Großteil der weltweit raren Rohstoffe findet man in China..., Amerika verschlief die einstige Vormachtstellung

josef

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#1
China sitzt auf wertvollen Rohstoffen – und ist sich dieser Macht bewusst
Ein Großteil der Rohstoffe, die für verschiedenste Industrieanwendungen weltweit gesucht sind, finden sich in China. Dort setzt man diese seltenen Erden auch als Exportwaffe ein
Neodym ist derzeit eines der wichtigsten Metalle der Weltwirtschaft. Unersetzbar ist es beispielsweise bei der Herstellung von iPhones und Tesla-Autos. Neodym hilft, Strom in Bewegung umzusetzen. Viel braucht man davon nicht, aber viel gibt es davon auch nicht.

Neodym zählt man zu den sogenannten seltenen Erden – einer Gruppe von 17 chemischen Verbindungen, die in kleinen Mengen in sehr vielen, weit verstreut lagernden Mineralien oder als Beimischungen in anderen Mineralien vorkommen. Und wie viele seltene Erden wird auch Neodym derzeit vor allem in China abgebaut. Benötigt werden sie für die Produktion von so ziemlich allem, was gerade wichtig ist: Flugzeuge, Satelliten, Raketen, Elektroautos, Smartphones.

Profiteure
Rund 60 Prozent der Weltproduktion aller seltenen Erden befinden sich derzeit in der Volksrepublik – bei manchen Elementen wie Neodym liegt der Anteil sogar bei 90 Prozent. Das war lange Zeit kein Problem. Die Globalisierung spannte ein immer dichter werdendes Netz aus Lieferketten um den Globus. In den vergangenen 20 Jahren profitierten davon viele Staaten – China aber am meisten. Seit dem Beginn des Handelskriegs unter US-Präsident Trump aber hat sich diese Entwicklung umgekehrt.


Ein Arbeiter in der Stadt Guangzhou zeigt Werkstücke aus Rubidium, Eisen und Bor, die in der Mischung spezielle Eigenschaften haben. Viele der seltene Erden, die für diverse Anwendungen unerlässlich sind, werden zurzeit in China abgebaut. Peking lässt die Welt das auch zunehmend spüren.
Foto: Imago

Die Corona-Pandemie hat vielen Volkswirtschaften der Welt nochmals schmerzlich die Abhängigkeit von der Kommunistischen Partei Chinas vor Augen geführt. Seitdem versucht man, die Lieferketten wieder zu entflechten und an China vorbeizuleiten. Die Spannungen zwischen den USA und China wachsen, und beide Staaten überlegen, in wieweit man im Konfliktfall vom Gegenüber abhängig ist.

Politikum
Seltene Erden sind so längst zu einem Politikum geworden. Im Jänner dieses Jahres diskutierte das Ministerium für Information und Technologie in Peking, ob man den Export von seltenen Erden in die USA nicht beschränken könne. Im Mai des vergangenen Jahres hat Chinas Staatspräsident Xi Jinping Minenunternehmen in der Provinz Jiangxi besucht. Beobachter haben dies als Zeichen gewertet, Xi habe damit die strategische Dominanz der Volksrepublik in diesem Sektor unterstreichen wollen.
Dass Peking nicht lange zögert, die Exporte auch als politische Waffe einzusetzen, hat es oft demonstriert: Als es 2010 zu einem Streit mit Japan um eine unbewohnte Inselgruppe kam, stoppte die Volksrepublik alle Ausfuhren nach Japan – zumindest berichteten japanische Firmen das. Die chinesischen Behörden stritten dies schlicht ab.


So selten sind seltene Erden nicht. Sie sind nur weit verstreut und nicht einfach abzubauen.
Foto: AP/Chinatopix

Dabei ist der geopolitische Vorteil Chinas weniger eine Laune der Natur als das Ergebnis harter Arbeit. Denn auch wenn der Name es suggeriert: So selten sind seltene Erden gar nicht. Sie sind nur weit verstreut und nicht einfach abzubauen.

Chinas Dominanz in diesem Bereich ist das Resultat einer jahrzehntelangen Strategie. So soll Deng Xiaoping bereits 1992 gesagt haben: "Der Nahe Osten hat Öl, China hat seltene Erden." Erste Institute, die den Abbau der Mineralien erforschten, wurden sogar schon in den 1950er-Jahren gegründet. Heute verfügt China über die beste Infrastruktur und die laxesten Umweltvorschriften, um die Mineralien unschlagbar günstig auf dem Weltmarkt anzubieten.

