Kaiserwald

Hallo erstmal und danke für diesen interessanten Thread!

Ich hab mich ein bisschen mit dem Kaiserwald befasst und einen Wikipedia-Artikel darüber geschrieben. Aufgefallen ist mir, dass zur NS-Vergangenheit 0 Fachliteratur existiert. Spärliche Hinweise auf Anschlussbahn, Munitionslager und RAD-Lager habe ich in folgenden Ortschroniken gefunden:

Walter Brunner (Hrsg.) (1995): Unterpremstätten im Wandel der Zeit. S. 596 u. 600.
Gottfried Allmer (Hrsg.) (2014): Zwaring-Pöls. Geschichte, Kultur und Gegenwart einer weststeirischen Gemeinde im Unteren Kainachtal. S. 362-363.

Interessant ist etwa, dass die Bautätigkeit an Munitionslager u./o. Produktionsstätte am 15. Mai 1942 mit der Begründung "nicht kriegswichtig" eingestellt wurde (Brunner, S. 600). Bei den Bauarbeiten starben 20 Zwangsarbeiter, die vor Ort begraben wurden (ebd.). Im RAD-Lager Steindorf waren zu Spitzenzeiten mehr als 160 Personen beschäftigt, die sich an der Regulierung der Kainach beteiligten (Allmer, S. 362). Ein Zeitungsartikel vom 27. Februar 1949 beschreibt Sprengarbeiten des Entminungsdienstes auf einer Lichtung im Kaiserwald. Die Sprengmittel stammten jedoch großteils aus dem hier bereits erwähnten Munitionslager Kalsdorf. Hier würde mich der genaue Ort dieser "Mondlandschaft" interessieren, die ALS-Daten helfen mir nicht wirklich weiter.

Zwei Dinge sind mir noch aufgefallen: Ein größerer Mauergrundriss im RAD-Lager ist scheinbar mit Erdmaterial verschüttet worden und nur noch schwer zu erkennen, außerdem wird die Lichtung mit den Ruinen jetzt aufgeforstet. Zweitens möchte ich zur Vorsicht bei der Durchquerung der Wassertunnel mahnen. In einem davon leben Feuersalamander!

Ich hoffe, ich konnte ein kleines bisschen Brauchbares zu diesem Forum beitragen.
LG, Clemens
 
Hab gerade nochmal nachgeschaut, leider keine weitere Quelle angegeben. Es ist im zugehörigen Kapitel der Einzelnachweis 46, aber dort, wo eigentlich die Quelle stehen sollte, befindet sich lediglich eine unbedeutende Anmerkung. Der Autor des Kapitels ist übrigens Bernd Gassler, nicht Brunner selbst.
 
Endlich mal jemand, der ein bisschen Licht ins Dunkel bringt. Ich habe vor ca. 10Jahren einige Jahre in Unterpremstätten gewohnt und kenne von daher die Kugelfänge usw. vom Schwammerlsuchen. Bei Nachfragen bei älteren Nachbarn stiess ich aber auf eine Mauer des Schweigens. Nur dass es angeblich in den 60ern oder 70ern Überlegungen von einem in der Nähe ansässigen Busunternehmer gab, dass ganze als Werkstätte zu nutzen.
Das selbe Spiel war wegen der Anschlussbahn, ich vermutete damals auch vom Gelände her, dass die Anschlussbahn nicht von Lieboch ausgehen konnte. Erst ein Freund, der gute Verbindungen zur GKB hatte, konnte mir dann nach mehrmaligem Nachfragen bestätigen, dass es eine Anschlussbahn vom Premstätten-Tobelbad aus gab.
Auch bei der alten Fleisch/Seifen oder was immer Fabrik nördlich der Tobelbader Strasse könnte ich damals nichts in Erfahrung bringen, in der Nähe davon fand ich auch ein Stück asphaltierter Strasse mitten im Wald...

Was mich aber abgesehen davon am meisten schockiert, es sind ja Siedlungshäuser in der Nähe der Anlage im Kaiserwald, dort gibt es sicher auch Kinder. Bei der Anlage gibt es genug offene Schächte, nicht auszudenken, wenn da mal was passiert. Müsste eigentlich abgezäunt oder verschlossen werden.
 
Mein erster Beitrag hier...

Zu dem :
Müsste eigentlich abgezäunt oder verschlossen werden.
Bitte nicht abzäunen oder absperren es ist ja schließlich im weitesten sinne "kulturelles erbe" und zudem hätten dann die Erwachsenen genau so wenig Zutritt in dieses Gebiet...
Natürlich könnten sich Kinder dabei verletzen aber die Eltern sollten da auch ein wenig acht auf Ihre Kinder haben und sie besser darüber aufklären als es "wegzusperren" weil da besteht dann der reiz der Regelbrechung...


