"Deitsche Sproch, schwere Sproch"

josef

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#41
Fernsehen führt immer mehr zur "Verpiefkesierung" der Sprache in Österreich

Servus" und "Pfiati" vertschüssen sich

"Tschüss" statt "Servus" oder "Pfiati", "die" statt "das Cola" bzw. "die" statt "das E-Mail": Die gesprochene Sprache in Österreich ändert sich. Und zwar altersspezifisch, wie Forscher berichten: Die jüngere Generation tendiert stärker zu Deutschlandismen.

Die Ergebnisse sind eine Art "Nebenprodukt" einer nun abgeschlossenen Studie zur Rolle des österreichischen Standarddeutsch in seiner Funktion als Bildungs- und Unterrichtssprache an österreichischen Schulen. An dem vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Forschungsprojekt haben die Linguisten Rudolf de Cillia, Jutta Ransmayr und Elisabeth Fink von der Universität Wien mitgearbeitet.

Insgesamt wurden dafür mehr als 1.250 Schüler der Sekundarstufe II sowie rund 160 Lehrer aller Schularten aus allen Bundesländern mit Fragebögen befragt und Interviews mit 21 Lehrern geführt. Außerdem nahmen die Forscher in sieben Schulklassen als Beobachter am Unterricht teil und organisierten je eine Gruppendiskussion mit Lehrern und Schülern.

Lehrer bevorzugen Austriazismen
Unter anderem gaben die Sprachwissenschaftler den Schülern und Lehrern 30 Beispielsätze vor, die Wahlmöglichkeiten zwischen je zwei Varianten (entweder Austriazismen oder Deutschlandismen) enthielten.

So hatten die Teilnehmer etwa die Wahl zwischen "der Bub" oder "der Junge", "in die Schule gehen" oder "zur Schule gehen", "einem Einser" oder "eine Eins", "Schweinsbraten" oder "Schweinebraten" bzw. "schmeckt sehr gut" oder "ist sehr lecker". Ergebnis: 61 Prozent der Lehrer, aber nur 46 Prozent der Schüler bevorzugten dabei die Austriazismen.

91 Prozent der Schüler und 60 Prozent der Lehrer entschieden sich für "die" SMS, 79 Prozent der Schüler und 57 Prozent der Lehrer drückten einen "Pickel" statt eines "Wimmerls" aus, 82 Prozent der Schüler und 43 Prozent der Lehrer schrieben "eine" E-Mail, 69 Prozent der Schüler und 35 Prozent der Lehrer gaben dem "Jungen" den Vorzug gegenüber dem "Bub", 53 Prozent der Schüler und 22 Prozent der Lehrer schlürften "die" Cola.

Weiter dominante Austriazismen
Es gibt aber auch durchaus dominante Austriazismen: Umgekehrt ließen 97 Prozent der Lehrer und 89 Prozent der Schüler das Jahr mit dem "Jänner" (statt Januar) beginnen, die gleichen Prozentsätze gaben "bin gestanden" den Vorzug gegenüber "habe gestanden".

"Schweinsbraten" statt "Schweinebraten" wollten 84 Prozent der Lehrer und 82 Prozent der Schüler verzehren, 96 Prozent der Lehrer und 82 Prozent der Schüler wählten den gemeindeutschen Ausdruck "schmeckt sehr gut" gegenüber "ist sehr lecker".

In einer eigenen Frage erhoben die Forscher außerdem, mit welcher Grußformel sich die Probanden verabschieden würden (Mehrfachnennungen möglich). Zur Auswahl standen dabei "Tschüss", "Baba", "Pfiati", "Ciao" und "Servus". Ergebnis: 79 Prozent der Schüler nannten "Tschüss", 32 Prozent "Ciao", 22 Prozent "Servus" und je zehn Prozent "Baba" und "Pfiati". Bei den Lehrern kam "Tschüss" auf 60 Prozent, "Servus" immerhin noch auf 50 Prozent, "Pfiati" auf 31 Prozent, "Ciao" auf 23 und "Baba" auf 22 Prozent.

TV-Konsum ist entscheidend
Je jünger die Probanden, desto eher zeigte sich eine Tendenz zu Deutschlandismen. Das galt auch für die Gruppe der Lehrer. Konstruierte man aus den Befragungsdaten zwei "Generationen" (bis 21 Jahre bzw. ab 41 Jahre unter Außerachtlassung der Gruppe dazwischen), wurde das Ergebnis noch deutlicher: 64 Prozent der älteren, aber nur 46 Prozent der jüngeren Generation - also weniger als die Hälfte - wählte durchschnittlich die Austriazismen.

