Luftschutzstollen in Wien

Andreas

Well-Known Member
#1
Im Zuge meiner Recherchen und Forschungen stosse ich immer wieder auf Hinweise zu LSS in Wien.
Wie wurde der LSS-Bau in Wien damals organisiert, gab es eine Zentrale Verwaltungs.- bzw. Organisationsstruktur (Zuteilung Bergmänner etc...)?
Wurden diese nach einem gleichen Schema angelegt? Wieviele LSS gab es insgesammt?
Ein paar Pläne gibt es, allerdings welche Projekte wurden begonnen, fertiggestellt, wieder abgemauert-verfüllt und sind noch vorhanden?
Wo könnte man noch mehr Informationen bekommen:confused:?

Z.b. dieser LSS in Wien verlauft meist in Tiefen von 10-12m, die ursprünglichen Eingänge sind kurz nach dem Krieg verschüttet und abgemauert worden.
LSS Wien (1).jpg

Der einzige Zugang ist ein Notaustiegsschacht welcher früher wie ein Stiegenhaus fungierte. Atemluft o.k.:):
LSS Wien (3).jpg LSS Wien (2).jpg

Ein paar Hundert Meter Gänge, teilweise ausgebaut, teilweise nur Schotterboden. Toll wie tief die Wurzeln kommen:
LSS Wien (4).jpg

LSS Wien (5).jpg

Gangverzweigungen welche verfüllt bzw. abgemauert wurden:
LSS Wien (6).jpg

LSS Wien (7).jpg

Kreuzung:
LSS Wien (8).jpg

LSS Wien (9).jpg
 

adasblacky

Well-Known Member
#2
zu den Plänen der Wiener Unterstadt hab ich unlängst folgende Geschichte gehört: Die Pläne wurden von den Russen mit allen anderen Nazi-Papieren (so wie anderswo ganze Fabriken) nach Russland gebracht und nie retourniert.
Kann aber auch sein, dass die Gemeinde/Baupolizei solche Pläne aus "Sicherheitsgründen" nicht hat.
 
#3
Zuerst ein Dankeschön für die beeindruckenden interessanten Bilder!

Die Pläne zu den Untertage-LS_Anlagen haben sich, ziemlich lückenlos überliefert und sind im WStLA mikroverfilmt und damit jederzeit zugänglich. Der Grund dürfte sein, dass alle diese Anlagen unvollendet geblieben sind und daher als wertlos schon früh dem Archiv übergeben wurden.
Die Pläne zu den LS-Bunker hingegen, die zum größten Teil als "geheim" eingestuft waren, wurden bei Kriegsende wahrscheinlich gezielt vernichtet.
Grundsätzlich gab es im Stadtbauamt eine Arbeitsteilung:
- Oberirdische LS-Anlagen, aber auch LSDG und überdeckte LS-Bunker sowie das "Schutzraumnetz innere Stadt" wuerden vom Hochbauamt durchgeführt.
- Die tiefliegenden Stollenanlagen vom Tiefbauamt
Entsprechend der Geländegegebenheiten wurden folgende Stollenanlagen in Planung genommen:
- Hauptstollen von der Liechtensteinstraße im IX., unter den Bezirken IX, VIII, VII und VI hindurch zum Wiental (Überlagerung 10-15 m).
- Stollensystem unter den Bezirken IV, V und XII.
- Ein drittes Stollensystem in Favoriten
- Einzelanlagen: XIII, Küniglberg, XIX Hatreckerpark, XI Dorfgasse
Wegen des Grundwasserspiegels wurden die Bezirke II, XX, XXI, XXII und Teile des III. und XI. Bezirks nicht in Betracht gezogen.
1944/45 kamen noch zahlreiche Einzelprojekte dazu, welche zum Teil mit unterschiedlicher Dringlichkeit in Bau genommen wurden.
Bereits Anfang 1944 zeigten sich Schwierigkeiten beim Tiefstollenbau, vor allem im VIII. und IX. Bezirk, als es beim Bau der Abgangsstiegen zu den Tiefstollen zu Senkungen bei den Wohnhäuser kam. Die vom Rüstungsministerium betriebene Untertageverlagerung der Rüstungsindustrie entzog 1944/45 der Stadt alle Möglichkeiten zu Material, Maschinen und Arbeitskräften zu kommen.
Das Problem ist der unbekannte Baufortschritt vieler dieser Anlagen bei Kriegsende. Es haben sich einige wenige Unterlagen aus den Jahren 1945/56 überliefert, bezüglich durchgeführter Sicherungsarbeiten, dann schweigt die Geschichte!
Es würde einen fleißigen jungen Hobbyhistoriker ziemen sich des interssanten Themas anzunehm.

Grüße Zwölfaxinger
 

adasblacky

Well-Known Member
#4
Aha, richtige Stollensysteme? Ich dachte da eher an diese Gänge die unter der Strasse 2 Keller verbinden um mehrere Fluchtwege offen zu haben ...

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Andreas

Well-Known Member
#5
Im WStLA sind leider nur sehr wenige, bruchstückhafte Infos vorhanden und diese sind nicht komplett!
Hat noch jemand Teile von Plänen?

