St. Pölten: "Haus der Geschichte" im Museum Niederösterreich

josef

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#1
Vorschau auf das neue "Haus der Geschichte" welches sich derzeit im Bereich des NÖ. Landesmuseums im "Landhausviertel in St.Pöltnen" in der Fertigstellungsphase befindet:

Moderne Vermittlung im Haus der Geschichte
In knapp vier Monaten wird im Museum Niederösterreich in St. Pölten das Haus der Geschichte eröffnet. Die Vorbereitungen sind derzeit auf der Zielgeraden, heißt es. Der Fokus liegt auf moderner Geschichtsvermittlung.

Der inhaltliche Bogen der Ausstellungen im Haus der Geschichte in der niederösterreichischen Landeshauptstadt wird sich von der Ur- und Frühgeschichte bis zur Gegenwart spannen. Die erste Schwerpunktausstellung wird sich ab dem 10. September der Thematik „100 Jahre Erste Republik“ widmen. Damit soll ein umfassender Blick auf die Geschichte des Landes im zentraleuropäischen Kontext geworfen werden. Die erste Schwerpunktausstellung wird den Titel „100 Jahre Republik. Österreich 1918 – 2018“ tragen.

Ein Ort der Vernetzung und Begegnung
Das Haus der Geschichte im Museum Niederösterreich in St. Pölten versteht sich als offenes Forum, in dem einander Wissenschaft und Öffentlichkeit begegnen. Es soll ein Ort neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, ein Ort der Diskussion und der Auseinandersetzung mit der Geschichte sein. Das wurde am Donnerstagabend bei einem Hintergrundgespräch mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner betont. 100.000 Besucherinnen und Besucher sollen jährlich in das Haus der Geschichte kommen, so die Zielsetzung. Die Einmalkosten für die Errichtung belaufen sich auf drei Millionen Euro.


Perndl + Co


Auf etwa 3.000 Quadratmetern wird ab September im neuen Museum Niederösterreich als Kernland Österreichs mit seinen zentraleuropäischen Bezügen dargestellt, sagt die für Kunst und Kultur zuständige Landeshauptfrau Mikl-Leitner: „Gerade in Zeiten von Populismus und einer gewissen Politikverdrossenheit ist es umso wichtiger, die Grundzüge und Werte eines demokratischen Systems zu vermitteln.“

Das Museum Niederösterreich in St. Pölten ist eines der modernsten Museumsgebäude Österreichs, heißt es, und verfüge über eine hochwertige technische Ausstattung. Ab September wird das Museum neu aufgestellt: Zum Haus der Natur kommt eben das neue Haus der Geschichte. Mikl-Leitner sieht das Haus der Geschichte bestens eingebettet in die Museumslandschaft in Niederösterreich. "Es gibt ein Netzwerk mit anderen historischen Museen in Niederösterreich und eine Kooperation mit der Donau-Uni in Krems sowie mit anderen wissenschaftlichen Einrichtungen,“ so die Landeshauptfrau.

Familien und Schulen sind die Kernzielgruppe
Etwa 90 internationale und nationale Experten erarbeiteten das wissenschaftliche Konzept für das Haus der Geschichte in St. Pölten. Geleitet wurde dieser Fachbeirat von Stefan Karner, dem Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolgenforschung. Den Fokus werde man auf die Zeit ab 1848 legen, so eben auch bei der ersten Vertiefungs-Ausstellung anlässlich der 100-jährigen Gründung der Ersten Republik.


Perndl + Co
Ab 10. September kann das Haus der Geschichte besucht werden

Landeshauptfrau Mikl-Leitner betonte beim Hintergrundgespräch zum Haus der Geschichte am Donnerstagabend, dass die Geschichts- und Kulturvermittlung in der Zukunft ein großes Anliegen ist. „Wir wissen aus den Besucherdaten, dass das Museum vor allem von Schulen und Familien besucht wird.“ Deshalb werde man die Ausstellungsgestaltung so aufbereiten, dass auch diese Besuchergruppen damit erreicht werden. „Geschichte soll spannend und attraktiv vermittelt werden", es gehe, so die Landeshauptfrau, um eine moderne Form der Geschichtsvermittlung.

