Schon recht lange her, beinahe ein Menschenleben lang, doch gemessen an der "Endlichkeit" und auch gemessen an kosmischen Maßstäben eine mehr als zu vernachlässigende Zeitspanne.
Doch der 2.Weltkrieg ist in und um
Guntramsdorf immer noch spürbar bzw. besser formuliert, sichtbar - und dies recht eindeutig.
Relikte aus der Vergangenheit zeugen noch vom bis dato größten und blutigsten Krieg der Menschheitsgeschichte, der weltweit 70 Millionen Opfer forderte, alleine 230.000 in Österreich.
Sogenannte "Lost Places" (vergessene, übriggebliebene bzw. einsame Orte und Gebäude) zeugen noch von der Tatsache, dass es diesen Krieg wirklich gab, vor allem für jüngere Semester kaum vorstellbar, diese "Lost Places" sind zum Beispiel alte Kriegsbunkeranlagen und Luftschutzbunker. Und teilweise sind diese eben noch sehr gut erhalten.
Schwere Kämpfe um Guntramsdorf in den letzten Kriegstagen 1945 (Quelle: Wikipedia)
Ein bisschen etwas zu den Vorkommnissen an sich in den letzten Kriegstagen hier in unseren Breiten:
in den ersten Apriltagen 1945 kam es im
Raum Guntramsdorf zu schweren Kämpfen zwischen Teilen der deutschen 6. SS-Panzerarmee unter Sepp Dietrich und der sowjetischen 3. Ukrainischen Front unter Marschall Tolbuchin.
Nach dem überraschenden Einbruch Tolbuchins ins südliche Wiener Becken am 1. April wurde in der Nacht zum 2. April die 2. SS-Panzerdivision vom Raum Neusiedler See in den Süden Wiens verlegt und eine Widerstandslinie von Gumpoldskirchen über Guntramsdorf und Laxenburg bis Moosbrunn errichtet.
Da Tolbuchin seine Truppen zur Westumfassung von Wien und zum Generalangriff von Süden vom 2. bis 4. April umgliederte, blieb Guntramsdorf in diesen drei Tagen Frontgebiet, und erlitt vor allem durch sowjetischen Beschuss schwere Schäden.
In Guntramsdorf waren das Flugmotorenwerk Ostmark, Verlagerungsbetriebe usw. angesiedelt, kriegswichtige Ziele, deshalb mussten dadurch Verteidigungslinien gebildet werden.
Gut erhaltene Bunker im Süden von Guntramsdorf
Die erwähnten Relikte gibt es heute noch, und viele fahren, gehen und radeln hier vorbei, nämlich Kriegs- bzw. Mannschaftsbunker aus den letzten Weltkriegstagen, die immer noch gut sichtbare Einschusslöcher aus der Vergangenheit aufweisen.
Im
Süden von Guntramsdorf zum Beispiel,
in Richtung Möllersdorf/Traiskirchen, befinden sich noch 2 sehr gut erhaltene Kampfbunker.
Radfahrer, Spaziergänger und emsige Landwirte kennen die beiden spitzen Betonbunker sicherlich sehr gut, die recht auffällig neben dem Mühlbach liegen.
Die Eingänge ins Bunkerzentrum sind - aus Sicherheitsgründen - mit Metallplatten versehen worden. Im innersten finden sich keine Reste mehr aus früheren Tagen, sondern der, mittlerweile, obligatorische "moderne" Müll.
Eichkogel - Bunker nicht mehr sichtbar
Auf dem Gemeindegebiet von Guntramsdorf liegt im westlichsten Bereich - oben in den Weinbergen - der nächste Weltkriegsbunker bzw. eine Geschützstellungen, welche im Erdreich vergraben liegt. Ebenso gab es dort eine Flak Stellung (ein 8,8 cm Geschütz als Flugabwehrkanone).
Spaziergängern und Sportlern sowie Liebhabern des
"1.Wiener Wasserleitungs-Weges" und Leuten, die die Weinwanderungen sehr lieben, wird dieser Bunker aber leider eher verborgen bleiben, denn er lag abseits der Wanderroute schon ziemlich nahe der Spitze des 334m hohen Eichkogels, ca. 400m von der Kapelle am Kreuzweg entfernt.
Dieser Bunker bzw. diese Geschützstellung war bis vor einigen Jahren noch sichtbar und hatte seine Ausrichtung in Richtung Osten.
Neu-Guntramsdorf
In der Nähe von Neu-Guntramsdorf gab es auch noch Bunkeranlagen, die aber - seit 1995 - nicht mehr sichtbar sind.
Einer war in der Nähe der Großschopfstraße, einer beim Kindergarten II (jetzt ist dort ein begrünter Hügel) und einer bei der VS II beim Parkplatz. Auch bei der Volksschule ist der "alte" Luftschutzbunker noch als grüner Hügel zu erkennen, Zeitzeugen gaben Auskunft, dass das Betonfundament noch vorhanden ist (aber nicht mehr sichtbar erscheint).
Weitere Anlagen sind bzw. waren östlich der Bertha von Suttner-Gasse.
Mehr als nur gut erhaltene Luftschutz-Hochbunker gibt es heute noch, und zwar
am Areal der einstigen Flugmotorenwerke Ostmark, heute ist dies ein Bürogebäude der NÖ Wirtschaftsagentur ECO PLUS.
Legenden von geheimen Gängen
Auch hierzulande ranken sich Legenden und interessante Geschichten aus der Vergangenheit. Die besagen, dass es geheime Gänge unterhalb von Guntramsdorf gab und z.B. bis nach Thallern geführt haben sollen.
Gerüchte besagen auch, dass vom „Kirchheurigen“ unter der Kirche hindurch Wege und Stollen geführt haben sollen. Der Autor hörte auch von einem weitverzweigten unterirdischen Wegenetz, welches einmal bestanden haben soll.
Doch zurück zu den Bunkeranlagen
Man sieht, die Bunkeranlage im Süden von Guntramsdorf, bei Möllersdorf und die mittlerweile stark umgebauten Gebäude der ECO PLUS, sind - nach meinen Recherchen - die am besten erhaltenen Zeitzeugen der damaligen Kriegstage. Sie erinnern Generationen danach an einen schrecklichen Krieg, der so nie wieder stattfinden möge.
Sie sind mahnende Zeitzeugen, erinnern uns an eine längst vergangene und schreckliche zeitgeschichtliche Epoche und lehren uns, nicht zu vergessen - und das ist gut so.
Fotos von Philipp Steinriegler