Herzlichen Dank für den ausführlichen Bericht!
Im Jahr 2008 habe ich ebenfalls in Rechnitz vorbeigeschaut, damals war die interessante Schrankenkonstruktion noch vollständig vorhanden. Die Schranken waren insoferne etwas Besonderes, als die beiden Böcke ortsbedient waren, d.h. der zuständige Bedienstete musste zum Schrankenbock gehen und dort den Schranken mit der Kurbel runterlassen, und nach der Vorbeifahrt des Zuges diesen wieder raufkurbeln.
Eine weitere Besonderheit sind die im Öffnungszustand recht schräg stehenden Schrankenbäume (normal stehen diese senkrecht wenn offen) und die große runde Warntafel am Schrankenbaum. Diese Bauart habe ich an keiner anderen Stelle bewusst in Erinnerung.
Es kam, wie es kommen musste: 2009 fällte ein LKW einen Schrankenbaum, der lag dann eine Zeitlang daneben, und wie man jetzt sieht, sind die Bäume verschwunden. Hier nun das Bild aus 2008:
Weiters nun ein Vergleichsbild aus 2008 vom Bahnhofsgelände. Viel Unterschied ist nicht zu sehen, aber dennoch: Man erkennt, dass die Weichenanlage im Vordergrund durch Unkrautvernichter vom Bewuchs freigehalten wurde - ein Zeichen, dass hier noch Betrieb stattfinden konnte. Tatsächlich fuhren kaum mehr Züge in das Bahnhofsareal: Außer Sonderfahrten stand hier 2x im Jahr der Altkleidersammelwaggon des roten Kreuzes als einzige Fracht. Die Märchenbahnzüge verkehrten 2008 schon nur mehr bis Hannersdorf und die Züge zum Betonwerk in Rechnitz zweigten ja bereits vor der Bahnübersetzung ab.
Ein interessantes Detail im Vergleich zum aktuellen Bild: Die Weichenanlage muss in der Zwischenzeit einmal saniert worden sein, was an dem neuen Schotter erkennbar ist. Erstaunlich für die 2 Zugfahrten pro Jahr ...
Der Güterschuppen als "Heimatmuseum" ist ein Relikt der Märchenbahnzeit mit Zügen bis Rechnitz. In der Wendepause konnten die Fahrgäste das Museum ansehen und einen Imbiss in der Gastwirtschaft nehmen. Die Gütergleise zu den Silos waren schon längst außer Verwendung.
Im Folgenden noch ein Blick auf das Betonwerk und das zugehörende Anschlussgleis. Wie man sieht, ist dieses aus Richtung Schachendorf angebunden. Im Hintergrund sind die Schranken und das Bahnhofsgebäude Rechnitz erkennbar. Das Betonwerk war nun der letzte Güterverkehrskunde. In völlig unregelmäßigen Abständen wurden teils große Lose von Betongleisrosten für den internationalen U-Bahnbau versendet. Diese Roste kombinierten mehrere Schwellen in einem Stück, ähnlich wie bei einem Modellbahngleis und konnten wegen der Abmaße wirtschaftlich nur per Bahn versendet werden. Das Betonwerk ist nicht alt, es kam im Rahmen eines Betriebsansiedelungsprogramms nach Rechnitz, wobei dann auch der Gleisanschluss gebaut wurde.
Betrieblich lief die Bedienung so ab, dass die Lokomotiven (es wurde meist in Doppeltraktion gefahren) in Schachendorf den Leerzug umfuhren und den Zug die paar Kilometer Richtung Rechnitz schoben. Der Leerzug wurde dann Richtung Bahnhof abgestellt (querte aber nie die Straße), worauf der volle Zug aus dem Betonwerk gezogen wurde, dieser dann in das Rechnitzer Gleis zurückstieß, den Leerzug hinten ankuppelte, vorfuhr und dann die Leerwagen in das Betonwerk stellte. Mit dem beladenen Zug ging es dann mit den Loks voraus Richtung Oberwart.
Hier nun die Situation zur Einfahrt in das Betonwerk, im Hintergrund rechts der Bahnhof Rechnitz. Im Betonwerk erkennt man auch die gestapelten Gleisroste.
Der Frachtanfall war extrem unregelmäßig: Etliche Wochen fuhr kein Zug, dann wochenlang fast täglich, oft auch mehrmals am Tag. Im Herbst kam dann noch der Rübenverkehr aus Schachendorf dazu, fielen in diese Zeit noch Verkehre mit den Betonschwellen an, so war die Bahn mit ihren bescheidenen Betriebsmitteln am Limit.
Immerhin wurde der Verkehr effizient und umweltfreundlich abgewickelt, die Stillegung der Bahn erscheint insoferne unverständlich, als 90% der Gleise auf Stahlschwellen verlegt waren, die geringste Unterhaltskosten verursachen. Überdies ist der Abschnitt Oberwart - Groß Petersdorf vollkommen erneuert worden, da man eine Verlängerung des Personenverkehrs bis Groß-Peterdorf plante, dazu kam es nicht, im Gegenteil wurde der gesamte Personenverkehr bis Oberwart auch eingestellt.
Warum man nun nicht die wenigen Mängelstellen der Strecke nach Rechnitz beseitigt hat (z.B. die Sanierung der Hangbrücke durch Aufschütten) und so dem Betonwerk in der strukturschwachen Region das Überleben ermöglicht hätte, stattdessen nun die neu sanierte Strecke nach Groß-Petersdorf als Neubauruine brach liegt, ist wohl ein unergründliches Geheimnis der burgenländischen Verkehrspolitik ....