Schäfer auf 2.400 m Höhe

josef

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#1

Allein mit 317 Schafen und drei Hunden
Günther Kramer ist Schäfer und im Sommer auf 2.400 Meter Höhe in der Großfragant (Mölltal). Er ist einer der letzten Großschäfer Kärntens. Viel mehr als seine 317 Schafe und drei Hunde braucht er nicht im Sommer.

Günther Kramer ist immer schon sehr früh unterwegs, jeden Tag muss er mehrmals zur Koppel. Die meiste Zeit bleibt er gleich oben auf dem Berg, oft wochenlang: „Ich schaue, dass die Arbeit möglichst schnell erledigt ist, damit ich dann auch wieder Pause habe.“


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Kramers Schafherde

Seine 316 Schafe sind zur Zeit ganz oben am Berg, auf gut 2.400 Meter Höhe. Ohne die Hilfe der drei Bordercollies könnte er die Herde nicht zusammentreiben. Manchmal sieht er auch nicht alle Schafe im Nebel, da verlässt sich Kramer ganz auf die Hunde. Sie haben eine Art inneres Radar und wissen immer, wo ihr Herrchen steht. Auf Befehl treiben die Hunde die Schafe zu ihm. „Wir haben ein großes Vertrauensverhältnis zueinander.“

Wissen über Wetter, Hunde, Pflanzen und Schafe
Der Radentheiner muss ständig überprüfen, ob seine Schafe gesund sind und es ihnen an nichts fehlt. Das reicht von Verletzungen bis zur Klauenkontrolle. Seit 28 Jahren ist er Schäfer, 15 Jahre davon Wanderschäfer. Seit drei Jahren ist er hoch über dem Mölltal. „Ich bin in der Natur, bei den Vögeln, ich muss auch alle Pflanzen kennen. Giftige muss ich rausschneiden, bevor ich die Herde hinlasse. Ich habe nicht das Gefühl, mit meinem Leben hier heroben ein Fremdkörper zu sein, sondern es ist ein Miteinander.“

Das Wissen, das er brauche, sei komplex und reiche über Wetter, Pflanzen, Hundeausbildung und natürlich Schafe. Er würde sein Wissen gerne teilen und jemanden einarbeiten, der den Betrieb übernehmen könne: „Die Berge werden mit jedem Jahr steiler.“


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Ohne Hunde ist der Job nicht zu schaffen

Ausgelernt habe er trotz all seiner Erfahrung immer noch nicht. Alle seine Schafe seien bei ihm zur Welt gekommen, er kennt jedes einzelne Tier. Trotzdem können ihn seine Schafe immer noch überraschen.


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Rasche Wetterwechsel sind hier heroben normal

Manager trainieren mit sturen Schafen
Manchmal bekommt der Schäfer auch Helfer: „Ich habe einen aus Japan da gehabt, dem hat das so gefallen, dass er jetzt Halter bei einem Bauern im Lungau ist und selber mit 900 Schafen arbeitet. Es gibt aber auch Leute, die geben am dritten Tag auf und sagen, ich komme da nicht einmal hinauf, wie soll ich da dann arbeiten.“ Er mache auch Führungskräfteschulungen und Managerkurse. Schafe sind dafür prädestiniert, sie haben ihren eigenen Kopf und Willen und nichts ist wirklich planbar. Darauf müssen sich die Teilnehmer einstellen und flexibel sein.

Balance zwischen Arbeit und Spaß
Alle drei Tag wird der Elektrozaun versetzt, dann können die Schafe in einer neuen, rund zwei Hektar großen Koppel grasen. Einfach frei lassen, kann Kramer sie hier nicht, denn sie würden nur das Beste fressen und überall hinlaufen. In der zweiten Sommerhälfte gebe es dann nur nur schlechteres Futter. In den gesamten 34 Hektar würden die Schafe hin und herlaufen und auch Steige treten, die sich bei Regen lösen können. Daher müsse er koppeln.

Kramer schaut sich auch das Gelände an, entscheidet, welche Flächen er beweidet haben möchte oder welche ausreichend beweidet sind. Dementsprechend setzt er die Zaunpfähle und leitet damit die Schafe. Auch das Wetter muss er berücksichtigen: „Dass ich nicht gerade dann am Grat bin, wenn schwere Gewitter angesagt sind, damit die Schafe nicht in großer Gefahr sind.“ Die Flächen hat Kramer gepachtet.


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Seit 28 Jahren arbeitet Kramer mit Schafen

Harte Arbeit im Hochgebirge
Das Versetzen des Zauns ist für Kramer der schwerste Teil seiner Arbeit: „Wie überall im Leben ist es unheimlich wichtig, die Balance zu finden, dass es nicht aufhört, Spaß zu machen. Auch wenn man das Zeug, das man am Rücken schleppt manchmal einfach den Berg hinunterwerfen möchte.“ Die Arbeit ist aber jeden Tag anders. Im unteren Teil des Zauns läuft kein Strom, das haben die klügsten Schafe bald heraußen und büxen aus. Dann seien die Hunde wieder gefordert. Bei Unwettern werden sie eingesperrt.

Einmal seien ihm die Schafe auf einer anderen Alm ausgekommen, da sei er gut zwei Stunden hinter ihnen hergegangen. „Das mag ich nicht so oft haben, das kostet mich innere Ruhe, weil ich dann in der Hütte sitze und horche, ob die Schafe dort sind wo sie hingehören, schreien sie hysterisch oder aufgeregt, oder ‚reden‘ sie normal miteinander. Ich stehe mehr auf das Entspannte.“


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Und weiter geht es hinauf....


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...damit das Handy Empfang hat

Allein, aber nicht einsam
Nach getaner Arbeit steigt Kramer noch weiter hinaus zur Schneid, denn dort hat er Handyempfang. Er kann SMS senden und empfangen, viel mehr Kontakt mit der Außenwelt braucht der 58-Jährige im Sommer in der Großfragant gar nicht. Radio und Bücher vertreiben ihm die Zeit in seiner Hütte. Schön wäre mehr Zeit mit seiner Frau auf dem Berg, die auch so naturverbunden sei wie er. Aber einsam habe er sich noch nie gefühlt. Er sei allein, aber nicht einsam. „Einsam kann man nur sein, wenn man mit sich selbst nicht im Reinen ist.“

Publiziert am 17.08.2017
http://kaernten.orf.at/news/stories/2860272/
 
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