Funkmessanlage Michelberg / Waschberg
Habe schon vor ein paar Jahren diesen kleinen Artikel geschrieben und letztes Jahr ergänzt.
Relativ unbekannt ist die Funkmessanlage am Michelberg bzw. am Waschberg im Bezirk Korneuburg.
Weder in der einschlägigen Literatur, noch im World Wide Web, wird man fündig. Lediglich in der Ausgabe 3/88 der Korneuburger Kulturnachrichten wurde diese Anlage erwähnt.
Im Verzeichnis der baulichen Anlagen der Luftwaffe im Luftgau XVII ist die Anlage unter der Bezeichnung J7, Versuchsanlage d. Luftnachrichtenregiment angeführt. Zuständig für die Errichtung war das Bauamt 1 1).
Heute sind am Michelberg nur mehr Fundamentreste der Kaserne und die Sockel des Peilsenders zu finden. Am Waschberg steht noch das kreisförmige Fundament eines Y-Geräts.
Obwohl nur zwei Y-Geräte am Michelberg standen, sind jedoch vier kreisförmige Fundamente nachweisbar.
Vermutlich wurden die Geräte im Lauf der Zeit versetzt. Auf Grund von Fotos ist dieser Umstand zumindest für ein Gerät belegbar.
Das Y-Verfahren (Deckname Wotan)
war eine Weiterentwicklung des X-Verfahren welches ursprünglich zur Führung der Bomber gegen England entwickelt wurde. Mit diesem Verfahren sollte die Navigation der Leitbomber verbessert und vor allem ein Blindbombardieren ermöglicht werden. Als Leitbomber oder auch „Pfadfinder“ kamen nur speziell ausgebildete Besatzungen der der KGr. 100 (X) und der KGr. 26 (Y) zum Einsatz.
Im Unterschied zum X-Verfahren, bei dem vier Funkleitstrahlen benötigt wurden, arbeitete das Y-Verfahren mit nur einem Leitstrahl und einem Funkentfernungsmeßgerät. Auf dem Leitstrahl flog das Flugzeug sein Ziel an. Mittels eines zweiten Senders wurde ein Signal aus Punkten und Strichen gesendet und vom Flugzeug wieder an die Bodenstation zurück gesendet. Dadurch konnte die Position des Flugzeuges genau bestimmt und nach einem automatisch gesteuerten Flug die Bombe automatisch, oder über ein weiteres Signal der Bodenstation, über dem Ziel abgeworfen werden.
Ab Sommer ´41 nahmen jedoch die Einflüge alliierter Bomber nach Deutschland an Stärke und Häufigkeit immer mehr zu. So stellte die Reichsführung Überlegungen an, dieses Verfahren auch für die deutschen Jagdflugzeuge zu verwenden um diese einfach und sicher an die einfliegenden Bomberverbände heranführen zu können.
Bedeutung der Station am Michelberg/Waschberg:
Die Funkmessanlage am Michelberg war ein Ableger der Forschungsstelle der Luftwaffe in Rechlin/Müritz deren Leiter Staatsrat Dr. Hans Plendl 2) war.
Die Station wurde 1942 erbaut und hatte die Aufgabe die Reichsführung von der Verwendung des Y-Verfahren zu überzeugen, da die Luftwaffenführung die eigenen Berichte über die Genauigkeit des Verfahrens nicht glaubte.
Da Hitler angeblich nicht die Zeit fand an der Vorführung teilzunehmen, machten sich hohe Militärs im März 1943 damit vertraut. Hierbei traf ein in Wels gestartet Flugzeug der 15./KGr. 6, nur durch die Leitstrahlen geführt, ein kleines Ziel am Truppenübungsplatz Grafenwöhr in Bayern. Die Vorführung verlief so überzeugend, dass in Folge einige Jagdverbände mit diesen Geräten ausgestattet wurden und so von den Jägerleitoffizieren in den Gefechtständen problemlos an die einfliegenden Bomber herangeführt werden konnten.
Nachdem diese Sonderaufgabe erfüllt war diente die Anlage der Weiterentwicklung des Y-Verfahren und Forschungszwecken.
Welche Bedeutung die Anlage hatte, zeigt auch die Tatsache das einer der in nur wenigen Stücken hergestellten mobilen Leitstrahlsender "Paul" sich zu Versuchszwecken in Haselbach befand.
Die Mannschaftsstärke betrug ca. 150 Mann. Die Einheit bestand aus Fliegeringenieuren der Abt. F, Gruppe II der deutschen Luftwaffe in Rechlin/Müritz und Soldaten der Luftnachrichtentruppe des 7.LnFlugs.Rgt.3. Die 7.Kp hatte den Sitz in Paris. 3)
Am Michelberg befanden sich zwei Y-Geräte (Deckname Fridolin I und Jochen), ein Peilsender (Deckname Wolfgang), Peilfahrzeuge und die Kaserne bestehend aus dem Wohngebäude und einer Garage.
Am Waschberg stand ein Y- Gerät (Deckname: Fridolin II) sowie bis 1944 ein UKW-Peilgerät FuSan 733 A80 (Deckname Heinrich).
Mit dem Näherrücken der Front wurde die Anlage am 10.April 1945 gesprengt.
1) BA-MA RL 6/10 Verzeichnis der baulichen Anlagen der Luftwaffe im Luftgau XVII
2) Staatsrat Dr. Hans PLENDL war Deutschlands führender Experte auf dem Gebiet der Funkmesstechnik. Nach dem Krieg wurde er im Rahmen der Operation „Paperclip“ in die USA gebracht und arbeitet dort für die USAAF.
3) Mitteilung Martin Waßmund (ehem. Funkmeßanlage Michelberg)
Quellen:
Mitteilungen ehem. Soldaten der Funkmessanlage
Haselbach
Korneuburger Kulturnachrichten Ausgabe 3/88
Fritz Trenkle "Die deutschen Funkführungsverfahren bis 1945" AEG Edition.
Internet
Most secret war, R.V. Jones
Bildnachweis:
Alle Bilder /Haselbach (†)
Legende zum Lubi:
1 Kaserne
2 "Wolfgang"- Peiler
3+4 Standorte der Meßbaken
5+6 alte Standorte der Baken