Die Geschichte des österreichischen Hörfunkes

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#1
Anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Regierungsgebäudes am Stubenring, wurde in der Mitarbeiterzeitschrift " FOCUS" folgender Artikel hierüber veröffentlicht.

Der "Stubenringsender"
Vor rund 90 Jahren trat ein neues Medium seinen weltweiten Siegeszug an. In Österreich nahm diese Erfolgsgeschichte im Regierungsgebäude am Stubenring ihren Ausgangspunkt: Hier befand sich das erste Hörfunkstudio des Landes.
Militärische Notwendigkeiten waren es, die Österreich-Ungarn im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert dazu bewogen hatten, seine Kommunikationsstrukturen zu modernisieren. Im Zuge der Fertigstellung des neuen Kriegsministeriums am Stubenring wurde deshalb 1913 eine große Radiotelegrapieanlage mit zwei 31 Meter hohen, am Dachstuhl befestigten Gittermasten errichtet. Die dazugehörigen Geräte waren in den sogenannten "Apparaträumen" in der Mansarde, dem nunmehrigen 5. Stock, untergebracht. Heute werden diese Räumlichkeiten auf der Rückseite des Hofes 1 vom Wirtschaftsministerium genützt.
Indem die Donaumonarchie auf die neue Technologie der "drahtlosen Telegraphie" setzte, zog sie mit anderen europäischen Mächten gleich und stellte eine problemlose Funkverbindung zu den Schiffen ihrer Kriegsmarine sicher. Diese ursprünglich rein militärisch genützte Kommunikationsform wurde laufend weiterentwickelt und gab letztlich die Initialzündung zur Entstehung des Hörfunkes.
Nach dem Krieg überprüfte der Radiopionier Franz Anderle die Gerätschaften am Stubenring in Hinblick auf ihre weitere Verwendbarkeit. Die Anlage sollte fortan der zivilen Nutzung dienen und wurde vom Telegraphen zum Sprechfunk umgebaut. Versuchssendungen wurden ausgestrahlt, technische Verbesserungen vorgenommen und erste Pläne für eine österreichische Rundfunkkonzession erstellt. 1921 suchte Oskar Czeija um die Erteilung einer Rundfunklizenz an. Die Skepsis ihm gegenüber war groß und die Konkurrenz zahlreich. So dauerte es drei weitere Jahre, bis die Radio-Verkehrs-AG (RAVAG) am 30. September 1924 tatsächlich gegründet werden konnte und Czeija schlussendlich doch zu ihrem Geschäftsführer bestellt wurde.


Radio für zwei Schilling im Monat

Noch im September 1924 startete ein tägliches Musik- und Vortragsprogramm. Der reguläre Sendebetrieb wurde dann am 1. Oktober aus einem provisorischen Studio am Stubenring aufgenommen. Die "Neue Freie Presse" berichtete sogleich von 15000 "Anmeldungen zum Rundspruch" , einer für damalige Verhältnisse beachtliche Zahl. Nur ein Jahr später wurden bereits 100000 RundfunkteilnehmerInnen gezählt, die für eine monatliche Gebühr von zwei Schilling dem Programm lauschten. Das Radiohören avancierte zusehends zu Massenphänomen und begeisterte die Menschen. Während im Kino Stummfilme liefen, war der Hörfunk neben der Schallplatte das einzige Tonmedium seiner Zeit und es berichtete noch dazu in Echtzeit.
Anfangs war es vor allem klassische Musik, die von "Radio Wien", wie der Sender offiziell hieß, in den Äther geschickt wurde. 1925 begann man Live-Übertragung zu schalten. So wurde etwa Wolfgang Amadeus Mozarts "Zauberflöte" direkt aus der Staatsoper übertragen oder live von den Salzburger Festspielen berichtet. Später ergänzte die RAVAG das Programm um Theaterstücke, wissenschaftliche Vorträge und Kindersendungen. Bereits 1924 gab es im Rahmen der "Radio-Volkshochschule" ein eigenes Bildungsprogramm, eine Institution, die sich bis heute mit der Ö1-Sendung "Radiokolleg" erhalten hat.
Berichterstattungen über aktuelle politische Ereignisse und das Zeitgeschehen waren hingegen aus Rücksicht auf die geschäftlichen Interessen der Zeitungsherausgeber untersagt. Zudem sollte so das junge Medium aus den Querelen und Konflikten der politischen Parteien herausgehalten werden. Die einzigen aktuellen Informationsinhalte bestanden in der Durchgabe von Wetterprognosen, des Wasserstandes einzelner Gewässer, der Börsenkurse und Sportnachrichten sowie dem sogenannten "Kriminalrundspruch", einer Art möglichst unpolitischer Chronik-Berichterstattung.


Kopfhörer als begehrtes Geschenk

1926 verließ die RAVAG mit ihrem "Stubenringsender" das Kriegsministerium und übersiedelte in eine ehemalige Schule in der Johannesgasse 4 im ersten Wiener Gemeindebezirk. Dort entstand auch das erste Funkhaus mit modernen Sendeanlagen, welche heute im Technischen Museum zu besichtigen sind. Der Erfolg des neuen Mediums war atemberauben: Anfang der 1930er Jahre gab es bereits eine halbe Million angemeldeter RundfunkteilnehmerInnen. Kopfhörer wurden in der Millionenstadt Wien zu einem der begehrtesten Weihnachtsgeschenke, die Sendeleistung wurde verdoppelt und die Errichtung weiterer Sender in Angriff genommen.

