BMW Starhltriebwerk 018

#1
Strahltriebwerk BMW 018

In der Zeitschrift -Flugzeug Classic- 05 habe ich einen interessanten Bericht gefunden über eines der letzten BMW Triebwerke.

Ende 39 umfasste ein Entwicklungsprogramm des RLM sechs Strahltriebwerke, die in verschiedenen Firmen bearbeitet wurden. Darunter befanden sich das BMW Triebwerk 003 und zwei weitere Triebwerke. Mit dem Triebwerk 018 hatte man sich das anspruchsvolle Ziel gesetzt den Standschub auf das vierfache zu steigern. Bereits 1941 befand sich dieses Triebwerk bei BMW in der Entwicklung. Das Triebwerk 018 war für den Einsatz im Henschel-Höhenaufklärer u. dem Störbomber P 122 und der Serienausführung des Kampfflugzeuges Ju 287 vorgesehen.
Im Dezember 1942 erschien ein erster Erlaß d. Reichsministers für Rüst.u.Kriegsprod. über die "Verlagerung v. einzigartigen Fertigungen d. Rüstungsindustrie, z.B. Kugellager".
Allerdings erhielt das BMW-Werk Spandau erst am 24.Mai 44 vom RLM einen Verlagerungsbefehl. Hiernach hatte das Werk Spandau seine Produktionsstätten untertage in das Salzbergwerk Neu-Staßfurt, Schacht VI u. VII zu verlagern.Vorschrift war, daß der Verlagerungsbetrieb jeweils einen eigenen Tarnnamen zu führen hatte. Für produzierende Kalibergwerke waren z.B. Tiernamen zu verwenden. Das Salzbergwerk Neu-Staßfurt erhielt danach den Tarnnamen "Reh". Das Werk Spandau gab sich den Namen "KALAG", abgeleitet aus der an sich falschen Firmenbezeichnung "Kaliwerk Löderburg AG".
Die Doppelschachtanlage Neu-Staßfurt befand sich 35 Km südlich von Magdeburg u. 6,5 km nordwestlich von Staßfurt an der Nord-Ostflanke des sogenannten Staßfurt-Egelner Salzsattels.
Der KALAG wurde die 400m Sohle der beiden Schächte zugewiesen, allerdings mußte erst eine Verbindung zwischen Beiden aufgefahren werden.In den stillgelegenen Abbaukammern im Jüngeren Steinsalz wurden die Fertigungsstätten ,Gütekontrolleinrichtungen u. d. Konstruktionsbüro untergebracht.Die Abbaukammern haten in etwa folgende Abmessungen 46m x 25m x 10m. Überall wurden vorher die Sohlen betoniert, entsprechende Beleuchtung installiert sowie alle erforderlichen Strom-, Wasser- u. Preßluftanschlüsse angebracht. An den Decken hingen Netze um kleineren Firstfall vorzubeugen. Die KALAG war für eine Belegschaft von 2000 Arbeitskräften vorgesehen. Für die Frischluftversorgung u. die Wärmeabfuhr wurde die beträchtliche Bewetterungsleistung v. 219700 Kubikmeter / Stunde benötigt. Die beiden hierfür benötigten Lüfter sollten Untertage aufgestellt weren.
Die Verlagerungsarbeiten waren noch in vollem Gange, als im Herbst 44 das Werk Spandau durch einen allierten Bombenangriff zerstört wurde. Hierbei wurden die meisten Konstruktions- u. Berechnungsunterlagen vernichtet.
Alle Arbeiten wurden in Neu-Staßfurt wieder aufgenommen u. fortgesetzt. Zur Klärung der noch verbliebenen drei wichtigsten Fragen
- triebwerks- o. zellseitiger Einbau der Hilfsgeräte
-triebwerk- o. zellseitige Anordnung des Schmierstoffkühlers
-Ausführung d. Kraftstoffeinspritzpumpe u.d. Regulierung wollte man zunächst drei Versuchstriebwerke, V1 bis V3 bauen.
Ein Versuchsaufbau für die Erprobung d. Brennkammer u.d. Vorerprobung d. Labyrinthe aus Leichtmetallfolien befand sich im Versuchsaufbau.
In der KALAG wurde später am Triebwerk 018 nur noch verhalten gearbeitet, weil in Anbetracht der für Deutschland katastrophalen Luftlage d. kleinen Jägertriebwerke BMW 003 und Jumo 004 Vorrang hatten.
Am 12. April 1945 marschierten Verbände der 83. Division der 9. US Armee in Staßfurt ein. Die Ami´s waren beeindruckt von der Leistung des Triebwerkes 018, von dem sie einen Probelauf verlangten.In der Zeit vom 16. April bis 10. Mai 1945 wurden alle fertiggestellten und angearbeiteten Triebwerke, Mess- u. Prüfeinrichtingen, Zeichnungen, Berechnungen u. sonstigen Dokumentationen in die USA abtransportiert. Die führenden KALAG - Fachleute wurden v. den Ami´s ebenfalls mitgenommen.
Am 2. Juli 1945 übernahmen die Russen die Stadt Staßfurt.. Sie ließen umgehend die KALAG reaktivieren und bezeichneten sie nunmehr als OKB - 2.
 

