Einzige "Fachfrau" für Bomben und Granaten in Österreich

josef

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Eine Fachfrau für Bomben und Granaten
Sie ist Expertin für Bomben und Granaten: Alexandra Burgstaller arbeitet als Fachplanerin in der Kampfmittelbergung – nach eigenen Angaben als erste und einzige Frau in Österreich. Mit noe.ORF.at sprach sie über ihren explosiven Job.

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„Wenn du mich fragst, mich interessiert der 13. März 1945, als dieser ominöse Munitionszug angeblich angegriffen wurde und explodierte.“ Alexandra Burgstaller spricht mit ihrem Kollegen Florian Egartner. Er ist Experte der Luftbilddatenbank in Wien. Gemeinsam machen sie sich am Computer auf Spurensuche. Auch 75 Jahre nach Kriegsende schlummert noch einiges unter der Erde. Was genau es ist oder wo es liegt, muss Alexandra Burgstaller aus Katzelsdorf (Bezirk Wiener Neustadt) herausfinden, bevor auf einem Grundstück gebaut wird.

Wird ein neues Gebäude errichtet und eine Gefahr vermutet, untersucht Burgstaller vorher, ob sich in der Erde noch Relikte des Zweiten Weltkrieges befinden, „weil auch heute noch genug Blindgänger im Boden vorhanden sind, also Munition, die nicht detoniert ist. Das ist ein potenzielles Risiko bei Bauvorhaben“, so Burgstaller. „Das ist wichtig, um eine gewisse Sicherheit zu gewährleisten, dass nicht am Ende ein Baggerfahrer eine Bombe auf der Schaufel hat. Jeder hat das Recht, am Abend gesund nach Hause zu kommen. Das ist unser kleiner Beitrag für das Ganze.“

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Alexandra Burgstaller in der Luftbilddatenbank in Wien. Hier betrachtet sie gemeinsam mit Florian Egartner die Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg

Bombentrichter auf Luftbildern zu sehen
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sei es um den Wiederaufbau gegangen, weiß die Expertin. „Da hat man sich nicht damit beschäftigt, Blindgänger zu suchen“, so die Katzelsdorferin. In einer ersten Vorerkundung durchforstet Alexandra Burgstaller gemeinsam mit Experten der Luftbilddatenbank in Wien Luftbilder und Akten aus dem Zweiten Weltkrieg, die zeigen, welche Kämpfe vor Ort stattgefunden haben.
Auf den schwarz-weißen Luftaufnahmen von 1944 und 1945 erkennt man „Bombentrichter, beschädigte Bausubstanzen und mitunter auch Artilleriebeschuss. Da können wir viel nachvollziehen. Daraus leiten wir dann ab, mit welcher Munition zu rechnen ist, damit wir wissen, worauf wir uns einlassen.“ Niederösterreich sei besonders spannend, so Burgstaller, die auch eine Spezialausbildung nach dem deutschen Sprenggesetz hat. „Das Marchfeld ist ein sehr interessantes Gebiet und Wiener Neustadt natürlich, denn das war die meistbombardierte Stadt Österreichs.“

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Alexandra Burgstaller sucht den Boden mit einem Magnetometer ab. Schlägt das Gerät an, wird gegraben

„Beruhigt, wenn es keine Munition ist“
Für einen Lokalaugenschein begleitet noe.ORF.at die Bomben-Fachfrau nach Wiener Neustadt. Auf einem Grundstück, das kürzlich den Besitzer wechselte, werden Relikte vermutet. Einige verdächtige Punkte werden mit Holzstöcken markiert. Mit einem Magnetometer und einem Minensuchgerät suchen Alexandra Burgstaller und ihr Geschäftspartner Dieter Vierbach den Boden ab. Schlägt das Gerät an, wird gegraben. Wonach, weiß man vorher nie.
Beim Lokalaugenschein finden die beiden Bombenexperten allerdings nur rostige Nägel und alte Rohre. „Ich persönlich bin beruhigt, wenn es keine Munition ist. Jeder Munitionsfund ist spannend und herausfordernd, weil man innerhalb weniger Sekunden entscheiden muss, was man im nächsten Schritt macht. Ich bin beruhigt, wenn es nur rostige Nägel sind“, sagt Burgstaller.

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Diese 50-Kilo-Bombe wurde im Vorjahr in Neusiedl an der Zaya (Bezirk Gänserndorf) entdeckt

Explosive Überraschungen
Überraschungen gibt es immer wieder – zum Beispiel im Vorjahr in Neusiedl an der Zaya (Bezirk Gänserndorf). Von 23 markierten Punkten waren 22 rostige Nägel, Hufeisen und Drähte. „Beim 23. haben wir dann eine 50-Kilo-Bombe gefunden. Eine Bombe, die insofern besonders war, weil es eine deutsche Bombe mit einem russischen Zünder war. Das ist spannend, weil der Zünder nicht hineinpasst. Die haben den aber trotzdem eingebaut und die Bombe wieder eingesetzt – nach dem Motto ‚Was nicht passt, wird passend gemacht‘“.

In so einem Fall werden die Relikte von Alexandra Burgstaller und ihrem Partner freigelegt. Anschließend wird der Entminungsdienst angefordert. Dann geht es auch schon zur nächsten Baustelle: Die Suche nach Minen, Bomben und Granaten geht weiter.
10.01.2021, Silvia Schreiber, noe.ORF.at
Eine Fachfrau für Bomben und Granaten
 
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