Stürmische Zeiten

Mit dem Erstarken totalitärer Ideologien wurde auch der Hörfunk in Europa zusehends politisch vereinnahmt und für Propagandazwecke instrumentalisiert. Insbesondere das nationalsozialistische Deutschland machte sich die große Reichweite des Mediums zunutze und sendete seine Botschaften über das die Landesgrenzen hinaus. Die österreichischen Machthaber reagierten ihrerseits mit einer Politisierung des Radioprogramms: Neben den kulturellen Programmen, die sich jetzt stärker auf christliche Themen konzentrierten, wurden fortan zusehends politische Beiträge gesendet. Verantwortlich für die Nachrichten zeichnete sich direkt "Vaterländische Front". So kam es auch, dass während des Juliputsches im Jahr 1934 das Gebäude der RAVAG beschossen und gestürmt wurde.
Die traumatischen Tage vor dem "Anschluss" Österreichs lassen sich noch heute anhand zahlreicher Tondokumente der RAVAG nachzeichnen. Kurt Schuschniggs berühmte Rücktrittsrede mit dem Satz "Gott schütze Österreich" ging beispielsweise nur wenige Stunden vor der Übernahme des Senders on air. Mit der Machtübernahme wurde die RAVAG aufgelöst und in die "deutsche Reichsrundfunkgesellschaft" überführt. Czeija und viele seiner Wegbegleiter galten als politisch "unzulässig" und erhielten Hausverbot. Gesendet wurde mittlerweile aus dem Funkhaus in der Argentinierstraße, das Programm delegierte jedoch Berlin.


Wiederaufbau

Unmittelbar nach dem Ende der Kampfhandlungen in Wien machte sich Czeija daran, die RAVAG wiederzubeleben . Das Funkhaus war von den Alliierten zerbombt und die Sendemasten am Bisamberg von der abziehenden SS gesprengt. Dennoch gelang es dem Radiopionier mit nur wenigen Mitarbeitern an seiner Seite einen provisorischen Funkbetrieb aufzunehmen. Dadurch setzte er zugleich ein starkes Zeichen für die völkerrechtliche Eigenständigkeit des Landes. In diesem Sinne wurde auch in der ersten Sendung von "Radio Wien" nach dem Krieg die Unabhängigkeitserklärung durch die Regierung Renner verlesen. Während der Besatzungszeit bedienten sich dann die Alliierten des Hörfunks. Nach deren Abzug wurde 1958 der ORF gegründet. Das öffentlich-rechtliche Radiomonopol fiel schließlich im Vorfeld des EU-Beitritts und 1997 starteten daraufhin die ersten Privatsender.


Markus Rief & Martina Niessl,
Öffentlichkeitsarbeit



Text und Fotos:

FOCOS - Zeitschrift für die MitarbeiterInnen des Lebensministeriums
Ausgabe: April-Mai 2013


Lg. Thomas
 

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josef

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#4
50 Jahre Tiroler Rundfunk-Geschichte im Visier
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Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums arbeitet der ORF Tirol als erstes Landesstudio Österreichs seine Rundfunk-Geschichte auf. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck werden Archive durchforstet. Auch mögliche sensible und dunkle Flecken sollten beleuchtet werden.
Online seit heute, 6.01 Uhr
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Kommendes Jahr wird das ORF Landesstudio Tirol am Innsbrucker Rennweg 50 Jahre alt. Anlass genug, die Geschichte zu durchforsten. Das Projekt wird in Zusammenarbeit mit der Universität Innsbruck wissenschaftlich aufbereitet. In erster Linie gehe es darum, einen Forschungsstand zu erarbeiten, sagt der Innsbrucker Historiker Benedikt Kapferer. Bisher gebe es sehr wenig Archiviertes dazu, man finde einzelne Publikationen zur Technikgeschichte, aber kaum etwas zur Rundfunkpolitik oder Programmgeschichte.

„Nur wer Geschichte kennt, kann Lehren daraus ziehen“
Das Kapitel des Tiroler Rundkfunks sei unbekannt, sagt ORF Tirol Chefredakteur David Runer. Nur wer die Geschichte kenne, könne die Lehren daraus ziehen. „Wir wissen ganz einfach nicht, was es da alles gegeben hat, deshalb bin ich sehr froh, dass das Institut für Zeitgeschichte dieses Thema wissenschaftlich aufarbeitet“, so Runer.

ORF
In sämtlichen Archiven wird nach der Vergangenheit der Tiroler Rundfunkgeschichte gesucht.

Für die Recherchearbeit der Universität sollen auch das Tiroler Landesarchiv, das Stadtarchiv, das Brennerarchiv und die Nachlässe ehemaliger ORF Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchforstet werden.

Geschichte beginnt im Jahr 1927
In Innsbruck/Aldrans wurde 1927 offiziell ein Sender in Betrieb genommen. Das Sprecherstudio war in einer Privatwohnung im Stadtteil Dreiheiligen untergebracht, zwei Jahre später zog man in das Hochhaus der Innsbrucker Stadtwerke, in das heutige IKB-Gebäude. Nach dem Anschluss dockten die Nazis den Sender Innsbruck an den Reichssender München an, das Hochhaus-Studio wurde gegen Kriegsende durch Bomben zerstört.