Aus diesem Grund gibt es immer mehr Projekte in der westlichen Hemisphäre, die Peking Konkurrenz machen. Im heurigen März vereinbarten die USA zusammen mit Japan, Australien und Indien, den sogenannten Quads, ihre Abhängigkeit von China zu verringern. Australien zum Beispiel soll bei Versorgungsengpässen in die Bresche springen. Auch in der EU ist das Problem erkannt worden. In Peking jedenfalls weiß man, dass die aktuelle Dominanz in diesem Sektor im besten Fall noch einige Jahre anhalten wird.
(Philipp Mattheis, 24.6.2021)
China sitzt auf wertvollen Rohstoffen – und ist sich dieser Macht bewusst
 

josef

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#2
Seltene Erden
Das böse China gängelt den Westen? Warum die Erzählung einen Haken hat
Bis in die 1990er beherrschten die USA den Markt für seltene Erden. Dann drängte China auf den Weltmarkt und etablierte ein Monopol. Wie die USA ihre Rohstoffmacht verloren

Die Mine in Mountain Pass, Kalifornien, ist die einzig verbliebene Seltenerd-Produktionsstätte des einstigen Weltmarktführers.
REUTERS/Steve Marcus

Es bedurfte eines Treffens der beiden Präsidenten, um das Schlimmste abzuwenden: Am Donnerstag einigten sich US-Präsident Donald Trump und Chinas Staatsoberhaupt Xi Jinping darauf, ihre gegenseitigen Drohungen vorerst auszusetzen. Trump senkte den Zollsatz auf chinesische Güter von 57 auf 47 Prozent, anstatt ihn wie ursprünglich geplant um weitere 100 Prozent zu erhöhen. Im Gegenzug lockerte Xi die Exportkontrollen auf seltene Erden – Mineralien, auf die die US-Rüstungsindustrie ebenso angewiesen ist wie Hersteller von Smartphones, E-Autos, Windturbinen und anderen High-Tech-Produkten. Schließlich besitzt China de facto ein Monopol auf diese wertvollen Rohstoffe.

Auch wenn der Konflikt vorerst abkühlt: Die Worte werden nachhallen – und den globalen Wettlauf um die wertvollen Rohstoffe weiter anheizen. Zwar sollen sämtliche chinesische Exportkontrollen für ein Jahr ausgesetzt werden. Doch ein offizieller Deal fehlt, Details ebenso. Der neue Widerstand gegen Chinas Marktmacht markiert einen Wendepunkt – in einer Geschichte, in der die USA einst als Weltmarktführer ihre Vormachtstellung allzu leichtfertig abgaben. Dieser Moment markiert einen Bruch im Narrativ vom "bösen" China, das zunehmend als Sündenbock westlicher Probleme dient.

Waffen und Fernseher
Über Jahrzehnte waren die USA die globale Drehscheibe für seltene Erden. Geologen sprechen von der "Mountain-Pass-Ära" – benannt nach der riesigen kalifornischen Lagerstätte, die den Weltmarkt von 1965 bis in die späten 1980er prägte. Es war die Zeit, in der der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion die Rüstungsindustrie befeuerte und die boomende Wirtschaft den Amerikanern nie dagewesenen Wohlstand bescherte.

Fernseher wandelten sich vom Luxusgut zum Must-have in Millionen Haushalten. Mit dem Siegeszug des Farbfernsehens schoss die Nachfrage nach Europium in die Höhe – jenem Seltenerd-Metall, das die leuchtenden Farben überhaupt erst möglich machte. Zugleich tüftelte das Pentagon an modernen Waffen- und Computersystemen.

Die Folge: Innerhalb eines Jahres versechsfachte der kalifornische Minenbetreiber Molycorp seine Produktion und deckte damit 80 Prozent des weltweiten Bedarfs. Der US-Energieriese Unocal separierte die Mineralien, um sie für Permanentmagnete aufzubereiten. In den 1980ern kontrollierten die USA 99 Prozent des Markts für schwere seltene Erden. Und Magnequench, eine Tochter von General Motors, dominierte das Geschäft mit Neodym-Magneten – jenen Bauteilen, die das Pentagon dringend benötigte.

Kollaps der US-Industrie ...
Heute lassen sich die Zahlen getrost auf China umlegen. Das Reich der Mitte fördert 67 Prozent und verarbeitet 93 Prozent aller seltenen Erden; bei einzelnen der 17 Elemente ist die Welt gar zu 100 Prozent abhängig. Die USA importieren inzwischen 80 Prozent ihres Bedarfs – fast vollständig aus China.

Wie drei Stanford-Forscher in einem historischen Rückblick zeigen, ist dieser Rollentausch selbst verschuldet. Kurzfristige Profitinteressen der US-Firmen, mangelndes Engagement der US-Regierungen und eine Serie von Umweltskandalen schufen ein toxisches Umfeld. China hingegen drängte mit einer klaren Zukunftsstrategie, billigen Arbeitskräften, niedrigen Steuern und laxen Umweltauflagen auf den Weltmarkt.


Der Wettlauf um den Abbau seltener Erden wird auch auf dem Rücken von Arbeitskräften und Umwelt ausgetragen.
REUTERS/Stringer .

US-Firmen kooperierten bereitwillig mit chinesischen Betrieben, um Zugang zum Markt zu erhalten – und gaben dabei wertvolles technisches Know-how preis. Die Mine in Mountain Pass wurde geschlossen, einstige US-Weltmarktführer gingen an regimenahe chinesische Investoren über.

