Recherche zu Ufo-Sichtungen in Deutschland

josef

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Ufos in Deutschland: Eine großangelegte Recherche
Nicht nur Amerika geht ungeklärten Phänomenen nach, auch wenn dies manchmal so wirken mag
Im Gastblog präsentiert Harald Havas neue Erkenntnisse aus der Auseinandersetzung mit "unidentified flying objects" und den diesbezüglichen Publikationen.
Eine häufig von Skeptikern und Skeptikerinnen geäußerte Meinung besagt, dass das Ufo-Phänomen eine hauptsächlich auf die USA beschränkte Hysterie wäre. Dem entgegen stehen jedoch weltweit beobachtete und dokumentierte Fälle sowie weltweit von Militär und Wissenschaft untersuchte Phänomene. Auch über Deutschland und Österreich erscheinen seit Jahrzehnten, wenn nicht Jahrhunderten, unbekannte Flugobjekte. Publizist und Autor Andreas Müller hat dazu ein akribisch recherchiertes und mit hunderten Links und Belegen versehenes Buch veröffentlicht.

Was in der Zwischenzeit geschah
Doch zuerst eine Art Rück- und Überblick über die Geschehnisse der letzten Monate seit dem letzten Blog. Insbesondere in den USA sorgten mehrere Veröffentlichungen von öffentlichen Stellen für Aufmerksamkeit. Eine davon war die Deklassifizierung eines Pentagonberichts, der auf beobachtete und nachgewiesene Gesundheitsrisiken im Kontakt mit Ufos einging. Das war zwar bereits im April 2022, wurde in diesem Blog aber noch nicht thematisiert.

Ebenfalls für erhöhtes Interesse sorgte ein TV-Auftritt des ehemaligen Director of National Security (oberster Chef aller Geheimdienste) John Radcliffe, in dem er unter anderem erklärte, UAPs (Unidentified Aerial Phenomena) seien "kein natürliches Phänomen, sondern Objekte, die Technologie und Fähigkeiten aufweisen, welche den uns bekannten Gesetzen der Physik widersprechen und welche die USA als die führende Supermacht der Erde nicht besitzen".

Außerdem wurde erst vor wenigen Tage ein Foto eines Vorfalls aus dem Jahr 2016 bekannt, das von einem amerikanischen Überwachungsflugzeug über eine Militärbasis in Mosul gemacht wurde. Das Foto zeigt eine silberne Kugel, die laut offiziellen Aussagen vier Sekunden lang auf Video zu sehen war. Das Video selbst wurde noch nicht freigegeben. Allerdings wurde das Objekt nicht nur optisch, sondern darüber hinaus auch mit mehreren anderen Bordinstrumenten erfasst. Das Video wurde seit dem Vorfall vor sechs Jahren von Experten und Expertinnen der Joint Base Langley-Eustis in Virginia für das US Central Command analysiert, wird aber weiter als ungeklärt geführt.

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Weiters wurde das in diesem Blog bereits erwähnte Gesetz ("H.R.7900 – National Defense Authorization Act"), das Whistleblowern und Whistleblowerinnen in Sachen UAPs Straffreiheit für Aussagen vor der US-Regierung einräumt, sollten sie damit Verschwiegenheitsklauseln, etwa privaten Technologieunternehmen gegenüber, brechen, im Dezember von Präsident Biden unterzeichnet. Als Effekt rechnet die amerikanische Ufo-Community mit einer Flut an neuen Erkenntnissen und Aussagen.

Ufos über Deutschland
Doch nun zum Hauptthema dieses Blogs. Andreas Müller, Autor und Publizist mit speziellem Interesse an Paraphänomenen hat mit dem Buch "Deutschlands Ufo-Akten" ein 450-seitiges Standardwerk zum Titelthema vorgelegt. Zwar erschien das Buch schon Ende 2021, aber es hat aufgrund seines dokumentarischen Charakters nichts an Relevanz verloren. Selten hat jemand in diesem Bereich eine derart umfassende und gut belegte Sammlung an offiziellen Dokumenten über Ufo-Sichtungen vorgelegt – irgendwo auf der Welt. Umso interessanter, dass sich Müller hier mit dem deutschsprachigen Raum beschäftigt, in dem Ufo-Sichtungen oder gar Ufo-Landungen nicht sehr häufig dokumentiert und von der Medienlandschaft berichtet werden.


In "Deutschlands Ufo-Akten" werden auf nüchterne und nicht spekulierende Weise Informationen rund um das Thema zusammengetragen.
Foto: BoD – Books on Demand

Das Buch ist in vielfacher Hinsicht erstaunlich. Es zitiert erwähnte Dokumente nicht nur, sondern bildet sie in den meisten Fällen auch als Faksimile ab, egal ob es sich um amerikanische Geheimdienstberichte oder interne Kommuniqués der deutschen Bundesregierung handelt. Oft mit Fotos, Skizzen und Grafiken. Darüber hinaus bietet Müller auch ein publizistisches Novum: Die meisten Kapitel sind mit QR-Codes versehen, denen Lesende folgen können und so zu weiteren Fotos, Videos und Dokumenten weitergeleitet werden – die zum einen den Rahmen des Buches sprengen würden und die zum anderen sonst möglicherweise Copyright-Probleme verursacht hätten.

Müller schildert mit der Hilfe einiger Gastautoren zahlreiche Berichte, die bis ins Mittelalter zurückreichen, Sichtungen während des Zweiten Weltkriegs, Untersuchungen der amerikanischen Besatzungsmächte nach dem Krieg, Vorfälle aus der DDR und Ereignisse, die bis in die Gegenwart reichen.