ORF
Der erste Sender bei Innsbruck/Aldrans.

Im Keller des Innsbrucker Landhauses blieb aber eine kleine Sendeanlage intakt. Nach 1945 wurde aus dem neuen Landhaus gesendet. Das ganze 27 Jahre lang, bis zur Eröffnung des Funkhauses am Rennweg 1972. Diese Verbindung, diese Annäherung zur Landespolitik spreche Bände, so Kapferer.

Darüberhinaus gelte es auch Nazi-Verstrickungen von Landesdirektoren – sofern es diese gegeben hatte – ans Tageslicht zu befördern. Noch ist das Institut für Zeitgeschichte am Beginn seiner Recherchen. In etwa einem Jahr, zum 50-jährigen Jubiläums des ORF Tirol, sollen konkrete Ergebnisse präsentiert werden.

Link:
20.10.2021, red, tirol.orf.at
50 Jahre Rundfunk-Geschichte im Visier
 

josef

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#5
50 Jahre Sendeanlage Dobratsch
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Vor 50 Jahren ist der Sendeturm am Dobratsch in Betrieb genommen worden. Der erste Sender, mit dem Radio und Fernsehen in Kärnten empfangen werden konnten, stand ursprünglich auf dem Pyramidenkogel. 1969 begann dann der Bau eines der größten Sender Österreichs auf dem Dobratsch.
Online seit heute, 8.31 Uhr
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Der Dobratsch bei Villach ist bekannt durch den 167 Meter hohen Sendemast, der von weitem sichtbar ist. Seit 50 Jahren wird von einem der stärksten Sender Österreichs fast ganz Kärnten mit digitalem Antennenfernsehen, allen UKW- Radioprogrammen und mit Digitalradio versorgt. Ein wichtiger Sender auch für Slowenien und Italien und auch ein wichtiger Teil des Lebens der Menschen, die an diesem Wahrzeichen Kärntens mitbauten- und arbeiteten.

Seilbahn wird noch immer genutzt
Einer der letzten Zeitzeugen ist Walter Janesch aus Klagenfurt, der bis zu seiner Pensionierung als Verantwortlicher der Sendetechniker oben auf dem Berg gearbeitet hatte. Das Baumaterial wurde damals über die Straße und einen provisorischen Güterweg angeliefert. Viel Baumaterial wurde damals auch mit der ORF-Betriebsseilbahn hinauf auf den Berg gebracht.

Fotostrecke
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Der Sender von oben, links daneben das Gipfelhaus Ludwig-Walter-Haus, im Hintergrund eine Kapelle
ORF
Lieferungen für den Bau über den Wanderweg

ORF
Der Betonturm steht bereits

ORF
Das Fundament des Turms

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Historische Aufnahme der Betriebsseilbahn

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Techniker betritt die Seilbahn heute

ORF
Blick während der Fahrt auf den Sender

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Techniker steigen auf die letzte Plattform

ORF
Alle Radiosender werden hier versorgt

ORF
Die großen Dieseltanks im Turm – bei einem Stromausfall reicht der Notstrom für drei Wochen

ORF
Der Dieselraum im Sender

Sie ist auch 50 Jahre nach ihrer ersten Fahrt noch in Betrieb. Von Bad Bleiberg aus wird sie für Instandhaltungsarbeiten nach wie vor regelmäßig von den Technikern der ORS-Sendertechnik genützt. Die Tochtergesellschaft des ORF ist für die analoge und digitale Rundfunkübertragung verantwortlich. „Mittlerweile dient uns die Seilbahn dazu, damit wir zur Sendeanlage kommen und alle Betriebsmittel durchmessen können. Sei es Richtfunk oder UKW-Sender oder auch DVBT-2-Sender, damit die Qualität passt. Es kann aber auch sein, dass es akute Probleme gibt, wie mit dem Wasser, dann fahren wir auch schon einmal mit der Rohrzange hinauf“, sagte Sendetechniker Christoph Tanzer.

Voll eingerichtete Werkstatt im Sender
Bei Tag und bei Nacht behob auch Walter Janesch 20 Jahre lang Störungen an der Sendeanlage. Im 13. Stock des Turms, wochenweise im Schichtdienst: "Wenn der Sender ausgefallen ist, dann hast du ihn reparieren müssen, mit Lötkolben, sagte Janesch. Es gab sogar eine komplett eingerichtete Werkstatt.

ORF
Walter Janesch war 20 Jahre lang als Techniker auch auf dem Sendeturm im Einsatz

Die Werkstatt ist auch heute noch dieselbe, allerdings mit modernen Geräten. 1.000 PS starke dieselbetriebene Notstromaggregate stellen sicher, dass der Sender auch bei Stromausfall in Betrieb ist. Mit dem Dieselspeicher können diese Notstromaggregate den Sender drei Wochen mit Strom versorgen.