Grund für die stärkere Verbreitung der Deutschlandismen dürfte das Medienverhalten sein, vermutet de Cillia. Die Forscher erhoben nämlich auch den TV-Konsum. Dabei zeigte sich, dass jene Schüler, die angaben, nur deutsche Kanäle zu sehen, signifikant öfter Deutschlandismen verwendeten als jene, die nur österreichische Sender einschalteten bzw. Programme aus beiden Staaten ansahen.


science.ORF.at/APA -
Kategorie: Österreichisches Deutsch Erstellt am 03.12.2015
http://science.orf.at/stories/1765083
 
#42
Habe soeben diesen wunderbaren thread über unsere wunderschöne deutsche Sprache gefunden.
(Hau grod den geiln sräd üwa unsa wundascheene deitsche Schbroch gfundn)
Auch für das grüne Mostviertel gibt es ein Übersetzungsbuch.
(A fias greane Mosdfial gibts a Üwasetzungsbiachl)

Mostviertler Lexikon
Josef Tazberger - Eigenverlag
ISBN 3-9501629-0-9
 

josef

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#43
Die „piefkinesische“ Unterwanderung der österreichischen Sprache

„Österreicher sind alle zweisprachig“

Muss sich Österreich vor der medialen Welle an bundesdeutschen Ausdrücken fürchten – essen die Österreicher bald nur noch „leckere Plätzchen“? Im ORF-Dialogforum zum Thema „Wie lecker ist Österreichisch?“ gingen Sprachwissenschaftler der aktuellen Entwicklung der sprachlichen österreichischen Identität auf den Grund.

Sie kamen nicht nur zu kulturpessimistischen und kleinkarierten Schlüssen, warum es sich gerade für ein kleines Land auszahlen würde, eine aktive Sprachpolitik zu betreiben. Den verstärkten Einzug hielt das Deutschlanddeutsch in Österreich ab den 1980er Jahren mit der Empfangbarkeit deutscher Fernsehender.

Typisch deutsche Ausdrücke verankerten sich zunehmend im österreichischen Sprachgebrauch. „Es ist eine Prestigefrage“, erklärte Rudolf Muhr, Sprachwissenschaftler der Universität Graz, das Phänomen. Aufgrund der Vielzahl an deutschen Medien übernehme die Bevölkerung deren Ausdrucksweise, weil sie aus dem Fernsehgerät komme und daher als höhere Sprache eingestuft werde.

„Leckere Sahne“
Doch das Aufkommen der Deutschlandismen verärgert auch viele Österreicher. Sie befürchten, dass ihre Sprache verschwinde. „Die ‚leckere Sahne’ ist in jeder Sitzung Thema“, berichtete ORF-Publikumsrat Ilse Brandner-Radinger von Beschwerdeschreiben der Zuschauern. Die Abneigung gegenüber dem „Piefkinesischen“ führt Muhr auf eine natürliche Angst vor Neuem zurück: „Man ist mit Wörtern konfrontiert, die man nicht kennt, und fühlt sich in seiner Identität angegriffen.“

Dass die Beschwerden beim ORF hauptsächlich von Menschen über 50 kämen, ist kein Zufall. „Die sprachlichen Unterschiede sind eindeutig in den Altersschichten festzumachen“, sagte Rudolf de Cillia, Sprachwissenschaftler an der Universität Wien. Maßgeblich sei die Sprache, in der man selbst sozialisiert wurde.

Altersfrage Austriazismus
Voneinander unabhängige Studien der beiden Sprachwissenschaftler zeigten, dass die Verwendung von Deutschlandismen klar altersspezifisch auftritt. „Mit dem Alter steigt die Grenze des akzeptablen Austriazismus“, so Muhr. Je jünger die Bevölkerung, desto eher würden binnendeutsche Ausdrücke verwendet. Gerade 47 Prozent der Jugendlichen kennen laut Erhebungen typisch österreichische Begriffe.

Aber nicht nur österreichische Ausdrücke fallen deutschen Synchronisationen und Fernsehsendungen zum Opfer, auch die Grammatik übernehmen Jugendliche von Binnendeutschland. „Ich bin gesessen“ wird zu „ich habe gesessen“, „das Cola“ zu „die Cola“. „Wenn man in der Unimensa ‚eine Cola’ bestellt, outet man sich ganz klar als deutscher Numerus-clausus-Flüchtling“, sagte die Poetry-Slammerin und Studentin Yasmo. Unter Jüngeren hingegen sei „eine Cola“ bereits gang und gäbe.

Zweisprachig bis zum „Weißwurstäquator“
Doch die vermehrte Anwendung macht die Unterscheidung zwischen der österreichischen und bundesdeutschen Sprache nicht mehr ganz einfach. Muhr definiert das österreichische Deutsch als „alles, was dem Sprachtyp Deutsch ähnlich ist und auf dem Boden der Republik Österreich gesprochen wird“. Österreichisches Deutsch beschränkt sich also nicht auf die Mundart, sondern umfasst auch die österreichische Varietät von Standarddeutsch.

Diese unbewusste „Zweisprachigkeit“ der österreichischen Bevölkerung, die sich bis zum „Weißwurstäquator“ erstreckt, sei derart verwurzelt, dass es im normalen Sprachgebrauch gänzlich normal ist, aus Standarddeutsch in die Umgangssprache zu wechseln, ohne dass es negativ auffallen würde, sagte Muhr. Das sei ein großer Unterschied zu Sprechern nördlich der Rhein-Main-Linie. „Die reden wirklich den ganzen Tag gleich - das ist für österreichische Verhältnisse unvorstellbar“, so Muhr.

Entwicklung durch Abgrenzung
Generell ändert sich die Sprache heutzutage viel schneller. Yasmo ist 25 Jahre alt und lernt bei Workshops, die sie in Oberstufen in Gymnasien gibt, selbst immer wieder neue Wörter. Obwohl die sprachliche Sozialisierung nur wenige Jahre Unterschied ausmacht, nimmt sie die Weiterentwicklung der Sprache deutlich wahr. Vorangetrieben werde diese Entwicklung dadurch, dass Kinder und Jugendliche ihre Sprache oft zur Abgrenzung verwenden, wie Petra Herczeg, stellvertretende Programmleiterin des Instituts für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien, sagte.

