Grenzöffnung nach Osten: Fall des "Eiserner Vorhangs" und ehemalige technischen Grenzsperren von CSSR und Ungarn

josef

Administrator
Mitarbeiter
#21
Vor 25 Jahren fiel der "Eiserne Vorhang" zur damaligen CSSR

25 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs

Vor 25 Jahren, am 4.12.1989, sind die Grenzen der damaligen Tschechoslowakei zu Österreich geöffnet worden, der „Eiserne Vohang“ ist gefallen. In Gmünd an der tschechischen Grenze hat man besondere Erinnerungen an diesen Tag.

Mitternacht von 3. auf 4. Dezember 1989 am Grenzübergang Berg: Dutzende Fotografen und internationale Fernsehstationen kamen, um über die Ereignisse zu berichten. Zollwachebeamte beider Seiten trafen einander zum historischen Handschlag, sie arbeiteten bis heute eng bis sogar freundschaftlich zusammen. Die Euphorie war im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlos, sowohl bei den Gästen aus der Tschechoslowakei als auch den Österreichern.

Ein Bild, das sich an allen Grenzübergängen zwischen Niederösterreich und der Tschechoslowakei mehr oder weniger intensiv bot. Auch in Gmünd, wo die Grenze ja mitten durch die Stadt, zum Teil sogar durch Häuser verlief. „Das hat sich in Windeseile verbreitet, durch Mundpropaganda. Ich weiß heute nicht mehr, wie dann die Meldungen über Funk und Fernsehen gekommen sind, aber das war ein Lauffeuer“, sagt der Altbürgermeister von Gmünd, Otto Opelka.

Ungläubige Skepsis wich Freude und Euphorie
In den ersten Stunden herrschte ungläubige Skepsis, aber bald war klar, die Grenze ist offen. „Das war anfänglich eine unvorstellbare Euphorie, von beiden Seiten, eine überschwängliche Freude, die man sich momentan gar nicht vorstellen kann, die sich dann zu einer Völkerwanderung ausgeweitet hat.“

Die tschechischen Nachbarn kamen zu Tausenden. Nicht um zu kaufen, vorerst nur um zu schauen. Mit der Verpflegung im Rucksack, erkundeten sie die Stadt. Sie hatten nicht weit, Gmünd war eine geteilte Stadt, ähnlich Berlin. Nur, dass zwischen Gmünd und Ceske Velenice keine Mauer stand, sondern ein Stacheldrahtzaun und Wachtürme. „Für uns, die wir da geboren wurden und gelebt haben, war das ein Normalzustand. Das war eben so, die Welt war zweigeteilt“, so der ehemalige Bürgermeister.

„Keine Selbstverständlichkeit in Frieden zu leben“
Nur wenig ist heute noch zu sehen von der Todesgrenze. Stacheldraht und Wachtürme sind längst weg, geblieben ist nur noch ein Graben, mehr als 40 Jahre lang ausgetreten von Soldatenstiefeln. Viele Menschen, die diese Zeiten erlebt haben, haben sich einen Auftrag gegeben. „Immer wieder daran arbeiten, dass das ja nicht in Vergessenheit gerät, dass es keine Selbstverständlichkeit ist, in Frieden leben zu dürfen, in guter Nachbarschaft leben zu dürfen, weil wir das anders auch erlebt haben.“
http://noe.orf.at/news/stories/2682848/
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#22
Gelungene Flucht aus der ehemaligen CSSR über Hochspannungsleitung

So gelang die Flucht aus dem Ostblock

1989 ist der Eiserne Vorhang gefallen. Viele Menschen litten unter den Zuständen im damaligen Ostblock so sehr, dass sie ihr Leben riskierten, um ihr Land zu verlassen. Robert Ospald ist 1986 auf spektakuläre Art die Flucht aus der CSSR gelungen.

Robert Ospald ist 63 Jahre alt und lebt in Wien. 1986 gelang ihm die Flucht aus seinem Heimatland, der Tschechoslowakei. Er riskierte damals sein Leben. Mit einem selbst konstruierten Gerät flüchtete er über eine Hochspannungsleitung von der damaligen CSSR nach Österreich.

"70 Meter vom Eisernen Vorhang entfernt mussten wir uns drei Tage lang verstecken. Denn genau dort, wo der Hochspannungsmast über den Eisernen Vorhang gegangen ist, war eine kleine Straße. Wegen dieser Straße war die Gegend sehr stark bewacht“, schildert Ospald heute.

Zeitungen aus aller Welt berichteten über die Flucht
Der damals 35-Jährige und sein 20-jähriger Fluchtgefährte legten mit ihrem selbst gebauten Gerät auf der Stromleitung mehr als 300 Meter zurück und überquerten so den Eisernen Vorhang. Damals berichtete nicht nur der ORF, sondern auch in Zeitungen aus aller Welt war über die lebensgefährliche Aktion zu lesen.

Robert Ospald fasste seine Erinnerungen in einem Buch zusammen („380.000 Volt Hoffnung auf Freiheit"). Als Freigeist litt er unter dem diktatorischen Regime der Tschechoslowakei besonders, sagt er. Er sah für sich nicht viele Perspektiven: „Entweder ich werde selber ein Kommunist, dann habe ich es in dem Staat gut, oder ich werde in ein Gefängnis oder eine Irrenanstalt eingesperrt. Die beste Möglichkeit war, einfach zu flüchten“, so Ospald.

Doch so ganz einfach war es nicht, jahrelang überlegte sich Ospald mögliche Fluchtwege. Erst der dritte Versuch gelang schließlich. Der Eiserne Vorhang bestand aus mehreren Sperranlagen. Die Grenze zwischen der damaligen Tschechoslowakei und Österreich galt als eine der am besten bewachten der Welt. Im Juli 1989 starb der letzte Mensch bei einem Fluchtversuch, nur wenige Monate vor dem Fall des Eisernen Vorhangs im Dezember 1989.

Sonderurlaub für gefasste Flüchtlinge
Tschechoslowakische Grenzsoldaten bekamen Sonderurlaub für jeden gefassten Flüchtling, egal, ob er tot war oder lebte. Die Flucht in luftiger Höhe galt daher als weniger gefährlich, sagt der Historiker Philipp Lesiak vom Ludwig Boltzmann Institut für Kriegsfolgen-Forschung aus Raabs an der Thaya.

„Ein slowakischer Radprofi flüchtete zum Beispiel mit seiner ganzen Familie und seinem Fahrrad mit einem Heißluftballon. Es hat Monate gedauert, bis sie diesen Ballon zusammengenäht hatten. Unter dem Regime wurde alles überwacht, da konnte man nicht einfach ins Geschäft gehen und sagen: ‚Bitte, ich brauche jetzt 2.000 Meter Stoff‘“, schildert Leisak.

Wie vielen Menschen tatsächlich die Flucht gelang und wie viele an der österreichisch-tschechoslowakischen Staatsgrenze ums Leben kamen, weiß man auch 25 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nicht genau, so Lesiak: "Man steht erst am Anfang, und es ist auch ein sehr heikles Thema.“
Nicht zuletzt auch deshalb, weil Betroffene noch am Leben sind. „In solchen totalitären Regimes gab es durchaus ein Spitzelsystem, wo informelle Mitarbeiter andere ausgehorcht haben, auch in Wien und in ganz Österreich. Es ist natürlich irrsinnig heiß, wenn man da zu forschen beginnt."
Text- u. Bildquelle: http://noe.orf.at/news/stories/2686359/

Webesite von Robert Ospalt mit der Möglichkeit zur Bestellung des Buches "380.000 Volt Hoffnung auf Freiheit": http://ospald.at/
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#23
Anlässlich des demnächst kommenden 50. Jahrestages der Besetzung der damaligen Tschechoslowakei durch WAPA-Truppen, stöberte ich ein wenig in meinem Archiv. Dabei stieß ich auch auf Fotos vom Besuch der Dauerausstellung "Schauplatz Eiserner Vorhang" im Schloss Weitra im Mai 2017.