Seitenweise offizielle Dokumente
Dabei beschreibt er die Sichtungen nicht einfach, sondern belegt sie jeweils akribisch mit offiziellen Stellungnahmen und Daten, teilweise mit Radar-Daten. Das Buch ist alles andere als spekulativ, Müller lässt sich selten bis nie zu Interpretationen hinreißen, sondern schildert nur Fakten.

Besonders interessant ist eine längere Passage, die von der Interaktion der deutschen Regierung mit der Uno handelt, bei der immer wieder Ansätze gezeigt werden, das Phänomen zu untersuchen, und die aus vielen offiziellen Schriftstücken und Briefverkehr besteht. Auch eine Reihe aufschlussreicher Akten aus den letzten Jahrzehnten, die auf eine zumindest zeitweise Beschäftigung deutscher offizieller Stellen mit dem Phänomen hinweisen, werden abgedruckt.

Gegen Ende publiziert Müller eine Reihe von eigenen aktuelle Anfragen an das deutsche Militär, an den deutschen Geheimdienst und an einige deutsche Politiker und Politikerinnen. Die Auskünfte sind dürftig, man bestreitet durchgehend, sich mit diesen Phänomenen systematisch zu beschäftigen, aber es gibt dabei durchaus den einen oder anderen Widerspruch, der dem sorgfältigen Auge auffallen dürfte. Denn es wäre auch etwas eigenartig, wenn im Gegensatz zu England, Frankreich, Italien, Russland und weiteren großen Staaten in Europa und weltweit, in denen das Militär oder Raumfahrtbehörden Ufo-Phänomene beobachten, dokumentieren und darüber auch öffentlich Auskunft geben (siehe Berichte und Links in früheren Blogs), sich eines der wichtigsten, reichsten und am weitesten entwickelten Länder Europas schlicht und ergreifend nicht damit befassen würde. Ob es sich dabei um absichtliche Ignoranz einem (wie die Akten zeigen) realen und durchaus häufigen Phänomen gegenüber handelt oder ob es möglicherweise, wie in den USA, seit Jahrzehnten verdeckte interne Forschung gibt, deren Tätigkeit einfach nur noch nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist, bleibt offen.

Der absichtlich blinde Fleck der Luftraumüberwachung
Relativ kurz wird auf Ereignisse in Österreich eingegangen. Hier gäbe es allerdings durchaus wesentlich mehr, wie unter anderem die voriges Jahr im ORF gezeigte "Am Schauplatz"-Reportage "Ufos über Österreich" (5. Mai 2022) belegt. Allerdings wandte sich Müller auch an mehrere offizielle österreichische Stellen. Diese ließen den Buchautor ebenfalls wissen, dass eine systematische Erforschung des Phänomens bei uns weder von Polizei noch Militär oder anderen Behörden durchgeführt würde.

Hochinteressant ist in diesem Zusammenhang allerdings die zitierte Aussage der Antwort eines leitenden Ingenieurs des österreichischen Bundesheer, Kommando Luftraumüberwachung, auf die Frage, ob das hochgezüchtete österreichische Luftraumüberwachungssystem "Goldhaube" denn häufig solche Phänomene beobachten würde. Die Antwort des Ingenieurs ist verblüffend und augenöffnend: Die Luftraumüberwachung, so erklärt er, sei auf ganz bestimmte Arten von Flugbewegungen eingestellt und geeicht. Also Flugzeuge mit erwartbarer Größe, erwartbarer Geschwindigkeit und erwartbarer Flughöhe. Objekte, die diesen Kriterien nicht entsprächen, würden als "Falschalarme" klassifiziert und vom System automatisch aussortiert, um ein – Zitat – "sauberes Radarbild" zu erzeugen. Mit anderen Worten, wenn es Objekte in unserem Luftraum gibt oder gäbe, die insbesondere mit viel zu hohen Geschwindigkeiten unterwegs wären oder andere kinetische Eigenschaften aufwiesen, die moderne Flugzeuge nicht leisten können, würde das System sie automatisch löschen, und niemand würde sie je zu Gesicht bekommen. Das heißt, dass das System "Goldhaube" nichts sieht, auf dessen Erkennung es nicht programmiert ist.

Wenn das zutrifft, würde diese Tatsache unter Umständen die schlechte Datenlage durch andere Luftüberwachungssysteme erklären. Glücklicherweise ändert sich hier die Einstellung langsam, und insbesondere Wissenschafter und Wissenschafterinnen beginnen nun gezielt mit entsprechenden Geräten nach Phänomenen zu suchen, die eben genau nicht zu erwartenden Flugbewegungen entsprechen.

Ein neues Standardwerk
Zusammenfassend gesagt ist Andreas Müllers Buch eine Fundgrube an Fakten und Informationen und kann getrost als aktuelles Standardwerk zum Thema unbekannter Flugobjekte im deutschsprachigen Raum angesehen werden. Zwar bietet dieses Buch keine definitiven Auskünfte über die tatsächliche Natur des Phänomens, aber auch Skeptiker können der akribischen Arbeit und Dokumentation des Autors kaum etwas entgegenhalten. Die Fakten sind die Fakten, was sie bedeuten, wird hoffentlich die (nahe) Zukunft zeigen.
(Harald Havas, 2.2.2023)

Harald Havas, 1964 in Wien geboren, ist Autor von Büchern, Drehbüchern, Spielen und Comics, unter anderem der österreichischen Comicserie "Austrian Superheroes". Er ist kein Ufologe.

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