Luftbilder ehemaliger Fabriken im Bereich Leopoldauer Straße in Wien-Floridsdorf

josef

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#1
Bei der Durchsicht weiterer Lubi aus den 1930iger Jahren der ÖNB-Sammlung entdeckte ich auf Fotos der "Vereinigte chemische Fabriken" (VCF) (-> Bildbezeichnung...) im Bereich der Leopoldauer Straße in Wien 21. zwei weitere Fabriksanlagen, die ich nach einiger Sucharbeit zuordnen konnte:

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Ausschnitt aus Lubi welches, wie die folgenden Fotos, mit "Vereinigte chemische Fabriken" bezeichnet wird...
Österreichische Nationalbibliothek Crowdsourcing

...mit Hinweisen zu den am Bild erkennbaren ehemaligen Unternehmen:
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Linker Bildrand: Die stadtauswärts verlaufende "Leopoldauer Straße" mit der damaligen "Metallwarenfabrik Quittner & Kitschelt".
Mittelgrund - untere Bildhälfte: Die Werksanlagen der "Vereinigte chemische Fabriken" (VCF) mit der schräg von links unten nach rechts oben verlaufenden "Siegfried Gasse". Die Fabrik wurde damals von den links sichtbaren Häuserblocks an der "S. Kohl-Gasse" eingeengt.
Rechte obere Ecke: Die Objekte der "Wiener Glashüttenwerke AG".


2 weiter Lubi der "Vereinigte chemische Fabriken" (VCF):
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Oberhalb der VCF die "Wiener Glashüttenwerke AG"...

Vergrößerter Bildausschnitt der ehemaligen Gebäude der "Wiener Glashüttenwerke AG":
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...und noch ein vergrößerter Bildausschnitt der "Metallwarenfabrik Quittner & Kitschelt" an der Leopoldauer Straße:
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Alle Bilder: Rechtsfreie Fotos aus dem ÖNB-Projekt Österreichische Nationalbibliothek Crowdsourcing

Die auf den Luftbildern zu sehenden Firmen existieren heute nicht mehr und die Objekte sind großteils abgerissen und durch neue Wohn- und Geschäftsobjekte ersetzt...
 
#2
GESCHICHTE der Vereinigte Chemische Fabriken (VCF)

Stand 2020: eine Eventlocation

Auszug aus deren Homepage:

Das Unternehmen entstand am 1. Oktober des Jahres 1910 durch die Zusammenlegung des Betriebes „Dr. Kreidl und Heller“, Gesellschafter waren Gustav Heller und Dr. Ignaz Kreidl, mit dem Unternehmen „Landau & Co“, deren Gesellschafter Dr. Horace Landau und Karl Rosenzweig waren. Beide in Floridsdorf, in der Kohlgasse angesiedelten Betriebe erzeugten und vertrieben chemische Produkte.
Erste Hinweise einer industriellen Nutzung an diesem Ort gehen jedoch bereits auf das Jahr 1894 zurück.

Das Produktionsprogramm der VCF umfasste entsprechend dem chemischen und technologischen Wissensstand unter anderem die Herstellung „seltener Erden“ für die Glühstrumpferzeugung, Emailfärbemittel, Kunstharze sowie etwas später auch Saccharin, das in den darauf folgenden Jahrzehnten unter der Marke „Kandisin“ die Entwicklung des Unternehmens ganz wesentlich und positiv prägte. Eine Vielzahl von Patenten und wichtiger Erfindungen zeigt die starke Forschungsorientierung des Unternehmens von Anbeginn.

Zwischen 1938 und 1948 firmierte der während des Krieges den Eigentümern entzogene Betrieb unter "Vereinigte Chemische Fabriken Wien-Floridsdorf, Inhaber: Fridolin Karl Glass", mit einem wehrwirtschaflichen Produktionsprogamm.
Angaben über die Produktion des enteigneten Betriebes können nicht gemacht werden. Nach dem Krieg wurde die Firma ihren ursprünglichen Eigentümern rückgestellt.
Gegen Kriegsende war nicht nur die Erdölraffinerie Shell-Pilzgasse („Aktiengesellschaft der Shell- Floridsdorfer Mineralölfabrik“, ab 1945 „Rhenania Ossag Mineralölwerke AG“), sondern auch der benachbarte wehrwirtschaftliche Betrieb der VCF, definierte Bombenangriffsziele. Es wurden beide Unternehmen völlig zerstört. In zahlreichen Archiven im In- und Ausland findet sich umfangreiches Dokumentationsmaterial, Luftbildaufnahmen, zahlreiche Fotos und Zeugenaussagen belegen das Ausmaß der Zerstörung nicht nur sämtlicher Betriebsanlagen sondern auch der dort gelagerten Betriebsstoffe und Chemikalien.

