Einführung der "Rechtsfahrordnung" im Straßenverkehr

josef

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#1
Wegen eines im Verkehrsmuseum "Remise" ausgestellten Werbewagen aus 1938 befasste ich mich mit der Umstellung vom Links- auf Rechtsverkehr in Österreich.

Neu für mich war auch das über Jahre gehende Prozedere über diese Umstellung nach Regionen bzw. Bundesländern! Dazu mehr in einem Auszug aus einem "Wiki-Beitrag" zum Thema:
Besonders kompliziert war die Umstellung von Links- auf Rechtsverkehr in Österreich. Jahrelang gab es keine einheitliche Regelung für das ganze Land, sondern eine Links- und eine Rechtsfahrzone. In fünf Etappen wurde von 1921 bis 1938 auf Rechtsverkehr umgestellt.

Österreich-Ungarn kehrte nach Napoleons Niederlage zum Linksverkehr zurück – allerdings mit Ausnahme der damaligen Kronländer Tirol (dazu zählte auch Vorarlberg), Dalmatien, Krain und Küstenland. 1915 wurde generell der Linksverkehr eingeführt – also auch in Tirol und Vorarlberg. Das stieß dort auf Widerstand in der Bevölkerung. Deswegen durfte Vorarlberg schon am 21. August 1921 wieder zum Rechtsverkehr zurückkehren. Dieses Bundesland war damals aber nur durch zwei Passstraßen mit dem Rest des Landes verbunden. 1927 wurde festgelegt, den Verkehr in Kontinentaleuropa einheitlich rechts zu führen. Das österreichische Parlament fasste 1929 den Beschluss, ab 1932 in ganz Österreich rechts zu fahren. Tirol wollte den Beschluss sofort umsetzen, in Wien gab es erhebliche Bedenken, weil umfangreiche Arbeiten am Straßenbahnsystem nötig waren.

Deshalb wurde der Rechtsverkehr am 2. April 1930 nur im Westen Österreichs eingeführt, nämlich in Tirol (ohne Osttirol) und im Westen des Bundeslands Salzburg. Die genaue Grenze verlief bei Lend, östlich der Einmündung des Gasteinertals in das Salzachtal. Durch diese „Grenzziehung“ gab es österreichweit nur eine einzige Straße, auf der die Fahrseite gewechselt werden musste.

Kärnten und Osttirol stellten am 15. Juli 1935 auf Rechtsverkehr um. Am 1. Juli 1938, nach dem „Anschluss“ an das Deutsche Reich, trat die deutsche Straßenverkehrsordnung in ganz Österreich in Kraft. Für Niederösterreich und Wien, das nördliche Burgenland und Teile der nördlichen Steiermark gab es aber wiederum eine Ausnahmeregelung. Wien und die umliegenden Gebiete wechselten erst am 19. September 1938 auf die rechte Straßenseite.
Der im "Museum Remise" ausgestellte Werbewagen für die Umstellung mit Stichtag 19. September 1938 in Wien:
 

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sbg1984

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#2
Ist dir auch etwas bekannt über die Verkehrsregelung an der B164? Diese verbindet ja auch den Pinzgau mit dem Pongau.
 

josef

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#3
Situation in Salzburg

Ist dir auch etwas bekannt über die Verkehrsregelung an der B164? Diese verbindet ja auch den Pinzgau mit dem Pongau.
Habe dazu eine erklärende Webseite gefunden:

http://members.a1.net/oswag/wago55.html

Hier ist dezidiert angeführt, dass im Bundesland Salzburg die Rechtsfahrordnung für den Bezirk Zell am See, das Gasteiner-Tal und das Dientner-Tal ab 02.04.1930 gilt. Demnach müsste meines Erachtens für die über das Teilstück der B164 von Bischofshofen über Mühlbach kommenden bzw. in Gegenrichtung fahrenden Fahrzeuge im Kreuzungsbereich in Dienten ein weiterer Spurwechsel erforderlich gewesen sein!
(-> Rechtsfahrordnung Lend - Dientner-Tal bis Dienten und dann auf der B164 nach Maria Alm, Saalfelden).

