Türkenmauern

josef

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#1
In Folge der Türkenbelagerungen von Wien ( Erste 1529 und Zweite 1683) wurden an Talengen der niederösterreichischen Voralpen Sperren in Form von Steinmauern errichtet. Diese sollten ein Eindringen der türkischen Truppen in die Tiefe des Landes verhindern.

Bekannt sind die Reste solcher Verteidigungsmauern im Traisental vor Freiland und in Pockau, Gemeinde Gaming.
Reste mit einem Torbogen gibt es auch im Kupfertal bei Bacharnsdorf in der Wachau.

Als Detail am Rande ist anzumerken, dass das ÖBH ca. 300 Jahre später in unmittelbarer Nähe der "Türkenmauer" bei Freiland an der B20 eine Stecksperre (inzwischen abgebaut) errichtete!
 

josef

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#2
Türkenmauer Gaming-Pockau

Fotos von der um ca. 1530 errichteten Türkenmauer bei Pockau (Gemeinde Gaming) an der Straße nach Gresten zur Sperre des Pockaubachtales. Die Mauer bestand aus Bruchsteinen und war ursprünglich 4 m hoch. Die bogenförmige Öffnung in der Mauer, durch die der Pockaubach fließt, ist noch gut erhalten.
 

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josef

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#3
Türkentor im Kupfertal bei Bacharnsdorf

An der vom Burgus in Bacharnsdorf vom Donautal auf die Hochfläche des Dunkelsteinerwaldes verlaufenden alten Römerstraße befinden sich die Reste einer Befestigungsmauer mit Torbogen aus dem 17. Jahrhundert.
Das Türkentor, eine Bruchsteinmauer mit Balkenlöchern und Durchgangsöffnung, ist der Rest einer spätmittelalterlichen Befestigungs- und Sperranlage, die Kaiser Leopold I. an mehreren Orten zum Schutz der Bevölkerung vor den herumstreifenden Osmanen - 2. Türkenbelagerung, errichten ließ:

Aufnahmen vom 19.06.2019

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josef

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#4
Türkenmauer Freiland - historisches "Wehrhaus"

Viele Male fuhr ich am direkt an der B20 gelegenen Objekt nördlich von Freiland schon vorbei, vergangenen Sonntag schaffte ich es endlich, einige Fotos zu machen! Das "Wehrhaus" gehörte zur etwas weiter talauswärts Richtung Schrambach gelegenen "Türkenmauer". Dort wurde das enge Traisental zur Anlage einer Sperrmauer genützt, um das Vordringen der Türken in die Alpentäler bzw. in die Steiermark zu verhindern.

Dazu ein Auszug eines Chroniktextes der Gemeinde Türnitz:
Zur Zeit der Türkeneinfälle (1683) dürfte eine Talsperre bei Freiland („Türkenmauer“) ein weiteres Eindringen des Feindes in die Steiermark verhindert haben. Bereits 1605 ließ das Stift Lilienfeld Absperrungen errichten, die möglicherweise später ausgebaut wurden. Das Stift Lilienfeld erwies sich als sicheres Bollwerk gegen die Türken. Allerdings waren dennoch zahlreiche Tote zu beklagen. Die Überlebenden gelobten eine jährliche Wallfahrt auf den Sonntagberg und nach Maria Taferl. 1733 wurde das Gelöbnis dahingehend ergänzt, dass mindestens eine Person pro Haus daran teilnehmen müsse. Bei Unterlassung war eine Wachsgabe an die Kirche zu leisten.
(Gedächtnis des Landes - Orte: Türnitz )
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Das "Wehrhaus" von der B20 aus gesehen. Das kleine historische Objekt wurde sichtlich mehrmals umgebaut und erweitert und ist aktuell wieder eine Baustelle...

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Blick auf die Talenge am nördlichen Ortsende von Freiland Richtung Schrambach. Links an der Kurve verdeckt das "Wehrhaus". Ca. 300 m weiter talauswärts befand sich zur Zeit der "Raumverteidigung" eine Stecksperre des ÖBH...

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Oberhalb der B20 führt ein großteils verwachsener Pfad zu den Resten der eigentlichen "Türkenmauer", die ich leider aus Zeitmangel (noch) nicht erkunden konnte.
(Aufnahmen vom 22.05.2022)

Ein weiterer Beitrag aus der "Denkmäler-Seite" der "Österreichische Akademie der Wissenschaften":
FREILAND, TÜRKENMAUER
FREILAND

Die Türkenmauer bei Freiland (Foto Simon Hadler)

Text: Simon Hadler
Im Zuge der zweiten Wiener Türkenbelagerung im Jahr 1683 kamen osmanische Streifscharen auch in das niederösterreichische Traisental. Dort stießen sie auf das Stift Lilienfeld, dessen Abt Matthäus Kolweiß die Verteidigung organisierte und Orte, Burgen und Pässe in der Umgebung besetzen ließ, darunter auch Freiland. Hier soll eine Mauer, von den ansässigen Bauern verteidigt, den Weg in die Steiermark versperrt haben.

ALS DIE FREILANDER BAUERN DIE STEIERMARK RETTETEN

Das Zisterzienser-Stift in Lilienfeld (Foto Simon Hadler)

Die Legende von der so genannten Türkenmauer oder vom Blutbach (vgl. Bauer 1982: 148f.) bei Freiland gehört wohl zu den bekanntesten Erzählungen rund um die Konfrontation mit osmanischen Truppenteilen in Lilienfeld und Umgebung im Jahr 1683. Der damals amtierende Abt des Lilienfelder Zisterzienserstifts, Matthäus Kolweiß, hatte eine Besatzung zur Verteidigung des Klosters und seiner umliegenden Güter aufstellen und Wegsperren errichten lassen. Auch das südlich gelegene Freiland sollte befestigt werden, nicht zuletzt um den Durchzug der feindlichen Truppen in die Steiermark und nach Mariazell zu blockieren.