Neue Wege bei der Vermittlung
Bei den Instrumenten der Vermittlung gehe man mit dem Haus der Geschichte neue Wege. So wird es etwa möglich sein, dass sich die Besucher ihre Ausstellungsrundgänge individuell zusammenstellen. Zudem wird auf neue Medien zurückgegriffen und die Besucherinnen und Besucher werden in Foren die Möglichkeit haben, sich auszutauschen, zu diskutieren und vertiefende Informationen zu erhalten.

Stefan Karner ging beim Hintergrundgespräch am Donnerstagabend auch auf die elf dauerhaften Ausstellungsbereiche im Haus der Geschichte ein. Es handle sich um ein „Pionierprojekt“ und um elf große Bereiche mit zentralen Punkten. „Geschichte ist nicht schwarz-weiß“, sagte Karner, und so werde sich das neue Museum etwa den Bereichen „Flucht und Wanderung“, „Macht und Gegenmacht“, „Glaube und Wissen“ oder der „Demokratieentwicklung“ widmen.


Benedikt Fuchs, noe.ORF.at
Publiziert am 05.05.2017
http://noe.orf.at/news/stories/2841214/















 

josef

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#3
Figl-Dienstauto für das neue Haus der Geschichte in St. Pölten



Figl-Dienstauto für das Museum Niederösterreich
Der Dienstwagen des früheren Außenministers Leopold Figl kommt ins Museum Niederösterreich. Ab dem 10. September wird die schwarze Limousine im neuen Haus der Geschichte in St. Pölten zu sehen sein.

Der Mercedes 220 S, ein sogenannter „Großer Ponton“, Baujahr 1957, hat einen Reihen-6-Zylinder-Motor mit 2,2 Liter Hubraum und 100 PS. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei 160 km/h, der Benzinverbrauch bei 14 Liter/100 Kilometer. Der Mercedes kostete vor 60 Jahren umgerechnet 7.000 Euro - zum Vergleich: Für einen VW-Käfer musste man damals umgerechnet 2.000 Euro bezahlen.

Baujahr 1957, 100 PS und 830.000 Kilometer am Tacho
Das Fahrzeug, das 830.000 Kilometer am Tachometer hat, sei optisch und technisch in einem sehr guten Zustand, heißt es in einer Aussendung des Museum Niederösterreich: „Dieser Wagen verkörpert stilvoll und gediegen das Blech gewordene Wirtschaftswunder, glänzt mit eleganter Linienführung und hochwertigen Chrombeschlägen und bietet reichlich Platz für die prominenten Insassen.“


Museum Niederösterreich
Leopold Figls Dienstwagen vor dem Museum Niederösterreich


„Mit dem geschichtsträchtigen Mercedes wird Zeitgeschichte greifbar“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, die das Objekt anlässlich des Jahrestages zur Unterzeichnung des Staatsvertrages am 15. Mai 1955 in St. Pölten in Empfang nahm.

Es sei ein großes Anliegen, Geschichte für die Menschen sichtbar und erlebbar zu machen und die Bedeutung der Demokratie zu vermitteln, so Mikl-Leitner. Niederösterreich habe große Schätze und Sammlungen, die mit dem Haus der Geschichte für alle Menschen öffentlich zugänglich werden. Die Einrichtung im Museum Niederösterreich im Kulturbezirk des Regierungsviertels in St. Pölten wird ab dem 10. September mit Dauer- und Sonderausstellungen die Geschichte Niederösterreichs als Kernland Österreichs im zentraleuropäischen Kontext beleuchten.


NLK Filzwieser
Der „W 15“ mit (v.l.) Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, Hermann Dikowitsch (Leiter der Abteilung Kunst und Kultur), Matthias Pacher (Geschäftsführer Museum Niederösterreich) und Armin Laussegger (Leiter der Sammlungen Niederösterreich)


Vorbesitzer: „Am liebsten fuhr ich am Sonntag“
Der Unternehmensberater Gerhard Weibold hatte den Mercedes vor mehr als 20 Jahren von einem Freund gekauft. Er liebte den Wagen, und er fuhr viele Jahre regelmäßig mit dem gut gepflegten Auto. „Am liebsten am Sonntag, wenn nicht so viel los war auf der Straße“, so Gerhard Weibold.