1533670269992.png
Schloss Weitra - Eingangsbereich zur Ausstellunt "Schauplatz Eiserner Vorhang" (Aufnahmen v. 19.05.2017)

Es fanden sich einige Bilder zum Thema "Flucht":

So auch zur in mehrfachen Bereichen lebensgefährlichen Flucht über ein nicht stromführendes Seil einer 380 KV - Hochspannungsleitung im Jahre 1986, über die auch im obigen ORF-Beitrag aus 2014 berichtet wird:

1. - 4. Fotos und Zeitungsausschnitte Ausstellung Weitra
5. - 6. Artikel aus der AZ v. 22.07.1986 ARBEITER-ZEITUNG
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#27
Flucht mit einem Ballon:

Im als Beitrag #22 eingestellten ORF-Bericht aus 1974 wird auch über die Flucht eines CSSR - Radprofis berichtet - siehe nachfolgenden Textauszug:

1533730985514.png

Dazu fand ich in der AZ vom 9. September 1983 folgende Artikel:

1533731878469.png
...und Fortsetzung S. 7:

1533731975320.png
1533732024109.png
Quelle: ARBEITER-ZEITUNG

...und in der Weitraer Ausstellung gibt es dazu weitere 3 Bilder:
(Aufnahmen v. 19.05.2017)
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#28
Ergänzung zu den letzten beiden Fotos aus der Ausstellung in Weitra (Beitrag #27):

Diese Fotos dürften für die Presse mit einem "echten" Heißluftballon nachgestellt worden sein!
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#29
Auch bei der 2009 gemeinsam mit Tschechien stattgefundenen NÖ. Landesausstellung (siehe auch Beitrag #2) war am Ausstellungsstandort Raabs an der Thaya ein zur Flucht genutzter Hängegleiter/Flugdrache zu sehen:

1533803225995.png

1. Der damals im Freigelände aufgestellte motorisierte Hängegleiter
2. Ausschnittsvergrößerung des Transparentes

(Aufnahmen v. 17.06.2009)
 

Anhänge

josef

Administrator
Mitarbeiter
#30
Eiserner Vorhang Thema mehrerer Ausstellungen
Mit zahlreichen Gedenkveranstaltungen begeht das Land Niederösterreich in den kommenden Monaten das 30-jährige Jubiläum der Öffnung des Eisernen Vorhangs. Ausstellungen gibt es unter anderem in St. Pölten, Horn und Weitra.


Im Haus der Geschichte in St. Pölten wird ab dem 6. September eine Sonderschau unter dem Titel „Spionage!“ gezeigt. Die Sonderausstellung in der Landeshauptstadt ist bis zum 19. Jänner 2020 zu sehen und widmet sich unter anderem dem Wettstreit der Geheimdienste im Kalten Krieg anhand von - wie der Titel schon sagt - spektakulären Spionagefällen. In einer Dauerpräsentation sind im Haus der Geschichte zudem „Schlüsselobjekte wie ein Wachturm des Eisernen Vorhangs“ zu sehen, heißt es in einer Aussendung.


Haus der Geschichte in St. Pölten - Kulturbezirk Landhausviertel
Das Haus der Geschichte zeigt ab September eine Sonderausstellung

Ausstellungen in Horn, Weitra und Brünn
Ebenfalls durch das Land Niederösterreich koordiniert wird eine Schau im Museum Horn. In der Waldviertler Bezirkshauptstadt werden vom 17. Mai bis zum 31. Oktober 2019 einerseits die Entwicklung des Eisernen Vorhangs, andererseits dessen unmittelbare Auswirkungen auf die Grenzregion beleuchtet.

Veranstaltungen im Gedenkjahr
Einen Überblick über das Jahresprogramm im Gedenkjahr 2019 finden Sie hier.
Eine Ausstellung im Schloss Weitra (Bezirk Gmünd) versetzt Besucher von 10. Juni bis 31. Oktober in das Zeitalter von Alois Mock. Der 2017 verstorbene ehemalige Außenminister habe „mit seinen vielen (außen-)politischen Kontakten wesentlich zur Öffnung des Eisernen Vorhanges beitragen“, wird in der Aussendung betont.

Einem anderen Aspekt des Themas widmet sich eine Schau im Technischen Museum in Brünn in Tschechien. Dort stehen ab dem 11. November die Entstehungsgeschichte der Absperrungen, die Arbeitsweise der Grenzwache sowie persönliche Schicksale und Erinnerungen im Fokus.

Links:
Publiziert am 17.04.2019
Eiserner Vorhang Thema mehrerer Ausstellungen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#31


1989: Kleiner Schnitt, großes „Wunder“
Vor 30 Jahren ist mit dem Abbau des „Eisernen Vorhangs“ an der österreichisch-ungarischen Grenze begonnen worden. Im Jubiläumsjahr wurde in Weitra eine Schau neu gestaltet. Zeitzeugen berichteten dabei von einem „Wunder“.
„An der Grenze war so ein Tumult, wie ein Volksfest fast, als mein Vater dann zu Fuß über die Grenze kam. Die Presseleute haben uns umringt und die Mädchen, die mit Tabletts und Wein dagestanden sind, sind zerdrückt worden. Es war überall Wein, wir waren alle voll mit Wein“, erinnerte sich Monika Dienstbier, Tochter des ehemaligen Außenministers der Tschechoslowakei, am Mittwoch bei der Ausstellungseröffnung auf Schloss Weitra (Bezirk Gmünd).

Sie war dabei, als am 17. Dezember 1989 der österreichische Außenminister Alois Mock, Niederösterreichs Landeshauptmann Siegfried Ludwig und ihr Vater, der tschechoslowakische Außenminister Jiri Dienstbier, bei Kleinhaugsdorf (Bezirk Hollabrunn) den „Eisernen Vorhang“ durchschnitten. Danach begann der Abbau dieser jahrzehntelangen Grenze zwischen Ost und West: der „Kalte Krieg“ zwischen den USA und dem Westen auf der einen, der Sowjetunion und dem Osten auf der anderen Seite nahm sein Ende.


ORF
Zeitzeugendiskussion auf Schloss Weitra


ORF
Monika Dienstbier, die Tochter des ehemaligen Außenministers der Tschechoslowakei


ORF
Geza Jeszenszky, ehemaliger Außenminister Ungarns


ORF
414 Kilometer lang war der "Eiserne Vorhang" zwischen Niederösterreich und der Tschechoslowakei

„Ich habe sofort gedacht, hier wird Geschichte geschrieben. Wir haben gehofft, in eine gute Zukunft starten zu können. Alle haben gesagt: Es war ein Wunder“, ergänzte Géza Jeszenszky, Ungarns Außenminister (1990-1994), der ebenfalls am Mittwoch in Weitra von seinen Erfahrungen berichtete. Außerdem standen der ehemalige Reporter Bernhard Holzer, der die historischen Fotos vom Abbau des „Eisernen Vorhangs“ geschossen hatte, sowie der Historiker Erwin Schmidl am Podium.

