Niederösterreichisches Landesarchiv sucht alte Tagebücher

josef

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#1
Landesarchiv sucht alte Tagebücher
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Tagebücher können wahre historische Schätze darstellen. Aus diesem Grund ruft das niederösterreichische Landesarchiv auf, alte Tagebücher vorangegangener Generationen für wissenschaftliche Zwecke zu spenden.
Online seit heute, 7.49 Uhr
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„Tagebücher sind wertvolle Andenken an die Vorfahren, aber auch eine enorm wichtige historische Quelle“, betont das Landesarchiv und sucht daher Tagebücher aus Privatbesitz. Als „Weltgeschichte im Kleinen“ verstehen die Expertinnen und Experten die Einträge vorheriger Generationen, die es als verschriftlichte Erinnerungen zu bewahren gilt.

Wer Tagebücher zur Verfügung stellt, diene damit der historischen Forschung, heißt es vonseiten des Landesarchivs. Im Gegenzug bietet das Archiv den Spenderinnen und Spendern dafür eine professionelle Aufbewahrung sowie die Digitalisierung der Einträge an.

Tagebücher werden kostenlos digitalisiert
Die Tagebücher und autobiografischen Aufzeichnungen sollten älter als 50 Jahre sein, so die Voraussetzung. „Vielleicht interessiert sich die jüngere Generation nicht für diese Tagebücher bzw. fehlt es auch an Wissen und Möglichkeiten, diese historische Quelle richtig aufzubewahren. Wir bieten hier gerne unsere Dienste an und archivieren die Erinnerung an die Vorfahren in unseren Depots“, so Archivdirektor Roman Zehetmayer.

Dem niederösterreichischen Landesarchiv können die Schriften entweder als Schenkung oder als Leihgabe übergeben werden. Im zweiten Fall bleibt der Spender bzw. die Spenderin Eigentümer bzw. Eigentümerin der Aufzeichnungen. Das Landesarchiv betont, „dass die Datenschutzbestimmungen penibel eingehalten werden“. Zudem bietet das niederösterreichische Landesarchiv dem Überbringer des Tagebuchs ein kostenloses Digitalisat an.

Digitalisierung auch ohne Schenkung möglich
Somit kann man das Tagebuch auch kostenlos digitalisieren lassen, selbst wenn man es noch nicht aus der Hand geben will. Nach der Digitalisierung, so heißt es, könne man die handschriftlichen Aufzeichnungen wieder mit nach Hause nehmen, um sie dort aufzubewahren. In jedem Fall hofft man auf zahlreiche Spenden. „Tagebücher sind Schätze der Erinnerung, die das Leben, die Gedanken oder auch die Gefühle des Verfassers gleichsam bewahren und somit ein wesentlicher Bestandteil des kollektiven Gedächtnisses unserer Gesellschaft sind“, so der für Archive zuständige Landesrat Ludwig Schleritzko.
09.04.2023, red, noe.ORF.at

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Landesarchiv sucht alte Tagebücher
 

fkv

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#3
Die Tagebücher und autobiografischen Aufzeichnungen sollten älter als 50 Jahre sein, so die Voraussetzung.
Wenn man etwas geschenkt bekommen will, ist Rosinenpicken nicht nur unverschämt, sondern in diesem Fall geht das einfach nicht. Wenn man Nachlässe sichern will, muss man das tun, solang sie noch verfügbar sind. Wer heute eine Sammlung ohne sofortigen monetären Wert einem Verein oder Museum vermachen will, dem wird nur gesagt, dass man sie leider aus Platzmangel nicht annehmen kann. Die Sachen kommen dann in den Müll oder bestenfalls auf den Flohmarkt. Nach 50 Jahren beginnen die Sachen einen monetären Wert zu haben, und auf einmal ist überall Platz dafür. Aber dann existieren sie halt in den meisten Fällen nicht mehr. Falls doch, dann beindruckt das Versprechen einer "professionellen Aufbewahrung" niemanden, denn professionell aufbewahrt wurden sie offenkundig von den bisherigen Besitzern und nicht vom Landesarchiv.

Die Einschränkung auf Tagebücher kann ich noch weniger nachvollziehen. Was ist an einem Tagebuch interessanter als andere Aufzeichnungen? Noch dazu wird kein Erbe aus dem Nachlass nur das Tagebuch hergeben und alles andere weiter aufbewahren. Entweder alles oder gar nichts.
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
#4
Wer nicht schenken will, kann die Tagebücher auch als Leihgaben zur Verfügung stellen. Die Tagebücher werden dann digitalisiert und können im Original wieder vom Besitzer mit nach Hause genommen werden. Das Aufbewahren betrifft somit in erster Linie das Speichern der Digitalisate. Abgesehen von der Einschränkung auf Tagebücher, die älter als 50 Jahre sind, kann ich an dieser Aktion nichts Schlechtes finden. In der Praxis werden vermutlich sowieso auch Aufzeichnungen angenommen, die nicht in Tagebuchform vorliegen.
 

fkv

Active Member
#5
Vom Digitalsieren hat der Eigentümer nichts, und er braucht auch kein Landesarchiv dafür. Tagebücher sind keine Großformate, für die man spezielle Geräte braucht. Es reicht ein gewöhnlicher Multifunktionsdrucker, den fast jeder bei sich daheim stehen hat. Ich hab mir unlängst einen Scanner mit 1200 dpi um 89,90 € gekauft und bin überzeugt, damit eine bessere Bildqualität zu erreichen als das Landesarchiv. Warum also sollte man es nur für die Digitalisierung dorthin bringen? Damit riskiert man nur, dass es dort oder beim Transport beschädigt wird.