Genug gebeeft o.o
Ich unternehme nächste Woche eine Besichtigung des "Schießstandes" evtl. auch noch etwas weiter rein werde berichten falls ich noch etwas auffälliges dort, oder in den alten kartografie-aufzeichnungen meines Opa´s finde

Lg aus der Obersteiermark \o/
 
Ich versteh deinen Standpunkt schon auch. Aber die offenen Entwässerungsschächte sieht man je nach Jahreszeit erst sehr spät, also bitte aufpassen. Teilweise klingt der Boden auch verdächtig hohl, kann aber auch an der Bodenbeschaffenheit selbst liegen.
Ich hätte dort in der Nähe auch nie bauen lassen, da kann man nie sicher sein, dass alles an Blindgängern usw. geräumt wurde.
Besser wäre natürlich generell, wenn man das ganze mal wissenschaftlich aufarbeiten würde, und Informationstafeln aufstellt. Ist besser als das ewige Totschweigen, dass im Grazer Raum ja noch immer sehr verbreitet ist.
LG aus GU
 

josef

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Normalspurige Anschlussbahn (AB) Muna-Kaiserwald

Bei der jährlichen "Ausmusterungs-, Umräum- und Sortieraktion" in meinem "Kellerarchiv" stieß ich endlich auf einen lange gesuchten Artikel (wusste nicht mehr, ob in "Schienenverkehr aktuell" (SVA) oder in "Eisenbahn Österreich" erschienen...) über die AB Kaiserwald...

Im Anhang füge ich die gescannten Seiten des Beitrages über den Bahnhof Premstätten-Tobelbad aus Heft 9/1992 "Schienenverkehr aktuell", S. 34ff ein. Darin erwähnt der renommierte steirische Eisenbahnhistoriker Sepp Tezak (1923-2013) auch die AB zur Muna-Kaiserwald:

1. - 2. Artikel Seiten 34 u. 35 aus SVA 9/1992 über Bf. Premstätten-Tobelbad
3. Skizze über den Streckenverlauf der normalspurigen AB
4. Skizze eines nichtausgeführten Wasserturmprojektes am Bf. - Gelände
 

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Schon interessant, dass das 1992 veröffentlicht wurde und dann wieder in Vergessenheit geraten ist. Ich hab ja vor ein paar Jahren auch mal mit einem befreundeten Eisenbahnenthusiasten bei der GKB gesprochen. Der hat dann im Archiv nachgeschaut bzw. Nachschauen lassen und erstmal nix gefunden. Erst durch mehrmaliges Nachfragen bei älteren Personen war dann gewiss, dass die Anschlussbahn vom Bhf. Premstätten ausging.
 

josef

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Schon interessant, dass das 1992 veröffentlicht wurde und dann wieder in Vergessenheit geraten ist. Ich hab ja vor ein paar Jahren auch mal mit einem befreundeten Eisenbahnenthusiasten bei der GKB gesprochen. Der hat dann im Archiv nachgeschaut bzw. Nachschauen lassen und erstmal nix gefunden. Erst durch mehrmaliges Nachfragen bei älteren Personen war dann gewiss, dass die Anschlussbahn vom Bhf. Premstätten ausging.
So ist es...
Ich konnte mich bei Themeneröffnung 2012, wie schon geschrieben, an einen Bericht in einer der beiden österreichischen Eisenbahnzeitschriften über eine normalspurige AB erinnern, wusste aber nicht mehr wann und in welcher der Zeitschriften dies stand bzw. ob Lieboch oder von Premstätten der Ausgangspunkt der AB war...

Da ich über den "Kaiserwald" schon früher die verschiedensten Gerüchte hörte bzw. las, befasste ich mich schon längere Zeit mit der Gegend...
Als Niederösterreicher und daher "weit vom Schuss", studierte ich diverses Kartenmaterial und kam mit Bf. Lieboch zum falschen Ergebnis, da ich den Schutzdamm eines Wasserrückhaltebeckens als Bahndamm interpretierte (-> Karte Beitrag #6). Dazu kam noch, dass mir beim Besuch des Museums in Lieboch 2011 der (falsche...) Abzweigbahnhof auch noch bestätigt wurde...(-> siehe Beitrag #16)!