Das Auto mit Geschichte wurde vom Land Niederösterreich angekauft, Weibold verabschiedete sich von seinem Oldtimer mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Meine Motivation, Figls Mercedes an das Land Niederösterreich zu verkaufen, war, einen langfristigen Platz für dieses Juwel zu finden, und dafür gibt es keinen besseren Ort."

Mit Figl zum Staatsvertrag und in die UNO
Leopold Figl (geboren 1902 in Rust im Tullnerfeld, gestorben 1965 in Wien) prägte sowohl die österreichische als auch die niederösterreichische Geschichte entscheidend: Als erster Bundeskanzler der Zweiten Republik (1945-1953) forcierte er den Wiederaufbau und setzte sich ab 1953 als Außenminister für den Abzug der Besatzungsmächte und den Abschluss des Staatsvertrages ein.

In zähen Verhandlungen in Moskau konnte sich der ÖVP-Politiker gemeinsam mit dem damaligen Bundeskanzler Julius Raab die Zustimmung der Sowjetunion zum Staatsvertrag sichern. Bis 1959 hatte er die Funktion als Außenminister inne und erreichte unter anderem die Aufnahme Österreichs in die UNO, um Teil der internationalen Völkergemeinschaft zu werden. Von 1962 bis zu seinem Tod drei Jahre später war Leopold Figl Landeshauptmann von Niederösterreich.

Publiziert am 12.05.2017
http://noe.orf.at/news/stories/2842790/
 

josef

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#4
Countdown für das Haus der Geschichte
In elf Tagen wird das erste Haus der Geschichte Österreichs im Museum Niederösterreich in St. Pölten eröffnet. Zeit- und Kostenplan werden eingehalten. 2.000 Objekte sind gibt es künftig zu sehen, am Dienstag gab es erste Einblicke.

Ab 10. September gibt das Haus der Geschichte in St. Pölten Besuchern Einblicke in Niederösterreichs Geschichte im zentraleuropäischen Kontext. Das erste Haus der Geschichte in Österreich bietet Einblicke in 40.000 Jahre Menschheitsgeschichte mit einem Fokus auf die Zeit von 1848 bis heute. Präsentiert werden noch nie gezeigte Exponate aus den Landessammlungen, aber auch von regionalen und internationalen Partnern sowie private Leihgaben.

„Geschichte wird immer neu geschrieben“
Die erste Schwerpunktausstellung im Haus der Geschichte trägt den Titel „Die umkämpfte Republik: Österreich 1918-1938“ und widmet sich damit einem brisanten Thema der österreichischen Zeitgeschichte. Zu sehen sein werden unter anderem Dokumente aus dem Staatsarchiv. Neben den Schwerpunktausstellungen gibt es eine Dauerausstellung, die aber stets in Bewegung sein wird, sagt Stefan Karner, der wissenschaftliche Leiter vom Haus der Geschichte. „Geschichte wird immer neu geschrieben. Jede Generation schreibt sich ihre Geschichte neu, jede Generation hat andere Blickwinkel. Das müssen wir alles bedenken, daher ist das nichts fertiges. Aber es ist eine Dauerausstellung mit allen Adaptionsmöglichkeiten.“


Museum Niederösterreich
Das Museum Niederösterreich mit dem Haus der Geschichte und dem Haus der Natur

Neu ist das Museumsmodell im Haus der Geschichte. Besucherinnen und Besucher orientieren sich im Museum nicht chronologisch, also nach Jahreszahlen, sondern thematisch - mehr dazu in Moderne Vermittlung im Haus der Geschichte (noe.ORF.at; 4.5.2017). Der aus 92 nationalen und internationalen Experten bestehende wissenschaftliche Beirat hat das Haus der Geschichte auf drei Säulen entstehen lassen, Ausstellung, Forschung und Service, sagt der stellvertretende Leiter des Fachbeirats und Generaldirektor des österreichischen Staatsarchivs, Wolfgang Maderthaner. „Geschichte ist eine narrative Kunst, es ist eine Erzählung und was wäre besser geeignet als eine große Ausstellung, um diese Erzählung zu visualisieren“, so der Wissenschafter.

