Silotürme der Lagerhäuser - Nachnutzung nicht mehr gebrauchter Objekte

josef

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#1
Vom Wohnturm bis zum Standesamt: Alte Silos in neuem Glanz
Alte Silos umzunutzen ist gerade in Mode. In Niederösterreich und im Burgenland laufen mehrere Projekte. Nicht überall läuft die Nachnutzung alter Strukturen reibungslos
Bernhardsthal im nördlichen Weinviertel ist nicht die Wiener Donau-City, hier dominiert die niedrigste Bauklasse 1, die sogenannten Zwerchhöfe prägen das Ortsbild. Was – abgesehen vom Kirchturm natürlich – buchstäblich herausragt, ist aber zumindest das höhere der beiden alten Lagerhaus-Objekte an der Hauptstraße Richtung Bahnhof. "Etwas mit einem so tollen Ausblick gibt es sonst nirgends", sagt der Entwickler Reinhard Stix (Stix + Partner), gebürtiger Bernhardsthaler, in seinem Büro in der Wiener Innenstadt.


In Bernhardsthal im nördlichen Niederösterreich will ein gewerblicher Entwickler aus dem alten Lagerhaus ein Wohngebäude machen.
Foto: Stix + Partner; Visualisierung: Janusch – the visual collective

Zwei Lagerhaus-Standorte wurden in Bernhardsthal zusammengezogen, die beiden aus den 1950er- und 1960er-Jahren stammenden Gebäude wurden deshalb frei. "Würde man sie abreißen, bekäme man diese Höhe jetzt nicht mehr", sagt Stix. Also will er zwei Wohnhäuser mit sechs bzw. vier Geschoßen daraus machen, 24 Wohneinheiten sollen entstehen, daneben vier Reihenhäuser sowie drei Gewerbeflächen, wobei dem Entwickler auch eine kleine Coworking-Einheit vorschwebt. Gebaut wird ohne Förderung, die Größen der Einheiten sind aber so ausgelegt, dass die Käuferinnen und Käufer um Wohnbauförderung werden ansuchen können.

Ein faszinierendes Projekt – aber nicht das einzige in Österreich, bei dem ein alter Silo(turm) umgestaltet werden soll. Es gibt einige laufende Vorhaben, und auffallend oft sind Gemeinnützige involviert, der gewerbliche Entwickler Stix ist da eher die Ausnahme.


In Markersdorf an der Pielach baut die Gemeinde gemeinsam mit der gemeinnützigen Gedesag ein neues Ortszentrum, der alte Lagerhausturm wird integriert.
Visualisierung: Gedesag

Hoch oben ein Trauungssaal
Die Gemeinde Markersdorf an der Pielach (Niederösterreich) baut etwa gerade gemeinsam mit der gemeinnützigen Gedesag ein neues Ortszentrum. Der alte Lagerhausturm wird integriert, in ihm werden Teile des Gemeindeamts untergebracht, etwa eine Bibliothek, ganz oben im sechsten Obergeschoß außerdem ein Trauungssaal. Heiraten mit Blick auf die umliegenden Vierkanthöfe, wer träumt nicht davon? Das Gemeinschaftsprojekt, bei dem sich die Gedesag in einem Bauträgerwettbewerb durchsetzte, soll spätestens Anfang 2024 fertig sein, sagt Günter Rußegger von der Gedesag, der in Markersdorf die Bauaufsicht innehat.
Anderswo ist die noch nicht nötig. Im burgenländischen Weiden am See will die gemeinnützige Neue Eisenstädter das alte Lagerhaus in Wohnungen umbauen, doch das Projekt wurde wegen Widerstands in der Bevölkerung gestoppt, sagt Geschäftsführer Alexander Langer.

13 Wohneinheiten sind geplant, im Turm und in einem niedrigeren Lagerhaus-Objekt. Nachbarinnen und Nachbarn haben bei einem Info-Abend vor wenigen Tagen Bedenken geäußert wie jene, dass ihnen dann jemand in den Garten schauen könne. "Doch es kamen auch Leute, die an Wohnungen interessiert waren." Langer hofft, das Projekt bald angehen zu können. Die Nutzung bestehender Strukturen sei die Lösung, wenn es um die Eindämmung des Bodenverbrauchs geht.


