom Flugzeugträger „USS Hornet“ entfernt, der die Astronauten in Empfang nahm.
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Die drei Apollo-11-Astronauten Aldrin, Armstrong und Collins vor dem Kommandomodul „Columbia“
Ehe die drei zu Paraden rund um den Globus geladen wurden, wurden sie von den USA zuerst jedoch unter Quarantäne gestellt: 21 Tage mussten sie von der Außenwelt abgeschottet verbringen, um auszuschließen, dass sich auf dem Mond Krankheitserreger eingeschlichen haben. Erst spätere Apollo-Missionen verzichteten auf diese Phase.
Rückkehr unter Quarantäne
Die Begrüßung der drei Astronauten an Bord der „Hornet“ durch Präsident Nixon war damit ein seltsamer Anblick: Armstrong, Aldrin und Collins lächelten aus der kleinen Kabine, während Nixon den Einsatz der Mannschaft lobte. „Als Ergebnis dessen, was ihr getan habt, war die Welt noch nie so nah beieinander wie jetzt“, so Nixon. Noch einmal war der Blick des Publikums, das Apollo 11 über mehr als eine Woche vor allem im Fernsehen verfolgte, auf die USA gerichtet - mit der Rückkehr der Astronauten ging schließlich auch das bis dato größte Medienereignis, unter Regie der USA, zu Ende.