250 Ausstellungsstücke eingearbeitet
So persönlich wie die Erzählungen der Zeitzeugen sind auch viele der neuen Ausstellungsstücke in der überarbeiteten Schau, die nun offiziell eröffnet wurde. Über den „ORF Niederösterreich“ wurden dafür im Vorfeld Exponate gesucht - mehr dazu in Gesucht: Objekte aus der „Eisernen Vorhang“-Zeit (noe.ORF.at; 22.2.2019). Daraufhin habe es viele Anfragen und Anrufe gegeben, sagte Ausstellungskurator Christoph Benedikter. Insgesamt 250 Ausstellungsstücke wurden eingearbeitet, darunter persönliche Fotos und Gegenstände von privaten Sammlern.










Alle Fotos ORF

Seit 15 Jahren gibt es auf Schloss Weitra die Ausstellung „Schauplatz Eiserner Vorhang“, anlässlich des Jubiläums wurde sie nun neu gestaltet. „Der ‚Eiserne Vorhang‘ war einfach Teil der Europa- und Weltgeschichte und hat unglaublich viel in Bewegung gebracht“, sagte Herbert Vytiska, ehemaliger Pressesprecher von Alois Mock und Generalsekretär des Vereins zur Dokumentation der Zeitgeschichte, der als Veranstalter der Ausstellung fungiert. Der historische Bogen der Schau spannt sich von den dramatischen Ereignissen des zweiten Weltkrieges über die Zeit des Kalten Krieges bis hin zum Fall des Eisernen Vorhangs 1989.

Links:
Publiziert am
02.05.2019
1989: Kleiner Schnitt, großes „Wunder“
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#32


Burgenland vor 30 Jahren: Auslöser für Fall des Eisernen Vorhangs
Heuer vor 30 Jahren ist der Eiserne Vorhang gefallen. Weitgehend unbekannt ist, dass die Flucht von Bewohnern der ehemaligen Ostblockländer schon Monate früher begann. Auslöser war eine Pressekonferenz am 2. Mai 1989.
Vor 30 Jahren war die Welt in Europa eine andere - die des Kalten Krieges. Sichtbares Zeichen war der Eiserne Vorhang und direkt an diesem undurchdringlichen Bollwerk lag das Burgenland. Die Burgenländer lebten am Stacheldrahtzaun, der sich über mehr als 350 Kilometer durch das Land schlängelte.


ORF
350 Kilometer Stacheldrahtzaun entlang der Grenze

Erste zögerliche Fluchtbewegung
Am 2. Mai 1989 wurde alles anders. Da gaben die ungarischen Behörden bekannt, dass der Stacheldraht an der Grenze und die Sperranlagen im inneren Ungarns abgebaut werden. Tatsächlich wurde unverzüglich mit der Demontage begonnen. Anfangs zögerlich begann eine Fluchtbewegung. Ab Mitte Mai wurden - vorerst fast nur im Seewinkel - mehr und mehr Fluchtbewegungen registriert.

Symbolik: Das Durchschneiden eines Drahtes
Auf die anfänglichen Fluchtbewegungen folgte ein symbolischer Akt: Ungarns Ministerpräsident Gyula Horn und Österreichs Außenminister Alois Mock durchschnitten ein Stück Zaun am 27. Juni 1989.


ORF
Außenminister Alois Mock und Ministerpräsident Gyula Horn durchschneiden den Stachldrahtzaun
Sie mussten sich beeilen - von den 350 Kilometern Zaun waren gerade noch 40 da. Ab Juli 1989 kamen die Flüchtlinge auch im Bezirk Eisenstadt über die Grenze.

Der letzte Tote
Die Grenze war mittlerweile durchlässiger, aber nicht unkontrolliert - ab Juli nahm die Zahl der Flüchtlinge zu und am 19. August 1989 nutzten 600 DDR-Bürger die Veranstaltung des Paneuropäischen Picknicks bei Sankt Margarethen zur Flucht.


ORF
DDR-Bürger nutzen die Lücke zur Flucht

Die ungarischen Behörden reagierten nicht - ließen die Flüchtlinge passieren. Dass das nicht selbstverständlich war, zeigte der 21. August 1989: Da wurde bei Lutzmannsburg im Bezirk Oberpullendorf Kurt-Werner Schulz aus der DDR von einem ungarischen Grenzsoldaten erschossen - er war der letzte Tote an der österreichisch-ungarischen Grenze am Eisernen Vorhang.

Publiziert am 02.05.2019
30 Jahre: Auslöser für Fall des Eisernen Vorhangs
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#33
Medienwirksame Inszenierung der Durchtrennung des Stacheldrahtes am 27. Juni 1989 an der ungarischen Grenze:

Wie der Eiserne Vorhang verschwand

foto: ap / bernhard j. holzner
Symbolischer Schnitt: Alois Mock (li.), Gyula Horn und der Grenzzaun.

Der Abbau der Sperranlagen zwischen Österreich und Ungarn lieferte die Bilder zum Ende der Teilung Europas. Eigentlich handelte es sich um eine Inszenierung für die Kameras
Es ist eines der emblematischen Bilder aus dem Jahr 1989, als der Kommunismus in Europa zusammenbrach: Zwei Politiker in Anzug und Krawatte machen sich mit Bolzenschneidern an einem Drahtzaun zu schaffen. Vor 30 Jahren, am 27. Juni 1989, durchschnitten der damalige österreichische Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn zwischen Klingenbach und Sopron den sogenannten Eisernen Vorhang, der das kommunistische Ungarn vom westlich-neutralen Österreich getrennt hatte. Mit ihrem etwas ungelenken, aber fotogenen handwerklichen Einsatz öffneten die beiden Politiker die Grenze zwischen dem Ostblock und dem freien Westen.
Zumindest ist das die Legende, die die starken Bilder dieser Inszenierung zu etablieren halfen. Eine Inszenierung war es deshalb, weil die ungarischen Sperranlagen am 27. Juni 1989 schon weitgehend verschwunden waren. Aus Kostengründen hatte die reformkommunistische Regierung Anfang 1989 beschlossen, die Sperre zu beseitigen. Bereits am 2. Mai hatte die ungarische Grenzwache mit der Demontage begonnen. Auch zu diesem Termin war internationale Presse eingeladen. Die Bilder von anonymen Grenzsoldaten mit Drahtscheren erregten allerdings kein Aufsehen, gingen im Nachrichtenfluss jenes ereignisreichen Jahres unter. Und so beschlossen Mock und Horn, noch einmal für die Nachwelt am Eisernen Vorhang zu posieren, bevor dieser verschwunden sein würde.

Seit 1988 durften reiselustige Ungarn mit dem neuen "Weltreisepass" frei in den Westen fahren. Die Sperre diente nur noch dazu, Bürger der DDR, Rumäniens und anderer "sozialistischer Bruderstaaten" von der Flucht abzuhalten. Die Entwicklungen in der Sowjetunion unter Michail Gorbatschow ließen in Ungarn die Einschätzung reifen, dass Moskau Demokratisierungen im Ostblock nicht mehr mit militärischen Interventionen unterdrücken würde.

Drastische Reiseeinschränkungen
Selbst die noch spärlichen Bilder vom 2. Mai 1989 waren von den Bürgern der DDR via Westfernsehen aufmerksam registriert worden. Im ostdeutschen "Arbeiter- und Bauernstaat" waren die Menschen besonders drastischen Reiseeinschränkungen unterworfen. Doch das sozialistische Ungarn durfte immerhin mit Genehmigung der zuständigen Volkspolizeistelle bereist werden. Hunderte DDR-Bürger schlichen in jenem Sommer über die nunmehr grüne Grenze nach Österreich, die aber immer noch von ungarischen Grenzsoldaten bewacht wurde. Ein Abkommen mit der DDR aus dem Jahr 1969 zwang Ungarn dazu.


