Der Park und seine Umgebung verbirgt so einige historische Vergangenheiten nicht nur deshalb, weil hier ein Juwel der Architekturgeschichte zu finden ist, sondern auch die Überreste einer einstigen Sägemühle zu finden sind. Die jetzt vom Verschönerungsverein in einen schönen Landschaftspark integriert wurde! Das Mühlenrad am Sierningbach wurde von den Schülern des Polytechnischen Lehrgangs Ternitz originalgetreu nachgebaut.
Die Hansen-Villa auch Scherz-Villa genannt: Eine Geschichte über die Welzls: Fabrikanten, Bauherren und Wohltäter von St. Johann(Quelle)
ein Auszug davon: ©Mag. Marion Luger www.geschichtswert.at
Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden in Mitteilungen über St. Johann „vom Orte isoliert gelegene Hammerwerke“ und eine Nägelfabrik erwähnt. Das Pfarrdorf, „in einem angenehmen Thale westlich hinter Neunkirchen“ gelegen, umfasste im Jahre 1830/31 neben der Kirche und einer Schule noch 34 Häuser mit 238 EinwohnerInnen. Diese besaßen Obst- und Weingärten, trieben Ackerbau und Holzhandel oder waren als SchuhmacherInnen, SchneiderInnen und LeimsiederInnen tätig. Eine Mahlmühle und zwei „Bretersägen“ sowie die beiden Hammerschmieden standen „alle an dem Sierningbache und [wurden] von solchem in Betrieb gesetzt“.
Eine dieser Hammerschmieden ging im Herbst des Jahres 1857 samt dazugehörigem „Viertlhof“, einer Nägelfabrik, einem „Wassergefäll“ sowie Haus- und Überlandgründen von Herrn Ferdinand Melcher in den Besitz des Herrn Ferdinand Welzl und dessen Gattin Franziska, geb. Thalhammer (1810-1880), über. Die Welzls gehörten den oberen Gesellschaftsschichten an: In „Lehmanns Adressverzeichnis“ von Wien ist Ferdinand Welzl (1807-1893) als Gesellschafter der Firma „Thalhammer und Welzl“ ausgewiesen und Martin Thalhammer (vermutlich Ferdinands Schwiegervater) als „k.k. Hof- u. bgl. Knopffabrikant“. Die Firma verfügt bereits 1859 über eine Niederlassung in der Inneren Stadt.
Inserat der Firma Martin Thalhammers und Ferdinand Welzls
In seinem Eisenverarbeitungsbetrieb in St. Johann erzeugt Ferdinand Welzl mit seinem ältesten Sohn Moritz (1836-1913) zunächst Säbel für die österreichische Armee und später landwirtschaftliche Geräte (Pflugscharen, Sensen, Hauen, etc.). Um 1900 wird der Betrieb jedoch eingestellt. In dieser Zeit hat Moritz Welzl politische Karriere gemacht: Während seine Geschwister Emma (1832- 1913) und Gustav (1838-1910) in Wien ansässig bleiben und Letzterer nach dem Tod des Vaters das Unternehmen in der Stadt weiterführt, erklimmt Moritz das Amt des Bürgermeisters von St. Johann. Er übt diese Funktion insgesamt fast 20 Jahre lang aus und nutzt die Gelegenheit, um als Wohltäter und Förderer der kleinen Gemeinde zu wirken. Seine Verdienste werden noch lange posthum gerühmt: Während sein Betrieb zahlreiche Arbeitsplätze garantiert, kümmert sich Moritz Welzl um das Schul- und Feuerwehrwesen, um kirchliche und kulturelle Angelegenheiten sowie um die Ortsverschönerung. Den Kindern stiftet er Kleidungsstücke und dem Krankenhaus Neunkirchen eine beträchtliche Summe Geld. Damit kann die gesamte chirurgische Abteilung des Hospitals errichtet werden. Zu Lebzeiten schon zum Ehrenbürger von St. Johann ernannt, wird ihm zum Gedenken rund 70 Jahre nach seinem Wirken jene Gasse benannt, die zu seiner einstmaligen Villa hinführt.
Moritz Welzl (1836-1913), Bürgermeister von St. Johann: 1879 bis 1885 und 1900 bis 1911
Hatten die Welzls ursprünglich am „Viertlhof“ ihr Quartier, musste bald ein repräsentativeres Wohngebäude her: Just im Jahre 1879, als Moritz Welzls Ära als Bürgermeister beginnt, wird auch der Bau der Villa fertig gestellt. Mit imposantem Wintergarten und prächtigem Turm, mit runden Fenstern und Laubsäge-Ornamenten versehen, stellt sie in dem kleinen Ort St. Johann mit Sicherheit etwas Besonderes dar. Und die Welzls haben sich mit dem Bau dieser Villa ein Denkmal gesetzt.