2.000 Objekte werden ausgestellt
Sowohl der Zeit- als auch der Kostenplan seien „exakt eingehalten“ worden, berichtete die für Kultur zuständige Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bei der Pressekonferenz am Dienstag. Die Einmalkosten für das Haus der Geschichte betragen drei Millionen Euro, sagte Matthias Pacher, Geschäftsführer des Museums Niederösterreich. Davon entfallen 500.000 Euro auf bauliche Adaptierungen, etwa für Aufzüge und Gebäudetechnik. Der Rest wurde unter anderem für Konzeption und Architektur verwendet.


NLK Reinberger
Matthias Pacher, der Geschäftsführer des Museums Niederösterreich, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, der wissenschaftliche Leiter Stefan Karner und Wolfgang Maderthaner, der stv. Leiter des wissenschaftlichen Fachbeirats (von links nach rechts) bei der Pressekonferenz am Dienstag

„Wir laden zum Nachdenken ein“, betonte Karner. Wichtige Themen werden in Clustern behandelt, vier Foren geben Raum für Diskussion. Gezeigt werden mehr als 2.000 Objekte. Laut Mikl-Leitner ist das Haus der Geschichte ein Ausstellungs-, Forschungs- und Vermittlungsort. Das Land erfülle mit dem neuen Museum den kultur- und bildungspolitischen Auftrag. „Nur dann, wenn man sich mit der eigenen Geschichte auseinandersetzt, werden einem die eigenen Werte unserer Gesellschaft wieder vor Augen geführt. Dann erkennt man, dass Werte wie Demokratie und Frieden keine Selbstverständlichkeit sind“, so die Landeshauptfrau.

Figl-Dienstwagen und Renner-Schachspiel
Zu den Objekthighlights gehört neben einem Dienstwagen von Leopold Figl auch eine Replik des Österreichischen Staatsvertrages - mehr dazu in Staatsvertragsreplik für Haus der Geschichte (noe.ORF.at; 8.8.2017). Zu sehen sein wird etwa der Bonjour-Rock von Kaiser Franz Joseph und der Dienstwagen von Leopold Figl. In der Dauerausstellung präsentiert werden beispielsweise ein Schatzfund aus Wiener Neustadt aus dem 13./14. Jahrhundert und eine Luther-Bibel von 1545, die vor wenigen Jahren im evangelischen Pfarrhaus von Wiener Neustadt entdeckt wurde. Zu den Objekten gehört auch ein Schachspiel aus dem Besitz von Karl Renner, das für den Hausarrest des Politikers unter dem nationalsozialistischen Regime in Gloggnitz steht.

Link:
Publiziert am 29.08.2017

Dr. Karl Renner Museum für Zeitgeschichte
Das Schachbrett aus dem Besitz des Dr. Karl Renner Museums in seinem ehemaligen Wohnhaus in Gloggnitz steht für den Hausarrest unter dem nationalsozialistischen Regime von 1938 bis 1945


Evangelische Pfarrgemeinschaft Wiener Neustadt
Das vorliegende Exemplar der „Biblia, das ist die gantze Heilige Schrifft Deudsch“ aus der Druckerei Hans Lufft aus Wittenberg wurde erst vor wenigen Jahren im evangelischen Pfarrhaus von Wiener Neustadt entdeckt.


Ein Faksimile des Staatsvertrages


Museum Niederösterreich
Figl-Auto

http://noe.orf.at/news/stories/2863069/
 

Geist

Worte im Dunkel
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#5
Und schon ist es eröffnet. Das Quarz-Team hat auch eine Vitrine zum Thema Quarz gestaltet mit Fundstücken aus dem Stollen.

Bunt inszenierte Denkanstöße
Auf drei Ebenen und auf über 3.000 Quadratmetern präsentiert das neue Haus der Geschichte Niederösterreich ab Sonntag die Geschichte des Bundeslandes. Vom historischen Schatzfund bis hin zum Steyr-Traktor und zum Lilienporzellan reichen die Objekte, die viel über den einstigen Alltag erzählen. Doch insbesondere leistet die neue Kultureinrichtung entsprechende Denkanstöße.