Deutschlandismen nicht verbannen
Trotz ihres kontinuierlichen Wandels bildet die Sprache einen großen Teil der österreichischen Identität. Gerade deshalb setzen sich Muhr und de Cillia aktiv für den Erhalt des österreichischen Deutsch ein. „In Österreich gibt es keine Sprachpolitik, die ein positives Verhältnis zur Identität hat. Das sollte sich ändern“, sagte Muhr.

Aufgabe der Schule sei es, das sprachliche Bewusstsein zu schärfen. Deutschlandismen sollen nicht verbannt werden, sondern ins Repertoire aufgenommen und an den passenden Stellen verwendet werden. Die Lehrer sollten anregen, die österreichische Sprache zu verwenden. Um bei den Kleinsten anzusetzen, wünscht sich Muhr eine Kultur- und Sprachpolitik, die das österreichische Deutsch bei der Produktion von Kinderbüchern und Hörspielen fördert.

Anglizismen als Retter
Zu mindestens 0,4 Prozent trennt die Österreicher und Deutschen momentan noch die gemeinsame Sprache, so hoch ist der Anteil der als österreichisch gekennzeichneten Wörter im Duden. Was aber beide Länder eindeutig verbindet, ist der Hang zu Anglizismen. Bei „Wir sind cool und plantschen im Pool“, wie es Christine Nöstlinger festhielt, lassen sich weder Austriazismus noch Deutschlandismus erkennen.


Lilian Spatz, ORF.at
http://orf.at/stories/2329833/2329827/
 

josef

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#44
Dos de do obn hintam Weißwirschtäquata wida wos zmotschkan haum: :p
Niederösterreichisch für Fortgeschrittene
Der Niederösterreicher weiß, was es bedeutet, wenn einer sagt: „Bei an Lamuahatscha hot da Edi a Dochtl gfaungt!“ Damit auch unsere deutschen Urlaubsgäste diesen Satz verstehen, gibt es heuer wieder unseren Sommersprachkurs.
Sendungshinweis
„Niederösterreichisch für Fortgeschrittene“ in „Guten Morgen NÖ“ und „Der Sommernachmittag auf Radio NÖ“ bzw. „Die Radio NÖ Sommertour“, 3.7.2017 bis 1.9.2017
Der (fiktive) deutsche Feriengast Kai-Uwe ist mit Frau und Schwiegermutter wieder auf Urlaub in Niederösterreich. In der sommerlichen Radioserie „Niederösterreichisch für Fortgeschrittene“ erkundet er auch heuer die Fülle, den Witz und die Treffsicherheit der niederösterreichischen Mundart und lässt sich Dialektvokabeln wie „Noagerl“, „zizerlweis“ und „Blunzenstricker“ erklären.

„Im dem Tschocherl san die Topfngolatschn scho gaunz letschat!“ Damit Kai-Uwe den unzufriedenen Kaffeehausbesucher aus Baden versteht, müsste dieser auf Hochdeutsch sagen: „In dem kleinen Kaffeehaus sind die Quarktaschen schon zu weich!“ Das Tschocherl (oder Tschecherl) kann auch ein kleines Gasthaus sein, jedenfalls ein Lokal, in dem man tschechern, das heißt Alkohol trinken kann. Unter Topfengolatschen versteht man ein viereckiges, süßes Germteigtascherl mit einer Topfenfüllung. Die Bezeichnung kommt aus dem tschechischen Wort kolác für Torte.


dpa/dpaweb/dpa/A3724 Felix Heyder

Die körperliche Nähe der Gäste in Diskotheken hat schon manchmal zu handgreiflichen Reaktionen geführt - ein „Lamuarhatscha mit Dochtl“

„Bei an Lamuahatscha hot da Edi a Dochtl gfaungt!“ Der arme Edi! „Beim Tanzen zu einem verträumten Musikstück hat der Eduard eine Ohrfeige bekommen!“ Der Lamourhatscha wird eng, das heißt mit viel Körperkontakt getanzt. Wenn der zu weit geht, kann das zu einer Dachtel führen. Dieses Wort ist wohl aus dem mittelhochdeutschen daht (=denken) entstanden. Somit bedeutet die Dachtel ursprünglich Denkzettel.

„Des Oamutschkerl wohnt in ana Keischn auf der Gstettn.“Und das im Jahr 2017! „Das arme Geschöpf wohnt in einem baufälligen Haus auf dem verwahrlosten Grundstück.“ Früher hat man unter einer Keusche ein sehr einfaches Bauernhaus verstanden, im heutigen Sprachgebrauch benennt man so ein baufälliges Gebäude. Die Gstetten ist Brachland, ein nicht genutztes Stück Boden, um das sich niemand kümmert.

Montag, 3. Juli 2017
http://noe.orf.at/radio/stories/2852394/
 
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josef

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#46
Dialektarchiv ist UNESCO-Welterbe
Österreich ist voll regionaler und lokaler Dialekte. Heute wurde ihnen eine große Ehre zuteil: Die UNESCO hat eine riesige Tonbandsammlung heimischer Dialekte zum Weltdokumentenerbe erklärt. Darin enthalten sind Mundarten, die es zum Teil nicht mehr gibt.