Empfang bei jedem Wetter
Der normale Arbeitsplatz der Sendetechniker ist das obere Plateau. Dort herrschen Windspitzen mit 100 Km/h. Wenn ein Fehler auftritt, werden die Techniker automatisch alarmiert, dann wird der Fehler gesucht und schnellstmöglich behoben, sagte Sendetechniker Karl Mamitz. Dann können die Kärntnerinnen und Kärntner bei jeder Wettelage mit TV und Radioempfang versorgt werden, so ORS-Sprecher Michael Weber. Von den Wetterextremen hat Techniker im Ruhestand Walter Janesch jedenfalls genug. Obwohl er durchaus noch gerne einmal auf den Gipfel des Dobratsch zu „seinem“ Turm wandern würde.
26.10.2021, red, kaernten.ORF.at
50 Jahre Sendeanlage Dobratsch
 

josef

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#6
Neue Radioanlage für Sendestation Jauerling
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Etwa 500.000 Menschen empfangen ihr Rundfunksignal vom Sender Jauerling (Bezirk Krems). Jetzt wird die Radioanlage auf den neuesten Stand gebracht. Die Radiohörerinnen und -hörer werden von der Umstellung nichts mitbekommen.
Online seit heute, 17.21 Uhr
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Der Sender Jauerling versorgt das westliche Niederösterreich mit den TV- und Rundfunksignalen. 1958 wurde die Anlage in Betrieb genommen. Seither hat sich viel verändert. Immer wieder kam es zu Erweiterungen und Modernisierungen des 141 Meter hohen Sendeturmes.

Jetzt steht die nächste Erneuerung an. Diese betrifft die Sendeanlagen für den Radioempfang, erklärt Andreas Fröschl, Leiter für den terrestrischen Betrieb der ORS, einer Mehrheitstochter des ORF. „Wir haben unsere neuen Sendegeräte aufgebaut. Diese Geräte ersetzen nun jene, die wir über 30 Jahre in Betrieb hatten. Sie sind am Ende ihrer technischen Lebensdauer angelangt. Der Vorteil der neuen Geräte ist, dass sie wesentlich energieeffizienter sind. Wir sparen Strom damit, sind auch zuverlässiger und damit am technischen Letztstand angelangt.“

Umstellung beim Radioempfang nicht merkbar
Die Hörerinnen und Hörer der Radioprogramme werden von der Umstellung aber kaum etwas mitbekommen. „Man wird – wenn überhaupt – vielleicht ein paar Minuten ein kurzes Rauschen hören, wie man es von früher kennt“, so Fröschl.

ORF
141 Meter ist die Anlage im südlichen Waldviertel hoch

Die Umstellung erfolgt am 24. November in den späten Abendstunden. „Wir werden die alten Sendegeräte gegen 21.00 Uhr in außer Betrieb nehmen und dann innerhalb weniger Minuten auf die neuen umschalten. Ab diesem Zeitpunkt ist Radio für alle Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher in der gewohnten, guten Qualität und sehr ausfallssicher verfügbar.“

Die Hörerinnen und Hörer selbst müssen nichts am Gerät verändern, erklärt Fröschl. „Die Frequenzen bleiben gleich, das Radiogerät bleibt gleich eingestellt, wir wechseln hier sozusagen nur ‚den Motor‘ der Sendeanlage.“ Der soll nun wieder eine Lebensdauer von mindestens einem Jahrzehnt haben.
21.11.2021, Doris Henninger, noe.ORF.at

Link:
Neue Radioanlage für Sendestation Jauerling
 
#7
Gibt es einen Grund, warum das Radiomonopol in Oesterreich so extrem lange existierte? Wahrscheinlich alles verpolitisiert? Selbst die ehemaligen kommunistischen Nachbarlaender fuehrten Privatrundfunk gleich nach der Wende ein.
In UK wurde bereits gleich nach dem 2. Weltkrieg von der damaligen Labour Regierung Privatfernsehen eingefuehrt, und 1974 Privatradio. Zuvor existierten die Seesender, etwa wie Radio Caroline.
 

josef

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#9
Tiroler Rundfunkgeschichte im Visier
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Das ORF Landesstudio Tirol in Innsbruck feiert sein 50-jähriges Jubiläum. Das war der Anlass, die Tiroler Rundfunkgeschichte kritisch untersuchen zu lassen. Der ORF Tirol hat einen Forschungsauftrag an die Universität Innsbruck vergeben. Der Bericht liegt vor und ist online abrufbar.
Online seit heute, 6.07 Uhr
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Die Tiroler Rundfunkabteilung war nach dem Zweiten Weltkrieg 27 Jahre lang im neuen Landhaus in Innsbruck untergebracht, im Zentrum der politischen Macht. Wer hat damals bestimmt, was auf Sendung geht? Radio galt als „verklingendes Ereignis“, Nachrichtensendungen wurden nicht archiviert. Daher ist es heute nicht einfach, herauszufinden, wer damals den Ton angegeben hat.

Tiroler Landesmuseen
Die Tiroler Rundfunk-Redaktion war 27 Jahre lang im Landhaus untergebracht, im Zentrum der politischen Macht.

„Kritischer Blick statt Lobhudelei“
Der ORF Tirol hat einen Forschungsauftrag an das Institut für Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck vergeben. Das Landesstudio Tirol ist österreichweit das erste Medienhaus, dessen Geschichte wissenschaftlich untersucht worden ist und das den Endbericht auch vollständig veröffentlicht.