Der Tscheche Jiri Rada hatte sich im September des Jahres 1988 eine höchst spektakuläre Art der Flucht ausgedacht. Um über den Eisernen Vorhang in den Westen zu gelangen, konstruierte er heimlich einen motorisierten Hängegleiter, den er mit dem ausgebauten Zweitaktmotor seines Trabis angetrieben hat. Gestartet ist Rada im tschechischen Adamov. Nach einem 110 Kilometer langen Flug war er in Freiheit. Rada landete in Sierndorf an der March.


Daniel Hinterramskogl

Mit diesem Fluggerät gelang Jiri Rada anno 1988 die Flucht aus der CSSR in den Westen

Jetzt hängt sein Fluchthängegleiter von der Decke des neuen Hauses der Geschichte Niederösterreich, um an die Zeit des Eisernen Vorhangs zu erinnern. Das Objekt lässt erahnen, welche innere Enge das Leben im ehemaligen Ostblock erzeugt haben muss. Ebenso wie ein Wachturm aus Stahl, der direkt daneben gut zehn Meter hoch in Richtung Hallendach ragt und seine Bedrohlichkeit einst an der Grenze zur CSSR bei Raabs ausgestrahlt hat.

Projekt mit Vorbildwirkung
Mit dem Museum ist ab Sonntag das erste Haus der Geschichte Österreichs für Besucher zugänglich. Das Museum, das als Teil des Museums Niederösterreich realisiert wurde, gilt als Projekt mit Vorbildwirkung. Niederösterreich kommt damit der Republik zuvor, die nach jahrzehntelangen Diskussionen ihr Haus der Geschichte im Herbst des kommenden Jahres in der Neuen Burg in Wien voraussichtlich eröffnen wird.

Grundlegendes Vorbild ist das Haus der Geschichte in Bonn, das seit dem Jahr 1994 die deutsche Geschichte und kulturelle Identität nach dem Zweiten Weltkrieg sehr lebendig erzählt und aufgrund seiner inhaltlichen Qualitäten zum Publikumsmagneten wurde. Es ist eines der meistbesuchten Museen Deutschlands. Der Europäische Rat hat bereits Mitte der 1990er allen EU-Mitgliedsländern empfohlen, ähnliche Häuser der Geschichte zu initiieren, um sich mit der eigenen Geschichte und Identität zu beschäftigen. Diskutiert wurde viel, doch richtig eilig hatte es damals niemand.

„Sportliches Vorhaben“
Das Land Niederösterreich ist sein Haus der Geschichte in durchaus bemerkenswertem Tempo angegangen. Stefan Karner, Historiker an der Universität Graz und der wissenschaftliche Leiter des neuen Museums, sprach im Zuge der Presseführung von einem sehr „sportlichen Vorhaben“. Drei Jahre hat es vom Landtagsbeschluss zum Projekt bis zur Eröffnung gedauert. Ein wissenschaftlicher Beirat aus 92 nationalen und internationalen Experten begleitet das Museum. Mit einer Vielzahl an Kooperationen mit anderen Museen soll ein vitaler Museumsbetrieb etabliert werden. Karner spricht von einer „kulturellen Pionierarbeit“. Investiert wurden drei Millionen Euro.


Niki Gail/ÖAW

Die Dauerausstellung ist in 13 thematisch geordnete Cluster eingeteilt und lädt so zum eigenen Entdecken ein

Ein Teil Zentraleuropas
Das Haus der Geschichte gibt sich betont zeitgemäß und inszeniert ein Spektrum der niederösterreichischen Landesgeschichte von der frühesten Siedlungsgeschichte bis zu den Migrationsbewegungen des Jahres 2015. Vor allem wird Niederösterreich nicht als isoliertes Bundesland Österreichs, sondern als Teil Zentraleuropas betrachtet und vermeidet damit museale Provinzialität. Niederösterreich setzt sich in Kontext und zeichnet ein selbstbewusstes Bild.

Brüche und Kontinuitäten
Dem Haus geht es um das Verstehen von Zusammenhängen. Statt chronologischer Strukturierung wird auf thematische Zusammenfassungen gesetzt. Gesellschaftliche Brüche und Kontinuitäten werden sichtbar gemacht. Machtstrukturen und wie sie funktionieren, sind in diesen 13 Clustern der Dauerausstellungen ebenso Thema wie die Industrialisierung Niederösterreichs, Religion als prägender kultureller Faktor und die verheerende Wirkung der Weltkriege.

