Oral History / Erinnerungen

#21
Noch eine skurille Erinnerung:
Ich ging also in die Schule einer Stadt.
In den Turnstunden machten wir wir öfters Sportstunden im nahen Wald.
Wir 16 jährigen Buben wussten natürlich von den "Bunkern" im Wald.
Wir überzeugten unseren Lehrer und die gesamte Klasse inspizierte einen Bunker in voller Länge. Dieser war nicht ausbetoniert, und daher auch etwas unsicher.
Ob so etwas heutzutage noch möglich wäre?

Im übrigen hatten wir uns fallweise statt Schulsport Skiübertragungen im Fernsehen angesehen.....der Lehrer stieg bis zum Direktor auf...

und der Geschichtelehrer war in all den Jahren nur einmal zufrieden mit mir: als er meinen Nachnamen etwas verschlungen schrieb und daraus "Hitler" wurde. Er war sehr entzückt darüber.
 
#22
Und wieder eine Geschichte, welche das Leben schrieb:

Ein Tag bei Oma und Opa, wie so viele......
Opa erzählte also immer wieder diese Kriegsgeschichten, von Griechenland, Orel und wie er dort bei einem Hauseinsturz verschüttet wurde.
Und viele andere.....
Plötzlich erzählte meine Oma, wie die Russen in den Keller eingedrungen sind und sie vergewaltigt hätten, im Beisein aller Anwesenden.
Dies erzählte sie knapp vor ihrem Tode.
Ich dachte kurz nach "Ups, ich stamme von Russen ab" - dies ging sich aber rechnerisch nicht aus.
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#23
Es war einmal vor 46 Jahren...

Die Antwort auf Rätsel 234. "Waschmaschine aus Holz" von @struwwi,
Ein Gack-Fass?......
rief Erinnerungen an meine Bundesheerzeit wach:

Irgendwann im Spätsommer 1969 kam ich von der Schwarzenbergkaserne in Wals-Siezenheim nach St.Pölten in die Hesserkaserne zur ehemaligen 2. Kompanie des Radarbataillons mot. . Wie ich schon irgendwo geschrieben, wechselten wir in Gruppen im Wochenrhythmus zwischen St.Pölten (Ausbildung, Übungsbetrieb) und fixem Radar-Betriebsdienst in der damaligen Station Wien-Stiftskaserne (Flakturm).

Im Herbst 1969 fand im westlichen Niederösterreich ein großes Manöver mit Deckname "Bärentatze" statt. Wir bezogen mit dem Rundsicht-Radargerät AN/TPS-1E eine Stellung im Bereich der "Strengberge" in der Nähe von Stadt Haag (Bez. Amstetten). Soweit ich mich erinnere, lief der einsatzmäßige tägliche Manöverbetrieb in 4 wiederkehrenden Abschnitten ab: Radarbetriebsdienst/Bereitschaft/Wachdienst/Ruhe und begann dann wieder mit Betriebsdienst... Untergebracht waren wir in mit kleinen Öfen beheizten Gruppenzelten.

Da ja der Stellungsbereich nicht verlassen werden durfte, verbrachten wir die freie Zeit meist im benachbarten, für die Gegend typischen, Vierkanthof bei Speck, von der Bäuerin selbstgebackenem Brot und den dem Gebiet namensgebenden "Apfel- u. Birnensäften" :) (-> Mostviertel). Während so einer gemütlichen Runde in der heimeligen Stube verspürte ich einen gewissen Drang und ersuchte, das Klosett benützen zu dürfen. Da wurde die Bäuerin ganz unruhig und stammelte ganz verlegen, ob es mir "eh nichts ausmache", sie seien noch
Schaffelscheisser...

In einer vom Flur aus zu erreichenden Kammer fand ich ein einem altehrwürdigen Plumpsklo
ähnliches Holzfass vor, welches bei Erreichung einer bestimmten Füllhöhe in die hofeigene Güllegrube entleert wurde.

Jedenfalls ersparte ich mir den Weg zur weiter abseits am Waldrand von der "ZBV-Gruppe" (-> ZBV: Zur besonderen Verwendung...) errichteten und "gewarteten" Feldlatrine (Plumpsklo). Die heute verwendeten mobilen "Dixi.Klos" gab es damals noch nicht...
:D
 
Zuletzt bearbeitet:
#24
Die heute verwendeten "Dixi-Klos" gab es damals noch nicht :D
Wobei – und auch ich darf hier aus persönlicher Erfahrung sprechen – deren Benützung durchaus zur Herausforderung werden kann, wenn der Füllstand nach einer Zeit besonders großzügiger Nahrungsversorgung durch die Truppenküche (und möglicherweise etwas zu optimistischer Planung seitens des Toilettenbereitstellungsverantwortlichen) eine „interessante“ Höhe erreicht.

Da bleibt oft nur der Aushub einer persönlichen Behelfslatrine – stets dem armen Kameraden gedenkend, der vielleicht schon morgen an genau dieser Stelle beim Graben einer Schützenmulde nach anfänglicher Freude über den lockeren Boden eine unangenehme Überraschung erleben wird.
 
#25
Quecksilberschalter

Meine persönliche Erinnerung:
Irgendwann um 1975 begannen wir auch stillgelegte Fabriken zu besuchen.
Wir hatten da eine Papierfabrik, in welcher auch ein eigenes Flusskraftwerk zur Stromerzeugung installiert war. Zuerst vorsichtig, aber nach mehreren Besuchen montierten wir dort munter die Messgeraete ab (Voltmeter, Amperemeter etc.), kurz alles was irgendwie interessant erschien.
Mit Fahrraedern haben wir den Fund nach Hause transportiert und dort in alle Einzelheiten zerlegt.

Wir haben auch nach versteckten Objekten gesucht und eine massive Eisentuer war immer abgeschlossen. Eines Tages war diese jedoch offen und dieser Raum war mit einem hohen (einige Meter hoch) Eisengitter geteilt. Auf der nicht zugaenglichen Seite des Raumes war ein Messgeraet mit Quecksilber. Ich war schon ca. die Haelfte des Zaunes hochgeklettert um auf die andere Seite zu kommen um dieses Geraet abzubauen. In diesem Augenblick schrie mir mein Freund zu „geh bleib da, es zahlt sich nicht aus - dort drueben ist ja nicht viel“. Daraufhin bin ich zurueck.