Allerdings gibt es keine direkten NutznießerInnen des Erbes, denn alle drei Geschwister sind unverheiratet und kinderlos. Die Villa geht schließlich an Julius Welzl, einen entfernten Verwandten, über. Dieser hat als „Haupt-Cassier“ und späterer „Sekretär und Prokurist der Neuen Wiener Sparkasse“ sein berufliches Standbein in Wien und beschließt, auch seinen Lebensabend in der Stadt zu verbringen. Das Schicksal der Villa bleibt damit ungewiss.
St. Johann auf einer Ansichtskarte von 1908 Ganz rechts im Bild die Villa, links davon Welzls Fabrik
Die Villa im Besitz der Familie Scherz: Vom herrschaftlichen Anwesen zum Besatzungs- und Konkursobjekt
Julius Welzl verzichtet offensichtlich darauf, seinen Alterssitz in St. Johann einzurichten. Im Jahre 1918 verkauft er das Grundstück samt Villa an das Ehepaar Josef und Rosa Scherz. Damit erwacht das Gebäude zu neuem Glanz. Rosa K., die Tochter des Ehepaars Scherz (*1917), erinnert sich: „Wir waren eine der reichsten Familien im Ort. Meine Eltern besaßen die Häuser Nr. 2 bis 4. Dort, wo sich früher das alte Wohnhaus der Familie Welzl befunden hatte, erbauten meine Eltern ein Arbeiter-Wohnhaus, unweit der Villa ein Sägewerk. An der Stelle des früheren Hammerwerkes errichteten sie eine Holzwollefabrikation. Hier ließen sie auch eine Turbine einbauen, um mit Hilfe der Wasserkraft des Sierning-Werkbaches elektrischen Strom für industrielle Zwecke zu erzeugen. Erst im Jahre 1938 wurden die Gebäude an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Es gab auch eine Wasserleitung, die das Wasser aus dem angrenzenden Bach direkt in die Waschküche leitete - und wieder zurück.“
Josef und Rosa Scherz sorgen nicht nur für Innovationen, sie nehmen auch laufend Ausbesserungen, Umbauten und Erweiterungen vor: Auf die Installation des elektrischen Stroms im Jahr 1921 und die Eröffnung der Holzwollefabrik sowie Renovierungen an den Wirtschaftsgebäuden im Jahr 192613 folgt zwei Jahre später der Wiederaufbau einiger durch Brand zerstörter Wirtschafts- objekte. Im Jahr 1940 wird ein neu errichtetes Sägewerk in Betrieb genommen, das mit einem „Dampflokomobil“ (höchste Dauerleistung 140 PS) ausgestattet ist.15 Als Josef Scherz im Jahr darauf stirbt, sorgt seine Witwe Rosa dafür, dass neue Arbeits- und Maschinenräume zur Holzwolleerzeugung errichtet werden.
Die Residenz der Familie Scherz kann durchaus als herrschaftlich bezeichnet werden: Zur landwirtschaftlichen Nutzfläche zählen ein ausgedehnter Gemüsegarten sowie zwei große Obstgärten, aus deren Erträgen 5.000 Liter Most hergestellt werden. Vor der Villa ist ein prächtiger Springbrunnen zu sehen. Umrahmt wird dies alles von einem weitläufigen Park, der seine BesucherInnen durch unzählige exotische Pflanzen in Erstaunen versetzt. Hier finden sich zwei Gingko-Bäume, zwei Maulbeerbäume, ein Tulpenbaum, Russische Birken und Vieles mehr. Zusätzlich zu diesen prachtvollen Exoten, die bereits seit Welzls Zeiten existierten, hat Josef Scherz (von 1929 bis 1935 auch Vereinsvorstand des Verschönerungsvereins St. Johann) für sein Anwesen noch weitere Verschönerungen in Anspruch genommen: Auf seinem Grund befanden sich zwei Glashäuser – eines für wärmeempfindliche Pflanzen, eines für kälteempfindliche Gewächse. Im Park verteilte Palmen verliehen dem Anwesen ein mediterranes Flair; herumstolzierende Pfaue ließen es mondän erscheinen. Selbst die Ställe, in denen die Familie Scherz Pferde, Kühe, Schweine und Hühner hielt, besaßen Stil: Sie waren, von den Welzls erbaut, mit neugotischen Fenstern ausgestattet worden.....
Am 30. März 1945 stehen dann plötzlich russische Soldaten vor der Tür. Rosa Scherz bleiben gerade einmal fünfzehn Minuten, um das Nötigste zu packen und sich mit Kindern und Enkelkindern auf die Flucht zu machen. Die Kassa – samt Geld, Schmuck und Plänen – wird in der Hektik zurückgelassen.