Nachfolgend noch 3 Anhänge aus vorgenannter Seite:

1. Zeitliche Übersicht der regionalen Umstellung
2.-3. Spurwechsel im Salzachtal bei Lend in beiden Richtungen. Interessant der Hinweis auf einen Posten während der Sommermonate...:)
 

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josef

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#4
Propagandafilm

Auf den Seiten der "Stadtfilm Wien" fand ich den Link zu einem Propagandafilm der

Ostmark-Wochenschau Nr. 28B/38 (8.7.1938) zur Einführung der Rechtsfahrordnung in Österreich

wo ein Polizist in der schwülstigen Ausdrucksform des Nazi-Regimes auf die bevorstehende Umstellung auf das "Rechtsfahren" ab 1. Juli 1938 in Teilen der damaligen Ostmark hinweist.


Weiters gibt es Links zu:

"Bekanntmachung der Verordnung über die Einführung der Straßenverkehrs-Ordnung im Lande Österreich"

"Änderung der Verordnung über die Einführung der Straßenverkehrs-Ordnung im Lande Österreich vom 5. September 1938"

"Allgemeine Automobil Zeitung"
 
#5
Linksverkehr in Oesterreich, uneinheitliche Regelungen?

Lt. div. Recherchen im Internet ( Quellenangabe Wikipedia ) , scheint Oesterreich eine sehr uneinheitliche Regelung beim Linksverkehr gehabt zu haben. Gab's dazu bestimmte Gruende? Ist moeglw. diese Quelle inkorrekt?
Ich dachte immer, dass gesamt Oesterreich bis 1938 links fuhr?

in Wien: 12. Juli 1882 bis 18. September 1938
in Vorarlberg: 1910 bis 1920
in Tirol (außer Osttirol): 1910 bis 1. April 1930
in Kärnten und Osttirol: 1910 bis 14. Juni 1935
in Salzburg, Bezirk Zell am See und teilweise Bezirk St. Johann im Pongau: 1915 bis 1. April 1930
im restlichen Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und im südlichen Teil des Burgenlandes: 1915 bis 30. Juni 1938
in Niederösterreich und im nördlicher Teil des Burgenlandes: 1915 bis 18. September 1938
 
#6
Woll Woll

Guten Tag an alle Kameraden!

...irgendwo habe ich erst neulich ein Bild gesehen, wo an einer Bundesländergrenze das Schild stand "HIER WIRD RECHTS (ODER WAR ES LINKS?) GEFAHREN".
Glaublich war es Tirol/Salzburg, kann es aber nicht mehr genau sagen...

Kameradschaftliche Grüße

Reiter
 
#8
Danke, war sehr lesenswert. D.h. in Lend in Salzburg wurde einfach die Seite gewechselt.

Zitat: " Seitdem fährt man in Salzburg und ganz Österreich rechts, sofern man sich im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte befindet. "

Einfach nur oesterreichischer Humor?
 

siebzehn

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#9
Das unterschiedliche Einführungsdatum des einheitlichen Rechtsverkehrs hat mit der Geografie von Österreich zu tun. Bedenkt, wann die Straßen über die größten Hindernisse (Berge) erst gebaut worden sind. Daher ist es nie ein Problem gewesen, dass man in den verschiedenen Bundesländer auf anderen Seiten gefahren wurde. Die Entscheidung ob links oder rechts war keine für durch Menschen gezogene Grenzen sondern von natürlich Begrenzten Gebieten. Abgesehen davon wird das Ganze erst mit dem Bau von mehrspurigen Straßen wichtig. Zudem kommt noch, dass sich in Wien zB die Straßenbahn heftigst gewehrt hat, die Straßenseite zu wechseln, da alle Wagen umzubauen waren.
Das Lustigste zu diesem Thema ist die Großglocknerstraße zw. Salzburg und Kärnten. Da musste man drei mal die Straßenseite wechseln, da die Straße einmal kurz wieder durch Salzburg verläuft.

lg siebzehn
 
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