Interessant ist höchstens die Speicherung. In der Verlautbarung steht aber weder etwas von einer garantierten Mindestdauer, über welche die Digitalisate erhalten bleiben, noch wer darauf Zugriff hat, noch wer dann die Rechte darauf hat. Wenn nicht du dein Tagebuch digitalisierst, sondern das Landesarchiv, dann hast nicht du die Rechte auf das Digitalisat, sondern das Landesarchiv. Sie können es nach Belieben veröffentlichen, geheimhalten, verkaufen oder löschen. Ich schätze, sie lassen dich vorher noch einen Zettel unterschreiben, auf dem du ihnen alle Rechte zugestehst. Ich glaub nicht, dass sie dir irgendwas unterschreiben, dass du Rechte drauf hast. Wenn du selber etwas digitalisierst, dann hast du diese Rechte automatisch, aber dann verweigern sie die Speicherung.

Abgesehen von der Einschränkung auf Tagebücher, die älter als 50 Jahre sind, kann ich an dieser Aktion nichts Schlechtes finden.
Sie hat keine unmittelbaren schlechten Auswirkungen, aber mit so einer halben Sache wird die Chance auf positive Auswirkungen nicht ergriffen. In der Wirtschaft würde man von Opportunitätskosten sprechen. Selbst wenn das Landesarchiv später die Aktion z.B. auf Fotos oder neuere Tagebücher ausdehnt, wird der Effekt nicht der gleiche sein, wie wenn sie es gleich gemacht hätten, denn es wird nicht jedes Mal der Landesrat vorbeikommen und der ORF berichten.
 

struwwelpeter

Well-Known Member
#6
Urheberrecht kommt immer nur bei Veröffentlichungen zum Tragen.
Das reine Scannen stellt noch keine Verletzung des Urheberrechts dar (z.B. kannst du selbst Fotos von allem und jeden machen-soferne es nicht z.B. bei Veranstaltungen untersagt ist).
Eine Verletzung wäre eine anschließende Veröffentlichung ohne Genehmigung - (gilt nicht für "öffentliche Plätze").
Wobei der Begriff "Veröffentlichung" sehr spezifisch ausgelegt werden kann (mehrere Personen, ein Newsletter, im Internet, mit Handy weitergeleitet, ein E-mail......).

Es stimmt, es gibt z.B. Anbieter im Internet - bei welchem z.B. beim Hochladen von Fotos oder Videos - alle Rechte an den Anbieter übergehen.
Aber dies ist immer basierend auf einem (meist klein geschriebenen) Vertrag. z.B. Whatsapp übernahm ungefragt alle Handy Kontakte.
d.h. die Vertragsbedingungen des Landes NÖ in diesem Projekt wären interessant.
wahrscheinlich wird es irgendwie gespeichert und von einem Expertenteam ausgewertet. Veröffentlichungen dann nur anonymisiert - aber dies ist eine reine Vermutung von mir.

ANNO arbeitet z.B. auch mit Google zusammen Quelle
Dies betrifft aber nur urheberrechtfreie Werke - diese 70 Jahre Grenze.
 

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
#7
Die Speicherung erfolgt normalerweise auf unbegrenzte Zeit. Auch von den in Papierform vorliegenden Akten wird ja vor allem bei den Neuzugängen skartiert und nicht bei jenen, die ein gewisses Alter überschritten haben – beispielsweise aus der NS-Zeit wird nichts vernichtet, weil man über alles froh ist, was aus dieser Zeit überhaupt erhalten blieb. Vieles, auch älteres, ging ja 1944/1945 durch Bomben, Feuer oder Last-minute-Verbrennungen verloren. (Skartierung im Wiener Stadt- und Landesarchiv)

Wer nach Übergabe an das Archiv in die Archivalie Einsicht nehmen darf, bestimmt der Übergeber. Hier gibt es z.B. die Bestandsbeschreibung der „Kommission Wien 1945“ -> WAIS - Wiener Archivinformationsystem - Tektonik.
Damals hat man einen Aufruf an die Bevölkerung gestartet, Aufzeichnungen aus dem Zeitraum März–Juni 1945 zur Verfügung zu stellen, um sie wissenschaftlich auszuwerten (siehe pdf im Anhang oder hier). Auch bei dieser Aktion konnten die Übergeber festlegen, wer Einsicht nehmen darf. In diesem Fall gibt es meines Wissens aber für keine Archivalie eine Beschränkung, sodass sie für jede und jeden zur Forschung offen steht. Auch die Angabe des eigenen Namens war nicht verpflichtend, wie etwa hier -> WAIS - Wiener Archivinformationsystem - Tektonik.

Andere wiederum haben sich anscheinend dazu entschlossen, die übergebenen Stücke oder Papiere wieder zurückhaben zu wollen, was dann entsprechend im Aktenverzeichnis vermerkt wird. Vor Kurzem bin ich erst über so einen Akt gestolpert, finde ihn aber gerade nicht mehr im Verzeichnis.

Mit anderen Worten: Als Übergeber hat man durchaus Einfluss auf den weiteren Umgang mit den Archivalien.
 

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