Dirk Rupnow, Professor am Institut für Zeitgeschichte begrüßt den Blick von außen: „Es ist ein guter und mutiger Schritt des ORF gewesen, nach außen zu gehen, die Universität anzusprechen und nicht nur eine interne Jubelveranstaltung zu machen, sondern sich explizit auch den heiklen Phasen dieser Geschichte zu stellen.“

ORF
Der Zeithistoriker Dirk Rupnow von der Universität Innsbruck hat das Forschungsprojekt betreut.

Aufwendige Recherche
Der Innsbrucker Historiker Benedikt Kapferer hat sich ein Jahr lang intensiv mit der Tiroler Rundfunkgeschichte beschäftigt. Der Wissenschaftler hat nicht nur lokal recherchiert, etwa im Innsbrucker Stadtarchiv, im Tiroler Landesarchiv oder in den ORF-Archiven, sondern auch in Wien und Berlin.
Der 300 Seiten umfassende Forschungsbericht liegt vor und ist online vollständig abrufbar. Kapferer untersucht darin die Verflechtungen zwischen Politik und Medien. Er hat unterschiedliche Quellen wie Zeitungsberichte, Briefe oder Radio-Programmen durchforstet und zahlreiche Interviews mit Zeitzeug*innen geführt.

ORF
Der 300 Seiten umfassende Forschungsbericht von Benedikt Kapferer liegt vor und ist online abrufbar.

„Regierungs-Rundfunk“
27 Jahre arbeiteten die Redakteure im gleichen Haus mit den politischen Entscheidungsträgern. Kapferer meint, man könne bis zu einem gewissen Grad von einem Regierungs-Rundfunk sprechen: „Die Anbindung an die Landesregierung war eng“ sagt der Historiker: „Die Landesregierung hatte definitiv sehr starke Mitsprache, bzw. ab 1946, dem Zeitpunkt der Übergabe der Verwaltung durch die französische Besatzung, hatte die Landeregierung eigentlich die alleinige Hoheit über Personal, Programm und Verwaltung im Rundfunk in Tirol.“

Das „Wunder der Wellen“
Die Tiroler Rundfunkgeschichte begann schon wesentlich früher. Am 2. Juni 1927 wurde der erste Tiroler Sender in Aldrans, oberhalb von Innsbruck eröffnet. Davor hatten einige Amateure versucht, das „Wunder der Wellen“ mit selbst gebastelten Detektor-Geräten einzufangen.
Anfangs gab es noch keine eigenständigen Sendungen aus Tirol. Das Programm wurde großteils von Radio Wien übernommen. Auch die Reichweite war im gebirgigen Land Tirol zu Beginn noch beschränkt. Im Großraum Innsbruck konnte man bereits Radio hören, in den Tiroler Tälern musste man länger warten.

Tiroler Landesmuseen
1927 wurde der erste Tiroler Sender in Aldrans eröffnet. Das Programm wurde zu Beginn von Radio Wien übernommen.

Die erste weibliche Radio-Stimme in Europa
Das erste improvisierte Radio-Studio befand sich im Wohnzimmer des pensionierten Oberst Lothar Swoboda in der Innsbrucker Grillparzer-Straße 7. Über eine Relaisstation wurde vor allem viel Musik gesendet. Eine Sensation war die 22-jährige Mitarbeiterin Margarete Gastgeber. Sie wurde 1926 als erste Sprecherin der RAVAG in Innsbruck engagiert.

Als Majors-Tochter und ausgebildete Lehrerin hatte die geborene Wienerin eine gepflegte Aussprache. Obwohl Frau Gastgeber in Tirol aufgewachsen war, stießen sich einige Radiohörer*innen an ihrem Akzent. Frau Gastgeber war nicht nur die erste weibliche Sprecherin in Tirol sondern weit und breit. Darauf war die selbstbewusste Dame bis ins hohe Alter stolz, wie sie in einem Radio-Interview 1984 betont hat.

ORF / Monika Walter
Margarete Gastgeber (1904 – 2008) galt als erste weibliche Sprecherin in Europa. Sie arbeitete ab 1926 für die RAVAG in Innsbruck.

Studio in mondänem Hochhaus
1929 übersiedelte das Studio in neue Räume im fünften Stock der Innsbrucker Elektrizitätswerke am ehemaligen Bismarckplatz. Der moderne Bau von Architekt Lois Welzenbacher galt als erstes Hochhaus in Tirol. Die Wände des professionell eingerichteten Studios waren mit Stoff verkleidet. Frau Gastgeber stand an einem Pult und las ihre Texte.

Es gab noch keine aktuellen Nachrichten im heutigen Sinn. Man beschränkte sich auf den Wetterbericht, den Wasserstand oder die Marktangebote. Der Wetterbericht sei wichtiger als alles andere gewesen, erklärte Gastgeber, weil die Tiroler am Wochenende immer bergsteigen wollten.

Archiv für Baukunst
Das RAVAG-Studio befand sich ab 1929 im Hochhaus der Innsbrucker Elektrizitätswerke.