Niederösterreichs Stellung im Netzwerk der Konzentrationslager in Europa wird dabei ebenso thematisiert wie die Auswirkungen des Luftkriegs auf die Bevölkerung. Ein bei einem Todesmarsch der Nazis getragener Schuh mahnt als einer der zentralen Ausstellungsgegenstände des Weltkrieg-Clusters an den Nazi-Terror.

Generell sehr objektbezogen, um dahinterstehende Geschichten zu erzählen, entsteht ein buntes wie breites Spektrum mit einem Fokus auf Zeitgeschichte. Mitunter sind es Alltagsgegenstände, die von einst erzählen. Vorab war auch die niederösterreichische Bevölkerung aufgerufen, historisch wertvolle Objekte beizusteuern.

Traktor und Drahtschere
Ein Steyr-Traktor 80a, der ab den 1950er Jahren für viele Bauern Niederösterreichs eine Revolution bedeutet hat, vermittelt die Vergangenheit ebenso wie eine von Joseph II. benutzte Handdruckpresse oder eine Luther-Bibel, die erst vor wenigen Jahren in einem evangelischen Pfarrhaus entdeckt wurde. Auch der 2010 ausgegrabene Schatz von Wiener Neustadt, bestehend aus Schmuckstücken und Tafelgeschirr, der rund um 1400 versteckt wurde, wird ausgestellt - und jene Drahtschere, mit der Alois Mock anno 1989 symbolträchtig den Eisernen Vorhang durchtrennt hat.


Landessammlung Niederösterreich/Atelier Olschinsky

Vergraben rund um 1400 nahe der Wiener Neustädter Stadtmauer, kam der Schatz 2010 wieder zum Vorschein

In Summe sind es über 2.000 Objekte, die auf drei Ebenen für eine kurzweilige Aufarbeitung niederösterreichischer Identität und Geschichte sorgen. Die mitunter sehr verwinkelte Ausstellungsarchitektur nimmt immer wieder thematische Bezüge. In der ersten Schwerpunktausstellung des Hauses der Geschichte, die dem nach wie vor historisch unterbeleuchteten Thema der Ersten Republik gewidmet ist, verengt sich der Raum, je näher der Austrofaschismus der 1930er Jahre rückt.

Flexible Modulbauweise
Die Darstellung der wirren Zeit der 1920er Jahre, die so gar keine Richtung finden wollten und von Krisen gezeichnet waren, wird mit vermeintlich gedankenlos im Raum positionierten Schauvitrinen zusätzlich verstärkt. Und insbesondere die Lichtinszenierungen, die vieles zum Grundcharakter des gesamten Hauses beitragen, demonstrieren eine zeitgemäße Museumsgestaltung.


Niki Gail/ÖAW

Die erste Schwerpunktausstellung im Haus der Geschichte ist der Ersten Republik gewidmet

Die Schwerpunktausstellung über die Erste Republik, der 600 Quadratmeter gewidmet sind, wird voraussichtlich mindestens zwei Jahre zu sehen sein. Die Modulbauweise der Dauerausstellung erlaubt im Sinne eines lebendigen Museums baulich einfach zu handhabende thematische Erweiterungen.

Die Jugend im Fokus
Man hoffe auf jährlich rund 100.000 Besucherinnen, und vor allem sei es ein großes Anliegen, viele junge Leute in das Haus der Geschichte zu locken, sagte Karner. Was durchaus gelingen sollte. Mitunter ist das Haus der Geschichte bunt wie ein Wimmelbild und setzt viele Themen sehr plakativ in Szene. Entdeckungen und Erfindungen spielen ebenso eine Rolle, wie auf diverse soziale Gruppen und Ethnien und deren historische Stellung eingegangen wird. Aber auch das Entstehen von Herrschaftsstrukturen, wie sie legitimiert, kontrolliert oder zu Fall gebracht werden, wird auf interaktivem Weg sehr einfach und verständlich vermittelt, was in Summe die Latte hinsichtlich der Präsentation zeitgeschichtlicher Themen durchaus hoch legt.

Link:
Johannes Luxner, für ORF.at
Quelle: http://orf.at/stories/2406195/2406196/
 
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