Erdbebengefahr in Tirol doch nicht so hoch
Neue Forschungen zeigen, dass die Erdbebengefahr in Tirol weniger hoch ist, als dies früher manchmal angenommen wurde. Die neue Bewertung floss in die neue österreichische Erdbebengefährdungskarte ein. Langfristig werden sich auch Bauvorschriften ändern.
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Erdbebengefahr in Tirol doch nicht so hoch
Neue Forschungen zeigen, dass die Erdbebengefahr in Tirol weniger hoch ist, als dies früher manchmal angenommen wurde. Die neue Bewertung floss in die neue österreichische Erdbebengefährdungskarte ein. Langfristig werden sich auch Bauvorschriften ändern.
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Die Erdbebengefahr in Tirol ist „früher etwas überschätzt“ worden, sagt der Leiter der Abteilung der Geophysik der ZAMG, Wolfgang Lenhardt. Als man um 1900 Daten und Aufzeichnungen zusammengetragen habe, sei das nicht von Historikern gemacht worden, die den Zeitgeist der jeweiligen Aufzeichnungen richtig einschätzen konnten. Die historische Erdbebenforschung der letzten 30 Jahre hat hier einiges relativiert. Richtig sei aber, dass der Bereich von Hall und Innsbruck immer wieder von Erdbeben betroffen war und es auch sein wird, so Lenhardt.
ZAMG
Die neue Erdbebengefährdungskarte der ZAMG
Dichtes Bebenmessnetz in Tirol
Ein weiterer Grund für die Nachjustierung sei das digitale Erdbebenmessnetz. Tirol besitzt in Österreich das dichteste Netz an Bebenmesstationen. Im Vergleich zur letzten Karte vor etwa 25 Jahren „hat sich gezeigt, dass sich die Erdbebengefährdung in Tirol etwas reduziert hat“, so der Erdbebenexperte der ZAMG. Beim Vergleich der Erdbeben-Gefährdungskarten fällt auch auf, dass von einem besonders gefährdetem Bereich im Fernpassgebiet jetzt nichts mehr zu sehen ist. Lenhardt verweist hier auf Erdbeben-tektonische Modelle, welche ebenfalls eingeflossen sind.
Hermann HammerSeismographen sind in der Regel in Stollen untergebracht, wie hier bei der Walder Alm im Karwendel
Eingeflossen sind auch andere Bewertungen der Auswirkungen von Starkbeben im Ausland. Früher habe man sich bei den Auswirkungen auf Daten aus Kalifornien orientiert, da es hierzulande nicht das entsprechende Messnetz gegeben habe, erzählt Lenhardt.
Diskussion über Gefährdungs-Parameter im Gang
Langfristig könnten die neuen Erkenntnisse auch die Bauvorschriften in Tirol beeinflussen. Bis es soweit ist, werden aber zwei bis vier Jahre vergehen, sagt der ZAMG-Experte. Bis dahin gelten noch die bisherigen Vorschriften. Dass es solange dauert, hat auch mit den komplexen Hintergründen zu tun, die derzeit international stark diskutiert werden. Auch die beiden Erdbebenkarten zeigen einen Wandel an: Während die alte Karte sogenannte „Effektivwerte“ darstellt, sind auf der neuen Karte Spitzenwerte dargestellt. Laut Lenhardt müsse man die die Werte der alten Karte mit der Quadratwurzel aus zwei (1,414…) multiplizieren, um sie vergleichbar zu machen.
ZAMG
Die alte Karte: Die Daten sind allerdings nicht 1:1 vergleichbar
EU will grenzübergreifende Regelungen
Bisher orientierten sich in Österreich die Normen vor allem an der Bodenbeschleunigung. Unter anderem mache es aber einen Unterscheid, ob ein Beben hochfrequent sei oder es langsame Bewegungen gebe. Die neue Karte werde nicht als eins zu eins übertragbarer Bemessungswert in die Norm Eingang finden, wie man es gewohnt sei, sondern als „physikalischer Basishintergrund“, sagt Lenhardt. Man überlege, die Normen an Gebäude angepasster zu gestalten, außerdem arbeite man in der EU an grenzübergreifenden Normen.
23.06.2020, Hermann Hammer, tirol.ORF.at
Die neue Erdbebengefährdungskarte der ZAMG
Dichtes Bebenmessnetz in Tirol
Ein weiterer Grund für die Nachjustierung sei das digitale Erdbebenmessnetz. Tirol besitzt in Österreich das dichteste Netz an Bebenmesstationen. Im Vergleich zur letzten Karte vor etwa 25 Jahren „hat sich gezeigt, dass sich die Erdbebengefährdung in Tirol etwas reduziert hat“, so der Erdbebenexperte der ZAMG. Beim Vergleich der Erdbeben-Gefährdungskarten fällt auch auf, dass von einem besonders gefährdetem Bereich im Fernpassgebiet jetzt nichts mehr zu sehen ist. Lenhardt verweist hier auf Erdbeben-tektonische Modelle, welche ebenfalls eingeflossen sind.
Eingeflossen sind auch andere Bewertungen der Auswirkungen von Starkbeben im Ausland. Früher habe man sich bei den Auswirkungen auf Daten aus Kalifornien orientiert, da es hierzulande nicht das entsprechende Messnetz gegeben habe, erzählt Lenhardt.
Diskussion über Gefährdungs-Parameter im Gang
Langfristig könnten die neuen Erkenntnisse auch die Bauvorschriften in Tirol beeinflussen. Bis es soweit ist, werden aber zwei bis vier Jahre vergehen, sagt der ZAMG-Experte. Bis dahin gelten noch die bisherigen Vorschriften. Dass es solange dauert, hat auch mit den komplexen Hintergründen zu tun, die derzeit international stark diskutiert werden. Auch die beiden Erdbebenkarten zeigen einen Wandel an: Während die alte Karte sogenannte „Effektivwerte“ darstellt, sind auf der neuen Karte Spitzenwerte dargestellt. Laut Lenhardt müsse man die die Werte der alten Karte mit der Quadratwurzel aus zwei (1,414…) multiplizieren, um sie vergleichbar zu machen.
Die alte Karte: Die Daten sind allerdings nicht 1:1 vergleichbar
EU will grenzübergreifende Regelungen
Bisher orientierten sich in Österreich die Normen vor allem an der Bodenbeschleunigung. Unter anderem mache es aber einen Unterscheid, ob ein Beben hochfrequent sei oder es langsame Bewegungen gebe. Die neue Karte werde nicht als eins zu eins übertragbarer Bemessungswert in die Norm Eingang finden, wie man es gewohnt sei, sondern als „physikalischer Basishintergrund“, sagt Lenhardt. Man überlege, die Normen an Gebäude angepasster zu gestalten, außerdem arbeite man in der EU an grenzübergreifenden Normen.
23.06.2020, Hermann Hammer, tirol.ORF.at