Am 19. August rannten dann hunderte Ostdeutsche beim Paneuropa-Picknick nahe Sopron spontan über die österreichische Grenze. Im September kündigte Budapest das 1969er-Abkommen mit der DDR, am 10. September ließ Ungarn die DDR-Bürger regulär nach Österreich ausreisen. Als in Hegyeshalom um 00.00 Uhr die Grenzbalken hochgingen, knallten die Sektkorken. Überglückliche DDR-Deutsche fielen ungarischen Grenzbeamten um den Hals. Die DDR war damit nicht mehr zu halten. Zuerst schwemmte es Langzeitherrscher Erich Honecker hinweg, dann die Mauer, dann das gesamte SED-Regime. In Deutschland sagt man, es seien die Ungarn gewesen, die den ersten Stein aus der Mauer gebrochen hätten.

Die populistische Rechte, die seit neun Jahren in Ungarn regiert, bemüht sich, die gestaltende Rolle der Reformkommunisten bei der Grenzöffnung und bei der demokratischen Wende vergessen zu machen. Sie streicht das Paneuropa-Picknick als den eigentlichen Durchbruch hervor. Dieses hatten Aktivisten des bürgerlich-konservativen Ungarischen Demokratischen Forums (MDF) organisiert, das heute nicht mehr existiert. Einige prominente Politiker aus dem MDF, das 1990 die ersten freien Wahlen gewonnen hatte, schlossen sich der Regierungspartei Fidesz von Viktor Orbán an.

Zäune gestern und heute
Am Ort des Paneuropa-Picknicks nahe Sopron gibt es einen offiziösen Gedenkpark mit rekonstruierter Signalanlage und einem pathetischen Denkmal des Bildhauers Miklós Melocco. Eine lebendige Veranschaulichung des Eisernen Vorhangs bietet hingegen ein originelles Privatmuseum in dem kleinen grenznahen Dorf Felsöcsatár bei Szombathely. Auf einem Hang zwischen Wein- und Obstgärten präsentiert der ehemalige Grenzwachesoldat Sándor Goják (72) die zuletzt demontierte Signalanlage. Ausgestellt sind auch Minen, Feldtelefone, Lautsprecher, Utensilien der Flüchtenden, ein Wachturm und ein Grenzwache-Jeep sowjetischer Bauart. Ganz oben auf dem Hang thront unter dem Motto "Gegenwart" ein Stück des Grenzzauns, den Orbán im Herbst 2015 zur Abwehr von Flüchtlingen an der Grenze zu Serbien errichten ließ.


"Als man damals die Anlagen abbaute, dachte ich: Die Erinnerung daran muss doch der Nachwelt erhalten bleiben", erzählt Goják. Die meisten Exponate erstand er auf diversen Flohmärkten. Seine einzige große Sorge: "Ich bin nicht mehr der Jüngste, und ich weiß nicht, wem ich die Sammlung überlassen kann." Öffentliche Stellen zeigten bisher kein Interesse.
(23.06.2019 - Gregor Mayer aus Felsöcsatár)

Wie der Eiserne Vorhang verschwand - derStandard.at
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#34
Vor 30 Jahren fiel der Eiserne Vorhang
Im Frühjahr 1989 wurde der Eiserne Vorhang, der jahrzehntelang Ost- und Westeuropa getrennt hatte, abgebaut. Am 27. Juni 1989 durchtrennten die Außenminister Alois Mock und Gyula Horn und Landeshauptmann Hans Sipötz gemeinsam den Stacheldrahtzaun bei Klingenbach.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
Bereits im Mai 1989 begannen ungarische Soldaten, den Stacheldrahtzaun zwischen Ungarn und dem Burgenland zu entfernen. Das Bild, das unser Geschichtsverständnis bis heute prägt, entstand allerdings erst am 27. Juni: Der österreichische Außenminister Mock, der ungarische Außenminister Horn und der damalige burgenländische Landeshauptmann Sipötz durchtrennten für Fotografen aus aller Welt den Stacheldrahtzaun. Sipötz ist der einzige der drei Politiker, der noch am Leben ist. Er war nach 30 Jahren erstmals mit dem ORF Burgenland wieder am Originalschauplatz.

ORF
Hans Sipötz beim Denkmal, das an den Fall des Eisernen Vorhang erinnert

„Hätte den Platz nicht wiedererkannt“
Nachdenklich stand Hans Sipötz vor dem Gedenkstein, der seit einigen Jahren den Originalschauplatz markiert. Das Durchzwicken des Stacheldrahts sei ein symbolischer Akt gewesen, dessen Bedeutung damals den Beteiligten nicht bis in die letzte Konsequenz klar gewesen sei, sagte Sipötz.


ORF
Der ORF-Burgenland-Redakteurin Dorottya Kelemen zeigt Hans Sipötz, wie der Stacheldraht damals durchtrennt wurde

Deutlich sei damals aber die Aufbruchstimmung zu spüren gewesen, so Sipötz. Ein gemeinsames Europa war greifbar nah. Wenige Jahre später trat Österreich der EU bei, später dann auch die ehemaligen Ostblockstaaten. Und doch ist der ehemalige Landeshauptmann heute, 30 Jahre später, enttäuscht: "Eigentlich hätte ich mir erwartet, dass sich nach dem „Losmarsch" alles besser entwickelt. Leider Gottes habe ich den Eindruck, dass in den letzten zehn bis 15 Jahren die ganze europäische Einigung gestoppt wurde und sich nicht so entwickelt wie ich es gerne hätte“.

Mit Legenden aufräumen
Um den historischen Moment am 27. Juni ranken sich zahlreiche Legenden. Der damalige Verantwortlichen der ungarischen Grenzwache, Árpád Bella, räumt im Interview mit dem ORF Burgenland mit einigen Gerüchten auf.

ORF
Árpád Bella

burgenland.ORF.at: Musste der Zaun für den Fototermin extra wieder aufgebaut werden?
Árpád Bella: „Jein. Am ursprünglich vorgesehenen Platz war der Weg nach einem Regenguss sehr schlecht, das konnte man den Politikern nicht antun. Die effizienteste Lösung war, den schon abgerollten Stacheldrahtzaun wieder zurückzuziehen, die Steher waren ja noch da. Es handelte sich dabei um eine Länge von etwa 30 Metern. Die Wildzäune, die es links und rechts der Anlage gab, waren zu diesem Zeitpunkt schon entfernt worden.“
burgenland.ORF.at: Welchen Zweck hatte der Zaun?
„Es war ein Zaun mit zwölf Drähten, abwechselnd war je ein Stacheldraht und je ein Draht für die Weitergabe der elektronischen Signale. Eine Berührung des Zauns hat ein elektrisches Signal ausgelöst, das dem nächstgelegenen Posten gemeldet wurde. Die Genauigkeit lag bei 100 bis 150 Metern.“
burgenland.ORF.at: Auf welcher Seite standen die Politiker, auf der österreichischen oder der ungarischen Seite?
„Das ganze Gebiet ist ungarisches Staatsgebiet. Der Stacheldraht verlief an dieser Stelle nicht unmittelbar an der Grenze, sie ist hier relativ weit weg. Beim Fototermin wurden einmal die Seiten gewechselt, wohl aufgrund des Lichteinfalls.“

Der Fotograf, der Geschichte schrieb
Das Bild von Mock, Horn und Sipötz, wie sie mit Bolzenschneidern den Stacheldrahtzaun durchzwicken, symbolisiert das Ende des Eisernen Vorhangs wie kein zweites. Doch ohne Bernhard Holzner gebe es dieses Bild nicht. Bereits im Mai 1989 war der Berufsfotograf an der burgenländisch- ungarischen Grenze unterwegs und fotografierte, wie ungarische Grenzsoldaten den Eisernen Vorhang abbauten. „Dass die Grenze weg ist, das war für mich einfach eine Riesenstory. Eine Sache, die einfach öffentlich gemacht gehört und nicht irgendwo in einer Redaktionsschublade verstaubt“, so Holzner.

