Geisterschlösser und vergessene Fabriken

josef

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#1
Kein Mangel an Motiven :D
Wo Deutschland verfällt: Geisterschlösser und vergessene Fabriken

Der deutsche Fotograf André Winternitz erklärt seine Liebe zu einstürzenden AltbautenAndré Winternitz fotografiert verlassene Häuser mit Geschichte. Ob einsame Waldklause, ostdeutsche Industrieruine, Sanatorium, Irren- oder Herrenhaus, er hat schon hunderte rätselhafte Gebäude aufgestöbert. "Lost Places" ist in der Fotografenszene der Terminus für diese gottverlassenen Gemäuer. Winternitz hat seine Website rottenplaces.de getauft.

Winternitz wohnt und arbeitet in der Stadt Schloß Holte-Stukenbrock in Nordrhein-Westfalen. Er betreibt rottenplaces.de seit 2009, die Fotografie hat er zum Beruf gemacht.

"Wenn man einmal vor Ort ist, die Augen schließt und man mittendrin steht, dann fühlt man etwas. Nicht nur Einsamkeit und Stille, sondern man fragt sich: Was war hier mal los? ‚Wenn Mauern sprechen könnten?‘, mit dieser Frage fängt es an. Die Mauern könnten von der Erbauung bis zur Schließung viele Geschichten erzählen. Schöne, aber oft auch negative Geschichten, vielleicht noch aus dem Krieg oder aus der DRR-Zeit. Ich glaube, jedes Gebäude hat eine Seele", sagt Winternitz.

Winternitz lebt etwa eine Autostunde vom Ruhrgebiet – eine ergiebige Region für Fans von Lost Places. "Nordrhein-Westfalen allein hat über tausend Zechen gehabt, mittlerweile hat das Bundesland noch zwei aktive", sagt der 39-Jährige. Besonders vielfältig und interessant sei aber die ehemalige DDR.

Der Zugang von rottenplaces.de sei das Recherchieren und Dokumentieren des geschichtlichen Hintergrunds der Bauwerke. "Wir katalogisieren, archivieren und versuchen möglichst genau, die Geschichte des Gebäudes herauszufinden", sagt Winternitz. "Wir wollen zeigen: Freunde, in der Stadt, in der ihr lebt, gab es diese und jene Fabriken, Sanatorien und so weiter. Überlegt mal, was die Gebäude für eine Geschichte hatten und ob sie nicht einer neuen Nutzung zugeführt werden können!"

Der Deutsche sieht auch Irrwege der Lost-Places-Bewegung: Fotografen, denen es nur um ein möglichst spektakuläres oder morbides Motiv gehe und die Gebäude wie Trophäen sammeln würden. Es würden dabei auch Gesetz übertreten werden, was Winternitz verurteilt, wenngleich erst wenige Fotografen wegen Landfriedensbruchs verurteilt worden seien. "Viele suchen, wenn sie keine Genehmigung haben, nicht einfach eine Lücke im Bauzaun oder ein offenes Türchen, sondern verschaffen sich illegal Zutritt", sagt Winternitz. "Durch den Medienhype, vor allem über die sozialen Netzwerke, werden Immobilieneigentümer aufmerksam. Wir haben dann das Problem, dass Eigentümer, wenn wir offiziell anfragen, um das Historische dokumentieren, oft keinen Zugang mehr erlauben."

Gedankenlose Trittbrettfahrer, die ohne Rücksicht auf Gebäude und Rechtslage einfach losziehen, würden seine Arbeit auch vor Ort erschweren. "Wenn wir auf einem Gelände unsere Fotoarbeit beginnen, hast du sofort Menschen ‘rum, die meinen: Das sind Kabeldiebe, oder die machen irgendetwas Illegales."

Winternitz sieht sich hingegen als sorgfältiger Chronist. Er frage offiziell bei den Gemeinden an, bei Bau- und Liegenschaftsämtern, um den Eigentümer zu ermitteln. Manchmal begehe er die Anwesen auch mit Zeitzeugen und Eigentümern, um Details über Objekte zu erfahren. Im Idealfall hat Winternitz am Ende eine Menge Fotos. Außerdem werden Baujahr und ehemalige Nutzung(en) des Gebäudes, manchmal Verkäufe und – etwa bei alten Fabriken – Konkurse dokumentiert.