lg
josef
 
@josef Ich hab das mit dem Vergessen nicht persönlich gemeint, sondern allgemein wie schnell Wissen verloren geht.
Allerdings ist das mit der Themeneröffnung 2012 nicht ganz richtig, es gab ja 2006 auch schon einen Vorläuferthread Betongebäude im Wald, der dann aufgrund übereifriger Zeitgenossen geschlossen wurde.
Damals vermutete ich die Anschlussbahn zuerst auch von Lieboch aus. Aber der Bahndamm entpuppte sich dann vor Ort eben als Hochwasserdamm. Das muss so ca. 2008 gewesen sein.
Ich werde meinen Freund bei der GKB mal auf den Beitrag aufmerksam machen. Vielleicht gibts ja doch noch Unterlagen. Interessiert hat ihn das Thema damals sehr, aber er ist eben damals auch schon sehr abgeblockt geworden dort.
LG Michael
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
@josef Ich hab das mit dem Vergessen nicht persönlich gemeint, sondern allgemein wie schnell Wissen verloren geht...
Hallo Michael,
keine Bange, habe Deinen Beitrag auch nicht auf mich persönlich bezogen, meinte mit "so ist es..." ebenfalls das "allgemeine Vergessen"...
Mich ärgerte nur meine zunehmende Vergesslichkeit, sich auf gelesene Artikel nur mehr teilweise erinnern zu können...

lg
josef
 
Hallo!
Die Anschlußbahn in den Kaiserwald zweigte ursprünglich vom Bahnhof Premstätten der GKB ab, verlief in weiterer Folge bei der alten Ziegelei von Unterpremstätten vorbei in südliche Richtung (heute ein Forstweg). Nach dem Ortsteil Kaiserwald, wo die Hauptstrasse eine Rechtskurve aufweist führte die Trasse unter der heutigen Strasse hindurch, machte einen langen Linksbogen in einen einstigen Bahnhof und endet dann im Wald. Bei den Tunnels handelt es sich um Wasserdurchlässe im Bereich des Verladebahnhofes. Im Bereich bald nach der Strassenunterführung sind entlang der Bahntrasse noch Hallenfundamente erhalten
Viele Grüße
 
Hallo!
Die Anschlußbahn in den Kaiserwald zweigte ursprünglich vom Bahnhof Premstätten der GKB ab, verlief in weiterer Folge bei der alten Ziegelei von Unterpremstätten vorbei in südliche Richtung (heute ein Forstweg). Nach dem Ortsteil Kaiserwald, wo die Hauptstrasse eine Rechtskurve aufweist führte die Trasse unter der heutigen Strasse hindurch, machte einen langen Linksbogen in einen einstigen Bahnhof und endet dann im Wald. Bei den Tunnels handelt es sich um Wasserdurchlässe im Bereich des Verladebahnhofes. Im Bereich bald nach der Strassenunterführung sind entlang der Bahntrasse noch Hallenfundamente erhalten
Viele Grüße
Ein Tätigkeitsbericht des Feldzeugkommando Salzburg vom 2. Halbjahr 1944 (CAMO 500/12474/Akte 280) bringt neue Informationen zur geplanten Heeres-Munitionsanstalt Premstätten.
Im Oktober wurde vom OKH befohlen das Gelände der im Bau befindlichen Heeres-Munitionsanstalt unter Heranziehung der bereits im Rohbau fertigen Gebäude für ein größeres Munitionslager herzurichten. Zu diesem Zweck wurden 200 Finnenzelte zur Unterbringung der Munition und 1200 m Feldbahngleis zugewiesen.
Das Feldzeugkommando Salzburg berichtet damals über Schwierigkeiten beim Bau des Anschlussgeleises wegen Mangel an Schienen, Schotter und Arbeitskräften.

Im Dezember 1944 wurde der Ausbau von Premstätten als Wehrkeis-Munitionslager (Wehrkreis XVIII) aufgehoben und die Liegenschaft der Heeresgruppe F (wohl dem Oberquartiermeister des Oberbefehlshabers Südost) für Nachschubzwecke übergeben.

Wieder ein dünner Lichtstrahl im Dunkel der Geschichte.

Grüße Renato
 
Ich habe gerade alle Beiträge gelsen und bin wahnsinnig interessiert. Wir gehen in der Nähe des Hochwasserdammes oft mit dem Hund spazieren. Ich glaube wir werden mal erkunden! Alles spannend! Ist jemand mal unterwegs?
 

Sebastian__

Well-Known Member
Wasserdurchlauf der rechten Seite bei der Y-Gabelung – hier ist die Bahntrasse nicht fertiggestellt
der Tunnel ist ca.30 Meter lang
 

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Sebastian__

Well-Known Member
Tunnel/Wasserdurchlauf – linke Seite der Y Gabelung – fertig aufgeschütteter Bahndamm – wäre für ein Gleis betriebsbereit
 

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