„Jo, jetz bin I scho boid 30 Joa Kiahran, ned, owa jetz mit da Zeit fongt si scho di Kreftn ou oh Nochlossn, ned, und es gejd nimamea sou, wias gongan is, des vüle Kiafuadan, Mahn, ned, med da Fuadakraxn hoamdrougn.“ In etwa so könnte eine Transkription aussehen von dem, was eine Kuhmagd im steirischen Kainach einem Forscher im Jahr 1953 erzählte.
Das Interview mit dem Titel „Aus dem Leben einer Kuhmagd“ stammt aus dem Phonogrammarchiv der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Es ist Teil einer Dialekttonbandsammlung mit über 1.700 Aufnahmen und einer Gesamtdauer von 251 Stunden, aufgenommen in zahlreichen Orten aller Bundesländer. Laut ÖAW handelt es sich dabei um eine flächendeckende Dokumentation der österreichischen Dialektlandschaft im 20. Jahrhundert.

Tonbandaufnahmen aus 30 Jahren
Geadelt wird die Sammlung „Tonaufnahmen österreichischer Dialekte 1951-1983“ nun von der UNESCO, die sie am Freitag bei einer Zeremonie im Wiener Palais Harrach zum Weltdokumentenerbe erklärte – genauer gesagt: Sie wurde in das österreichische “Gedächtnis der Menschheit“aufgenommen. In diesem nationalen UNESCO-Register finden sich wichtige Dokumente, vom österreichischen Staatsvertrag über historische Tonaufnahmen des ORF-Vorgängers RAVAG bis zum Nachlass der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann.


Phonogrammarchiv der ÖAW
Mit Aufnahmegeräten wie diesem wurden die Interviews gemacht

Bei der Zeremonie in Wien wurden heute neben den Dialektaufnahmen auch noch 17 andere Dokumente zum Weltdokumentenerbe erklärt, darunter das Moskauer Memorandum von 1955 und Interviews mit Opfern des Nationalsozialismus.

Die Dialektsammlung entstand Anfang der 1950er Jahre unter Leitung der Dialektologin Maria Hornung. 30 Jahre lang fuhren Sprachforscher und Sprachforscherinnen für ihre Interviews quer durch Österreich.
Freie Rede der Interviewten
Eine Besonderheit bei diesem Projekt ist laut dem Sprachwissenschaftler Christian Huber vom Phonogrammarchiv, dass die Sprecherinnen und Sprecher in alltäglichen Konversationen und in freier Rede aufgenommen wurden. „Dialektkundler haben damals eher mit Fragebögen gearbeitet, wo einzelne Wörter im Dialekt abgefragt wurden. Bei diesem Projekt haben sie die Leute aber dazu gebracht, selbst zu sprechen, eine Geschichte zu erzählen oder auf Fragen zu antworten.“

Die Interviewten erzählen somit oft aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld und geben traditionelle Geschichten zum Besten. Die Aufnahmen sind deshalb nicht nur sprachlich, sondern auch sozial- und kulturgeschichtlich relevant. „Sie repräsentieren einen bemerkenswerten Teil des kulturellen Erbes Österreichs und der Identität seiner Bevölkerung“, so die ÖAW.

Die Aufnahmen bilden daher die dialektale Sprache im tatsächlichen Gebrauch ab. Da die Tonbandsammlung drei Jahrzehnte umfasst, wird auch der Wandel österreichischer Dialekte deutlich. Durch das Alter der Aufnahmen sind auch Dialekte dokumentiert, die heute bereits verschwunden sind. Einige von ihnen sind äußerst schwer verständlich, wie z.B. jener aus dem Osttiroler Ort Kals.

Vom Aussterben bedroht?
Die Dialekte, die in Österreich gesprochen werden, fasst die Sprachwissenschaft als Variationen des Bairischen - nicht zu verwechseln mit bayrisch - zusammen, lediglich in Vorarlberg werden alemannische Variationen gesprochen. Neben den Sprachen Burgenland-Kroatisch, Jiddisch und Romani gelten in Österreich laut dem UNESCO-Atlas der gefährdeten Sprachen auch bairische und alemannische Dialekte als „potenziell bedroht“.

Gefährdet sind die Dialekte laut Huber insofern, als dass gewisse Ausdrücke, die ältere Generationen noch verwendet haben, heute nicht mehr bekannt sind. Das sei aber ein ganz normaler Prozess in der Geschichte jeder Sprache. Zudem würden sich die unterschiedlichen Dialekte in Österreich immer mehr angleichen. Das liegt daran, dass Menschen heute generell mobiler sind, aber auch am höheren Medienkonsum.

Auch der verstärkte Austausch mit Deutschsprachigen aus dem Ausland trage dazu bei, dass sich Dialekte stärker an das Hochdeutsche angleichen. Dazu kommt auch das gesellschaftliche Prestige oder Nichtprestige unterschiedlicher Dialekte. Manche Leute würden sich selbst als „hinterwäldlerisch“ empfinden, wenn sie ihren Dialekt sprechen, und daher lieber jenes Deutsch imitieren, das sie etwa aus dem Fernsehen kennen, so Huber.