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#2
...
Am 1. November nahm das OKB-2 den Betrieb auf. Es stand unter der Leitung eines A.I.Issajew, der jedoch keine Fachkenntnisse besaß.Technischer Leiter wurde Karl Prestel. Im BMW-Werk Spandau hatte er die Funktion des Leiters d. Abteilung Regulierung/Messwesen bekleidet. Während einer Dienstreise nach berlin war Prestel zwischen die fronten gekommen und von den Sowjets kassiert worden.
Nachdem d. Forderung d. Sowjets "Nachentwicklung d. BMW 003C" zur Zufriedenheit erfüllt worden war, erhielt Prestel mit seinem "Kollektiv" den Auftrag sich verstärkt dem Triebwerk 018 zu widmen.
Viel Zeichnungen mußten von den verbliebenen ursprünglichen Mitarbeitern aus dem Gedächtnis rekonstruiert werden. Anfang des Jahres 1946 waren sie fertig gestellt. Die Montage des Triebwerkes erfolgte in einer Halle des nahegelegenen "Staßfurter Rundfunkgesellschaft mbH". Den Deustchen versuchte man glauben zu machen, daß in der SBZ ein neues Werk zur Herstellung v. Triebwerken entstehen sollte. Die Sowjets hatten Prestel diesbezüglich einen Planungsauftrag erteilt. Am 18. Oktober 1946 gelangte das BMW 018 in die Erprobung. Hierfür war etwa 250m südlich v. Schacht VII ein Doppelprüfstand aufgebaut worden. Vom 19.- 20. Oktober wurde das Triebwerk kalt mit elektromotorischem Fremdantrieb einem 4 - stündigem Probelauf unterzogen.
Das OKB - 2 hatte zu diesem Zeitpunkt 2107 Mitarbeiter, darunter befanden sich 392 deutsche Ingenieure, 1702 Facharbeiter und 13 sowjetische NKWD - Leute......
 

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SuR

... wie immer keine Zeit ...
Mitarbeiter
#3
Sehr interessant!

Stehen denn von dem Doppelprüfstand" "... etwa 250m südlich v. Schacht VII..." noch irgendwelche Überreste?
 
T

Tarzan

Nicht mehr aktiv
#5
Hallo!
Als ich vor einigen Jahren da war, befand sich neben VI noch das Lager einer Schönebecker Firma, welches durch Wachschutz gesichert war, nur weiss ich nicht, ob es VII war. Und zu KALAG hab ich noch andere Bezeichnungen gehört z.b. Kugelfischer AG oder KAbelLager AG, aber ich vermute mal, dass sich noch was anderes dahinter verbirgt. Denke nur mal jeder an REIMAHG. Und der Tarnname für VI war Maulwurf, steht jedenfals auch so in der Liste von Wiechert und hergestellt sollen dort mal Triebwerke der HE 162 und ARADO 234 worden sein. Und das Schutzbauwerk über VI sieht von weiten aus, wie eine offe Feldscheune. Ähnliche Bombenfeste Schutzbauten findet man ja auch in Wünsdorf. Und die alten Gleise waren damals auch noch vorhanden, aber bei den Schrottpreisen :confused: , hat die jetzt bestimmt schon wer umverlagert.
MfG Matthias
 
#6
Die Kugelfischerwerke waren in Schweinfurt, teilweise ausgelagert nach Schweina in die Metallfabrik Geb. Heller.
Bei den Bombenangriffen 44 wurde Schweinfurt schwer beschädigt, auch die Kugelfischerwerke.