Einige Zeit spaeter besuchte eine andere Gruppe Jugendlicher diese Fabrik und einer davon ueberkletterte diesen Zaun. Es war jedoch eine unsichtbare Eisenschiene am Plafond eingezogen, welche unter Starkstrom war. Dieser Jugendliche wurde, nachdem er in die Naehe des Stromkreis kam, von diesem angezogen und stuerzte tot ab.
Das Teil mit Quecksilber war ein Hochspannungsschalter, der funkenfrei schaltet. Glück gehabt
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#26
Erinnerungen an das Jahr 1955...

Als Jahrgang 1950 möchte ich hier einmal meine vagen Erinnerungen an die sowjetische Besatzungsmacht, eingebettet in weitere Erinnerungen aus frühesten Kindertagen, niederschreiben:

Informationen vom Welt- und Lokalgeschehen, über Sport usw. bezog man damals über Radio und Zeitungen, Fernsehen als alles umfassende Informationsquelle kannte man damals (1955) noch nicht. Bei uns im Bezirk Krems gab es 2 wöchentlich erscheinende Regionalblätter, die „Landzeitung-Ausgabe Bezirk Krems“ (Faber-Verlag, Krems) und die „Kremser Zeitung“ (Niederösterreichisches Pressehaus St.Pölten). Einem Ritual gleich, begab sich mein Vater Montags immer zum örtlichen Kaufmann, um sich eine der vorgenannten Regionalzeitungen (welche kann ich nicht mehr genau sagen) und eine ebenfalls wöchentlich erscheinende Sport-Zeitung (Welt- oder Sport am Monatag oder so ähnlich…), zu kaufen. Hauptgrund des wöchentlichen Zeitungskaufes waren die Fußballberichte und Spielergebnisse (die sonstige lokale Berichterstattung war eher Nebensache…). Verbunden war dies immer mit ausführlichen Diskussionen über die Spiele des vorangegangenen Wochenendes mit dem befreundeten Kaufmann und weiteren anwesenden Fußballfreunden….

Einmal durfte ich meinen Vater zum Zeitungskauf in das Geschäft begleiten. Auf einmal drang ein ohrenbetäubender Lärm, ausgehend von der vorbeiführenden Ortsstraße, in den Laden. Der Boden begann zu beben, Gläser klirrten in den Regalen… Einige Kundinnen begannen zu kreischen , worauf ich mich ängstlich an den Vater klammerte. Die anwesenden Männer lächelten, sicher wegen der überreagierenden hysterischen Frauen :D bzw. kannten die meisten diese Geräusche aus der Kriegszeit. Vater nahm mich bei der Hand und wir traten auf die Straße. Dort fuhr gerade eine russische Panzerkolonne durch den Ort. Das damalige Kopfsteinpflaster aus Granit erhöhte noch den Lärmpegel und der Gehsteig vibrierte. Kann mich nicht erinnern, glaube aber kaum, dass die Ketten der Panzer mit geräuschdämpfenden Gummistollen versehen waren.

Ebenfalls noch gut in Erinnerung ist mir neben den für meine Kinderohren fast unerträglichen Lärm auch der enorme Gestank der Motorabgase. Zwischen den Häusern über der Straße lag ein stinkender Abgasnebel, der noch lange nach der Durchfahrt der Kolonne zu sehen und riechen war.

Trotz meiner damals erst 5 Lebensjahre habe ich dieses Kindheitserlebnis noch ausführlich in Erinnerung! Jahre später erklärte mir mein Vater, dass es sich bei den Panzern von damals um T 34 handelte…



Noch eine Erinnerung:
Irgendwann 1955, jedenfalls noch vor dem Abzug der sowjetischen Besatzer, fuhr ich mit meiner Mutter mit dem Bus nach Krems. Auf der Straße vor der heutigen „Raab-Kaserne“ Mautern wurde der Bus von einem Trupp bewaffneter Sowjetsoldaten gestoppt. Die Soldaten kontrollierten die Fahrgäste und durchsuchten das Fahrzeug ganz genau ohne irgend ein Ergebnis. Dann konnte die Fahrt fortgesetzt werden. Die Rückfahrt aus Krems erfolgte mit der Bahn. Bekannte erzählten meiner Mutter, dass bei der Hinfahrt nach Krems der Zug im Bahnhof Furth-Palt ebenfalls von russischen Soldaten genauestens kontrolliert bzw. durchsucht wurde.

Später erfuhren wir durch einen befreundeten Eisenbahner, dass es einige solcher Aktionen (Straßen- und Zugskontrollen im Hinterland, nicht nur an der Zonengrenze) durch die Sowjets gab. Angeblich sind damals knapp vor dem Abzug laufend Sowjetsoldaten desertiert! Manche, denen der genaue Abzugstermin bekannt war, „tauchten unter“ und versteckten sich bei österreichischen Freunden. Andere versuchten, sich mittels diversen Fahrgelegenheiten, öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus) usw. ins westliche Niederösterreich durchzuschlagen, um dann über die Demarkationslinie an der Enns in die US-Zone zu gelangen. Wäre interessant, wie groß die Anzahl der sowjetischen Deserteure war…?
 
Zuletzt bearbeitet:
#27
Erinnerungen um das Jahr 1955...

Informationen vom Welt- und Lokalgeschehen, über Sport usw. bezog man damals über Radio und Zeitungen, Fernsehen als alles umfassende Informationsquelle kannte man damals (1955) noch nicht.
Ich denke, Radio duerfte damals schon recht umfassend und informativ gewesen sein, zumal sich jeder damit auskannte. Waehren der NS Zeit hatte offenbar jeder heimlich BBC gehoert, und auch in der Besatzungszeit duerfte das US-amerikanische Blue Danube Network sogar Live Sportuebertragungen aus den USA gebrach haben, die man mittels Kurzwelle zufuehrte und dann ueber Mittelwelle in der US-Besatzungszone berbreitete, so laut Aussagen meines Grossvaters. Nicht nur Wien, Salzuburg und Linz hatten da einen Sender, auch der Flughafen in Tulln hatte lt. Berichten meines Grossvaters, der damals Englisch konnte, und sich dafuer interessierte, einen Sender des Blue Danube Networks.