Dialekt als Ausdruck kultureller Vielfalt
Wenn Dialekte aussterben, geht damit auch ein Stück kulturelle Vielfalt verloren. Andererseits sei es auch nicht sinnvoll, Dialekte, die niemand mehr spricht, künstlich am Leben zu halten, sagte Sprachwissenschaftler Huber: „Wenn die Dialektausdrücke ihre Funktion in der Kommunikation der Leute untereinander verlieren, warum sollte man sie überhaupt erhalten?“

Die Nostalgie darüber, dass Dialekte aussterben, teilt er nur bedingt. „Sprache verändert sich eben, sonst würden wir heute noch Althochdeutsch sprechen.“ Natürlich sei es immer schade, wenn etwas verloren geht, aber genau deshalb sei es wichtig, Dialekte zu dokumentieren.

Digitalisierung geplant
Bei der Zeremonie in Wien hat der UNECSO-Fachbeirat auch an die Politik appelliert: In Österreich fehle eine nationale Strategie zur Langzeitarchivierung des digitalen Wissenschafts- und Kulturerbes. Der Beirat fordert daher, ursprünglich analoge Dokumente digital verfügbar zu machen. Das sei besonders im Bereich der audiovisuellen Dokumente dringend, weil Abspielgeräte für analoge Tonbänder rar werden.

Auch der Großteil der Dialekttonbandsammlung ist bisher nur analog auf Magnetband vorhanden. Die ÖAW-Forschungsabteilung „Variation und Wandel des Deutschen in Österreich“ plant aber in Kooperation mit dem Forschungsprojekt „Deutsch in Österreich“, die Aufnahmen zu digitalisieren, zu transkribieren und eine Datenbank zu erstellen, die dann öffentlich zugänglich sein soll.

Julia Geistberger, Lukas Wieselberg, science.ORF.at

Mehr zu dem Thema:
Publiziert am 14.09.2018
Dialektarchiv ist UNESCO-Welterbe - science.ORF.at
 
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#47
Zan Thema uandli redn und schreim:
I dad jå vurschlågn, daß ma zua Aufrechterhoidung vo unsan Dialekt den a do im Forum glei so schreim soitadn. Natiali unta Berügsichdigung vo Groß- und Klaschreiwung sowia da Grammtik.
 
S

Senator74

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#48
Es gibt übrigens 2 Arten von Hauptstadtbewohnern. WIENER und "Weana". Erklären muß ich es (hoffentlich) nicht.
Griass Eich aus da Steiamoak, wou die Poustkastl houch oum hängan....
 
S

Senator74

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#52
Abend Werner,
wenn du in "Schwizerdütsch" deine Getränkebestellung tätigen willst, kann dir schon passieren, dass der Kellner aus Brno oder die Kellnerin aus Banja Luka sagt "nix verstehn" :) Aber eine Flasche Mineralwasser im Rucksack hilft immer :D

lg
josef
Dazu als Jause (Vesper) ein "Iklammts"....eine Art Wurstsemmel, oder Käsesemmel (Semmel =Weck oder Weckerl), jedenfalls etwas "EINGEKLEMMTES"
Wie sagte Egon Fridell so treffend? Das wahrhaft Trennende ist die gemeinsame Sprache.
MfG Euer Forengermanist.
 
S

Senator74

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#54
Advent, Advent, ein Lichtlein brennt...

Die demnächst beginnende vorweihnachtliche Zeit unterscheidet sprachlich auch Österreich vom nordwestlichen Nachbarn :)

Bei uns gibt es keine Adventszeit, keinen Adventsmarkt, Adventskalender usw. ...! Wir ersparen uns das "s" und es heißt schlicht Adventzeit, Adventmarkt, Adventkalender usw. ...:D


:advent:
Und wir sagen auch nicht : Um die siebte Stunde, sondern um die siebENte Stunde.
Piefkes, merkts as eich. (=Germanen, merkt es euch!)
 

josef

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#55
Österreicher halten stärker an regionaler Sprache fest als Deutsche
Dennoch viele Verschiebungen bei Ausdrücken wie Federpennal und Uhrzeitangaben. Mobilität und Prestige von Dialekten gelten als wichtige Einflüsse

"Tschüss" statt "Servus" oder "Pfiati": Auch bei den Grußformeln gibt es hierzulande Verschiebungen.
Foto: APA/dpa/lby

Wien – Viertel nach, Viertel über zehn oder Viertel elf? Die heutige Jugend verwendet zum Teil andere regionale Ausdrücke als ihre Eltern und Großeltern. Während es aber in Deutschland viele Verschiebungen gegeben hat, halten Österreicher und vor allem Schweizer stärker an lokalen Bezeichnungen fest. Ein Grund ist der höhere Stellenwert von Dialekten, sagt Linguist Stephan Elspaß von der Uni Salzburg.

Er ist Mitautor einer Studie zur Veränderung regionaler Begriffe im deutschsprachigen Raum, die im Fachmagazin "PLoS One" veröffentlicht wurde und bei der die Verwendung von 14 lokalen bzw. regionalen Bezeichnungen abgefragt wurde – vom Wort für Hausschuhe bis Fußballspielen. Die Daten stammen aus einem unterhaltsamen Online-Quiz, das bei "Spiegel Online" und dem Online-Portal des Schweizer "Tagesanzeiger" abrufbar war. 770.000 Fragebögen konnten ausgewertet werden, 153.000 kamen aus Österreich. Die Begriffe wurden dann mit jenen aus dem "Wortatlas der deutschen Umgangssprachen" aus den 1970ern verglichen.