Hustenzuckerln für die Sprecherin
Monika Walter, die Tochter der im Jahr 2008 im Alter von 104 Jahren verstorbenen Rundfunk-Pionierin, erinnert sich: „Meine Mutter arbeitete allein im Studio. Sie sperrte auf, sah auf die Uhr und drehte den Regler auf. Dann las sie den Wetterbericht und den Wasserstand vor und dann drehte sie wieder ab und ging wieder nach Hause.“

Als Margarete Gastgeber 1933 geheiratet hat, übernahm ihre Schwester Helene die Rolle der Sprecherin am Stehpult. Einige Radiohörer waren verwirrt. Sie schickten Hustenzuckerln ins Studio, weil sie glaubten, Margarete hätte eine belegte Stimme.

ORF
Monika Walter ist die Tochter der 2008 verstorbenen Pionierin Margarete Gastgeber. Die Mutter hat ihr viel aus der Frühzeit des Radios erzählt.

Politisch düstere Zeiten
In der Zeit des Austrofaschismus wurde der Rundfunk zunehmend für Propagandazwecke missbraucht. In der NS-Diktatur wurde die ehemalige RAVAG von der deutschen Reichsrundfunkgesellschaft übernommen. Radio Innsbruck wurde an den Reichssender München angeschlossen. Reichs-Propaganda-Leiter Joseph Goebbels hatte kein Interesse an einem individuell gestalteten Tiroler Programm.

Sendepause
1943 wurde Innsbruck bombardiert und auch das, in der Nähe des Bahnhofs gelegene, Hochhaus mit dem Rundfunkstudio wurde zerstört. Im Keller des nahegelegenen Gauhauses, dem heutigen Landhaus, wurde eine provisorische Sender-Besprechungs-Anlage eingerichtet. Aus dem Luftschutzkeller meldete sich Gauleiter Franz Hofer mit Durchhalteparolen bei der Bevölkerung.

ORF
Das 1938 errichtete, ehemalige NS-Gauhaus wurde nach 1945 nahtlos als neues Landhaus weiter genutzt.

Befreiung und Wiederaufbau
Die US-amerikanischen Truppen rückten Anfang Mai 1945 von Westen her Richtung Innsbruck vor. Widerstandskämpfern gelang es, den Sender in Aldrans zu übernehmen und auch in das Kellerstudio im Gauhaus einzudringen. Während die letzten NS-Funktionäre flohen, gaben die Widerstandskämpfer die erste Nachricht von der Befreiung durch. Die geladene Pistole sei neben dem Mikrofon gelegen, erzählt der erste Radio-Direktor Artur Schuschnigg später in einem Interview.

Ständiges Provisorium
Bereits im Oktober 1945 übersiedelte die Rundfunkabteilung aus dem beengten Kellerstudio in eigene Räume in den dritten Stock des Landhauses. Dort sollte der Rundfunk dann knapp drei Jahrzehnte untergebracht sein. Der in der NS-Zeit errichtete Verwaltungsbau war für einen technischen Betrieb keineswegs geeignet. Es war eng und man musste improvisieren.

Auf einigen Tonaufnahmen ist zum Beispiel der alte Paternoster-Lift zu hören. Konzerte mit dem Städtischen Orchester wurden anfangs in der nach Gulasch riechenden Kantine aufgenommen. Das erzählt der Zeitzeuge Hannes Kar in einem aktuellen Interview. Kar war von 1951 bis 1988 erst für die Sendergruppe West und dann für den ORF tätig.

ORF
Die technischen Möglichkeiten im Landhaus waren begrenzt. Der Paternoster-Lift war auf einigen Tonaufnahmen zu hören.

Personelle Kontinuitäten
Der Historiker Benedikt Kapferer hat die Biografien von mehr als 30 ehemaligen Rundfunkmitarbeiter*innen untersucht. Einige ehemalige Mitglieder*innen der NSDAP haben nach dem Krieg nahtlos beim Rundfunk weiter gearbeitet. Kapferer spricht von „personellen Kontinuitäten“. Opfer und Täter*innen aus der Zeit der NS-Diktatur begegneten sich nach dem Krieg am Gang im 3. Stock des ehemaligen Gauhauses.
Der Musiker und Komponist Sepp Tanzer hat für Gauleiter Franz Hofer einen Marsch komponiert, der an Hofers Geburtstag im November 1938 uraufgeführt worden ist. Nach dem Krieg hatte der überzeugte Nationalsozialist ein Auftrittsverbot und arbeitete dann ab 1948 bei der Sendergruppe West weiter. Lange Jahre war Sepp Tanzer Leiter des Referats für Volksmusik im Landesstudio.

Niko Hofinger, Markus Wilhelm
Der Musiker Sepp Tanzer hat einen Marsch für Gauleiter Franz Hofer komponiert. Nach dem Krieg war Tanzer Leiter der Volksmusikabteilung von Radio Tirol.

Der Komponist Bert Breit hatte eine kritische Haltung gegenüber dem NS-System und war für kurze Zeit im Gestapo-Lager in der Reichenau inhaftiert worden. Später leitete Breit die Abteilung für Ernste Musik bei Radio Tirol und war ein Kollege von Sepp Tanzer. Über die NS-Zeit sei damals nicht offen gesprochen worden, erklärt Ernst Grissemann.

Der später von ORF-Generalintendant Gerd Bacher als „The Voice“ gefeierte Sprecher hat seine Karriere 1954 bei Radio Tirol begonnen. Ernst Grissemann erinnert sich heute noch lebhaft an seine erste Live-Sendung, bei der ihm der erfahrene Sprecher Dietmar Schönherr ganz schön eingeheizt hat.