In der engeren Verwandschaft wurde damals bei uns in Niederoesterreich der Sender "Rot-Weiss-Rot" gehoert, offenbar das Programm, dass die meisten Hoerer und die goesste Glaubwuerdigkeit in Wien und Niederoesterreich hatte. "Rot-Weiss-Rot" kam entweder suedl. von Linz an der Grenze zu Niederoesterreich oder aus der US-Zone in Wien. (Radio Wien, dass damals bereits aus zwei Programmen bestand, traute man damals offenbar nicht, da der Sender zu sehr von den Russen unter Kontrolle war) Hauptthema in den Nachrichten waren die endlosen und sich hinziehenden Verhandlungen um den Staatsvertrag. Auch wenn der Ausgang der Verhandlungen negativ war, wurde die Hoffnung in der Bevoelkerung nicht aufgegeben, bis es dann 1955 endlich so weit war.

Erste Versuchssendungen im Fernsehen duerfte es im Sommer 1955 in Oesterreich bereits gegeben haben, dem Normalbuerger war dies aber nicht zugaenglich. Wer sich fuer diese Entwicklung interessierte, las darueber vielleicht in der Zeitung. Lebte man auf dem Lande, so traf man sich im oertlichen Gasthaus, so auch am dem Tage an dem der Staatsvertrag unterzeichnet wurde. Ueberall im Ort, auf oeffentlichen und privaten Gebaeuden, war die oesterreichische Flagge zu sehen, und so auch in den folgenden Jahren am 15. Mai. Der 28. Oktober folgte erst viel spaeter.

Angeblich sind damals knapp vor dem Abzug laufend Sowjetsoldaten desertiert! Manche, denen der genaue Abzugstermin bekannt war, „tauchten unter“ und versteckten sich bei österreichischen Freunden und ein Teil versuchte, sich mittels diversen Fahrgelegenheiten, öffentlichen Verkehrsmittel (Bahn, Bus) usw. ins westliche Niederösterreich durchzuschlagen, um dann über die Demarkationslinie an der Enns in die US-Zone zu gelangen. Wäre interessant, wie groß die Anzahl war…?
Gehoert habe ich von so einer Geschichte nie, dies liegt aber auch wohl darann, dass unsere Familie nicht in einer strategisch oder geographischen Ecke Oesterreichs lebte, und die Russen sogar aus dem Ort noch vor 1950 abgezogen sind, und alles in einer nahegelegen Kleinstadt in naechster Naehe zusammengelegt hatten. Lediglich ein USIA Betrieb blieb im Ort, der sich auf Grund von gerell guenstigen Preisen und russichen Fotoapparaten an Bliebtheit erfreute.....
Die Anzahl Derjenier die die Flucht gerne versucht haetten, oder versuchen wollten, waere vermutl. weitaus groesser gewesen, als Diejenigen die bei Oesterreichern Unterschlupf gefunden haetten. Ich hatte es aus Berichten in der Verwandtschaft so mitbekommen, dass die Russen mehrheitlich unbeliebt waren ( Pluenderungen, Vergewaltigungen und exzessiver Alkoholkonsum bis hin zur politischen Linie), und kaum jemand mit ihnen etwas zu tun haben wollte. Selbst nicht innerhalb der KPOe, die ohnehin in Oesterreich sehr sehr schwach war.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#28
Erinnerungen um das Jahr 1955...

Ich denke, Radio duerfte damals schon recht umfassend und informativ gewesen sein...
...wurde damals bei uns in Niederoesterreich der Sender "Rot-Weiss-Rot" gehoert, offenbar das Programm, dass die meisten Hoerer und die goesste Glaubwuerdigkeit in Wien und Niederoesterreich hatte. "Rot-Weiss-Rot" kam entweder suedl. von Linz an der Grenze zu Niederoesterreich oder aus der US-Zone in Wien...
Auch der Sender „Rot-Weiß-Rot“ ist in meinen Kindheitserinnerungen im weitesten Sinne präsent:
Eine längst verstorbene Verwandtschaft wohnte in der „aus der Stadt“ Richtung Wienerwaldberge hinausführenden Baumeistergasse im 16. Wiener Gemeindebezirk. Mit den Eltern war ich bis ca. 1957 dort oft auf Besuch. Von den Fenstern im 1. Stockwerk des Hauses sah man in Richtung Wilhelminenberg den oberen Teil des Sendemasten der Sendergruppe „Rot-Weiß-Rot“, der sich, wie ich später eruierte, auf den Steinhofgründen in Penzing befand. Gut in Erinnerung ist mir noch das Blinken der roten Lichter der Flugwarnlampen in den Abendstunden…


Weitere bleibende Erinnerungen stammen vom Weg von bzw. zur Straßenbahnstation Wilhelminenstraße/Sandleitengasse:
Von der Baumeistegasse zur vorgenannten Station benutzten wir damals einen eher als Feldweg zu bezeichnenden Abkürzungsweg. Lt. Blick auf eine aktuelle Karte müsste das im Bereich der heutigen „Winterburgergasse“ zur „Roterdstraße“ gewesen sein. Stadtauswärts waren Schrebergärten und auf der Seite Richtung Sandleitengasse war ein Werksteil der „Austria Emailwerke“. Die großen Werkshallen hatten noch einen dunkelgrünen Tarnanstrich aus der Kriegszeit, was für mich damals irgendwie bedrohlich wirkte :) Auf dem ehemaligen Werksgelände befinden sich nun Wohngebäude, ein Supermarkt und eine Sporthalle.