Unterschiedliches "Levellings"
Wie die Erhebung zeigt, wurden im Vergleich zu damals vielfach lokale Begriffe für etwas weiter verbreitete regionale Ausdrücke aufgegeben. Die Intensität dieses sogenannten "Levellings" fällt im deutschsprachigen Raum allerdings höchst unterschiedlich aus: Vor allem in Ostdeutschland wurden nach der Wiedervereinigung aus Statusgründen lokale und regionale Ausdrücke ersetzt, während in der Schweiz, Liechtenstein sowie Teilen Bayerns und Österreichs lokale und Dialektausdrücke weiterhin stark der Identifikation dienen und auch aktiv genutzt werden.

Die deutschsprachigen Synonyme für faschiertes Laibchen, ihre Verteilung und die jeweiligen Veränderungen.
Grafik: Adrian Leemann et al., PLoS One 2019

Typische Bezeichnungen wie die Jause oder das Fleischlaberl bleiben als "originale Marker" in ganz Österreich sehr konstant und werden "mit einem gesunden Selbstbewusstsein verwendet", schildert Elspaß, während in Deutschland die (Kaffee-)Pause das zweite Frühstück sowie die Bulette und der Klops lokalere Begriffe wie Beefsteak oder Klößchen verdrängt haben. Verschiebungen gab es in Österreich laut der Studie etwa beim Begriff Federpennal, der in Oberösterreich und der Steiermark die Federschachtel abgelöst hat.

So sagt man in verschiedenen Teilen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz umgangssprachlich zu 10:15. Rechts die Veränderungen der letzten 30 Jahre.
Grafik: Adrian Leemann et al., PLoS One 2019

Missverständliche Uhrzeitangaben
Auch bei der Bezeichnung der Uhrzeit gibt es in Österreich Verschiebungen: Hier beginnt die Bezeichnung Viertel nach bzw. Viertel über zehn mittlerweile den Ausdruck Viertel elf abzulösen. Wegen der Anfälligkeit für Missverständnisse könnte er auf längere Sicht überhaupt "aufgerieben werden", glaubt Elspaß, der seit 2003 im Projekt "Atlas zur deutschen Alltagssprache" mit einem Kollegen der Universität Liege die Veränderungen des Deutschen dokumentiert. Zum Jahreswechsel startet die zwölfte Online-Erhebungsrunde.

Die Verbreitung der Palatschinke bzw. ihrer Synonyme, rechts wieder die Veränderungen der letzten Jahrzehnte.
Grafik: Adrian Leemann et al., PLoS One 2019

Nicht nur geografische und soziale Mobilität und die Vermeidung von Missverständnissen spielen bei diesen Veränderungen eine Rolle. Entscheidend für den Erhalt regionaler Begriffe ist auch die Rolle von Dialekten in der Alltagssprache. In weiten Teilen Deutschlands gibt es Elspaß zufolge nur noch ein geringes Bewusstsein für regionale Sprachformen, vor allem im Norden werde auch im Alltag kaum noch Dialekt gesprochen.

Die Schweiz ist anders
Ganz anders als in der Schweiz: "Dort spricht von der Professorin bis zum Bauer jeder Dialekt und zusätzlich Hochdeutsch und kann auch dazwischen switchen", hebt er das soziale Prestige des Dialektalen hervor. "Dort geht man wegen der politischen und wirtschaftlichen Unabhängigkeit viel selbstbewusster mit den eigenen Sprachen um."

Österreich liege beim Selbstbewusstsein der Dialektsprecher zwischen diesen beiden Polen. Viele könnten noch den Dialekt der Eltern und Großeltern sprechen, würden aber etwa im Beruf zur besseren Verständigung oder aus Prestigegründen zumindest auf eine "hochdeutschnähere Sprachlage" setzen.

Fließende Übergänge
Im Deutschen in Österreich gibt es laut Elspaß zudem viele Zwischenräume zwischen Dialekt und Hochdeutsch, die Sprecher wechselten zwischen diesen "Sprachlagen" je nach Situation und Gegenüber fließend hin und her. Wie es genau um die Spracheinstellungen der Österreicher bestellt ist, erforscht Elspaß derzeit mit Kollegen im großen Projekt "Deutsch in Österreich". In vier Jahren sollen die Ergebnisse vorliegen.

Laut länger zurückliegenden Erhebungen gibt es in Österreich auch Veränderungen bei den Grüßformeln: Zumindest ergab dies 2015 eine Erhebung unter Jugendlichen. Zur Auswahl standen dabei "Tschüss", "Baba", "Pfiati", "Ciao" und "Servus". Das Ergebnis: 79 Prozent der Schüler nannten "Tschüss", 32 Prozent "Ciao", 22 Prozent "Servus" und je zehn Prozent "Baba" und "Pfiati". Bei den Lehrern kam "Tschüss" auf 60 Prozent, "Servus" immerhin noch auf 50 Prozent, "Pfiati" auf 31 Prozent, "Ciao" auf 23 und "Baba" auf 22 Prozent.
(red, APA, 2.1.2020)

Volltext der Studie
Links
Nachlese
Österreicher halten stärker an regionaler Sprache fest als Deutsche - derStandard.at
 

josef

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#56
"Schieß Ball her!": Vom angeblichen Verfall der Sprache
Schnell macht sich Weltuntergangsstimmung breit, wenn es um den Wandel der Sprache geht. Was die Linguistik normal findet, sorgt bei vielen für Verlustängste. Warum eigentlich?

