Munitionsfabrik G. Roth Felixdorf

#1
Im Zuge des 68. Fotorätsels möchte ich Euch gleich alles um die
Munitionsfabrik G. Roth Felixdorf vorstellen!

Pulver und Munitionsfabrik Mayr/G.Roth Felixdorf
1871 erwarb Josef Mayr die von C.Stibschütz Anfang der Vierzigerjahre des 19. Jahrhunderts gegründete Pulvermühle.
1893 beteiligte sich Georg(es) Roth mit der Firma Roth, die 1867 in Wien gegründet wurde an der Pulvermühle, welche 1908 von der G.Roth Aktiengesellschaft vollständig übernommen wurde.
Die G. Roth AG besaß neben einer Maschinenfabrik samt Stahlwerk und Eisengießerei in Wien Landstrasse auch eine Munitionsfabrik in Lichtenwörth (welche ca.1920 von der Hirtenberger Patronenfabrik ( Mandl) aufgekauft und stillgelegt wurde, im WK2 von den Gustloffwerken wieder in Betrieb genommen ) und eine Munitionsfabrik in Pressburg/Bratislava.
In Felixdorf wurden schon vor Ausbruch des WK1 hauptsächlich Frauen beschäftigt.

Hauptprodukte waren: Ammonsalpeter, Ammonschießpulver, Sicherheitssprengstoffe, Sprengkapseln, Sprengladungen, Minen, Torpedos, Wurf- und Handgranaten und hatte ein Laborierwerk für sämtliche Geschoßgattungen.

Mehrere Explosionen forderten viele Todesopfer, auch im Mun-Lager Großmittel, wo auch G.Roth angesiedelt war. Weiters gründete er den heutigen Heeresschießplatz Hölles als Versuchsschießstand.
Nur wenige Relikte erinnern daran heute noch, wie z.B. Elektrizitätswerk, das damals auch die Gemeinde versorgte, ehemalige Betriebseinfahrt, Wasserzulauf und Teilerwerk sowie einige Ruinen der Produktionsgebäude.
Die damalige Fabrik erstreckte sich auch auf Gemeindegebiet Matzendorf sowie Steinabrückl, wo noch das ehemalige Laborierwerk (heute adaptiert als Wohnhaus) und das ehemalige Direktionsgebäude (Haidemühle). Viele Anlagen mussten aufgrund der Friedensbestimmungen von St. Germain 1919 abgetragen werden und verschwanden.

Textzitate aus: Gerhard Stadler, Das industrielle Erbe Niederösterreichs

LG Mike

Natürlich gibts auch fotos:
Bild1 Fabrikseinfahrt
Bild2 Portierhäuschen
Bild3 Langgestrecktes Wohngebäude oder Verwaltung
Bild4, 4a-4b Elektrizitätswerk
 

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#3
Fotos 3

Noch ein paar...

Bild9 und 10 Beton- und Fundamentreste
Bild 11 Noch stehende Werksgebäude (dreiseitig Mauer eine Seite offen)
Bild 12 Innenansicht mit Einschüssen aller Kaliber
Bild 13 Detail (Hartkerngeschosse?)
Bild14 einige cm tief und ca 2cm im Dm steckendes Projektil
 

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#4
Fotos 4

Weitere....

Bild 15 Holzreste im Beton
Bild 16 Schrankenhalterung
Bild 17 Einzelgebäude
Bild 18 Kreisrunder Betonausschnitt zwischen den „Durchgängen“. Zweck??
Bild 19 und 20 T-förmige Mauerreste
 

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#5
Fotos6

und der Rest:

Auf den Tafeln sind alle Explosionsunfälle mit Datum und Name der getöteten MitarbeiterInnen vermerkt!

Ich hoffe, der Bericht ist für Euch interessant!