Im Kreuzungsbereich Wilhelminenstraße/Sandleitengasse war ein weiterer Werksteil der „Austria Emailwerke“ und schräg gegenüber, stadteinwärts gelegen, waren die „Warchalowski-Werke“. Die 3 Betriebe waren über kompliziert verlaufende Gleisverbindungen an die Verbindungsbahn – Bereich Ottakring, angebunden. (-> siehe Plan im Anhang)

Die Bahngleise waren im Straßenniveau verlegt und querten die Straßenbahngleise und die Straßen, kamen aus einem Hallentor und verschwanden auf der anderen Seite wieder hinter einem Einfahrtsportal bzw. einem weiteren Tor…ein richtiges Schienen-Wirrwar im Umfeld der Straßenkreuzung. Beeindruckt war ich, als einmal eine kleine Diesellok mit einem Güterwagen dort rangierte!

1. Der ehemalige Sendemast von „Rot-Weiß-Rot“ © http://www.buergmann.net/penzing/bilder.htm#Steinhofgruende

2. Plan der Anschlussbahn Austria Email u. Warchalowski – nur Hauptgleise ROT => Anschlussbahn über Drehscheibe von der Verbindungsbahn kommend, GELB => Warchalowski, BLAU => Austria Email (Skizze dürfte von @cerberus9 stammen?)
 

Anhänge

Zuletzt bearbeitet:

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
#29
Erinnerungen um das Jahr 1955... (US-Radiosender RWR)

Auch der Sender „Rot-Weiß-Rot“ ist in meinen Kindheitserinnerungen im weitesten Sinne präsent:
Eine längst verstorbene Verwandtschaft wohnte in der „aus der Stadt“ Richtung Wienerwaldberge hinausführenden Baumeistergasse im 16. Wiener Gemeindebezirk. Mit den Eltern war ich bis ca. 1957 dort oft auf Besuch. Von den Fenstern im 1. Stockwerk des Hauses sah man in Richtung Wilhelminenberg den oberen Teil des Sendemasten der Sendergruppe „Rot-Weiß-Rot“, der sich, wie ich später eruierte, auf den Steinhofgründen in Penzing befand. Gut in Erinnerung ist mir noch das Blinken der roten Lichter der Flugwarnlampen in den Abendstunden…
Auch hier gibt es dazu ein paar Bilder der verbliebenen Reste -> http://www.geheimprojekte.at/ort_wien_steinhof.html
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
#30
Erinnerungen um das Jahr 1955...

Ich meine mich nun dunkel zu erinnern, auf das Gespraechsthema kamen wir, als ich mal in Oesterreich am Radio herumdrehte, und auf einem ORF Programm, entweder Oe-Regional oder Oe3 die Sendung "Sport und Musik" kam. Mein Grossvater hoerte dies zufaellig, und meinte, dass sich diese Kennmelodie seit 1950 nichtmehr veraendert hatte.

Wien duerfte in der Besatzungszeit Berichten zu folge eine relativ lebhaften Rundfunklandschaft gehabt haben. Da gab's Radio Wien mit zwei Programmen, einmal "Blue Danube Network", "Rot Weiss Rot" und "Alpenland". Die Briten duerften ebenfalls einen Radiosender in Wien betrieben haben, der ebenfalls wie das Blue Danube Network auf Englisch war. Die Russen hatten angeblich nie einen russischsprachigen Radiosender in Wien.

Gesprochen wurde auch von Filmen, insbs. den Film "1. April 2000", der sich damit beschaeftigt, eine oesterreichische Identitaet zu zeigen, und den Besatzungsmaechtenzu vermittlen, dass man eigentlich ihren Abzug wuenscht und von oesterreich keine Stoerung des Weltfriedens mehr ausging. Die Handlung war im Jahr 2000, und Oesterreich waere immer noch besetzt.

Eine längst verstorbene Verwandtschaft wohnte in der „aus der Stadt“ Richtung Wienerwaldberge hinausführenden Baumeistergasse im 16. Wiener Gemeindebezirk.
Da war eine Reise ueber die Zonengrenzen hinweg erforderlich. Berichten zu Folge wurden ab dem Jahr 1953 keine Ausweise mehr kontrolliert. Auch hoerte ich Berichte, dass in den ersten Jahren der Besatzungszeit eine Reise ueber die Zonengrenze hinweg kaum moeglich war, nach einigen Jahren mit viersprachigen Ausweisen, ab 1953 ohne Behinderungen.

Berichtet wurde auch immer wieder, dass direkt nach dem Staatsvertrag zwar bekannt war, dass auslaendische Truppen abzogen, aber nicht alle Teile in der Bevoelkerung ueber einen genauen Abzugstermin informiert waren. Der 26. Oktober duerfte erst einige Jahre spaeter als Nationalfeiertag festgelegt worden sein. In einigen laendlichen Teilen Oesterreichs verfolgte man Nachrichten offenbar auch nicht immer so genau, und als das neue oesterreichische Bundesheer mit russichen Panzern herumfuhr gab's auch mal die Beschimpfung, "die Russen sollen doch endlich abziehen". Dass diese Panzer bereits in Verwendung des oesterreichischen Bundesheers standen, war vielen nicht gleich bekannt, jedoch sofort bekannt, dass es sich rein optisch von der Bauart um einen russischen Panzer handelte.

Berichtet wurde auch immer wieder das die Briten dem oesterreichischen Bundesheer eine Reihe von Jeeps hinterlassen hatten, die sowohl im Links- als auch im Rechtsverkehr einsatzfaehig gewesen waeren, durch einen einfachen Umbau, von Lenkrad und Pedalen.

Wenig berichtet wurde ueber irgendwelche Nahrungsmittelhilfen. Wenn haetten dies ohnehin nur die US-Amerikaner gemacht, und mehrheitlich die US-Zone betroffen. Vermutl. lag es darann, dass man sich auf dem Land eher selbst versorgte, Huehner oder Ziegen selbst hielt, und selbst Gemuese anbauen konnte. Berichten meines Grossvaters zu folge, war das Ueberleben nach dem Krieg auf dem Land leichter als in der Stadt.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#31
Erinnerungen um das Jahr 1955...

