Rares Handwerk der "Vergolder" sowie des "Blattgoldschlägers"

josef

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#1
Vergolder kämpfen gegen Aussterben des Berufes
Das Handwerk des Vergoldens hat viel zu wenige Nachwuchsleute. Zwei der bundesweit nur noch vier Lehrlinge werden in Salzburg ausgebildet. Die Branche hat ihre Wurzeln in der Antike. Ihre große Blüte erlebte sie in Barock und Rokoko.
Viele Aufgaben der Vergolder übernehmen mittlerweile andere Berufsgruppen. Gold begeistert die Menschheit auch als Werkstoff seit uralten Zeiten.

Junge Salzburgerin liebt den Job
Für die junge Salzburgerin Theresa Höllbacher gehört Gold zur täglichen Arbeit. Sie ist eine von zwei Lehrlingen im Land, die den Beruf noch erlernen: „Das macht Freude, wenn alles wieder glänzt und schön hergerichtet wird. Schön ist auch, dass man mit dieser Arbeit sehr viel Zeit verbringen muss. Es ist eine sehr besondere Arbeit, die nicht jeder macht.“


ORF

Es braucht viel Geduld, bis sich alte Barockteile wieder im neuen Glanz zeigen. Diese Kunst ist ca. 4.000 Jahre alt, entstanden im alten Ägypten, bei der Arbeit an den Pharaonengräbern. Bis 1910 war das Handwerk sehr beliebt - vor allem für Kirchen und Prunkräume.

„Schummeln mit Perlglanz verbreitet“
Mittlerweile ist es fast in Vergessenheit geraten, sagt der Vergolder-Meister Heinz Helminger: „In unserem Beruf ist eine Arbeit mit der anderen nie zu vergleichen. Man ist ständig gefordert, um mit Materialien und Techniken auf der Höhe der Zeit zu sein.“

Die Konkurrenz zwischen verschiedenen Berufsgruppen bei den Restaurierungen ist groß. Gemeinsam wollen die noch verbliebenen Vergolder ihr Gewerbe lebendig halten, wie ihr Sprecher Stefan Nachförg betont: „Es gibt Tischler, die Vergoldungen machen. Auch immer mehr Restauratoren bieten sich an. Das Problem ist in Österreich, dass die echten Techniken nicht mehr ausgeführt werden. Auf ganz prominenten Baustellen wird dann zum Teil nur noch mit Perlglanz gearbeitet. Das ist eigentlich eine Farbe und kein Gold oder Blattgold, wie es seit Jahrhunderten verwendet wurde.

Hofer Spezialisten setzen auf Tradition
In einer Spezialwerkstatt in Hof bei Salzburg werden noch die ursprünglichen Techniken verwendet. Dass es die Vergolder eines Tages nicht mehr geben könnte, daran will hier niemand denken, wie die Meisterin Rotraud Helminger erzählt: „Das gehört zu Kirchen und alten Häusern dazu. Das wird es immer geben.“

Seit 2017 gehören die Vergolder und Staffierer zum
„Immateriellen Weltkulturerbe“ der UNESCO. Ob dieses Label das wirtschaftliche Überleben sichern kann, das müsse sich noch zeigen, sagen Handwerker.

Publiziert am 01.01.2019
Vergolder kämpfen gegen Aussterben des Berufes
 

josef

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#2
Geschäfte mit Gold zum Essen und Verschönern
In einer kleinen Werkstatt in Wien-Penzing wird Blattgold erzeugt. Die Wamprechtsamer GmbH ist – fast – die letzte Goldschlägerei des Landes

Wien – Goldflöckchen in den Haaren, Goldflöckchen auf der Kleidung der Mitarbeiter. Goldflöckchen auf dem Boden und Goldflöckchen an den Maschinen der Werkstatt, in der das Edelmetall zu einem Hauch verarbeitet wird. "Wir putzen selbst", sagt der Chef der Blattgoldschlägerei Wamprechtsamer in Wien-Penzing, Philipp Hofmann, und hebt ein paar der federleichten Produktionsrückstände auf.


foto: regine hendrich
Der Betrieb von Philipp Hofmann erzeugt seit 1906 in vierter Generation Blattgold.

Man kann verstehen, dass hier nach Betriebsschluss um 16 Uhr nicht der Staubsauger durchgezogen wird; denn das Gold, das hier von Fein- zu Blattgold geschlagen wird, das wird vieles – aber nie zu Abfall. Und wenn, dann zu "essbarem", wie Hofmann, der das 1906 gegründete Unternehmen in vierter Generation führt, erklärt.

Gold zum Essen
Ja, das "essbare Gold", das hat in letzter Zeit Konjunktur. Nicht nur auf Patisserie und Mehlspeisen wird Güldenes appliziert; auch gekocht wird damit. Zuletzt hat der französische Fußballer Franck Ribéry für Aufregung gesorgt, als er sich in Dubai vom Stargastronomen Nusret Gökçe ein mit Blattgold verziertes Steak kredenzen ließ, im Wert von angeblich 1200 Euro. Auch Wamprechtsamer verkauft Blattgold für die Kulinarik, wie Hofmann erklärt, mit den in Gewürzmühlgläser verpackten 23-karätigen Flocken werde gern gekocht bzw. dekoriert. Ob das nicht dekadent ist? "Notwendig ist das natürlich nicht, man braucht kein Gold in Speisen. Aber ist das bei teurem Kaviar und Austern wirklich etwas anderes? Gold verschönert halt auch Essen", argumentiert der Unternehmer. Besser mache es das Gekochte jedenfalls nicht, denn: "Gold schmeckt nach nichts."


standard/hendrich
Zunächst verwenden die Goldschläger noch Maschinen, zum Schluss wird das Edelmetall per Hand geschlagen.