ORF
Fotograf Bernhard Holzner

Anfangs kaum Interesse
Er schickte seine Fotos an alle Agenturen, doch niemand interessierte sich für sie – weder in Österreich noch im Ausland. Das ärgerte ihn maßlos, denn er war sich der historischen Dimension bewusst. Also wandte er sich ans Außenministerium: „Ich habe Außenminister Mock vorgeschlagen, dass wir eine offizielle Grenzöffnung veranstalten. Die Organisation hat dann das Außenministerium übernommen. Mock hat dem ungarischen Außenminister einen Brief geschrieben, der dann über den ungarischen Botschafter, per Telegramm, verschlüsselt übermittelt wurde. Und so kam dann im Zuge eines Staatsbesuchs von Horn in Österreich am 27. Juni 1989 dieser Termin zustande.“

ORF
Das Orignalfoto

Und diesmal kamen die Bilder in die Medien und lösten eine Lawine aus: Zwei Monate später flüchteten Tausende DDR-Bürger bei St. Margarethen nach Österreich, im Herbst fiel die Berliner Mauer und zwei Jahre später brach die Sowjetunion zusammen. Bernhard Holzner half, Geschichte zu schreiben – einfach nur, weil er fand, dass man zu einem historischen Ereignis auch ein Foto haben muss.
Dorottya Kelemen, burgenland.ORF.at
Chronik: Vor 30 Jahren fiel der Eiserne Vorhang
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#35
Geschichtsunterricht an der Grenze


Geschichtsunterricht an der Grenze haben am Dienstag Schülerinnen und Schüler bekommen. Sie trafen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und den ungarischen Botschafter an jenem Platz bei Klingenbach, wo vor 30 Jahren der Eiserne Vorhang fiel.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
Zu Fuß ging es für die Schülerinnen und Schüler aus Eisenstadt und aus Ungarn an den historischen Schauplatz. Dort, wo jetzt ein Wanderweg ist, zog sich vor 30 Jahren der Eisern Vorhang, der Ost- von Westeuropa trennte.

„Dieser Ort hat Weltgeschichte geschrieben. Er hat die Nachkriegsordnung endgültig begraben und er hat ein Tor aufgestoßen zu einem neuen Europa“, so Nationalratspräsident Sobotka bei der Wanderung mit den Schülerinnen und Schülern. Er sei sehr stolz darauf, dass sein Land 1989 Weltgeschichte geschrieben habe, sagte der ungarische Botschafter in Österreich Andor Nagy.

ORF
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka übergibt Wegweiser

Der Originalschauplatz und der dazugehörige Gedenkstein sind in den vergangenen Jahrzehnten ein wenig in Vergessenheit geraten, damit man den Platz künftig leichter findet, wurden zwei Wegweiser überreicht.
Kultur: Geschichtsunterricht an der Grenze
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#36
Alte Grenzen neu erfahren

1563652454488.png
Jahrzehntelang hat der Eiserne Vorhang mit Stacheldraht und Wachtürmen Europa in Ost und West geteilt. Heute verbindet ein Radweg, der Iron Curtain Trail, einst voneinander abgeschottete Länder. Alleine in Niederösterreich kann man 329 Kilometer Geschichte „erradeln“.
Auf Facebook teilenAuf Twitter teilen
Geschichte und Geschichten erradeln
Mit dem Tritt in die Pedale begibt man sich auf eine Reise in die Vergangenheit: „Es gibt unterschiedliche Rastplätze mit Schautafeln. Man erfährt sehr viel Geschichte. Und man erfährt auch besondere Geschichten, die im Hintergrund stattgefunden haben“, sagt Waldviertel-Tourismus-Geschäftsführer Andreas Schwarzinger zu noe.ORF.at, „so kann man etwa an verschiedenen Schauplätzen erfahren, wie das Leben zur Zeit des Eisernen Vorhangs war.“

Daniel Gollner
„Vor allem die ältere Generation erinnert sich an die schlimme Geschichte des Kommunismus“, erzählt Jan Vlasek, der Geschäftsführer der Südbömischen Radweg-Stiftung. Für viele war es in der Zeit des Eisernen Vorhangs unvorstellbar, einen Radausflug von der Tschechoslowakei nach Österreich zu machen.

Der niederösterreichische Abschnitt des Iron Curtain Trail verläuft durch das Waldviertel und Südböhmen (Tschechien) sowie durch das Weinviertel und Südmähren (Tschechien). Immer wieder wird dabei die österreichisch-tschechische Staatsgrenze überschritten beziehungsweise radelnd überquert.

Jakub Smolik
Der Iron Curtain Trail ist mehr als 10.000 Kilometer lang und führt von der Barentssee entlang der finnisch-russischen Grenze über Mitteleuropa sowie entlang der österreichisch-ungarischen Grenze bis zum nördlichsten Punkt der Türkei an der Küste des Schwarzen Meeres. Er wurde vom deutschen Europaabgeordneten Michael Cramer (Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz) initiiert und ist an die Idee des Radwegs an der Berliner Mauer angelehnt.
Petra Ottitsch, noe.ORF.at

Link:
Buchhinweis
Julia Köstenberger: Grenzenlos Radeln. Die schönsten Touren zwischen Österreich und Tschechien. Orte entdecken, Natur erleben, Geschichte erfahren. Falter Verlag, 352 Seiten, 29,90 Euro.
Der Iron Curtain Trail ist der längste europäische Radweg und führt durch die Geschichte der Spaltung Europas. In Niederösterreich verläuft er von Gmünd nach Hohenau an der March (Bezirk Gänserndorf). Allein auf der Strecke Gmünd – Retz (Bezirk Hollabrunn) passiert man dabei achtmal die Grenze.

Tourismus: Alte Grenzen neu erfahren
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#37
30 Jahre „Grünes Band“ - Am Beispiel des Burgenlandes

1566284043270.png
Seit 30 Jahren gibt es nach dem Fall des Eisernen Vorhanges das „Grüne Band Europas“ entlang des ehemaligen Grenzstreifens. 23 Staaten haben sich verpflichtet diese Regionen naturnahe zu erhalten und zu schützen.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
400 Kilometer lang erstreckt sich das „Grüne Band“ entlang des Burgenlandes. Wo man heute gemütlich spazieren geht oder mit dem Rad fährt, teilte bis vor 30 Jahren der Eiserne Vorhang Europa in Ost und West, erklärt Alois Lang vom Nationalpark Neusiedler See.

„Unteilbare Natur“
„Das einzige, das unteilbar war, war die gemeinsame Natur. Dieses gemeinsame Naturerbe als Chance zu sehen und nicht als Hindernis – gleichzeitig, diesen Aufschwungprozess in diesen strutkurschwachen Gegenden so zu gestalten, dass die Natur nicht dauerhaft Schaden nimmt – das war die Herausforderung“, so Lang.