Warum trifft der Sprachwandel den Nerv großer Teile der Bevölkerung?

Was sprachwissenschaftlich unaufgeregt als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, sorgt außerhalb der einschlägigen Forschung seit jeher für Weltuntergangsstimmung: der Sprachwandel. Die Beobachtung, dass Sprache sich verändert, löst Verlustängste und Alarmismus aus. Der Dialekt stirbt, die Standardsprache verkommt, das bundesdeutsche Deutsch verdrängt österreichische Sprachmerkmale. Die Schriftsprache verkümmert auf Whatsapp, "Denglisch" ist auf der Überholspur, und was von der deutschen Sprache noch übrig ist, vermischt sich mit den Herkunftssprachen der Migrantinnen und Migranten zu einem Kauderwelsch …

Erleben der "Welt"
Was aber steckt hinter solch schrillen Tönen? Warum trifft der Sprachwandel den Nerv großer Teile der Bevölkerung – und das nicht erst heutzutage, sondern seit Jahrhunderten? Oder, anders gefragt: Warum verfällt die deutsche Sprache, seit es sie gibt?
Zuallererst ist Sprache nicht das einzige, wohl aber effizienteste und komplexeste Zeichensystem, mit dem wir Menschen kommunizieren. Doch sie ermöglicht noch mehr als dieses entscheidende (Sich-)Mitteilen in gesprochener und geschriebener Form. Das Wahrnehmen beziehungsweise Erleben der "Welt", unser gesamtes Bewusstsein ist ebenfalls sprachlich geprägt. Was herkömmlicherweise als "Denken" gilt, ist meist ein stummes Sprechen (mit sich selbst). Weiters sind gesellschaftliche Verhältnisse immer auch das Ergebnis sprachlicher Interaktion und Reflexion. Darüber hinaus verbinden wir mit allen Sprachen und deren Erscheinungs- beziehungsweise Gebrauchsformen (Dialekt, Jugend-, Standard-, Fachsprache usw.) bestimmte positive und negative, meist klischeehafte Vorstellungen und Emotionen.

Fragen der Identität
Diese in der Sozialisation erworbenen Einstellungen zu (bestimmten Formen von) Sprache und deren Sprecherinnen und Sprechern werden verknüpft mit sozialen, politischen, geografischen und anderen Assoziationen, die unser Denken und Handeln stark beeinflussen können. Es zählt nicht nur, was gesagt oder geschrieben wird – mindestens ebenso wichtig ist das Wie, also die (Sprach-)Form, der Kommunikation. Daran knüpfen sich Fragen der Identität, der Macht und Ohnmacht, der lebensweltlichen Orientierung und noch mehr. Die Sprache ist somit auf vielfältigste Weise sowohl Voraussetzung als auch Produkt jener Zusammenhänge, in die der Mensch existenziell eingebunden ist. Es gibt keine Gesellschaft ohne Sprache und keine Sprache ohne Gesellschaft.

Vor diesem Hintergrund ist einsehbar, warum es beim Sprachwandel für die Menschen ans "Eingemachte" geht. Bereits geringfügige Veränderungen der Aussprache, des Wortschatzes oder der Grammatik stoßen auf Ablehnung. Das aus linguistischer Sicht Irrationale an dieser – psychologisch nachvollziehbaren – Haltung ist nun der Wunsch, den Sprachwandel (und damit die gesellschaftliche Veränderung) aufzuhalten. Denn letztlich sind auch jene Sprachformen, die man als "ursprünglich" bewahren will, das Produkt fortwährender Veränderungen, eine Momentaufnahme im ständigen Fluss der Zeit.

Der Dialekt fiel nicht vom Himmel
Der "echte" Dialekt der Landbevölkerung unserer Großelterngeneration ist nicht fertig vom Himmel gefallen, sondern in kontinuierlichem Wandel geformt worden. Die nostalgische Verklärung archaischer Dialektausdrücke steht neben der Tatsache, dass gegenwärtig kaum noch vier Prozent der österreichischen Bevölkerung in der – durch Modernisierung völlig veränderten – Landwirtschaft arbeiten.

Die Bäuerin und der Bauer von heute surfen mit dem Smartphone im Internet, und ihr Dialekt hat sich im Vergleich zu früheren Zeiten verständlicherweise verändert. Blicken wir weiter nach Wien: Zahlreiche "urwienerische" Ausdrücke zeugen vom Kontakt mit fremden Sprachen. "Beisl" und "Hawara" etwa kommen aus dem Jiddischen, "Bassena" und "Gspusi" aus dem Italienischen. Die Liste ist lang.

"Mundl-Wienerisch"
Das "Mundl-Wienerisch" der 1970er-Jahre wurde ursprünglich durch Zuwanderung mitgeprägt. Wenn sich also heutzutage Jugendliche mit verschiedensten Familiensprachen beim Fußballspielen im Park "Schieß Ball her!" zurufen oder wenn im Supermarkt "Haben Sie Billa-Card?" gefragt wird, zeichnen sich vielleicht bereits Merkmale des Wienerischen von morgen ab.