Das Projekt der Neuen Eisenstädter in Weiden am See (Bild links) ist derzeit gestoppt. In Bruckneudorf (Bild rechts) werden alte Getreidesilos von der OSG zu einem Wohnblock umgestaltet.
Visualisierung: Neue Eisenstädter; Foto: Putschögl

Genau dafür, nämlich für vorbildliches Flächenrecycling, heimste das Projekt "Die Erbse" im burgenländischen Bruckneudorf im Herbst 2022 einen "Erdreich"-Preis ein. Es handelt sich um eine ehemalige Erbsenschälfabrik, die revitalisiert wird, auch hier soll ein neues Ortszentrum entstehen. Im Westen des Geländes stehen zwei alte Getreidespeicher-Silos, die ebenfalls eine Gemeinnützige, in diesem Fall die Oberwarter Siedlungsgenossenschaft (OSG), zu einem Wohnblock mit 70 Einheiten und einer Skybar auf dem Dach umbauen will – wobei auch im Leerraum zwischen den Türmen gebaut wird. Das Projekt ist auf Schiene; "wir haben den Vorteil, dass wir nicht mitten im verbauten Gebiet sind", sagt OSG-Chef Alfred Kollar. Er hofft, im Lauf des Frühjahres die Ausschreibungen für die Bauleistungen durchführen zu können. Die Baukosten seien schwierig einzuschätzen, sagt Kollar; "wir haben so was noch nie gemacht".

Wände raus, Decken rein
Technisch ist alles machbar, aber auch herausfordernd. Man muss sich das Innere eines solchen Getreidesiloturms nämlich vorstellen wie mehrere Liftschächte, getrennt durch Betonwände. Beim Projekt in Weiden weiß Alexander Langer noch nicht, ob die Schächte nach unten hin enger werden oder nicht, die Sondierung wurde gestoppt.

Grundsätzlich werden die Wände durchbrochen oder entfernt, Decken eingezogen. "Alles kein Problem", sagt auch Stix. Was das Finanzielle betrifft, tüftelt er aber noch. Die erste Kostenkalkulation für das Projekt in Bernhardsthal "habe ich nicht so recht glauben können", sagt er dem STANDARD. Jetzt wird noch einmal nachgerechnet. (Martin Putschögl, 4.2.2023)
Vom Wohnturm bis zum Standesamt: Alte Silos in neuem Glanz
 

josef

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#2
Die Silotürme der Lagerhäuser entstanden großteils in den späten 1950iger bis Anfang der 1970iger Jahre und waren ein Symbol des Wiederaufbaues und der wirtschaftlichen Erstarkung des ländlichen Raumes in der Nachkriegszeit. Sie wurden hauptsächlich im Bereich der Bahnhöfe errichtet und prägen, meistens sogar die Kirchtürme überragend :), als "Landmarks" die Ortsbilder in den Niederösterreichischen und Burgenländischen Agrar-Regionen. Durch den Strukturwandel der letzten Jahre in der Landwirtschaft, neue Lagerkonzepte und Zusammenschluss bzw. Konzentration von Lagerhausstandorten werden viele der hässlichen Betontürme nicht mehr gebraucht. So kommt es, wie im ORF-Beitrag beschrieben, zu neuen Formen der Nachnutzung der gewaltigen Baukörper. Einige Silotürme samt den dazugehörigen Lagerhausobjekten wurden total abgerissen und das Gelände mit Wohnanlagen neu bebaut, so in Krems und Tulln...

Nachfolgend eine kleine Bilderpotpourri von Silotürmen in NÖ. aus meinem Fotoarchiv aus teilweise längst verflossenen Jahren:
Die Lagerhausobjekte inkl. Silos in Tulln (Foto aus einem alten Bezirksblatt) und Krems (gescanntes Dia aus 1978) sind längst verschwunden...
 

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josef

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#3
Für das stillgelegte Lagerhausareal in Gänserndorf samt Siloturm sucht man ebenfalls ein Nachnutzungskonzept:
In einem Bürgerbeteiligungsprozess sollen gemeinsame Visionen für die Nachnutzung des Lagerhausgeländes mit dem markanten Silo gefunden werden.


Lagerhaus: Mit Schließung kommt Stärkung

Ideen der Bürger gefragt: Dann könnten die Bagger anrollen
NÖN-Gänserndorf, 18.03.2023
Thomas Schindler



Bürgermeister René Lobner am Lagerhaus-Areal: „Es geht um ein erstes Ausloten von Potenzialen, Wünschen und Machbarkeiten. Erst dann kann man gegebenenfalls weitere Schritte setzen.“
FOTO: Stadtgemeinde Gänserndorf

Bürgermeister René Lobner will jetzt das Projekt Lagerhaus-Areal gezielt angehen: Dem seit Jahren brachliegenden Grundstück soll nämlich neues Leben eingehaucht werden. „Das ungenutzte zentrumsnahe Areal bietet viel Potenzial für Gänserndorf“, betont der Stadtchef.