„Aristokraten-Radio“
Einige Biografien hat sich Benedikt Kapferer genauer angesehen, darunter die von Artur Schuschnigg. Der Bruder des austrofaschistischen Kanzlers Kurt Schuschnigg hatte schon vor dem Krieg bei der RAVAG in Wien gearbeitet. 1945 wurde Artur Schuschnigg als erster Radio-Direktor eingesetzt, um Radio Innsbruck wieder aufzubauen.

Der Intellektuelle entwickelte einen lokalen Kultursender, vergleichbar mit Ö1 heute. Damals noch unbekannte, später berühmte Namen wie Walther Reyer, Dietmar Schönherr oder Axel Corti begannen ihre Karriere beim Tiroler Rundfunk.

ORF
Der gefeierte Burgschauspieler Walter Reyer hat seine Karriere 1945 bei Radio Innsbruck begonnen.

Aus „Radio Innsbruck“ wird „Radio Tirol“
Das anspruchsvolle, bildungsbürgerliche Programm erregte den Unmut des einflussreichen ÖVP-Politikers Hans Gamper. Dem Landeshauptmann-Stellvertreter missfielen die häufige Übertragung von Opern, die zahlreichen Hörspiele und Lesungen. Das Programm wurde als „Radio Schuschnigg“ und „Aristokraten-Sender“ abgekanzelt. Die Kantaten würden „dem Bauern nicht ins Ohr passen“, hieß es in der Tiroler Bauernzeitung. Gamper und Schuschnigg gingen auf Konfrontation. 1952 wurde Josef Scheidle als neuer Radio-Direktor eingesetzt.

Adolf Krismer
Intendant Josef Scheidle mit Rundfunkmitarbeiter*innen: Über seine NS-Vergangenheit wurde nach dem Krieg kaum noch gesprochen.

Tirolisierung
„Radio Innsbruck“ wurde in „Radio Tirol“ umbenannt. Der neue Intendant Josef Scheidle stammte aus einem bäuerlichen Umfeld aus dem Außerfern. Unter seiner Intendanz wurde wieder mehr über Brauchtum und Volksmusik berichtet. Scheidle hatte schon vor dem Krieg bei der Tiroler Bauernzeitung gearbeitet. In der NS-Zeit war er Chefredakteur des Tiroler Landboten gewesen.

Opportunistischer Mitläufer
Der Historiker Benedikt Kapferer stuft Josef Scheidle als „opportunistischen Mitläufer“ ein, wie es viele gegeben hat. Es handle sich um einen sehr komplexen Fall, so Kapferer. Scheidle habe durch seine Funktion als Chefredakteur für die Verbreitung von Blut- und Boden-Propaganda gesorgt und hätte somit dazu beigetragen, das System zu unterstützen.

„Chat-Protokolle“ von damals
Im Tiroler Landesarchiv ist bei den Recherchen ein aussagekräftiges Dokument aus dem Jahr 1967 aufgetaucht, eine Gesprächsnotiz von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer. Darin wird das erste Treffen des neu gewählten ORF Generalintendanten Gerd Bacher mit dem Tiroler Landeshauptmann dokumentiert. Es ging um die Neubesetzung des Tiroler ORF Intendanten. Wallnöfer wollte an Josef Scheidle festhalten, der der Politik bisher immer „gute Dienste“ erwiesen habe. Bacher plädierte für einen Neustart mit dem Nachrichten-Redakteur Hannes Hauser.
Dieses „Match“ ging damals an Gerd Bacher und Hannes Hauser wurde ab 1967 Landesintendant. Wallnöfer hat diese Gesprächsnotiz persönlich mit blauer Tinte unterschrieben. Das Protokoll sei wie ein Blick hinter verschlossene Türen, erklärt der Historiker Benedikt Kapferer. Seiner Meinung nach sei das Dokument sogar mit den zuletzt aufgetauchten Chat-Protokollen vergleichbar.

ORF
Das Landesstudio von Architekt Gustav Peichl wurde im Oktober 1972 eröffnet. Es wird es auch als „Peichl-Torte“ bezeichnet.

Neustart im Peichl-Bau am Rennweg
Mit der Übersiedelung der Rundfunkabteilung aus dem Landhaus in das neue Funkhaus am Rennweg kam es 1972 nicht nur zu einer räumlichen Trennung sondern auch zu einer inhaltlichen Emanzipation von der Politik. Ein junges Team von kritischen Journalist*innen startete in den Redaktionsräumen des von Architekt Gustav Peichl entworfenen Landesstudios.

ORF
Rudolf Nagiller war von 1986 bis 1990 ORF-Tirol-Intendant. Er vertrat eine klare Haltung gegenüber der Politik.