ORF
Das Grüne Band verläuft entlang der ehemaligen Grenze

Die damalige Trennung ist im heutigen Alltag nur noch schwer vorstellbar, sagt der Direktor des Nationalparks, Johannes Ehrenfeldner. „Wir arbeiten ganz intensiv zusammen. Wir haben regelmäßig Dienstbesprechungen gemeinsam, wir arbeiten Managementprobleme, Managementmaßnahmen auch und machen auch gemeinsame von der EU kofinanzierte Projekte“, so Ehrenfeldner.

Festakt in Illmitz
Beim Festakt 30 Jahre „Grünes Band“ in Illmitz (Bezirk Neusiedl am See) wurde am Montag die Erklärung von Illmitz unterschrieben, zur Bewahrung und Förderung des Grünen Bandes, erklärte die Ministerin für Umwelt und Nachhaltigkeit, Maria Patek.

ORF
Maria Patek bei der 30 Jahr Feier in Illmitz

12.500 Kilometer lang
„Es ist ganz wichtig, dass wir hier eine grüne Infrastruktur haben, dass wir die entsprechend weiterentwickeln. Wobei ich immer zu bedenken gebe: Sobald eine freie Fläche da ist, sind die Begehrlichkeiten groß. Wir müssen darauf achten, dass wir hier eine Fläche der Biodiversität weiter haben“, so Patek.

ORF
Das „Grüne Band“ verläuft durch ganz Europa

Insgesamt ist das Grüne Band Europas 12.500 Kilometer lang, es führt von der norwegisch-russischen Grenze im Norden bis nach Griechenland im Süden.
Umwelt: 30 Jahre Grünes Band
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#38
Das Jahr 1989 und seine Auswirkungen

1570121093270.png
Hohenau an der March (Bezirk Gänserndorf) ist am Samstag der Schauplatz des internationalen Symposiums „1989 vor Ort. Transformationen im ländlichen Raum“. Anlässlich des 30. Jahrestages der Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ beschäftigt sich diese Tagung mit den Veränderungen rund um das Jahr 1989.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
Veranstalter des Symposiums „1989 vor Ort. Transformationen im ländlichen Raum“ sind das Institut für Geschichte des ländlichen Raumes gemeinsam mit dem Niederösterreichischen Landesarchiv und dem Museum Hohenau an der March.

Die Marktgemeinde mit etwa 2.800 Einwohnerinnen und Einwohnern ist eine der vielen niederösterreichischen Gemeinden, für die diese bedeutsamen historischen Ereignisse im Jahr 1989 direkt „vor der Haustür“ stattfanden. Die Menschen in der Region sind unmittelbare Zeitzeuginnen und Zeitzeugen.

„Mir ist vor allem die große Freude in Erinnerung“
Deshalb beschäftigt sich ein Teil der Veranstaltung mit dem Erinnern und Erzählen durch die Bevölkerung. So berichten der ehemalige Bürgermeister von Hohenau an der March gemeinsam mit dem damaligen Bürgermeister der slowakischen Nachbargemeinde Moravsky Sväty Jan über die Lokalpolitik in dieser Zeit.

Thomas Buchta
„Begegnung mit dem Nachbarn“ an der March am 30. Dezember 1989

Der Hohenauer Alt-Bürgermeister Manfred Gaida (SPÖ): „Mir ist vor allem die große Freude in Erinnerung, mit der die Leute aus der Tschechoslowakei zur ersten Begegnung an das Flussufer gekommen sind, und auch die große Freude auf ‚unserer Seite‘ darüber, dass wir nun wieder gemeinsam in der Region leben können und nicht getrennt durch den ‚Eisernen Vorhang‘.“
Beim Symposium präsentieren Historikerinnen und Historiker Forschungen zu den Veränderungen rund um das Jahr 1989: „Gerade für den ländlichen Raum, durch den der ‚Eiserne Vorhang‘ ja über weite Strecken verlief, stellt dieses Kapitel der jüngsten Zeitgeschichte ein noch weitgehend unerforschtes Terrain dar“, so Ulrich Schwarz-Gräber, Geschäftsführer des Instituts für Geschichte des ländlichen Raumes in St. Pölten, über die Motivation, eine solche Vernetzungsveranstaltung zu organisieren.
Roman Zehetmayer, Leiter des Landesarchivs, ergänzt: „Die Veranstaltung verknüpft neueste wissenschaftliche Forschung mit Detailwissen vor Ort und leistet damit Vermittlungsarbeit im besten Sinne. Sie bringt junge Wissenschafter mit Zeitzeugen und Interessierten aus der Region ins Gespräch.“

„Versprochen wurden Fortschritt und Modernität“
Dietlind Hüchtker vom Leibniz Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa in Leipzig präsentiert in ihrem Referat die Bedeutung von Jugend und Ländlichkeit anhand von populärkulturellen Beispielen und zeigt so, wie der kulturelle Wandel in den Nachkriegsgesellschaften dargestellt und wahrgenommen wurde: „Die sozialistischen Gesellschaften versprachen Fortschritt, Modernität und eine bessere Gesellschaft und wandten sich insbesondere an die Jugend.“

Museum Hohenau an der March
Die Pontonbrücke, errichtet 1990 für den Transport von Kalksteinen für die Zuckererzeugung, ab 1994 Grenzübergang

Joanna Rozmus beschäftigt sich am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien mit den Transformationen in einem südostpolnischen Dorf, in dem ein ehemaliger staatlicher Landwirtschaftsbetrieb in eine der größten Golfanlagen Europas umgebaut wurde.

Mojmir Stransky, ebenfalls vom Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien, untersucht die Wahrnehmung der Freiwilligen Feuerwehren in der tschechischen Gesellschaft vor und nach 1989: „Die Kommunisten schwankten zwischen dem Verbot der Organisation und der versuchten Vereinnahmung.“

Ausstellung „Grenzen im Fluss“ zeigt die Veränderungen
Den Abschluss der Veranstaltung bildet der Besuch der Ausstellung „Grenzen im Fluss“ im Museum Hohenau an der March, die mit Bildern und Videos zeigt, was sich im Ort und in der Umgebung seit dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ verändert hat: Von der ersten „Begegnung mit dem Nachbarn“ am 30. Dezember 1989 an den Ufern der March über die Errichtung einer Pontonbrücke bis zur Eröffnung der fixen Brücke 2005 und zahlreichen grenzüberschreitenden Kooperationen von Vereinen.

Brigitte Semanek
Die Brücke über die March führt von Hohenau nach Moravsky Sväty Jan

Bei der Materialsammlung zur Ausstellung sind dem Museumsteam bereits sehr eindrückliche Erinnerungen begegnet. Brigitte Semanek, Obfrau des Museumsvereins: „Das Besondere an 1989 ist auch, dass Leute aus meiner Generation, die die Öffnung der Grenze als Kinder und Jugendliche erlebt haben, nun bereits Zeitzeugen und Zeitzeuginnen sind und von ersten Begegnungen erzählen können – und auch von der Landschaft und den Dörfern jenseits der Grenze, von denen sie zuvor gar keine Vorstellung hatten.“

Erinnerungsmarsch
am 16. November ab 10.00 Uhr von Moravsky Sväty Jan an das Marchufer
Wilhelm Wind, ihr Vorgänger als Vereinsobmann, arbeitete in seiner Zeit als Hauptschuldirektor wie viele andere daran mit, dass Kontakte in die Nachbargemeinden nach 1989 rasch wieder aufgenommen, Sprachkontakte aufgefrischt und Unterrichtsstunden in der jeweils anderen Sprache angeboten werden konnten.