... und der Aufstieg Chinas
Binnen eines Jahrzehnts verdreifachte China seinen Weltmarktanteil von 21 auf 60 Prozent. 1992 überholte das Land die USA, drei Jahre später stellte es bereits doppelt so viele seltene Erden her. In den Folgejahren entstand eine fragmentierte Industrie mit Tausenden Bergwerken, die vielfach rücksichtslos und illegal förderten. Erst nach Jahren zügelte Peking den Wildwuchs – und formte den Sektor zu wenigen staatlich kontrollierten Konzernen.

Von da an lief alles wie geschmiert. China baute Industrien von E-Autos bis zur Solarbranche auf, gestützt durch Exportquoten und massive Subventionen. Was im Land bleibt, wird bis heute deutlich günstiger verkauft als Lieferungen ins Ausland.

Im Westen nahm man diese Entwicklung lange kaum wahr – zu froh war man, den schmutzigen und teuren Bergbau ausgelagert zu haben. Ein Umdenken setzte erst 2010 ein, als China die Exportkontrollen drastisch verschärfte. Plötzlich wankten viele abhängige Firmen, die Preise schossen um bis zu 2000 Prozent in die Höhe, der Rohstoffhandel kam fast zum Erliegen. Jahre vergingen, bis sich die Märkte wieder stabilisierten.

Plötzlich war alles anders
Was Abnehmern zu schaffen machte, löste zugleich einen Explorationsboom aus. Über 220 Firmen suchten nach neuen Vorkommen, vor allem in Grönland, Australien, Kanada und Afrika. Nur 50 davon verfügten über genug Kapital für Bohrungen – jene entscheidende Phase, in der sich der tatsächliche Wert einer Lagerstätte zeigt. Den anschließenden Preisverfall überlebten die wenigsten.

Eine der wenigen Ausnahmen war die australische Lynas. Mitten in der Krise eröffnete das Unternehmen eine Mine in Mount Weld. Möglich wurde das dank des japanischen Staatskonzerns Jogmec, der eine Viertelmilliarde Dollar investierte, um im Gegenzug mit Rohstoffen beliefert zu werden. Ein kluger Schachzug: Japan senkte seine Abhängigkeit binnen eines Jahrzehnts von 91 auf 58 Prozent.


Der australische Bergbaukonzern Lynas versorgt auch den japanischen Tech-Sektor mit Seltenen Erden.
AFP/Lynas Rare Earths Limited/HA

Auch ein alter Bekannter schaffte es trotz schwerster Turbulenzen (vorerst) zurück: Molycorp in Mountain Pass. Mehr als eine Milliarde Dollar flossen in den Neustart der Mine – nur um im Preisverfall erneut in die Insolvenz zu schlittern. Heute betreibt MP Materials die letzte verbliebene Seltenerd-Mine der einstigen US-Vormacht.

Geld ist da, Wissen fehlt
Und in Europa? Dort begann man immerhin, Listen zur Versorgungssicherheit von Rohstoffen zu erstellen. Abgesehen davon herrschte lange Stillstand, bis 2024 ein Rohstoffgesetz erlassen wurde, mit dem sich die EU unabhängiger machen will. Der Weg dorthin ist lang: Die Zuständigkeit für den Bergbau liegt bei den Mitgliedsstaaten, deren Ambitionen stark variieren.

Auch in den USA blieb man – abgesehen von Mountain Pass – über Jahre untätig. Es mangelte nie an Vorkommen außerhalb Chinas, wohl aber an politischem Willen und Kapital. Ein komplettes Bergwerk samt Aufbereitung und Separation verschlingt rund eine Milliarde Dollar, von der Exploration bis zur kommerziellen Produktion vergehen laut Deutscher Rohstoffagentur "erfahrungsgemäß mehrere Jahrzehnte".


Ohne China hätte die US-Lagerstätte in Mountain Pass wohl nicht wiedereröffnen können. Der Abbau gelingt zwar, die Veredelung ist aber fest in chinesischer Hand.
REUTERS/STEVE MARCUS

Trotzdem will das Pentagon bis 2027 unabhängig werden – zumindest bei jenen Rohstoffen, die für das Militär essenziell sind. Eine ambitionierte Ansage, hinterlegt mit hunderten Millionen Dollar. 400 weitere Millionen sollen in Minenbetreiber MP Materials fließen, damit das Verteidigungsministerium größter Anteilseigner wird und eine vollständige Lieferkette von der Mine bis zum Magneten entsteht. Parallel nutzte US-Präsident Trump seine Asienreise, um neue Rohstoffdeals zu schmieden, zuletzt etwa mit Malaysia und Japan.

Doch Geld allein reicht nicht. Das Know-how zur Veredelung der Rohstoffe ist im Westen weitgehend verloren gegangen – nach Jahrzehnten der Vernachlässigung liegt es heute praktisch nur noch in China. Die Fachleute von einst sind nicht mehr da, die Innovationen kommen aus dem Reich der Mitte. Womöglich ist es diesmal der Westen, der sich um chinesisches Wissen bemühen muss.
(Nicolas Dworak, 2.11.2025)
Das böse China gängelt den Westen? Warum die Erzählung einen Haken hat
 
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