stz 8.6.2011
Geduldsfaden droht jetzt zu reißen
Am 15. Juni wollen Experten der Landesanstalt für Umwelt und Geologie sowie der Firma DMT GmbH & Co. KG die Ergebnisse der seismografischen Messungen im Erdfallgebiet auswerten.
Schmalkalden - April, Mai, jetzt ist Juni: Die Nerven liegen blank, vor allem bei den drei Familien, die seit dem Erdfall vom 1. November noch immer in Notwohnungen leben. Doch solange die Ergebnisse der seismografischen Messungen von Anfang März nicht vorliegen, gibt es kein grünes Licht für eine Heimkehr.
Auch Bürgermeister Thomas Kaminski ist inzwischen mit seinem Latein am Ende. "Ich weiß nicht mehr, was ich den Betroffenen sagen soll." Die Hilflosigkeit macht dem Verwaltungschef zu schaffen. Fast täglich telefoniert er mit der Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Zumal dem Vernehmen nach bereits seit Mitte Mai Informationen der Essener Firma DMT GmbH & Co. KG über die im Erdfallgebiet vorgenommenen seismografischen Messungen vorliegen sollen.
Dass bisher noch keine Ergebnisse bekannt geworden sind, nährt freilich die Gerüchteküche. Die Mär von riesigen unterirdischen Bunkeranlagen wird erneut erzählt, "die Menschen", sagt Bürgermeister Kamins-ki, "glauben, dass wir nichts unternehmen oder irgendetwas vertuschen wollen".
Ein Vorwurf, den er kategorisch zurückweist. In seiner Not wandte sich Kaminski an Landrat Ralf Luther. Der Landkreis hatte nach der erfolgreichen Verfüllung des Riesenkraters den Fall "Erdfall" an die Stadt Schmalkalden abgegeben. Mit ihren Problemen aber wolle er weder die Kommune, noch die Betroffenen allein lassen, sagt Ralf Luther. Also griff er zum Stift und setzte einen Brief auf, adressiert an Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht und Umweltminister Jürgen Reinholz. Er erinnerte beide Politiker an die Aussagen, dass im Mai die Ergebnisse der seismografischen Messungen vorliegen sollten. Immerhin sind diese ausschlaggebend dafür, ob und wann die drei Familien in ihre Wohnhäuser zurückkehren können. Und noch eines gab Luther zu bedenken: Bis zum 30. Juni müssen die 10 000 Euro Soforthilfe ausgegeben sein. Eine Verlängerung der Frist ist für Luther unumgänglich. Geantwortet hat noch keiner.
Zeitplan steht fest
Stattdessen gibt es jetzt einen konkreten Termin: "Wir werden am 15. Juni nach Essen fahren, um gemeinsam mit den Fachleuten der Firma die Messergebnisse auszuwerten", sagte Lutz Katzschmann, Leiter der Landesanstalt für Umwelt und Geologie, auf Anfrage dieser Zeitung. Danach würden Bürgermeister Kamins-ki und die Betroffenen umgehend informiert. Er bestätigte, dass der Behörde erste Ergebnisse als Vorab-Information vorliegen. Diese seien jedoch so spezifisch und speziell, dass sie vor Ort mit den Fachleuten der Firma diskutiert werden müssten. Geologischer Sachverstand auf der einen Seite, geophysikalischer auf der anderen: Beide Disziplinen gilt es nun zusammenzuführen, sagt Katzschmann, "wir wollen ein fachlich untersetztes Ergebnis." Der Leiter der Landesanstalt kann die Ungeduld der Schmalkalder verstehen, nicht aber den Vorwurf, seine Behörde halte Informationen zurück. "Wir sind bisher immer offen und ehrlich miteinander umgegangen", betont Katzschmann. Gehe es doch allen darum, nach besten Wissen und Gewissen eine Gefahreneinschätzung vorzunehmen.
Fakt ist jedoch, dass sich weder die Stadt, noch der Landkreis und die drei Familien länger vertrösten lassen. Luther hatte in seinem Schreiben nach Erfurt eine Frist gesetzt. Vielleicht hat dieser sanfte Druck dazu beigetragen, dass mit dem 15. Juni endlich ein konkreter Termin feststeht. Hoffentlich werden an diesem Tag Nägel mit Köpfen gemacht. Die Erwartungshaltung ist groß.
quelle: stz