Naturhistorisches Museum Wien: Neue "Fossilien-App" stellt Vernetzung zwischen Hobbysammlern und Paläontologen her

josef

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Citizen Science
Fossilien-App für Wanderung und Wissenschaft
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Bei Citizen Science Projekten kann jede und jeder zum Erfolg von Wissenschaft beitragen. Seit Kurzem etwa vernetzt eine Fossilien-App Hobbysammler mit einem Paläontologen. Ob man beim Wandern eine sensationelle Entdeckung gemacht hat, kann der Experte damit schnell erkennen.
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Die Idee kam ihm während des Lockdowns, erklärt Alexander Lukeneder, Paläontologe vom Naturhistorischen Museum Wien und Erfinder der Fossilfinder-App.

In den Monaten der Pandemie waren viele Menschen in der näheren Umgebung unterwegs, spazierten durch die freie Natur und stießen dabei auf erstaunlich viele fossile Fundstücke. Mit ihren Stein- oder Fossilfunden wendeten sie sich an das Naturhistorische Museum in Wien, um zu erfahren, was genau sie gefunden hatten. Daraus entstand die Idee, die gefundenen Fossilien auch für die Wissenschaft zu nutzen. Alexander Lukeneder, der all diese Anfragen persönlich beantwortete, ließ eine App entwickeln, mit der man gefundene Objekte per Foto hochladen kann.


Petra Lukeneder
Lukeneder bei der Arbeit

Eigene Funde bestimmen lassen
Suchen, finden melden, das ist das Leitprinzip beim Fossilfinder-Projekt. Kinder und Erwachsene können ihre Funde aus dem Urlaub oder von der Wochenendwanderung aus ganz Europa per App zunächst einmal bestimmen lassen, erklärt Lukeneder. Er möchte auf diese Weise die vielen Anfragen bündeln, die auf ihn zukommen, und zugleich die Fundstellen für Hobbyforscher und Wissenschaftlerinnen auf einer digitalen Karte aufbereiten.

Dank seiner jahrzehntelangen Erfahrung kann er die Bilder meist bereits online identifizieren. Wird es schwieriger, fordert er weitere Bilder an oder trifft sich auch persönlich mit den Findern. „Ich mache das schon 40 Jahre, ich vergleiche wie ein Computer die Fingerabdrücke meiner Fossildatenbank im Gehirn mit den Bildern, die ich geschickt bekomme, und da weiß ich zu 95 Prozent sofort, was es ist,“ beschreibt Lukeneder seine Vorgehensweise.

Landkarte fossiler Funde
Den Stein oder den Fossilfund kann man dann mit genauem Fundort in eine digitale Karte eintragen. Das Objekt selbst bleibt beim Finder oder der Finderin. Mit einer Ausnahme: Sollte der Fund für die Wissenschaft von Interesse sein und Eingang in eine Publikation finden, braucht das Naturhistorische Museum das Original-Objekt, erklärt Alexander Lukeneder.

„Für internationale Publikationen ist es unbedingt nötig, dass das Stück oder das Fossil eine Inventarnummer bekommt und wirklich in offiziellen großen Sammlungen liegt, also dass es nicht nach drei Jahren im Privatbesitz einfach verschwinden kann.“

Sollte es sich um neue Arten handeln, kann man das Objekt dann auch nach dem Finder oder der Finderin benennen. Ein Anreiz, allzu wahrscheinlich ist es aber nicht, gibt Lukeneder zu. Er schaut sich jedes Objekt persönlich an und kommentiert für alle einsehbar.

Auch er selbst hat, nach Hinweisen durch einen lokalen Sammler, einen sensationellen Fund gemacht. Er stieß auf einen Pliosaurierzahn aus der Unterkreidezeit bei Ebensee und brachte damit den Erstnachweis für Pliosaurier in Österreich.

NHM Wien/Christina Rittmannsperger
Original und Modell des Pliosaurier-Zahns am NHM

Manchmal stolpert man auch völlig unbeabsichtigt in einen fossilen Fund: Lukeneder berichtet von einem Hobbysammler, der beim Schwammerlsuchen in Tirol auf einen Mammutzahn gestoßen ist.

Günter Berger
Der beim Schwammerlsuchen gefundene Mammutzahn

Projekt nicht auf Österreich beschränkt
Die fossilen Funde müssen nicht aus Österreich stammen, damit sie von Alexander Lukeneder begutachtet werden. Er interessiert sich auch für Stücke aus dem Kroatien-Urlaub oder den Schweizer Alpen. Langfristiges Ziel ist es, ein europaweites Netzwerk an Citizen Scientists zu etablieren, die auch in den entlegensten Winkeln mit offenen Augen durch die Natur spazieren.
23.07.2021,Hanna Ronzheimer, Ö1 Wissenschaft

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