...Da war eine Reise ueber die Zonengrenzen hinweg erforderlich. Berichten zu Folge wurden ab dem Jahr 1953 keine Ausweise mehr kontrolliert. Auch hoerte ich Berichte, dass in den ersten Jahren der Besatzungszeit eine Reise ueber die Zonengrenze hinweg kaum moeglich war, nach einigen Jahren mit viersprachigen Ausweisen, ab 1953 ohne Behinderungen...
Jedenfalls kann ich mich Ende 1954 - 1955 an keine Kontrollen erinnern, was vorher war, ist leider in meinem Langzeitgedächtnis nicht mehr gespeichert :D

Der 26. Oktober duerfte erst einige Jahre spaeter als Nationalfeiertag festgelegt worden sein...
Ja, der Nationalfeiertag wurde erst später festgelegt. Ab meiner Einschulung 1956 war das der "Tag der Fahne"! Da wurden kleine rot-weiß-rote Papierfähnchen gebastelt und damit die Fenster geschmückt, es gab eine Schulfeier mit Ansprache des Direktors - deren Inhalt wir "Kleinen", (1. bzw. 2. "Klassler") nicht verstanden, aber danach war frei...:D

Fälschlich wird der 26. Oktober mit dem Abzug des letzten Besatzungssoldaten in Verbindung gebracht. Richtig ist, dass am 26.10.1955 im Nationalrat die "immerwährende Neutralität" beschlossen wurde!
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#32
"Lokalisierungsbemühungen" des Standortes "RAD-Lager Purk bei Ottenschlag"

Gestern trieb ich mich im südlichen Waldviertel zwecks Erkundung ehemaliger Bergbautätigkeiten um. Dabei versuchte ich als „Beiwerk“ die Lage des RAD Lagers Purk bei Ottenschlag (2/354) zu finden.
Zwar als Thema für "Oral History" ein wenig OT - betrachte das Nachfolgende als "Erlebnisbericht zur Aufklärung eines historischen Sachverhaltes". ;) Den Ablauf des „Lokalisierungsvorganges“ zur Eruierung des Lager-Standortes will ich Euch nicht vorenthalten:

Vorerst musste in dem tagsüber fast „entvölkerten“ Ort Purk eine Auskunftsperson gefunden werden, was gar nicht so einfach war: Gemeindeamt einige Kilometer entfernt im Hauptort Kottes, keine Geschäfte, Gasthaus erst ab 16h geöffnet usw.! Hatte ja speziell im Waldviertel schon die tollsten Erlebnisse bei der Suche nach Zeitzeugen, wenn ich nur an Spielberg denke…

Endlich fand ich eine junge Frau die gerade über den Hof ging um meine Frage(n) zu stellen, sie hörte bisher nichts über ein Arbeitsdienstlager und nahm mich gleich zu ihrer Mutter ins Haus mit, diese war aber eine „Zugezogene“ (Zuagroaste...) und wusste auch nichts. Sie verwies mich an einen ehemaligen Schuldirektor und Heimatforscher, wohnhaft am anderen Ende des Dorfes. Beim gut beschriebenen Haus angekommen, traf ich auf eine liebevolle alte Dame, die mir mitteilte, dass ihr Gatte schon vor Jahren verstorben sei. Wir unterhielten uns angeregt über alles Mögliche, leider konnte sie mir den genauen Standort des ehemaligen Lagers auch nur vage als „ein Stück nach Weikartschlag am Waldrand rechts der Straße nach Ottenschlag“ beschreiben. Zum Abschied schenkte sie mir noch eine von ihrem Mann 1972 verfasste Schulchronik von Purk, leider ohne einen Hinweis auf das RAD-Lager ...

Also auf ins benachbarte Weikartschlag und weiter den sanften Hügel hoch, nur wo? Beidseitig der Straße hinter schmalen Feld- und Wiesenstreifen verlief kilometerlang der „Waldrand“… Ein Bauer, der mit dem Traktor unterwegs war, erklärte mir, dass das Lager auf der anderen Straßenseite “weiter drinnen“ im Wald war, kannte aber die Örtlichkeit auch nicht exakt. Nach kurzer Überlegung, ob ich die Suche wegen „sportlicher Wertlosigkeit" lassen solle, entschied ich in Anbetracht dessen, dass ich doch knapp vor dem irgendwo in nächster Nähe befindlichem Ziel sei, nicht aufzugeben!

So fuhr ich wieder zurück nach Weikartschlag und sah mich bei den ersten Häusern am Ortsanfang um. Natürlich war auch hier niemand auf der Straße, im Hof oder im Garten! Ein großer schwarzer Hund kam, verbellte mich vorerst und schmiegte sich dann länger an meine Jeanshose (wollte sichtlich das juckende Winterfell loswerden…). Im Innenhof des stattlichen Bauernhofes fand ich die Tür zum Wohntrakt versperrt, läutete kurz und die Altbäuerin erschien. Sie reagierte ebenfalls sehr freundlich auf meine Frage und rief gleich den Ehemann. Der 82ig jährige Altbauer erzählte mir, wie er damals als Volksschüler die Burschen des RAD beobachtete, wenn sie auf der großen Wiese vor dem Lager Sport betrieben oder mit dem Spaten exerzieren mussten. Er beschrieb mir auch die Lage nach dem Ortsende links der Straße nach Ottenschlag und erzählte weiters, dass nach dem Krieg die Baracken abgerissen und verkauft wurden. Die Abwicklung der Lagerauflösung erfolgte angeblich durch die Bezirkshauptmannschaft. Bis auf einige Wassergräben, eingeebnete Geländestreifen und einige überwucherte Betonbrocken bzw. kleine Steinhaufen erinnert heute nichts mehr an das Lager! Die Altbauernfamilie wollte unbedingt, dass ich noch für einen „Tratsch“ in die Stube komme, was ich aber wegen meiner noch geplanten weiteren Besichtigungen dankend ablehnte… :D

1. - 2. Purk (Teil der Marktgemeinde Kottes-Purk
3. Schulchronik Purk aus 1972
4. Waldviertler Hochfläche mit der Katastralgemeinde Weikartschlag im Mittelgrund
 