Hansen-Villa auch Scherz-Villa genannt:
einige Bilder davon!
Die Hansen-Villa auch Scherz-Villa genannt: Eine Geschichte über die Welzls: Fabrikanten, Bauherren und Wohltäter von St. Johann(Quelle)
ein Auszug davon: ©Mag. Marion Luger www.geschichtswert.at
Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden in Mitteilungen über St. Johann „vom Orte isoliert gelegene Hammerwerke“ und eine Nägelfabrik erwähnt. Das Pfarrdorf, „in einem angenehmen Thale westlich hinter Neunkirchen“ gelegen, umfasste im Jahre 1830/31 neben der Kirche und einer Schule noch 34 Häuser mit 238 EinwohnerInnen. Diese besaßen Obst- und Weingärten, trieben Ackerbau und Holzhandel oder waren als SchuhmacherInnen, SchneiderInnen und LeimsiederInnen tätig. Eine Mahlmühle und zwei „Bretersägen“ sowie die beiden Hammerschmieden standen „alle an dem Sierningbache und [wurden] von solchem in Betrieb gesetzt“.
Eine dieser Hammerschmieden ging im Herbst des Jahres 1857 samt dazugehörigem „Viertlhof“, einer Nägelfabrik, einem „Wassergefäll“ sowie Haus- und Überlandgründen von Herrn Ferdinand Melcher in den Besitz des Herrn Ferdinand Welzl und dessen Gattin Franziska, geb. Thalhammer (1810-1880), über. Die Welzls gehörten den oberen Gesellschaftsschichten an: In „Lehmanns Adressverzeichnis“ von Wien ist Ferdinand Welzl (1807-1893) als Gesellschafter der Firma „Thalhammer und Welzl“ ausgewiesen und Martin Thalhammer (vermutlich Ferdinands Schwiegervater) als „k.k. Hof- u. bgl. Knopffabrikant“. Die Firma verfügt bereits 1859 über eine Niederlassung in der Inneren Stadt.
Inserat der Firma Martin Thalhammers und Ferdinand Welzls
In seinem Eisenverarbeitungsbetrieb in St. Johann erzeugt Ferdinand Welzl mit seinem ältesten Sohn Moritz (1836-1913) zunächst Säbel für die österreichische Armee und später landwirtschaftliche Geräte (Pflugscharen, Sensen, Hauen, etc.). Um 1900 wird der Betrieb jedoch eingestellt. In dieser Zeit hat Moritz Welzl politische Karriere gemacht: Während seine Geschwister Emma (1832- 1913) und Gustav (1838-1910) in Wien ansässig bleiben und Letzterer nach dem Tod des Vaters das Unternehmen in der Stadt weiterführt, erklimmt Moritz das Amt des Bürgermeisters von St. Johann. Er übt diese Funktion insgesamt fast 20 Jahre lang aus und nutzt die Gelegenheit, um als Wohltäter und Förderer der kleinen Gemeinde zu wirken. Seine Verdienste werden noch lange posthum gerühmt: Während sein Betrieb zahlreiche Arbeitsplätze garantiert, kümmert sich Moritz Welzl um das Schul- und Feuerwehrwesen, um kirchliche und kulturelle Angelegenheiten sowie um die Ortsverschönerung. Den Kindern stiftet er Kleidungsstücke und dem Krankenhaus Neunkirchen eine beträchtliche Summe Geld. Damit kann die gesamte chirurgische Abteilung des Hospitals errichtet werden. Zu Lebzeiten schon zum Ehrenbürger von St. Johann ernannt, wird ihm zum Gedenken rund 70 Jahre nach seinem Wirken jene Gasse benannt, die zu seiner einstmaligen Villa hinführt.
Moritz Welzl (1836-1913), Bürgermeister von St. Johann: 1879 bis 1885 und 1900 bis 1911
Hatten die Welzls ursprünglich am „Viertlhof“ ihr Quartier, musste bald ein repräsentativeres Wohngebäude her: Just im Jahre 1879, als Moritz Welzls Ära als Bürgermeister beginnt, wird auch der Bau der Villa fertig gestellt. Mit imposantem Wintergarten und prächtigem Turm, mit runden Fenstern und Laubsäge-Ornamenten versehen, stellt sie in dem kleinen Ort St. Johann mit Sicherheit etwas Besonderes dar. Und die Welzls haben sich mit dem Bau dieser Villa ein Denkmal gesetzt.