Lg Mike

Bild 24 Gedenkkapelle Friedhof Steinabrückl
Bild 25-27 Details
Die Inschrift von Bild 27 lautet:
„Die G.Roth Aktiengesellschaft
Abteilung Felixdorf
Ihrer im Dienste Verunglückten“​
 

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josef

Administrator
Mitarbeiter
#7
Hallo Mike,
:danke für den interessanten Bericht :superOK

Wusste nicht, bzw. habe es bei Stadler anscheinend übersehen, dass Roth bis Ende WKI (1919) auch in Felixdorf "werkte" :) Dachte immer, in Felixdorf/Sollenau gab es nur das "Böhlerwerk" und Roth sei bzw. war nur in Lichtenwörth...

lg
josef
 
#9
Wusste nicht, bzw. habe es bei Stadler anscheinend übersehen, dass Roth bis Ende WKI (1919) auch in Felixdorf "werkte" :) Dachte immer, in Felixdorf/Sollenau gab es nur das "Böhlerwerk" und Roth sei bzw. war nur in Lichtenwörth...
lg
josef
Bei Mötz findest du einiges mehr an Informationen bez. G.Roth

lg mike

Ps: Lichtenwörth ist auch in Arbeit.....
 
#11
Danke zeitgeist!

Die Mauern kannte ich zwar, wusste aber bis heute nicht welchem Zweck sie dienten. In dieser Gegend gibt es immer wieder Neues zu erkunden. :)
 
#13
Als Felixdorfer freut mich dieser Artikel besonders und ich bedanke mich ausdrücklich dafür. Steige immer wieder selber gerne zwischen den Resten herum.
 
#17
Roth Emil (1868-1954)
Die Roth AG exportierte 1914 jährlich mehrere hundert Millionen Patronen. Fabriksstandorte waren in Wien Erdberg, Pressburg, die Patronenfrabrik in Lichtenwörth und das Pulverwerk Felixdorf mit einer Kapazität bis 30 Tonnen pro Tag. 15.000 Beschäftigte während des Krieges.
1923 nur noch 410 Mitarbeiter. Der Umstieg auf Aluminiumgeschirre und andere Metallwaren sowie auf Leichtmotorräder und Fahrradmotoren war nicht von Erfolg gekrönt.
1927 Ausgleichsverfahren eingeleitet und 1929 (es war noch eine kleine Jagdpatronenfertigung in Lichtenwörth übrig) völlige Liquidierung.
Er war auch Besitzer der Villa Roth am Grundlsee. Dazu gibt es eigene interessante Geschichten aus dem dritten Reich.

Sein Bruder Roth Karl (1867-1930), auch Gesellschafter der Roth AG, hatte einen Palais in der Innnstadt von Wien bewohnt. Sehr grosse und exclusive Sammlungen über Möbel, Gemälde, Porzellane. Ostasiatike Sammlung als Generalkonsul des Kaiserreiches Persien. Nach 1918 Aufgabe des Palais, mit Bruder zerstritten. Bestimmte seinen Sekretär zum Alleinerben.
Die Kunstschätze wurden 1999 von der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG erworben.

Quelle: Roman Sandgruber, Buch: Traumzeit für Millionäre.
 
#18
Die Fa. Roth AG war, wie bekannt, ein sehr großer Heeresausrüster, welcher um 1930 wirtschaftlich zerbrach.

Im Dezember 1923 hat ein ehemaliger Generaldirektor der Roth AG seinen Ex-Arbeitgeber geklagt. Im Jahr 1919 ging er in Pension, mit der Firmenzusage von 1.000 Kronen, welche später auf 3.000 Kronen/monatlich erhöht werden sollten.
Die Roth AG hat weiterhin diesen Betrag überwiesen, obwohl durch Inflation völlig wertlos geworden (Vertrag hatte keine Indexanpassung, so wie heute üblich).
Das erste Gericht hat die Erhöhung auf 700.000 Kronen monatlich zugesprochen.

Wie der Fall am Ende ausging ist unklar und auch nicht mehr relevant, aber hier sieht man die große Gefahren einer Inflation.

Quelle: Anno, Tiroler Tagesanzeiger, Dezember 1923

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#19
Hallo Josef,
in deinem letzten Beitrag ging es "Aus dem Nichts", wo Inflation, finanzielle Krisen etc. angeführt wurden.
Ich habe das nun konkret auf ein persönliches Beispiel runtergebrochen - welches zufällig ein Direktor der Roth AG war, welche ja wiederum von der Inflation betroffen war.
 
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