Bei Bauarbeiten entlang der "Pottendorfer Linie" ist in Ebreichsdorf eine Siedlung aus der späten Bronzezeit entdeckt worden

josef

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Sensationsfund bei Bauarbeiten
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Bei Bauarbeiten entlang der Pottendorfer Linie ist in Ebreichsdorf (Bezirk Baden) ein Sensationsfund gemacht worden. Man entdeckte dabei eine Siedlung aus der späten Bronzezeit (1.300 bis 800 v. Chr.), darunter auch auch fünf Gegenstände aus Gold.
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Eigentlich sollten es gewöhnliche Bauarbeiten werden, stattdessen stieß man beim Ausbau der rund 50 Kilometer langen Pottendorfer Linie zwischen Wien Meidling und Wiener Neustadt auf einen 3.000 Jahre alten Schatz. 2019 hatten die Grabungen auf 70 Hektar begonnen. Nun sind sie beinahe beendet. Die fünf Goldobjekte wurden am Donnerstag zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert.

Grabungsleiter Michal Sip bezeichnete den Fund als „Fund seines Lebens“ und als „archäologisches Eldorado“. In seinen 30 Jahren als Archäologe sei dies der spektakulärste Fund gewesen. „Wir haben jetzt ein ganz klares Bild von dieser urgeschichtlichen Siedlung von vor 3.000 Jahren. Wir konnten rekonstruieren, wo das Wirtschaftsgebiet war und wo das Wohngebiet war“, sagte er gegenüber noe.ORF.at.

Goldschale deutet auf intensive Handelsbeziehung hin
Der Goldschatz, der aufgrund der „europaweiten Bedeutung“ durch das Bundesdenkmalamt unter Schutz gestellt wurde, besteht aus einer Goldschale, mehreren Goldspiralen und einem mit Goldfäden durchsetzten Textil. Goldschalen wie die in Ebreichsdorf gefundene wurden bisher in Skandinavien und Norddeutschland entdeckt. Sie würden daher auf „intensive Handelsbeziehungen“ hindeuten, betonte Franz Bauer, Vorstandsdirektor der ÖBB-Infrastruktur AG, bei der Präsentation.

„Neues zu bauen und Altes zu bewahren ist eine unserer Prämissen bei der Umsetzung von Bauprojekten", sagte er weiter. Man wolle anhand des Bauprojekts nicht nur die Kapazität auf den Schienen zwischen Wien und Wr. Neustadt steigern, sondern auch die Erforschung der Vergangenheit und der Lebensbedingungen der Menschen vor mehr als 3.000 Jahren ermöglichen, so Bauer.

ORF
Ähnliche Goldschalen wie diese wurden bisher auch in Skandinavien und Norddeutschland gefunden

„Ein 3.000 Jahre altes Dorf bekommt die archäologische Forschung so gut wie nie zur Gänze zu fassen", hielt auch Christoph Bazil, Präsident des Bundesdenkmalamtes, fest. Er verwies außerdem auf die gelungene Zusammenarbeit von ÖBB, Archäologinnen und Archäologen sowie dem Bundesdenkmalamt.

Bei den Grabungen wurden insgesamt 5.000 Fundnummern vergeben. Geplant ist nun, die Funde nach Abschluss der wissenschaftlichen Arbeiten im Naturhistorischen Museum in Wien der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
30.09.2021, red, noe.ORF.at/Agenturen
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„Goldschatz von Ebreichsdorf“ hat neue Heimat
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Beim Ausbau einer Bahnstrecke in Niederösterreich sind Archäologen vor rund vier Jahren auf mehrere goldene Artefakte aus der späten Bronzezeit gestoßen. Heute wurde der „Goldschatz von Ebreichsdorf“ offiziell an das Naturhistorische Museum Wien (NHM Wien) übergeben, wo er ab sofort ausgestellt und künftig noch genauer untersucht wird.
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Eine Schale aus Gold, mehrere aneinanderhängende Spiralreifen, Goldfäden und Golddrähte zählen zu den spannendsten Fundstücken, die zum „Goldschatz von Ebreichsdorf“ gehören. Entdeckt wurden sie im Jahr 2019 bei ÖBB-Bauarbeiten an der Pottendorfer Linie zwischen Wien und Wiener Neustadt. “Dort, wo jetzt der Bahnhof Ebreichsdorf ist, hat sich in der Spätbronzezeit eine Siedlung befunden und am Randbereich dieser Siedlung war eben dieser Goldschatz deponiert“, erklärt Karina Grömer, die Direktorin der Prähistorischen Abteilung am NHM Wien.

Gold aus der Bronzezeit
Aufgrund der für die Zeit typische Form der Goldschale konnten Fachleute feststellen, dass die Fundstücke aus der späten Bronzezeit stammen – sie wurden wahrscheinlich vor rund 3.100 Jahren in der prähistorischen Siedlung vergraben. Warum, ist nicht ganz klar – Grömer geht aber davon aus, dass die goldenen Objekte gezielt zusammen verborgen wurden. Darauf deutet auch ein Bündel aus Goldfäden hin, das nicht einfach achtlos weggeworfen, sondern für die Aufbewahrung fein säuberlich mit Golddraht umwickelt wurde.