Allerdings gibt es keine direkten NutznießerInnen des Erbes, denn alle drei Geschwister sind unverheiratet und kinderlos. Die Villa geht schließlich an Julius Welzl, einen entfernten Verwandten, über. Dieser hat als „Haupt-Cassier“ und späterer „Sekretär und Prokurist der Neuen Wiener Sparkasse“ sein berufliches Standbein in Wien und beschließt, auch seinen Lebensabend in der Stadt zu verbringen. Das Schicksal der Villa bleibt damit ungewiss.
St. Johann auf einer Ansichtskarte von 1908 Ganz rechts im Bild die Villa, links davon Welzls Fabrik
Die Villa im Besitz der Familie Scherz: Vom herrschaftlichen Anwesen zum Besatzungs- und Konkursobjekt
Julius Welzl verzichtet offensichtlich darauf, seinen Alterssitz in St. Johann einzurichten. Im Jahre 1918 verkauft er das Grundstück samt Villa an das Ehepaar Josef und Rosa Scherz. Damit erwacht das Gebäude zu neuem Glanz. Rosa K., die Tochter des Ehepaars Scherz (*1917), erinnert sich: „Wir waren eine der reichsten Familien im Ort. Meine Eltern besaßen die Häuser Nr. 2 bis 4. Dort, wo sich früher das alte Wohnhaus der Familie Welzl befunden hatte, erbauten meine Eltern ein Arbeiter-Wohnhaus, unweit der Villa ein Sägewerk. An der Stelle des früheren Hammerwerkes errichteten sie eine Holzwollefabrikation. Hier ließen sie auch eine Turbine einbauen, um mit Hilfe der Wasserkraft des Sierning-Werkbaches elektrischen Strom für industrielle Zwecke zu erzeugen. Erst im Jahre 1938 wurden die Gebäude an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Es gab auch eine Wasserleitung, die das Wasser aus dem angrenzenden Bach direkt in die Waschküche leitete - und wieder zurück.“
Josef und Rosa Scherz sorgen nicht nur für Innovationen, sie nehmen auch laufend Ausbesserungen, Umbauten und Erweiterungen vor: Auf die Installation des elektrischen Stroms im Jahr 1921 und die Eröffnung der Holzwollefabrik sowie Renovierungen an den Wirtschaftsgebäuden im Jahr 192613 folgt zwei Jahre später der Wiederaufbau einiger durch Brand zerstörter Wirtschafts- objekte. Im Jahr 1940 wird ein neu errichtetes Sägewerk in Betrieb genommen, das mit einem „Dampflokomobil“ (höchste Dauerleistung 140 PS) ausgestattet ist.15 Als Josef Scherz im Jahr darauf stirbt, sorgt seine Witwe Rosa dafür, dass neue Arbeits- und Maschinenräume zur Holzwolleerzeugung errichtet werden.
Die Residenz der Familie Scherz kann durchaus als herrschaftlich bezeichnet werden: Zur landwirtschaftlichen Nutzfläche zählen ein ausgedehnter Gemüsegarten sowie zwei große Obstgärten, aus deren Erträgen 5.000 Liter Most hergestellt werden. Vor der Villa ist ein prächtiger Springbrunnen zu sehen. Umrahmt wird dies alles von einem weitläufigen Park, der seine BesucherInnen durch unzählige exotische Pflanzen in Erstaunen versetzt. Hier finden sich zwei Gingko-Bäume, zwei Maulbeerbäume, ein Tulpenbaum, Russische Birken und Vieles mehr. Zusätzlich zu diesen prachtvollen Exoten, die bereits seit Welzls Zeiten existierten, hat Josef Scherz (von 1929 bis 1935 auch Vereinsvorstand des Verschönerungsvereins St. Johann) für sein Anwesen noch weitere Verschönerungen in Anspruch genommen: Auf seinem Grund befanden sich zwei Glashäuser – eines für wärmeempfindliche Pflanzen, eines für kälteempfindliche Gewächse. Im Park verteilte Palmen verliehen dem Anwesen ein mediterranes Flair; herumstolzierende Pfaue ließen es mondän erscheinen. Selbst die Ställe, in denen die Familie Scherz Pferde, Kühe, Schweine und Hühner hielt, besaßen Stil: Sie waren, von den Welzls erbaut, mit neugotischen Fenstern ausgestattet worden.....
Am 30. März 1945 stehen dann plötzlich russische Soldaten vor der Tür. Rosa Scherz bleiben gerade einmal fünfzehn Minuten, um das Nötigste zu packen und sich mit Kindern und Enkelkindern auf die Flucht zu machen. Die Kassa – samt Geld, Schmuck und Plänen – wird in der Hektik zurückgelassen.
Hansen-Villa auch Scherz-Villa genannt:
einige Bilder davon!
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