Deshalb sind nun auch die Bürger gefragt: Noch bis 28. März können diese mittels Online-Fragebogen – zu finden auf der Gemeinde-Website – ihre Vorschläge für eine Entwicklung der besagten Liegenschaft einbringen.
Auf dieser Basis sollen dann weitere Schritte für eine konkrete und umsetzbare Idee für das Lagerhaus-Areal gesetzt werden. „Es handelt sich hierbei um eine mittelfristige Vision, die im Rahmen eines mehrstufigen Bürgerbeteiligungsprozesses gemeinsam entwickelt werden soll“, erklärt Lobner.

BMX-Bahn, Musikerheim, Szene-Lokal oder Donauturm-Kopie?
Auf Facebook haben schon einige Mitbürger ihre Wünsche kundgetan: So ist zum Beispiel von einer BMX-Bahn die Rede, von einem Indoor-Spielplatz oder von einer Kletterhalle. Andere wiederum plädieren für eine Kartbahn, einen Veranstaltungssaal, ein Musikerheim, ein Lokal für Jugendliche à la Bohrturm sowie für ein Tierheim.
Vorgeschlagen wird auch, den Lagerhausturm zu einer Art Donauturm umzugestalten – mit Restaurant und Blick über das weite Marchfeld ...
Ideen der Bürger gefragt: Dann könnten die Bagger anrollen
 

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#4
Siloturm Engelhartstetten: Kunstwerk produziert PV-Strom
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In Niederösterreich gehören Getreidespeicher zum Landschaftsbild. In manchen Orten sind die Silotürme Wahrzeichen geworden. Der Verein Silosophie macht aus den grauen, teilweise ungenutzten Türmen, bunte Kunstwerke, die sogar zur Energiewende beitragen.
Online seit heute, 11.41 Uhr
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In Silotürmen wird vor allem Getreide gelagert. Mehr als 150 Getreidesilos zählt die Plattform siloarchiv.org alleine in Niederösterreich. Manchmal auch als „Agrarkirchen“ der Region bezeichnet, prägen sie die Landschaft seit Jahrzehnten, einige werden aber schon länger nicht mehr benutzt.

Dass man mehr aus den Türmen machen kann, hat sich eine Gruppe junger Menschen gedacht und den Verein Silosophie gegründet. Die Gründungsmitglieder kommen aus den Bereichen Photovoltaik, Architektur, Design und Ökologie und haben einem dieser Türme neues Leben eingehaucht.

Erster Strom-Siloturm
Ein 45 Meter hoher Siloturm in Engelhartstetten (Bezirk Gänserndorf) ist das erste Projekt des Vereins dieser Art: Die sonnenbestrahlte Fassadenseite wurde mit Photovoltaik-Modulen bestückt, sodass der Turm zum Kraftwerk wird. Die Anlage erzeugt etwa 48.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr, das entspricht dem Verbrauch von etwa zwölf Einfamilienhäusern.

Nach Angaben des Vereins ist der Siloturm der erste in Österreich mit einer Photovoltaik-Anlage. Zwei weitere Fassadenseiten wurden im Juni 2022 von der „Rip Off Crew“, bestehend aus drei heimischen Street-Art-Künstlerinnen, bemalt.

Fotostrecke mit 3 Bildern
Silosophie
Ein Turm aus Beton: So hat das Silo vor der Bemalung ausgesehen
Silosophie
Auf die Seite, wo die Sonne am meisten hin scheint, wurden 174 PV-Module angebracht
Silosophie
Zwei Seiten des Getreidespeichers wurden bemalt, die vierte folgt kommende Woche

Entwürfe von 150 Menschen
Bei der Gestaltung des Siloturms konnte sich jede und jeder einbringen. In Form von gestalteten Postkarten teilten die Kinder der örtlichen Volksschule ihre Ideen mit. Insgesamt brachten über 150 Menschen aus der Region ihre Entwürfe für die Bemalung des Turms ein. Daraus entstanden Motive, die die Bedeutung und Geschichte der Region widerspiegeln: Neben einem Purpurreiher und Getreidepflanzen wird auch eine Bäuerin von einem Foto aus den 1940er-Jahren abgebildet. Sie wurde damit wohl zu einer kleinen Berühmtheit.

„Als Verein ist uns die Arbeit mit den Menschen, die in der Region um den jeweiligen Silo wohnen, eine Herzensangelegenheit“, so Armin Knöbl vom Verein Silosophie. Das Ziel des Vereins ist es, noch mehr Silotürme in Österreich zu „Wahrzeichen der Zukunft“ umzugestalten. Von 2. bis 7. Mai wird die „Rip Off Crew“ ihre Arbeit vollenden und die verbleibende vierte Seite des Turms fertigstellen. Am 3. Juni findet ein Einweihungsfest des neuen Wahrzeichens statt.
30.04.2023, red, noe.ORF.at

Links:
Siloturm: Kunstwerk produziert PV-Strom
 
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