NHM Wien, Alice Schumacher
Die Goldschale: Replikat (li.) und Original (re.)

Handelswege und kultureller Austausch
Das Gold, das in den Artefakten verarbeitet wurde, stammt nicht aus der Region um das heutige Ebreichsdorf. Zu diesem Ergebnis kamen Expertinnen und Experten nach der genauen Analyse des Rohstoffes. „Es handelt sich um Flussgold, das es theoretisch auch in der Donau geben würde. In diesem Fall kommt es aber aus dem böhmischen Mittelgebirge, ungefähr vom heutigen Grenzgebiet von Deutschland und Tschechien“, erklärt Grömer gegenüber science.ORF.at.

Der Herkunftsort des Goldes und der Fundort der Objekte liegen demnach rund 400 Kilometer auseinander. Der Goldschatz von Ebreichsdorf ist laut Grömer daher ein klarer Beweis dafür, dass es schon vor mehr als 3.000 Jahren weitreichende Handelswege und kulturellen Austausch unter den Menschen gab.

Sonnenkult oder diplomatisches Geschenk
Die goldene Schale ist für die Forschung besonders interessant, denn es gibt nur wenig vergleichbare Fundstücke. “Wir haben aus ganz Europa – von Portugal bis Rumänien, von Skandinavien bis Italien – aus diesem Zeithorizont exakt 150 Goldschalen. Das ist also wirklich etwas sehr, sehr Besonderes“, sagt Grömer.

Wozu die Goldschale aus Ebreichsdorf genutzt wurde, ist jedoch nicht eindeutig geklärt. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es damals noch keine Schrift gab, die heute vielleicht Aufschluss über den Verwendungszweck der Objekte geben könnte“, erklärt Grömer. Es sei etwa möglich, dass die Schale als diplomatisches Geschenk anderer Personengruppen in die Siedlung kam.

NHM Wien, Alice Schumacher
Schale, Spiralreifen und Goldfäden (re.)

Mit ihren feinen Verzierungen ist die Goldschale aus Ebreichsdorf aber einzigartig für den mitteleuropäischen Raum. Darauf zu sehen ist unter anderem ein Sonnensymbol – für die Forscherinnen und Forscher ein möglicher Hinweis darauf, dass die Schale für religiöse und rituelle Handlungen genutzt wurde. Das Sonnensymbol wird gemeinhin mit einem Sonnenkult in Verbindung gebracht. Ähnliche Dekorierungen gibt es etwa auf einem aus dem 7. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung stammenden Kultwagen, der im Jahr 1851 im steirischen Strettweg gefunden wurde.

Kostbare Goldfäden
Auch die gefundenen Goldfäden deuten darauf hin, dass der Goldschatz im Zuge von rituellen Handlungen vergraben wurde. Nach genauen Analysen des Fadenbündels fanden Forscherinnen und Forscher des NHM Wien Hinweise darauf, dass die Fäden früher in ein Textil eingewoben waren. Grömer geht davon aus, dass sie in hochwertigen golddurchwirkten Gewändern zum Einsatz kamen, die vermutlich religiösen Würdenträgern oder anderen hochrangigen Personen vorbehalten waren. „Vergleichbare Textile findet man heute etwa im Domschatz im Stephansdom, in alten liturgischen Gewändern“, erklärt Grömer.

Die Direktorin der prähistorischen Abteilung am NHM Wien sieht in den Goldfäden „wahrscheinlich sogar den kostbarsten Teil des Goldschatzes“, erklärt Grömer. „Man muss sich vorstellen, dass diese rund 0,7 Millimeter dünnen Fäden ohne moderne Werkzeuge hergestellt wurden. Das Fertigen der Fäden und dann auch das Einweben in die Textile war damals also extrem schwierig und aufwendig“, sagt sie.

Der Goldschatz im NHM Wien
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag wurde der Goldschatz von Seiten der ÖBB offiziell an das NHM Wien übergeben, wo er in der Zentralvitrine im Goldkabinett positioniert wurde. Neben dem Goldschatz wurden dem Museum auch noch dreihundert weitere Kisten mit Fundstücken aus der prähistorischen Siedlung bei Ebreichsdorf geschenkt – darunter Keramikscheiben und andere Objekte, die im Zuge der ÖBB-Bauarbeiten zu Tage kamen. Grömer hofft, dass genauere Untersuchungen dieser Fundstücke noch mehr darüber preisgeben, wie die Menschen in der spätbronzezeitlichen Siedlung gelebt haben.
18.08.2023, Raphael Krapscha, Ö1-Wissenschaft
„Goldschatz von Ebreichsdorf“ hat neue Heimat
 
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