Das Herzstück von rottenplaces.de ist das Objektarchiv. Zusätzlich gibt es aktuelle Nachrichten und ein vierteljährliches e-Magazin, das auf Bestellung (vorerst nur in Deutschland) um 15 Euro auch als Printversion zu haben ist. Winternitz will mit seiner Arbeit Bewusstsein für die vergessenen Gebäude schaffen. Ist der Verfall nicht fortgeschritten, sei auch eine neue Nutzung, etwa als Flüchtlingsheim, möglich. Manchmal werde ihm der Zutritt aber auch verwehrt, oder Eigentümer würden die leerstehenden Gebäude abreißen lassen.

So oft wie möglich begibt sich Winternitz selbst vor Ort. Auch seine Lebensgefährtin, im Hauptberuf Altenpflegerin, fotografiert für rottenplaces.de. "Man erstellt gewisse Listen. Wenn man zum Beispiel sagt, ich will nach Schleswig-Holstein, suche ich mir in einem bestimmten Umkreis acht bis zehn Objekte. Das plane ich und lege mir eine Tour. Zweimal im Monat mache ich eine Wochenendtour, gelegentlich auch eine mehrtägige."

Als der gelernte Tischler und Werbegrafiker 2008, damals noch für ein anderes Magazin, das erste Mal ein verfallenes Haus fotografierte, "war das wie ein Virus". Das Gefühl beschreibt Winternitz so: "Seitdem bist du infiziert und kannst auch nicht mehr anders."


(Lukas Kapeller, 5.1.2017)
Text http://derstandard.at/2000049684273...llt-Geisterschloesser-und-vergessene-Fabriken

Fotos aus dem "derstandard" Artikel von: rottenplaces.de - Teil 1

1. Schloss Zerbst in Sachsen-Anhalt ist im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt worden und existiert nur mehr als Rudiment
2. Biotürme in Brandenburg
3. Ehemaliges Porzellanwerk in Sachsen
4. Bahnbetriebswerk in Sachsen
5. Frühere Lederfabrik in Thüringen
6. Verlassene Papierfabrik in Sachsen-Anhalt
 

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josef

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#2
Fotos aus dem "derstandard" Artikel von: rottenplaces.de - Teil 2

7. Ehemalige Betonwerke in Sachsen
8. Historische Mühle in Sachsen-Anhalt
9. Boot vor Industriedenkmal in Nordrhein-Westfalen
10. Historische Industrieanlage in Sachsen
11. Ehemalige Spielzeugfabrik in Sachsen
 

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josef

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#4
"Biotürme"

Konnte mir vom Verwendungszweck der in Beitrag #1 - Foto 2 gezeigten, im Bildtext als "Biotürme" bezeichneten Bauwerke, nichts vorstellen. Dachte ursprünglich an nach in der Bauart von Ziegel- Fabriksschloten errichtete, zu Gruppen zusammengefasste, Futtersilos einer DDR-typischen "LPG"...

Aber nach einer Suche im Netz wurde ich von "Tante-Wiki" schnell eines Besseren belehrt: :)

Diese "Biotürme" sind Objekte einer ehemaligen Kokerei!
 
S

Senator74

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#5
Ich war vor Jahren auf der Rückfahrt vom Donaudelta quer durch Rumänien in Richtung Ungarn unterwegs. Wir kanen durch eine Industrie-Ruiniengegend, locker drei mal so groß wie Leoben Donawitz. Alles verrottet, verrostet, vergammelt. Einfach schlimm. Ein Erbe des Diktators Ceausescu. Ein unrühmliches. Der Name der Region, bzw. des Ortes ist mir entfallen.
 
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#6
Ich war vor Jahren auf der Rückfahrt vom Donaudelta quer durch Rumänien in Richtung Ungarn unterwegs. Wir kanen durch eine Industrie-Ruiniengegend, locker drei mal so gruß wie Leoben Donawitz. Alles verrottet, verrostet, vergammelt. Einfach schlimm. Ein Erbe des Diktators Ceausescu. Ein unrühmliches. Der Name der Region, bzw. des Ortes ist mir entfallen.
Hatten wir 2016 hier schon einmal "abgehandelt" :)

Lt. "Google Earth" sind die Anlagen abgerissen -> Ruinenfelder, Industriebrache...

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