Die 1949 neu konstituierte Firma „Vereinigte Chemische Fabriken Kreidl, Rutter & Co“ nahm nach Abschluss der sehr schwierigen Aufbauarbeiten sukzessive wieder ihre Produktion auf:
Im Jahr 1973 wurde ein großes Teilstück des Firmenareals an ein schwedisches Unternehmen vermietet und die gesamte chemische Produktion mit Ausnahme der künstlichen Süßstoffe an diese Firma verkauft.
Die Erzeugung und der Vertrieb von „Kandisin-Produkten“ wurde bis in das Jahr 1996 in Eigenregie weitergeführt und dann ebenfalls veräußert.

Ein Chemieunfall auf dem vermieteten Teil des Betriebsareals im Jahr 1984 sowie die Zerstörungen während des Weltkrieges hatten starke Verunreinigungen des Bodens zur Folge.
Die VCF entschloss sich daher, in den Jahren 2001 bis 2002 eine Gesamtsanierung der eigenen Liegenschaft durchzuführen. Nach Abschluss dieses umfangreichen Projektes ist das Areal laut Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, und dem Umweltbundesamt als völlig gesichert und saniert anzusehen.

Anmerkung: der derzeitige Inhaber lautet "Kreidl & Rutter Vermögensverwaltungsgesellschaft" mit Sitz in Siegfriedgasse 23, 1210 Wien.
100%ige Gesellschafter ist die Firma Rudeko GesmbH
 
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#3
ENTSORGUNGSMASSNAHMEN VCF

Lt. Antwort der EU hatte die Maßnahme einen Fördersatz von 65% und die gesamten Entsorgungskosten betrugen 4 Mio. Euro.
dort wird die Vergangenheit so geschildert:

Seit 1910 stellen die VCF chemische Erzeugnisse wie Thorium- und Cer-Salze sowie Kryolit und Flusssäure her. Diese Produktpalette wurde um synthetisches Phenol, Sacharin, Harnstoff- und Phenolharze erweitert.
Das fragliche Grundstück wurde von den VCF bis 1972 industriell genutzt, mit einer einzigen Unterbrechung durch die Enteignung des Betriebs und die Zerstörung der Produktionsanlagen im Zweiten Weltkrieg.
Die neu gegründeten VCF nahmen 1949 ihre Produktion wieder auf. Im Jahr 1973 wurde die Produktion von der Fa. Perstorp als Mieter weitergeführt. Diese übernahm von den VCF alle Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe. 1991 legte Perstorp den Betrieb still, woraufhin die Fabrikeinrichtungen demontiert sowie Teile des Gebäudes abgetragen wurden.

Nach der Stillegung und der Demontage des Betriebs durch Perstorp haben die VCF die Produktion nicht wieder aufgenommen.
Die VCF errichteten auf dem Gelände einen Unternehmenspark. Ihr Hauptgeschäftszweck ist die Bereitstellung der für die Unternehmen erforderlichen Infrastruktur und die Erbringung aller einschlägigen Dienstleitungen (Energieversorgung, Sicherheitsdienst, Reinigung, Versicherungen usw.). Die VCF beschäftigen zwei Angestellte.
Ihr Jahresumsatz 1998 betrug 0,23 Mio. €, die Bilanzsumme 1,48 Mio. €. 55 % ihrer Aktien sind im Besitz der VCF Liegenschaftsverwaltung Ges.m.b.H, 45 % werden von Privatpersonen gehalten.

Das fragliche Grundstück hat einen Umfang von 50 000 m². Im Rahmen der Betriebsauflösung im Jahr 1991 wurde die Fa. Perstorp von den zuständigen Behörden verpflichtet, das ehemalige Phenoltanklager einschließlich der Fundamente abzutragen und zu entsorgen, weil 1984 bei einem Unfall mehrere tausend Liter Phenollösung ausgetreten waren.

Zwar hatte die Fa. Perstorp seinerzeit eine Reihe von Sofortmaßnahmen ergriffen (u.a. Entfernung von kontaminiertem Erdreich), doch 1991 stellte sich heraus, dass diese Maßnahmen unzureichend waren.

In der Folge errichtete Perstorp einen Sperrbrunnen. Nach dem Konkurs der Fa. Perstorp 1994 wurde der Sperrbrunnen durch die VCF anfänglich freiwillig weiterbetrieben, dann wurde der Betrieb jedoch aufgrund der enormen Kosten eingestellt.

Seit 1996 wird der Sperrbrunnen vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft betrieben. 1995 wurden die Altlasten registriert und 1997 mit Prioritätsstufe I versehen. Im Bereich des ehemaligen Phenoltanks besteht eine massive Grundwasserverunreinigung mit Phenolen. Unterhalb des belasteten Geländes ist das von Privatpersonen genutzte Grundwasser gefährdet.

Details auch HIER

Im Anhang eine Zusammenfassung der Altlast mit Bildern, Landkarten etc.
 

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