Auszug aus einem von Zwöfaxinger erwähnten Schreiben des Wiener Magistrat Ende 1945:

"Eine Reihe von LSS Bauten sind größtenteils am Beginn oder inmitten Ihrer Ausführung stecken geblieben. Solche Stollen, wenn Sie nicht voll ausgemauert sind und längere Zeit bei druckhaften Boden in der Zimmerung stehen, stellen eine ansehnliche Gefahr für die Umgebung dar. Das Pölzholz verottet und stürzt stellenweise ein, der Boden rutscht nach und verursacht erhebliche Setzungen und Risse in den darüber liegenden Gebäuden und Tiefbauanlagen. Ganze Häusertrakt können aus solcher Ursache absacken, wie es z.B. an einer Stelle im Bezirk Neubau tatsächlich vorgekommen ist. Wasser und Gasleitungen können auf diese Art brechen und weiteren Schaden verursachen. Besonders kritisch ist die Lage dann, wenn ein solcher unfertiger Stollen unter einer Verkehrsreichen Straße liegt, wo die Störung des Bodengleichgewichtes noch durch die Erschütterungen gefördert wird, die vom Straßenbahn und Furhwerksverkehr herrühren. Das Stadtbauamt mußte daher bald nach dem Ende der Kampfhandlungen, in Wien darauf bedacht sein, die unausgebauten LSS gegen Versturz zu sichern. Nicht weniger als ein Dutzend solcher Stollen wurden teils mit Müll verfüllt, teils ergänzend ausgemauert. Die Ausfüllung mit Abfallstoffen war nicht ganz einfach. Durch einbauen von Quermauern mußte eine satte Vollfüllung der Stollen und Ihrer Zugangschächte angestrebt und die nachträgliche Bildung von Hohlräumen im Füllstoff verhindert werden. Auf diese Art sind die Stollenteile nächst dem Wildganshof im 3. Bezirk, ferner in der Corneliusgasse im 6. Bezirk, weiterhin im 7. Bezirk in der Neustiftgasse nächst dem ehemaligen Augustinbrunnen und unter der Burggasse gegenüber dem deutschen Volkstheater, sowie in der Berggasse im 9. Bezirk unschädlich gemacht worden. Die jenigen LSS Strecken, die zu einem großen Teile bereits ausgemauert wurden und nicht unter Grundwasserzudrang zu leiden haben, wurden zweckmäßigerweise fertig ausgemauert und mit Luftschächten versehen. Sie werden durch dünne Wände provisorisch abgeschlossen und können gegebenfalls in geeigneter Art ausgenutzt werden. Solche Objekte sind die Stollenstrecken im Küniglberg, auf dem Galitzinberg, an der Dorfgasse in Simmering, beim Schlachthof St. Marx, im Hartäckerpark in Döbling, am Höpflerbad in Atzgersdorf und in der Liechtensteinstraße..."

Davon heute noch vorhandene LSS (heutiges Stadtgebiet), aber nicht mehr zugänglich:
Küniglberg, Länge ca. 277m, 3 Zugänge (nur mehr ein abgemauerter vorhanden) -
Galitzinberg, Länge ca. 340m, 2 Zugänge (beide gesprengt) - voll ausgebaut
Mautner-Markhof-Gasse (ehem. Dorfgasse), Länge ca. 79m, 1 Zugang, 1 Notausstieg Wohnhaus (verschüttet) - voll ausgebaut
Wildganshof, St. Marx, 2 Eingangsbauwerke nicht mehr vorhanden, Länge ca. 110m (abgemauert) vorhanden, 1 Notausstieg - teilweise ausgebaut, urspr. Größe unbekannt
Hartäckerpark in Döbling, Länge ca. 337m, 3 Zugänge (vor ein paar Jahren zugeschüttet) - wahrscheinlich voll ausgebaut
Liechtensteinstraße, Länge ca. 253m, mindestens 4 Zugänge (nur mehr einer vorhanden) - verbindung zweier Systeme nicht vollendet
Schloss Cobenzl, Länge ca. 235m, 2-3 Zugänge (verschüttet) - wahrscheinlich voll ausgebaut

(Groß Wien)
Mödling Brühlerstraße, Länge ca. 900m, 2 Zugänge (Teile der Lüftungsanlage etc. vorhanden) - voll ausgebaut
Kaltenleutgeben, Länge ca. 180m, 3 Zugänge - voll ausgebaut
Langenzersdorf, Länge unbekannt, 2 Eingänge (verschüttet) - Pölzung verstürzt nicht vollendet
 

Andreas

Well-Known Member
#6
Nur im ersten Video ist ein Luftschutzstollen zu sehen, dieser kurze Stollen endete in einem T-Stück mit dem Notausgang auf der einen Seite:
LSS (7).JPG
Die meisten verliefen in ca. 10m Tiefe unter dem heutigen Hauskellerviveau, waren mit gebrannten- bzw. Betonziegeln, Betonelementen oder mit Beton ausgekleidet:
LSS (6).JPG
Zufluchtsort für seltene Fauna:
LSS (5).JPG
Teilstück in Wien-Landstraße mit Betonelementen:
LSS (3).jpg
Ende eines der nicht fertig gestellten Längsstollen:
LSS (4).jpg
Klemmholz für die Isolatoren der Stromkabel:
LSS (1).jpg
 

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