Wie aber steht es um das österreichische Standard- bzw. "Hoch"-Deutsch? Diese Sprachform, die auf die Abgrenzung von Deutschland im Zusammenhang mit dem "Nation-Building" der Zweiten Republik Österreich zurückgeht, ist ebenfalls nicht statisch. Im inzwischen achten Jahrzehnt unseres Staates steht das nationale Selbstbewusstsein der Bevölkerung außer Frage und muss nicht zwingend an sprachlichen Austriazismen festgemacht werden. Im Gegenteil: Ausdrücke wie "lecker", "Junge" oder "nee" stellen für die junge Bevölkerung offenbar keinen Widerspruch zur österreichischen Identität dar.

Deutsch, das ineinander fließt
Diese Generation wurde hineingeboren in die EU und ist mit der medialen und kommunikativen Vielfalt im Internet aufgewachsen. Dort fließen bundesdeutsches und österreichisches Standarddeutsch ineinander und vertragen sich mit dialektalen Elementen sowie Anglizismen. Dazu kommt die oft ohne Interpunktion verschriftete Chat-Sprache, während Ausdrücke globaler Popkulturen dem Ganzen Würze verleihen. Emoticons und Memes sagen ohnehin oft mehr als tausend Worte. Angesichts all dessen propagierte Katastrophenszenarien erinnern daran, dass bereits zu Zeiten des Sokrates der Jugend die Schuld am angeblichen Verfall Athens gegeben wurde.

Athen steht noch immer, und was heute als sprachlicher Untergang gilt, werden kommende Generationen als Ideal verklären, das vor dem Aussterben bewahrt werden muss. Welche Merkmale die deutsche Sprache dann aufweisen wird, lässt sich nicht absehen. Klar ist lediglich, dass sie nur dann "stirbt", wenn sie aufhört, sich zu wandeln.
(Manfred Glauninger, 3.5.2021)

Manfred Glauninger ist Sprachwissenschafter an der Universität Wien und der Akademie der Wissenschaften.

"Schieß Ball her!": Vom angeblichen Verfall der Sprache
 
#57
Als Niederländer möchte ich bitte eine Frage zur deutschen Sprache stellen:

'Was ist der Unterschied zwischen den Schreibweisen zwischen 'Tal', 'Thal' und 'Tahl'? Diese unterschiedlichen Schreibweisen begegne ich gelegentlich bei meiner Recherchen und es ist für mich nicht einfach zu verstehen, da es sich eindeutig immer um ein „Tal“ handelt.
Wir lesen nämlich „Jonastal“ in Relation zu „Luisenthal“.
Vielleicht liege ich falsch mit dem Wort „tahl“, aber ich verstehe es nicht mehr.
Hat ihr eine antwort für mich?
 

Stoffi

Well-Known Member
#59
Im holländisch/Norddeutschen Timmermann im Süddeutschen/Österreichischen Sprachgebrauch Zimmermann ...



Als Niederländer möchte ich bitte eine Frage zur deutschen Sprache stellen:

'Was ist der Unterschied zwischen den Schreibweisen zwischen 'Tal', 'Thal' und 'Tahl'? Diese unterschiedlichen Schreibweisen begegne ich gelegentlich bei meiner Recherchen und es ist für mich nicht einfach zu verstehen, da es sich eindeutig immer um ein „Tal“ handelt.
Wir lesen nämlich „Jonastal“ in Relation zu „Luisenthal“.
Vielleicht liege ich falsch mit dem Wort „tahl“, aber ich verstehe es nicht mehr.
Hat ihr eine antwort für mich?
 

josef

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#60
Schreiben im Dialekt breitet sich aus
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Schreiben im Dialekt erobert den Alltag der Bevölkerung. Vor allem in Österreich und im süddeutschen Raum erlebt die schriftliche Dialekt-Kommunikation einen Aufschwung. Das ist das Ergebnis eines Kongresses, der kürzlich an der Paris Lodron-Universität in Salzburg stattfand.

Wesentliche Beiträge für diesen Wandel in der Schriftsprache würden die „Sozialen Medien“ im Internet bzw. im Mobilfunk liefern. Viele Beispiele wurden genannt: „Wo woast gestan?" „Gehd scho, pock mas!“ „Des kost du nia nid!“

Immer mehr Menschen verbringen immer mehr Zeit im Internet – auch über ihre Smartphones. Viele würden dadurch den Eindruck haben, dass sie miteinander sprechen und vergessen, dass sie eigentlich schreiben, sagen Sprachwissenschaftler. Zudem vermittle der geschriebene Dialekt die Vertrautheit der gesprochenen Sprache, sagt die Schweizer Dialektologin Helen Christen.

Im Norden Deutschlands tabu
Es gebe allerdings regionale Unterschiede. In Österreich und im süddeutschen Raum sei das Chatten im Dialekt weit verbreitet, im Norden Deutschlands – zum Beispiel in Essen – schreibe kaum jemand die Umgangssprache, ergänzt Christen. Eine Befragung habe ergeben, dass in Salzburg sechs von sieben Studenten auch im Dialekt schreiben, ähnlich viele sind es im bayrischen Bamberg.

Dialekt auch in der Post an Chefs
Weites Detail: Den Vorgesetzten in der Berufswelt ebenso Dialektnachrichten zukommen zu lassen, das sei mittlerweile auch nicht mehr ungewöhnlich. Beruflichen Hierarchien würden immer häufiger flacher. Das mache Dialekt-Kurznachrichten an den Chef durchaus plausibel, so die Sprachwissenschaftlerin.
26.07.2022, red, salzburg.ORF.at

Schreiben im Dialekt breitet sich aus
 
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