Nach der Wende 89 übernahm Kugelfischer kurzzeitig das Wälzkörperwerk in Schweina. nachdem es eigentlich pleite war, übernahm es der damalige Sequestor in Eigenregie, verließ den alten Standort Schweina, baute in Barchfeld a. d. Werra neu - das Werk gibt es heute noch.
uwe
uwe
 
#7
... so nun wollen wir mal die Geschichte zum Abschluß bringen....

...Das Triebwerk hatte mit 3400 kp einen für damalige Verhältnisse außerordentlichen Standschub. Der Triebwerkseinlauf war ein aus Stahlblech gedrücktes u. durch Profilrippen verstärktes Bauteil.. Die Brennkammer war eine Rinfbrennkammer. Die Aufbereitung u. Primärverbrennung erfolgte im vorderen Ringraum. Als Hauptdüsen waren offene Düsen vorgesehen. deren Nenndurchsatz gegenüber dem BMW 003 auf etwa das Doppelte gesteigert werden konnte. Die sekundärverbrennung fand nach Zumischung v. Luft aus der 12. Verdichterstufe in dem zweiten sich anschließenden Ringraum statt.
Mit Hinblick auf die Gaseintrittstemperatur v. rund 740`vor der 1. Turbinenstufe mußte diese mit luftgelühlten Stahl-Blecjhohlschaufeln ausgerüstet werden.
Für die 2. u. 3. Stufe, an denen die Gaseintrittstemperetur nur noch 640 bzw. 540 `C betrugen, reichten ungekühlte Stahl-Vollschaufeln aus.

In den frühen Morgenstunden des 22. Oktober 1946 wurden in einer Nacht- u. Nebelaktion 251 Ingenieure und facharbeiter mit ihren Familien, also 2107 Menschen, zwangsweise aus dem Raum Staßfurt in die Nähe der Siedlung Uprawlentscheski, etwa 30 km von Samara, nach Rußland deportiert.
Hier hatten die Russen das "Staatliche Entwicklungswer Nr. 2" errichten lassen. Dies befand sich in den ehem. Gebäuden d. Forschungseinrichtungen, die für den bau des Wolga-Wasserkraftwerkes errichtet worden waren.
Von der Zwangsumsiedlung waren die Gruppen "Jumo-Dessau" (OKB 1), "BMW-Neustaßfurt" (OKB 2) und Askania - Berlin (OKB 4) betroffen.
OKB 1 u. 2. wurden zunächst weiterhin v. ihren Chef´s Dr. A. Scheibe und K. Prestel geleitet. Alle erforderlichen maschinen, Mess- u. Prüfmittel wurden in Deutschland demontiert. Aus dem Werk OKB - 2 in Neustaßfurt kamen 688 Werkzeugmaschinen, 39 Pressen, 251 andere Ausrüstungen und 7 Triebwerke BMW 003C und 018.
Ende 1946 orientierten die Russen um auf die Entwicklung schneller Bombenflugzeuge, damit wurde die Aufgabenstellung für die Deutschen geändert.. Die beriets in Deutschland begonnen Arbeiten an den PTL -Triebwerken 022 und 028 wurden fortgesetzt. Die Arbeit am Triebwerk BMW 018 wurden abgebrochen.

Es ist interessant festzustellen, daß sich das deutsche Konstruktionsprinzip für größere Flugzeugantriebe als das beste durchgesetzt hat.
Es umfaßt den Axialverdichter, die Ringbrennkammer, die Axialturbine mit luftgekühlten Hohlschaufeln und die regelbare Schubdüse.
In das BMW 018 sind die Erfahrungen aus der fertigung u. dem Betrieb des BMW 003 und Jumo 004 eingeflossen.
Ob es letztendlich die Erwartungen erfüllt hätte, die die Konstrukteure in seine Leistungsfähigkeit gesetzt hatten, werden wir wohl nie erfahren...............
 

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#9
Die Russen haben schon von den deutschen Wissenschaftlern in enormer Weise profitiert.
Das mit den neueren Triebwerken war mir neu, aber sehr interessant.
uwe
 
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