Anhänge

Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#33
"Hiata und Hiatahittn"

Möchte den Thread „wiederbeleben“ und mit einem Beitrag als Ergänzung zum Bericht von @Bunker Ratte über die „Alte Joiser Weingartenhiatahittn“ beginnen:

In der Region um Krems bzw. in meinem Geburts- und Wohnort gab es noch bis etwa 1957-58 Weingartenhüter, in der Umgangssprache als „Hiata“ bezeichnet. Nachfolgend ein kurzer Bericht basierend auf eigene Erinnerungen bzw. Erzählungen der „Altvorderen“:

Je nach Größe des zu überwachenden Gebietes wurden zwei bis drei „Hiata“ von der jeweiligen Gemeinde aufgenommen. Sie mussten einen einwandfreien „Leumund“ haben und wurden vom Bürgermeister per Handschlag zur Erfüllung ihrer Pflichten vereidigt.

Sie hatten für die vorgegebene Zeit, meist ca. 2 Monate bis Ende der Weinlese, Amtsgewalt für die übertragene Aufgabe, die Weintrauben und das zur gleichen Zeit heranreifende Obst vor Dieben zu schützen.

Als „Stützpunkt“ diente eine kleine gemauerte Hütte, die „Hiatahittn“. Diese „Hittn“ befand sich etwas außerhalb des Ortsgebietes mitten in den Weinrieden und die spartanische Einrichtung bestand aus Bett („Holzpritsche“ – ähnlich der Jahre später erlebten „Pritschen“ in Wachlokalen von BH-Kasernen), Tisch, Sessel und einem kleinen Ofen. Dies alles in einfachster Ausführung…

Die Zwischenmahlzeiten wurden in der Hütte eingenommen, zum Mittagessen gingen die „Hiata“ (zu unterschiedlichen Zeiten) nach Hause.

Ein „Hiata“ war meistens in den Weingärten unterwegs, zu bestimmten Zeiten waren beide Hüter draußen. Zur Verständigung bei Gefahr usw. hatten sie eine „Trillerpfeife“! Eine von der Gemeinde beauftragte Person (Gemeinderat…) überprüfte von Zeit zu Zeit die „Hiata“, ob sie auch ihren Überwachungsaufgaben nachkamen und nicht in der „Hittn“ schliefen. Dies geschah ebenfalls mittels bestimmten Pfeifsignalen mit der Trillerpfeife…

Erkennbar waren die „Hiata“ durch den „Kalmuckjanka“ und ein Kräutersträußl am Hut. Zur weiteren „Ausrüstung“ in unserer Gegend gehörten neben der Trillerpfeife noch ein Fernglas, eine starke Taschenlampe und ein Stock.

Eine weitere Aufgabe der „Hiata“ während der Weinlesezeit war die Kennzeichnung von Feldwegen und Steigen in den Weinrieden mit Verbotsschildern. Dazu wurden an den Wegen mit Schildern wie „Verbotener Weg“ versehene Holzpflöcke eingeschlagen, die ortsfremden Personen die Benützung untersagten! Als Kennzeichen, dass es sich um von „Hiatern“ überwachte Wege bzw. Gebiet handle, waren die Pflöcke zusätzlich noch mit kurzen, gekreuzten Hölzern (ähnlich einem Andreaskreuz) versehen.

Dazu sind mir auch noch Hinweise/Belehrungen auf „Verhaltensmaßnahmen“ während der Weinlese des Volksschuldirektors in der 1. bis ? Klasse (1956 – ca. 58) dunkel in Erinnerung. Dabei kamen neben den „Verbotenen Wegen“ auch die Gefahren durch Gärgase in den Weinkellern zur Sprache!

Die Bauweise der „Hiatahittn“ inklusive deren Ausstattung, die Adjustierung der „Hiata“ sowie das Überwachungsprozedere ist bzw. war natürlich von Region zu Region verschieden!

Ob und wie viele Weintraubendiebe von den „Hiatern“ gestellt wurden und welche Strafen verhängt wurden, kann ich nicht sagen…
 
Zuletzt bearbeitet:

Bunker Ratte

Well-Known Member
#34
Danke Josef, für die ausführlichen Ergänzungen zu den Hiatern von den Hiatahittn! Scheint auch ein interessantes Thema zu sein.

Lg
Michi
 
Zuletzt bearbeitet:

josef

Administrator
Mitarbeiter
#35
Irgendwann Anfang April 1969

Vor 50 Jahren, im April 1969, musste ich meinen Grundwehrdienst beim ÖBH antreten. Dazu ein kurzer Bericht über die im „Langzeitgedächtnis“ hängengebliebenen Erinnerungen an den ersten Tag:

Meinem bei der Musterung 1968 geäußerten Wunsch, den Präsenzdienst bei den Luftstreitkräften, speziell bei der Flieger-Tel oder Radar-Truppe abzuleisten, wurde entsprochen! Möchte noch hinzufügen, damals gab es noch keinen Wehrersatzdienst in Form von Zivildienstleistung – Wehrdienstverweigerung ohne triftigen Gründen war strafbar! Wer z.B. ohne entsprechende Entschuldigung der Musterung fernblieb oder den angeordneten Einrückungstermin nicht folgte, wurde von der Militärstreife (D -> Feldjäger) „abgeholt“!

Der Einberufungsbefehl lautete demnach für mich „Flugmelderegiment (Flum) - Ausbildungskompanie Radar-Bataillon (mot)" in der Schwarzenbergkaserne Wals-Siezenheim.

Und so ging es am Morgen des Einrückungstermines mit dem Zug nach St. Pölten, wo auch schon mehrere Leidensgenossen am Bahnsteig zur Fahrt Richtung Westen warteten. Der von Wien kommende Zug nach Salzburg war hauptsächlich mit Rekruten besetzt und es ging in den Waggons dementsprechend zu…;)

Wobei aber der Lärmpegel in den Waggons vor Linz etwas sank, da die zur „Flieger-Truppe“ einberufenen Kameraden etwas „kleinlaut“ wurden, da sie ja in Linz den Zug verließen um zur Ausbildungskompanie nach Hörsching zu gelangen… Die leeren Plätze füllten sich bis Salzburg bei den folgenden Zwischenhalten in Wels, Attnang-Puchheim usw. wieder, da ja die verschiedenen Truppenkörper in der größten Kaserne Österreichs ebenfalls auf „Jungmänner-Nachschub“ warteten.