„Auch Diskussionen um die Errichtung eines Grenzübergangs und der lange Prozess bis zum Bau der fixen Brücke während der Amtszeit von Alt-Bürgermeister Robert Freitag sind Teil der örtlichen Erinnerungskultur“, so Semanek.
03.10.2019, red, noe.ORF.at/Agenturen

Links:
Wissenschaft: Das Jahr 1989 und seine Auswirkungen
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#39
Eiserner Vorhang: Ende war „Sternstunde“

1575102952696.png
Zum 30. Jahrestag des Falls des Eisernen Vorhangs fand am Freitag auf der Thaya-Brücke zwischen dem südmährischen Cihov und Hardegg (Bezirk Hollabrunn) eine Gedenkveranstaltung statt. Für die politischen Vertretungen beider Länder war der historische Tag eine „Sternstunde“.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen

Die Bilder vom Juni 1989 haben noch viele Menschen im Kopf, als Österreichs Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn beim Grenzübergang Klingenbach den Eisernen Vorhang durchtrennten. Am 26. Dezember fiel dann auch der Eiserne Vorhang zwischen Hardegg (Bezirk Hollabrunn) und der damaligen Tschechoslowakei. Anlässlich dieses Jubiläums trafen einander dort am Freitag die Außenminister von Österreich und Tschechien an der Thaya-Brücke, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wiedereröffnet worden war.

ORF
Die Thaya-Brücke war lange Zeit ein Symbol der Trennung von Österreich und der damaligen Tschechoslowakei
ORF
Nach der Beseitigung des Eisernen Vorhangs wurde die Thaya-Brücke wiedereröffnet
ORF
Heute erinnern noch Relikte des Stacheldrahtes an die damals unüberwindbare Grenze

129 bestätigte Todesfälle an Grenzzaun
Offiziell sind vor 30 Jahren 129 Menschen ums Leben gekommen, als sie versucht haben, bei Hardegg nahe der tschechischen Grenze den Eisernen Vorhang zu überwinden. Die Dunkelziffer dürfte aber viel höher liegen, erinnerte Außenminister Alexander Schallenberg. Er sprach von einer Grenze der Schmerzes, des Trennenden und der menschlichen Tragödien, die der Eiserne Vorhang darstellte: „Es ist speziell auch für die jüngere Generation kaum vorstellbar, dass hier vor erst 30 Jahren – was in der Geschichte im Grunde genommen nichts ist – noch Stacheldraht, Wachhunde und Wachposten mit Schießbefehl standen.“
Das Jahr 1989 ging als Wendepunkt in die Geschichte ein. Laut Außenminister Schallenberg haben die damaligen Führer Europas vor 30 Jahren die historische Chance erkannt und den Mut gezeigt sowie den Willen gehabt, diese Chance auch zu ergreifen.

Niederösterreich profitierte von Grenzbeseitigung
Von einer Geschichte der Trennung und des Wiederfindens sprach der tschechische Außenminister, Tomas Petricek. Ihm zufolge hatten bereits viele Leute den Glauben verloren gehabt, dass es noch zu einer Änderung kommen würde, „aber die Änderung kam und sie kam schnell, allerdings nicht von alleine. Es waren die Mühe und der Mut vieler Studenten, die auf die Straße gegangen sind, damit die Freiheit nach Tschechien zurückkehrt“, so der tschechische Außenminister. Heute seien die Tschechen glühende Europäer, betonte Petricek.

Auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner sprach von einem historischen Ereignis, das sowohl den Kontinent als auch die Regionen verändert habe – unter anderem Niederösterreich, das es verstanden habe, das historische Ereignis zu nutzen. „Es ist gelungen, Niederösterreich von einer benachteiligten Region zu einer dynamischen Region zu entwickeln“, so Mikl-Leitner. „Ich habe die Hälfte meines Lebens vor dem Fall des Eisernen Vorhangs erlebt und die Hälfte meines Lebens nach dem Fall des Eisernen Vorhangs. Eines weiß ich ganz bestimmt. Ich möchte nie wieder in die alte Zeit zurück, in der wir durch Stacheldraht, Zäune und Soldaten getrennt waren“, so Mikl-Leitner.


ORF
Vertreterinnen und Vertreter Österreichs und Tschechiens erinnerten an die gemeinsame Geschichte

Gemeinsames Europa weiter ausbauen
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung waren sich einig, dass es den Mut und die Weitsicht, den die Politiker vor dreißig Jahren an den Tag legten, auch heute brauche. Den 26. Dezember 1989 bezeichneten sie als „Sternstunde“ der europäischen Geschichte, die auf beiden Seiten viele Chancen gebracht habe. Friede, Freiheit und Demokratie seien aber auch heute keine Selbstverständlichkeit. Umso wichtiger sei es daher, am Projekt des gemeinsamen Europas aktiv weiterzubauen.
30.11.2019, red, noe.ORF.at/Agenturen
Eiserner Vorhang: Ende war „Sternstunde“


Link zu Beitrag über die "Thaya-Brücke Hardegg"
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#40
1575412888835.png

1989: Freie Einreise für CSSR-Bürger

1575412562662.png
„Österreich wird die Visumspflicht für CSSR-Bürger ab sofort bis 17. Dezember einseitig aufheben.“ Diese Eilt-Meldung der Austria Presse Agentur (APA) am 1. Dezember 1989 sollte einen weiteren wichtigen Schritt zur Demokratisierung der Tschechoslowakei (CSSR) auslösen.
Auf Facebook teilen Auf Twitter teilen
Es war Freitag, der 1. Dezember 1989, als um 14.18 Uhr die APA diese Meldung über die Fernschreiber verschickte. Das österreichische Innenministerium habe die Aufhebung der Visumspflicht mitgeteilt, so die Agentur. „Ob die Visumspflicht für österreichische Staatsbürger, die in die CSSR reisen wollen, demnächst ebenfalls ausgesetzt wird, war Freitagmittag noch offen. Außenminister Alois Mock trifft Freitag nachmittag mit dem Sonderemissär der CSSR-Regierung und dem früheren Botschafter in Wien, Marek Venuta, im Außenministerium in Wien zusammen. Es ist zu erwarten, daß dabei auch die Visumsfrage erörtert wird“, hieß es in der Meldung.

Zudem berichtete die APA, dass aus dem Prager Innenministerium am Freitag inoffiziell verlautete, „daß der Abbau der Grenzsperren des ‚Eisernen Vorhangs‘ an der Grenze zu Österreich am Montag beginnen solle.“ Am Abend des 1. Dezember 1989 wurde mitgeteilt, dass die Verordnung des Innenministeriums zur Aufhebung der Visapflicht für CSSR-Bürger ab Montag, 4. Dezember 00:00 Uhr in Kraft treten werde.

Zusätzliche Grenzübergänge angekündigt
Knapp eine halbe Stunde nach der ersten Aussendung meldete die APA, dass das Finanzministerium wegen der Öffnung der Grenzen zur CSSR neue Grenzübergänge eröffnen werde, um bereits durch den Polenreiseverkehr stark belastete Übertrittsstellen zu entlasten und auf bisher geschlossenen Grenzstrecken neue Übergänge zu schaffen. Folgende Grenzübergänge würden dabei in Betracht gezogen: Zwischen Grametten und Kleinhaugsdorf im Raum Fratres (Bezirk Gmünd), im Raum Bernhardstal (Bezirk Mistelbach) zur Schaffung eines Anschlusses an die Autobahn in der CSSR und zur Entlastung von Berg (Bezirk Bruck an der Leitha), an der March eventuell bei Angern (Bezirk Gänserndorf) sowie im Raum Kittsee (Burgenland).