1986 übernahm der ORF-Informations-Intendant Rudolf Nagiller die Leitung des Landesstudios Tirol. Aus Wien brachte der kritische Journalist, der sich durch seine Kreisky-Interviews oder die Club-2-Moderationen einen Namen gemacht hatte, eine klare Haltung mit: „Wir lassen uns von der Politik nicht reinreden. Wir halten uns an das Gesetz. Wir sind nicht verrückt, wir sind nicht größenwahnsinnig. Wir sind Serviceleute für unser Publikum und Dienstleister. Aber die Vorstellung, dass wir uns dauernd dreinreden lassen, die haben wir nicht gehabt.“
26.11.2022, Teresa Andreae tirol.ORF.at

Link:
Tiroler Rundfunkgeschichte im Visier
 

josef

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#10
Die ersten Schritte des Radios in Kärnten
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Am 26. Jänner 1924 ist in der Klagenfurter Studienbibliothek, der Vorläuferin der Universitätsbibliothek, zum ersten Mal eine positive Funkprobe mit einer Rahmenantenne durchgeführt worden. Die Geburtsstunde des Radios in Kärnten. In Folge wurden Radioclubs gegründet, denn die Geräte waren teuer.
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Vor genau 100 Jahren begann in Österreich die Geschichte des öffentlichen Rundfunks. Im Februar 1924 wurde in Wien die RAVAG, die Radio-Verkehrs-AG gegründet. Schon ein Jahr davor strahlte ein Sender Namens „Radio Hekaphon“ Unterhaltungssendungen über einen 100-Watt-Sender aus. Damals illegal, aber geduldet. Daher entschied man sich, für Ordnung zu sorgen und vergab eine offizielle Rundfunk-Konzession, sagte Heidi Rogy vom Geschichtsverein für Kärnten.

Dieser damals illegale Radiosender Hekaphon begeisterte immer mehr Menschen in der Bundeshauptstadt. Man erzählte sich davon, auch in Kärnten, und so tüftelte man hierzulande daran, wie man denn Musik und Stimme über den Äther empfangen könnte, und nach einigen Versuchen gelang dies auch, sagte Rogy: „Am 26. Jänner 1924 wurde in der Klagenfurter Studienbibliothek zum ersten Mal eine positive Funkprobe mit einer eigens konstruierten Rahmenantenne durchgeführt. Viele waren von der neuen Technologie so begeistert, dass man sich immer mehr organisierte.“

Radioclubs wurden gegründet
Rundfunkempfangsgeräte gab es damals kaum oder sie waren unerschwinglich. Man wollte aber trotzdem gemeinsam Radio hören und gründete dafür eigene Clubs, sagte Rogy: „In Villach und in Klagenfurt wurden erste Ortsgruppen des Kärntner Radioclubs ins Leben gerufen. Der Kärntner Radioclub war eine Vereinigung von Radiofreunden aus dem bürgerlichen Lager.“

Aber auch die Arbeitergesellschaft organisierte sich, so Rogy: „1924 wurde in Klagenfurt eine erste Ortsgruppe des Arbeiterradiobundes Österreichs gegründet. Dazu gesellten sich später Ortsgruppen in Villach und Spital. Zu den ersten Schritten, die seitens des Kärntner Radioclubs gesetzt wurden, gehörte die Anschaffung von Empfangsgeräten und Antennen, um das gemeinsame Hören des Radioprogramms zu ermöglichen.“
Hannes GrobeCC BY-SA 3.0
Radio Gloria SW3, 1929/30 von der Fa. Lumophon, Bruckner & Stark Nürnberg

Sender durfte auf Nikolaikirche angebracht werden
Viele bauten sich die Empfangsgeräte selber, in Villach wurde man sogar von der katholischen Kirche dabei unterstützt: „In Villach durfte die Ortsgruppe des Kärntner Radioclubs hierfür eine Antenne auf den Turm der Nikolaikirche installieren. So konnten im Kloster zu St. Nikolai die ersten praktischen Radioversuche in Villach durchgeführt werden“, sagte Rogy. Ende der 1920er Jahre kamen immer mehr erschwingliche Radioempfangsgeräte auf den Markt. Die Zeit des Selberbastelns war damit zu Ende.

Elektrische Geräte störten Empfang
Störungsfrei war der Empfang deswegen aber trotzdem noch nicht: „Denn die Anfälligkeit für Störungen war groß. Atmosphärische Störungen infolge eines herannahenden Gewitters oder Sturmes machten sich mit schrillen, pfeifenden Geräuschen beim Rundfunkempfänger bemerkbar. Dazu kamen dann noch Störquellen technischer Natur. Schon das Betätigen eines Lichtschalters konnte beim Radiohören Knackgeräusche verursachen. Auch der Einsatz von elektrischen Geräten beeinträchtigte den Radioempfang.“

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Radio Kärnten in den 50er Jahren

Hörer wollten regionales Programm
Dennoch nahm die Zahl der Radionutzer stetig zu: „Waren 1924 in Kärnten offiziell erst 81 Rundfunkteilnehmer gezählt worden, so waren es 1935 dann bereits mehr als 16.000.“ Und die Hörer wollten von nun an mehr. Nicht mehr nur das Programm, das die RAVAG aus Wien sendete, so Rogy: „Ganz oben auf dem Wunschzettel der Kärntner Hörer stand die Forderung nach mehr Sendungen mit regionalen Inhalten. Dem kam die RAVAG allerdings nur in bescheidenem Maße nach.“ Das änderte sich dann in den folgenden Jahren. Spätestens dann aber, als in Kärnten der Rundfunkbetrieb mit eigens produzierten Sendungen aufgenommen wurde.
01.02.2024, red, kaernten.ORF.at

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