Je näher wir uns Salzburg näherten, umso ruhiger wurde es nun auch bei uns im Wagen, auch die größten Sprücheklopfer schalteten einen Gang zurück…

Am Salzburger Hauptbahnhof wurden wir gleich am Bahnsteig von der Militärstreife empfangen, die Papiere gesichtet und auf bereitstehende GMC-LKW’s „verfrachtet“. Die Fahrer erlaubten sich bei der Fahrt zur Kaserne bei der ersten rot zeigenden Ampel gleich einmal den ersten Spaß, in dem sie eine Vollbremsung hinlegten und wir „noch Zivilisten“ auf der Ladefläche mit den Koffern und Reisetaschen herumgewirbelt wurden...

Im Kasernengelände angekommen, begann nun ein „anderes, gewöhnungsbedürftiges Leben“ – normale Kommunikation mittels vernünftiger Sprache wurde durch ein vorerst ungewohntes „Geplärre“ abgelöst :mad: ! Von allen Seiten schrien irgendwelche „Vorgesetzte“ auf uns ein. So waren wir nach Meinung einiger der umherstehenden Uniformträger beim Verlassen des LKW’s, dem „Absitzen“, viel zu langsam, was sie uns durch lautes Herumgebrülle mitteilten!

Nach abermaliger Kontrolle der Einberufungsbefehle wurden wir am großen Exerzierplatz in Gruppen den Ausbildungskompanien der jeweiligen Waffengattungen zugeteilt. Es begann eine längere, uns sinnlos erscheinende, Warterei. Wir standen mit unserem Gepäck eine gefühlte Ewigkeit in der Wiese herum, als wieder ein mit ein paar „Keksen“ (-> sternförmige Dienstgradabzeichen) behafteter Soldat losbrüllte: „Nehmans de Händ vom Orsch, sunst werns stinkad“ (-> nehmen sie die Hände vom Hintern, sonst beginnen sie zu stinken…) . Wir sahen uns gegenseitig an, es fühlte sich aber niemand direkt angesprochen. Da kam der Zugsführer, wie ich später anhand der „Kekse“ lernte, auf mich zu und plärrte weite, „jo, se do moani“ (-> ja, sie da meine ich…)! Ich hatte unbewusst irgendwelcher Folgen eine Hand in der (noch zivilen) Hosentasche…o_O

Zum Glück war der „Zugler“ später nicht als Ausbilder in meinem „Zug“, denn wenn jemand in irgendeiner Form auffiel, hatte er keine angenehme Zeit! Eine Grundregel, die wir sehr schnell begriffen war, nicht oder so wenig wie möglich bei den Ausbildern auffallen! Je später sie den Namen kannten und man als „anonymer Funker“ in der Masse mitschwamm, um so besser war es!

Nach der Warterei wurden wir am Nachmittag den 4 Zügen der Ausbildungskompanie zugeteilt und marschierten recht und schlecht zum Kompaniegebäude. Dort wurde je Zug ein Schlafsaal zugewiesen und jeder Rekrut bekam sein Bett (Stockbetten) und seinen Spind.
Betreffend Schlafsäle siehe auch hier...

Auf jeder Gangseite im Saal gab es ein „Musterbett“ und ein Ausbilder erklärte den „Bettenbau“. Diese militärische „Kulthandlung“ beschäftigte uns bis in die Nachtstunden des ersten Kasernentages! Zwischendurch gab es natürlich auch ein Abendessen im Speisesaal, Gruppeneinteilung, Austret- und Antretübungen und das Ausfassen unserer ersten militärischen Kleidungsstücke in Form des Sport- (Trainings-) Anzuges und des Nachthemdes.

Da wir damals eine Woche das Kasernengelände nicht verlassen durften und danach auch beim „Ausgang“ für die ersten 6 Monate Uniformpflicht herrschte, kam die nicht benötigte Zivilkleidung mit den Koffern oder Reisetaschen in eigene Räumlichkeiten außerhalb des Schlafsaales.

Da man ja nach 50 Jahren die vielen kleinen Details nicht mehr so in Erinnerung hat, wage ich trotzdem zu sagen, dass es in den Nachmittags- und Abendstunden des ersten „Soldaten-Tages“ ziemlich stressig und chaotisch zugegangen sein muss! Neben den mehrmaligen Versuchen und Bemühungen den genau vorgegebenen Bettenbau zu erlernen um den überkritischen Vorstellungen der brüllenden Vorgesetzten zu entsprechen, wurde uns beigebracht, alle erforderlichen „Bewegungsabläufe“ im Laufschritt zu absolvieren!

Dies wurde zwischendurch beim Aufruf zum Empfang der ersten Kleidungsstücke in der „Fetzenkammer“ (-> Kleiderkammer) und beim Austreten zum Marsch in den Speisesaal unter lautstarker Anweisung ausgiebig geübt!

Das „Austreten“ aus der Unterkunft erfolgte durch Aufruf des „Korporal vom Tag“ (KvT), der im Eingangsbereich des Gebäudes positioniert war und wiederum im Auftrag von Vorgesetzten (Zugs- oder Kompaniekommandanten) handelte. So waren der 1. und 2. Zug im Erdgeschoss in den Schlafsälen jeweils links und rechts des Einganges untergebracht und der 3. und 4. Zug im Obergeschoss. Zum Austreten wurden die Züge entweder einzeln oder die gegenüberliegend untergebrachten Mannschaften jeder Etage aufgerufen, die dann im Laufschritt links und rechts entlang der Gänge das Objekt "in Reihe" verlassen mussten bzw. die vom Obergeschoss links und rechts die Stiegen runter, um dann am Platz vor der Unterkunft zugweise anzutreten. Innerhalb eines Zuges gab es die „Gruppe“ als weitere Unterteilung. So bestand ein Ausbildungszug aus 4 Gruppen, die in 4 Reihen hintereinander (Glieder…) Aufstellung nahmen. Die Aufstellung der Soldaten innerhalb der Gruppe erfolgte nach Körpergröße, wobei der Größte immer rechts der erste Mann im Glied war bzw. ist.