Vor exakt 30 Jahre öffneten sich die Grenzen zu unseren Nachbarn in der damaligen Tschechoslowakei. Mit den Ereignissen in der Nacht von 3. auf 4. Dezember 1989 war auch der Eiserne Vorhang Geschichte.
Als Sofortmaßnahme würden auch Bürocontainer als Provisorien aufgestellt werden, wie etwa für eine neue Übertrittsstelle für den Personenverkehr im Raum Kittsee. Außerdem sollen Ausbaumaßnahmen bei den Zollämtern Kleinhaugsdorf (Bezirk Hollabrunn), Drasenhofen (Bezirk Mistelbach) und Berg rasch in Angriff genommen werden.

Große Zustimmung zur Reisefreiheit im Nachbarland
Von Landespolitikern kam an diesem Tag eine breite Zustimmung. Der niederösterreichische Landeshauptmann Siegfried Ludwig (ÖVP) begrüßte den Fall des „Eisernen Vorhangs“: „Darauf haben die Menschen im niederösterreichischen Grenzland vier Jahrzehnte lang gewartet.“ Die Ereignisse in der CSSR bezeichnete der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk (SPÖ) als „einen Traum, von dem keiner in meiner Generation zu träumen gewagt hätte“.

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Sipötz (SPÖ) sagte, dass das Burgenland die Entscheidung der CSSR-Regierung, die technischen Grenzsperren zu beseitigen, begrüße. Von einer Normalisierung des Grenzverkehrs erwartete sich Josef Ratzenböck (ÖVP), Landeshauptmann von Oberösterreich, eine Belebung der Wirtschaft und des Fremdenverkehrs.
4. Dezember, der lang ersehnte Tag
Am 4. Dezember 1989 trat um 00.00 Uhr die offizielle Öffnung der CSSR-Grenzen in Kraft. CSSR-Bürger benötigten zur Ausreise aus ihrer Heimat nur noch einen Reisepass, bei der Einreise nach Österreich wurde kein Visum verlangt. Die Grenzregionen in Nieder- und Oberösterreich und insbesondere die Bundeshauptstadt Wien bereiteten sich auf einen gewaltigen „Sturm der Tschechoslowaken“ vor, meldete die APA.

Zwölf Stunden später schrieben die Agenturjournalisten „Statt ‚Sturm‘ nur ein Lüfterl“. An den Grenzübergängen herrschte bis Mittag eher Flaute. Bis Wien waren nur relativ wenige Bürger aus dem nordöstlichen Nachbarland vorgedrungen – vielleicht lag es auch daran, dass viele noch auf ihre Pässe warteten oder von den Banken nicht rechtzeitig Devisen erhielten.

ORF
Kurz vor dem historischen Moment am 4. Dezember am Grenzübergang Berg

Bis Mittag wurden als ‚Spitzenwert‘ am Übergang Berg/Preßburg etwa 800 Pkw mit 1.500 bis maximal 2.000 Personen registriert. Bis in die Vormittagsstunden waren lediglich fünf Autobusse unterwegs, darunter auch der Linienbus Preßburg-Wien. In Drasenhofen zählte der österreichische Zoll etwa 400 Einreisende aus der CSSR, in Kleinhaugsdorf waren es 150. Noch weniger war an den restlichen niederösterreichischen Grenzübergängen los: In Laa/Thaya reisten 80 Personen ein, in Grametten und Gmünd, wo sich die Balken erst um 8.00 Uhr hoben, je ca 40. Beim oberösterreichischen Übergang Wullowitz wurden etwa 150 Einreisende aus der CSSR verzeichnet", so die APA am 4. Dezember 1989.

„Es ist ein gutes Gefühl, ganz ohne Visum und Formalitäten nach Österreich fahren zu können“, werden Einreisende zitiert. Die meisten Bürgerinnen und Bürger aus dem Nachbarland, deren Autos teilweise mit kleinen CSSR-Fähnchen an den Antennen geschmückt waren, erklärten, ihren Aufenthalt zum „Sightseeing“ bzw. zu Verwandtenbesuchen nützen zu wollen, nur wenige seien ausdrücklich zu einer Einkaufstour aufgebrochen.

Am 11. Dezember wurde mit dem Abbau begonnen
Eine Woche später, am 11. Dezember 1989, begannen tschechoslowakische Soldaten an mehreren Stellen der gemeinsamen Grenze zwischen der CSSR und Österreich mit dem Abbau des „Eisernen Vorhangs“. Die Stacheldrahtzäune bei Bratislava, Wullowitz (Oberösterreich) und laut der Presseagentur CTK auch bei Gmünd/Ceske Velenice, Novy Bystrice (Grametten), Slavonice (Zlabings) und Halamka wurden von Soldaten mit Drahtscheren durchschnitten. Der Grenzabbau war im November 1989 angekündigt worden. Die aus 1953 stammenden Grenzanlagen waren überflüssig geworden, weil Tschechoslowaken jetzt frei Richtung Westen reisen können.

Bis Ende des Jahres sollte der Abbau auf 60 Kilometer Grenze beendet sein, so die APA am 11. Dezember 1989. Der „Eiserne Vorhang“ war in diesem Gebiet teilweise bis zu zwei Meter hoch. Bereits am 8. Dezember waren technische Sperren entfernt worden, um einen neuen Grenzübergang in Jarovce bei Bratislava zu öffnen.

ORF
Der „Eiserne Vorhang“ zwischen der CSSR und Österreich wurde noch im selben Jahr abgebaut

Anfang des Jahres 1989 entsprach Europa noch der alten Ordnung. Im „Kalten Krieg“ standen einander zwei Machtblöcke in West und Ost gegenüber. Anzeichen für eine Erosion waren zwar schon vorhanden, ein Abdanken des Kommunismus schien jedoch eine Utopie zu sein. Nur zwölf Monate später war alles anders: Die Systeme des real existierenden Sozialismus waren der Reihe nach implodiert, der „Eiserne Vorhang“ war hochgegangen, die Berliner Mauer gefallen, die Anfänge vom Ende des Ostblocks gemacht. Die Neuordnung Europas hatte begonnen.

1989 brachte unglaublichen Umbruch
Auch wenn man das gesamte 20. Jahrhundert betrachte, so sei „1989 in der Tat ein bemerkenswertes Jahr, weil es damals einen unglaublichen Umbruch gegeben hat. Ein Umbruch, der noch dazu – sieht man von Jugoslawien und Rumänien ab – gewaltlos vonstattengegangen ist“, so der Historiker Stefan Eminger vom Niederösterreichischen Landesarchiv in St. Pölten. Mit welcher Schnelligkeit der Umbruch über den alten Kontinent vor 30 Jahren hinwegfegte, lässt sich beispielhaft an einer Person festmachen. Im Jänner 1989 wurde der Dramatiker und Bürgerrechtler Vaclav Havel in der CSSR noch bei einer Demonstration festgenommen und für vier Monate inhaftiert, am 29. Dezember wählte ihn das Parlament zum Präsidenten.

Dazwischen lag die „Samtene Revolution“: Mit ihren Schlüsseln in der Hand hatten die damals noch in einem Staat vereinten Tschechoslowaken am Prager Wenzelsplatz im Herbst 1989 ihrer Unzufriedenheit über die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Zwänge im Land Luft gemacht und das Ende des KP-Regimes eingeläutet.
Reinhard Linke, noe.ORF.at
1989: Freie Einreise für CSSR-Bürger
 
Oben