Freilegung eines Erdstalls bei Lutzmannsburg

Geist

Worte im Dunkel
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#1
Sensationsfund: Erdstall vollständig freigelegt

In Lutzmannsburg sind sensationelle archäologische Funde gemacht worden: Zum ersten Mal in Österreich wurde ein Erdstall vollständig freigelegt - diese unterirdischen Gänge dienten im 11. und 12. Jahrhundert als Versteck für Menschen, Tiere oder Vorräte.

Seit den 1970er-Jahren wusste man, dass das Areal des künftigen Hochwasserschutzbeckens von Lutzmannsburg archäologisch interessant sein könnte. Daher habe man das Gebiet schon vor Beginn der Bauarbeiten für das Rückhaltebecken Zagersbach untersuchen lassen, erklärte Christian Maier vom Referat für Flussbau.


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Unterirdisches Flucht und Kellersystem
Aus wissenschaftlicher Sicht am interessantesten seien die Erdställe aus dem elften und zwölften Jahrhundert, sagte die Archäologin Dorothea Talaa. Der Erdstall von Lutzmannsburg sei der einzigen in ganz Österreich, der zur Gänze ausgegraben worden sei. Erdställe sind unterirdische Verbindungen zwischen mehreren Holzhäusern: ein Flucht- und Kellersystem, das in einzelne, versperrbare Kammern gegliedert war. Die Gänge seien zum Teil sehr tief gewesen - nämlich an die drei Meter - und sehr, sehr eng, so Talaa. Teilweise gebe es auch so genannte „Schlupfe“, das seien Engstellen, wo überhaupt nur ein schlanker Mann oder eine schlanke Frau passieren habe können.


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Erdställe von Lutzmannsburg

Rohrer: Älteste Marktgemeinde des Burgenlandes
Das Archäologenteam grub vier Monate lang, insgesamt wurden 150 Kisten voller Material gesammelt: Tonscherben, Werkzeug aber auch vollständig erhaltene Weinkrüge. Man wisse, dass man heuer 800 Jahre Weinbau in Lutzmannsburg feiere, doch aufgrund der Funde, stelle sich jetzt heraus, dass Lutzmannsburg bei weitem älter sei, sagte Bürgermeister Christian Rohrer: „Jetzt wird es endlich bewiesen, dass Lutzmannsburg die älteste Marktgemeinde und die älteste Weinbaugemeinde des Burgenlandes ist.“


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Russische Clanzeichen

Älteste Funde aus 4.000 vor Christus
Manche Krüge aus dem elften Jahrhundert haben rätselhafte Eingravierungen, die als russische Clanzeichen identifiziert werden konnten. Wie diese russischen Clanzeichen ins Burgenland kamen, soll nun die Wissenschaft klären. Die ältesten Funde von Lutzmannsburg stammen aus dem vierten Jahrtausend vor Christus.


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Diese Goldreste weisen auf Edelmetallverarbeitung hin

Interessant sind auch Goldkügelchen, die man auf einer Scherbe gefunden hat. Dieser Fund weist auf eine frühe Edelmetallverarbeitung in Lutzmannsburg hin, und zwar in der Keltenzeit, zwischen dem ersten Jahrhundert vor und dem ersten Jahrhundert nach Christus. Mittlerweile wurden die Erdställe aus Sicherheitsgründen wieder zugeschüttet, die Fundstücke sollen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Quelle: Sensationsfund: Erdstall vollständig freigelegt
 

josef

Administrator
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#2
Dazu auch ein Artikel im derStandard:

Erstmals Erdställe in Österreich vollständig freigelegt


Archäologin Talaa zu den Ausgrabungen in Lutzmannsburg: "Was wir da gefunden haben, ist wirklich einmalig"
Lutzmannsburg – Archäologen um Dorothea Talaa haben im burgenländischen Lutzmannsburg (Bezirk Oberpullendorf) einen Erdstall vollständig freigelegt, etwas, das bisher in Österreich nach Angaben der Forscher noch nie gelungen war. Die unterirdischen Gänge dürften schon im elften und zwölften Jahrhundert als Versteck angelegt worden sein. "Was wir da gefunden haben, ist wirklich einmalig", erklärt Talaa.

Laut Talaa sind Erdställe unterirdische Verbindungen zwischen mehreren Holzhäusern, einem Flucht- und Kellersystem, das in einzelne versperrbare Kammern gegliedert war. Diese Gänge seien etwa drei Meter tief gewesen, schilderte sie. Außerdem wurden Tonscherben, Werkzeuge und Krüge ausgegraben. Insgesamt seien 150 Kisten voller Material gesammelt worden. "Im Burgenland gibt es fast immer sehr gute Funde", freute sich die Archäologin.

Schweißtreibende Grabungen
Die Grabungen fanden von Juni bis Oktober statt – bei zum Teil 40 Grad in der Sonne. "Aber das Schwitzen hat sich wirklich gelohnt", so Talaa. Die Funde aus Lutzmannsburg werden aktuell noch aufgearbeitet. Sie sollen eventuell auch in der Gemeinde ausgestellt werden, sagte Bürgermeister Christian Rohrer (Aktive Dorfliste). Für ihn ist mit dem Fund nun klar, dass man neben der ältesten Weinbaugemeinde – "das haben wir auf einer Urkunde aus dem Jahr 1218 schriftlich bewiesen" – auch die älteste Marktgemeinde im Burgenland sei.
(APA, red, 31.10.2018) Erstmals Erdställe in Österreich vollständig freigelegt - derStandard.at
 
#3
Wenn das schon so eine sensationelle Entdeckung ist, hätte man dann nicht die Pläne für das Rückhaltebecken dahingehend überarbeiten können, dass das Areal mit den Erdställen erhalten bleibt? Das wäre doch eine touristische Attraktion gewesen, wenn man ein Freilichtmuseum mit einsehbaren Erdställen angelegt hätte. Schade drum:(
 

fkv

Active Member
#4
Man hätte auf das Rückhaltebecken ganz verzichten können. Das ist mehr als 2 km von Lutzmannsburg entfernt! Aber in den Entscheidungsbäumen der Behörden gibt es keinen Zweig für "Bauvorhaben fallenlassen", sondern nur für "vorher Archäologen mit einer Notgrabung beauftragen".

Ich arbeitete damals (bzw. kurz zuvor) an einem Nachtragsheft zu den Burgenland-Höhlenbüchern mit und hätte liebend gern den Erdstall vermessen, aber uns hat keiner was davon gesagt. Wir erfuhren es erst dann, als schon alles zerstört war! Bis heute habe ich es nicht geschafft, Unterlagen der Archäologin für den Höhlenkataster zu bekommen. Sie ist zwar mit dem Bruder eines bekannten Höhlenforscher liiert, aber Blutsbande sorgen nicht immer für Kommunikation...
 
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