Ich wurde dem 1. Zug, 1. Gruppe zugeteilt, was den Nachteil hatte, immer vorne zu stehen. Zum Glück gab es noch 2 größere Kameraden, so dass ich erst der 3. Mann im Glied war...

Diese Einteilung wurde ebenfalls noch am 1. Tag getroffen. Das Antreten und der Marsch zum Einnehmen des Abendessens usw. muss eher improvisiert gewesen sein, da wir ja noch keine „Exerziererfahrung“ hatten.

Jedenfalls dürfte dieser Tag nach anfänglich eher noch vergnüglichen Anfahrt am Abend doch mit einer gewissen Anspannung, Ermüdung und Irritationen geendet haben…

Die Krönung war dann die kollektive Anordnung mit den heereseigenen Nachthemden die Nachtruhe zu absolvieren :D! Was meiner Erinnerung nach für die gesamte Zeit der Grundausbildung zu befolgen war, erst danach durften private Pyjamas getragen werden…

Soweit ein Bericht über die Erinnerungen an einen Apriltag 1969 :)

lg
josef
 
#38
Servus miteinander.

Ich hätte mal eine Frage.
Wer von euch hat/hatte Oma/Uroma, Opa/Uropa, welche vor allem die Zeiten vom Anschluss Österreichs an das deutsche Reich, selbst miterlebt hat und ihr habt da die eine oder andere, von eurer Familie selbst erlebte Geschichte aus der damaligen Zeit?

Mir ist vollkommen klar, ich bin kein Österreicher sondern ein Bayer. Meine Familie lebt seit Generationen schon in Bayern.
Ich selbst hatte 2 mir bekannte Familienangehörigen, welche im zweiten Weltkrieg mitgekämpft haben.
Einmal mein Uropa väterlicherseits, welcher aber schon zu Zeiten VOR den zweiten Weltkrieg, Soldat war. Er ist irgendwann im zweiten Weltkrieg an der Ostfront, angeblich in der Donau, ertrunken. Zählt aber bis zum heutigen Zeitpunkt noch als Vermisst.

Der Großvater von mir mütterlicherseits hingegen kam im Zuge der Zwangsrekrutierung gegen Ende des Krieges dann auch zur Wehrmacht. Er war damals 18 oder 19 Jahre alt, durfte vorher aber
bis er eingezogen wurde, daheim auf den Bauernhof arbeiten. Er kam ziemlich spät aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft zurück.

Bis zu meinem 20 Lebensjahr, also 2008, habe ich die Möglichkeit gehabt, den letzten lebenden Verwandten über den zweiten Weltkrieg zu fragen.
Mein Opa (welcher in Kriegsgefangenschaft war), habe ich ein paar mal versucht Fragen zu stellen, da es mich interessiert hat, wie so die damalige Zeit war. Aber man merkte, dass er, wohl über das was er erlebt hat, nie darüber weggekommen ist und deshalb meistens aggressiv wurde. Daher habe ich es belassen.
Seiner Frau, also meiner Oma, war eine einfache Frau, die nur auf den Bauernhof gearbeitet hat, selten aus den bayerischen Wald rauskam. Sie meinte, viel haben sie nicht mitbekommen.

Mein Uropa konnte ich, weil er ja vermisst wurde, nie kennen lernen. Meine Uroma aber lebte lange, bis 2005. Sie lebte auch in Niederbayern in einer Kleinstadt. Diese Kleinstadt wurde von den Bomben der Alliierten verschont. Meine Uroma meinte nur, man habe vom Krieg selbst nicht viel mitbekommen. Nur eben durch Radio oder Zeitungen bis dann irgendwann die Amerikaner mit einigen Fahrzeugen in der Stadt waren.

So haben die mir bekannten Mitglieder meiner Familie den zweiten Weltkrieg erlebt.
Wie war es so bei euch in Österreich?

Ps. Mir geht es hier nicht um Verherrlichung von Krieg oder so. Mir geht es darum, dass man hier sozusagen "Familiengeschichten" aus dieser dunklen Zeit hier mit anderen teilt, aber nur wenn jemand will.
 
#39
Wer von euch hat/hatte Oma/Uroma, Opa/Uropa, welche vor allem die Zeiten vom Anschluss Österreichs an das deutsche Reich, selbst miterlebt hat und ihr habt da die eine oder andere, von eurer Familie selbst erlebte Geschichte aus der damaligen Zeit?
In den letzten Tagen habe ich einen alten Koffer der Familie geöffnet, welcher jahrzehntelang im Verborgenen aufgehoben wurde.
Unter vielen Dokumenten der Vorfahren fand sich auch die Geschichte des STERBENS durch den "Heldentod".

Der 29-jährige Ehemann (Arbeiter) starb 1942 den "Heldentod" in Russland.
Er hinterließ seine 21 jährige Ehefrau mit einem mehrmonatigem alten Kind.
Die Witwen und Waisenrente zusammen betrug ca.120 RM, das sind heute ca. 800 Euro.

IMG_20231027_0001_bearbeitet.jpg IMG_20231027_0002.jpg IMG_20231027_0003_bearbeitet.jpg IMG_20231027_0004_bearbeitet.jpg IMG_20231027_0005_bearbeitet.jpg IMG_20231027_0006_bearbeitet.jpg IMG_20231027_0007_bearbeitet.jpg
 
#40
In unserer Familie gibt ein Tagebuch von UrUrUropa.
Der ist bis Moskau marschiert und auf dem Rückmarsch noch bei der Völkerschlacht von Leipzig dabei gewesen.
Wir wohlstandsverweichlichte hätten das nicht ausgehalten.
 
Oben