Verschönern, zum Glänzen bringen und herzeigen – das sind Begriffe, die Hofmann gern benützt, wenn er seinen ururalten Beruf, dem schon die alten Inder und Ägypter nachgingen, beschreibt. "Wir sind die Einzigen, die Gold so verarbeiten, dass es verewigt wird." Denn Blattgold könne im Gegensatz zu Goldschmuck oder -barren nicht wiederverwertet werden. Ob vom Vergolder auf Bilderrahmen appliziert (eigentlich wird das Gold mit einem feinen Pinsel "angeschossen"), ob in Kirchen oder Schlössern verwendet: "Vergoldetes hält Jahrhunderte und kann von Generationen von Menschen bewundert werden", fasst Hofmann seine Philosophie zusammen.

Bleistifte vergoldet
Er leitet den Betrieb in der Kendlerstraße seit 2003, und obwohl er eigentlich Wirtschaft studieren wollte, ist er nach zwei Jahren an der WU im Betrieb seines Vaters, von dem er alles gelernt hat, gelandet. Schon als Volksschulkind sei er immer wieder in die Werkstatt gekommen, "ich hab gern meine Bleistifte vergoldet". Auch in seiner Studienzeit habe er einmal pro Woche bei seinem Vater geholfen, "und dann bin ich geblieben".


foto: regine hendrich
Mit uralten Hämmern wird das Gold "groß geschlagen", danach werden die Blätter geschnitten und wieder geschlagen.

Irgendwie dürfte es dem quirligen 44-Jährigen auch gefallen haben, dass man mit dem Beruf "Goldschläger" über ein ziemliches Alleinstellungsmerkmal verfügt. Abgesehen von der Alois Wamprechtsamer GmbH mit ihren zwei Handvoll Mitarbeitern gibt es nur noch eine zweite Blattgoldschlägerei in Österreich. Deren Eigentümer, heute ein alter Herr, hat einst bei Hofmanns Vater gelernt.

In der ganzen EU gibt es noch rund acht derartige Betriebe, leicht haben es die alle nicht: Auch hier kommt die Konkurrenz aus China. Wobei Wamprechtsamer, dessen Ware auch von Steinmetzen für Grabinschriften gekauft wird, lang ein zweites Standbein hatte: Verkauf von Grablaternen, "Das hat uns in schwierigen Zeiten die Goldschlägerei gerettet", weiß Hofmann. Heutzutage ist das Geschäft aber überschaubar.


standard/hendrich
Hauchdünn sind die Folien, die letztendlich in der Verkauf gehen.

Per Hammer und dann per Hand
All das erzählt der Vater von zweijährigen Zwillingen im Besprechungszimmer seines Betriebs. Begleitet vom dröhnenden Schlagen des Federhammers, der in der Werkstatt nebenan auf in Quadrate geschnittene und in der sogenannten Quetsche übereinandergestapelte Goldblätter niedersaust. So lange, bis ein Blatt nur noch 0,01 Millimeter dünn ist, bei zwölf Zentimetern im Quadrat. Vor dieser Prozedur ist das Feingold, das Hofmann selbst einkauft, im Ofen bei rund 1200 Grad geschmolzen und zu Ein-Kilo-Barren gegossen worden.

Dieser Rohling wurde wie Strudelteig maschinell ausgewalzt, zu einem 100 Meter langen und vier Zentimeter breiten Band. Da war das Gold noch drei Hundertstelmillimeter stark, ungefähr so dick wie eine Zeitungsseite.

Ewiger Kreislauf
Zwei Mal wird der Federhammer verwendet, dann geht es nur noch mit händischem Hämmern. Abwechselnd mit rechter und linker Hand und wohldosiert werden die Goldblätter geschlagen, bis sie zwischen 0,00015 und 0,0003 Millimeter dünn sind. Bei alledem spielt das Pulver eine Rolle, das Werkstatt, Schläger und Goldschneiderinnen gleichermaßen bedeckt. Das Pulver dient dazu, dass das hauchdünne Gold, das zum Beispiel in acht mal acht Zentimeter großen Blättern à ein Euro in den Handel kommt, nicht zusammenklebt.


foto: regine hendrich
Abfall gibt es keinen: Was bleibt, wird wieder eingeschmolzen – und die Prozedur beginnt von neuem.

Und warum gibt es hier, wo aus 1200 Gramm Feingold rund 400 Gramm Blattgold gemacht werden, keinen Abfall? Weil der aufgeklaubt, zusammengestoßen und wieder eingeschmolzen wird. Ein beinah ewiger Kreislauf, wie Goldschläger Hofmann es ausdrückt.

Nur ein paar Goldflöckchen verlassen die Werkstatt – im Haar der Goldschläger und ihrer Besucher.
(Renate Graber, 9.2.2019)
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