Die Legende besagt, dass zu diesem Zweck eine Mauer quer über das Tal erbaut wurde. Damit konnte zum einen der Fluss – je nach Erzählung handelte es sich dabei um die Traisen oder um ein kleines Bächlein, den Mausbach – gestaut werden, zum anderen konnte der Posten nun von den Bauern der Umgebung, etwa aus Türnitz und Hohenberg, verteidigt werden. Als nun die osmanischen Truppen tatsächlich bis nach Freiland kamen, sollen sie von den Bauern erfolgreich zurückgeschlagen worden sein. Es waren nicht zuletzt die Wassermassen des aufgestauten Flusses, die den Gegnern zum Verhängnis geworden sein sollen.

MAUERRESTE, ZWEI TAFELN UND EIN KREUZ

Tafel zur Erinnerung an die Verteidigung der Türkenmauer (Foto Simon Hadler)

Kreuz und Erinnerungstafel bei der Freilander Türkenmauer (Foto Simon Hadler)

Erinnerungstafel an der Mauer in Freiland (Foto Simon Hadler)

Kurz vor der Ortstafel führt heute ein Weg rechts den Berg hinauf, auf dem man zu den Resten der so genannten Türkenmauer kommt. Das massive Rondell mit Schießscharten ist gut erhalten. Anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums wurde auf einem angrenzenden Felsen eine Tafel mit folgendem Text angebracht:
Errichtet
zum 300jährigen
Gedenken der
Türkenabwehr an der
Freilander Türkenmauer
Die Pfarrgemeinden
Türnitz u. Lehenrotte
am 28.8.1983
Auf dem Felsen selbst wurde ein Holzkreuz errichtet, offenbar bereits vor dem Jubiläumsjahr, denn Josef Bauer berichtet in seiner 1982 erschienenen Sagensammlung bereits davon. Dieser Version der Legende nach soll es aus der Zeit kurz nach Ende der Kampfhandlungen stammen. In früheren Texten zur Türkenmauer findet sich jedoch kein Hinweis auf das Kreuz.

Eine weitere Tafel, von welcher jedoch weder die Initiatoren noch das Datum ihrer Enthüllung bekannt ist, befindet sich direkt an der Mauer. Der Text stellt einen Bezug zum Stift Lilienfeld her:,
Diese Wehrmauer wurde z. Zt. der
Türkenbelagerung Wiens i. J. 1683
vom Abt des Stiftes Lilienfeld
Matthäus Kolweiss errichtet.
VON EINER HISTORISCHEN RANDNOTIZ ZU BÄCHEN VOLLER BLUT
Auf der einen Seite ist die Geschichte von der Mauer, an der die Bauern die osmanische Übermacht zurückgeschlagen haben, Teil des regionalen Sagenfundus (vgl. Thalhammer 1963: 174; Bauer 1982: 148f.). Damit verbunden sind manch eine Ausschmückung und martialische Formulierung wie jene vom in Freiland geborenen Heimatdichter Hans Thalhammer: „[...] es gab ein schreckliches Tosen, in dem die Schreie der Asiaten untergingen.“ Und Josef Bauer schrieb: „Das Blut floß so stark, daß das Bächlein vom Berge her – vom Blut übervoll – aus seinen Ufern trat; damals nannten sie das Mausbächlein Blutbächlein.“ (Bauer 1982: 148)

Auf der anderen Seite wird in allen Texten, in denen auf Freiland Bezug genommen wird, kein Zweifel am wahren Kern der Geschichte angemeldet. Der Abt des Lilienfelder Stifts Ambros Becziczka war 1825 wohl einer der ersten, die die Mauer in Freiland mit dem Jahr 1683 in Zusammenhang brachten. In seiner „Historischen und topographischen Darstellung von Lilienfeld und der Umgegend“ geht er jedoch nur ganz am Rande darauf ein. Auch in späteren Darstellungen wird die Geschichte nicht weiter ausgeschmückt (vgl. Treuenfest 1866: 90; Tobner 1883: 32).

MIT DEM NAMEN FREILAND STEHT UND FÄLLT DIE ERINNERUNG AN DIE TAPFEREN AHNEN
LEGENDE ODER HISTORISCHE TATSACHE?


Türkenmauer bei Freiland (Türnitz) (Foto Simon Hadler)

In jüngerer Zeit fand die Türkenmauer vermehrt auch in wissenschaftlichen Arbeiten Erwähnung (z.B. Überlacker 1983: 302; Mussbacher 1975: 44). Einen Beleg dafür, dass diese Mauer, deren Reste noch heute zu sehen sind, tatsächlich 1683 zur Abwehr der Osmanen erbaut wurde, bleiben die Autoren jedoch schuldig. Im frühesten Text über die Verteidigung Lilienfelds vom aus Schlesien stammenden Pater und Küchenmeister Wilhelm Hessel (deutsche Übersetzung in Fritz 2005), der zur Grundlage vieler späterer Darstellungen wurde, wird Freiland nicht erwähnt. Hessel schreibt vielmehr davon, dass die gegnerischen Truppen „völlig unerwartet“ auftauchten (Fritz 2005: 112). Es ist schwer vorzustellen, dass in dieser kurzen Zeit eine so massive Mauer errichtet werden konnte, die der Autor nicht einmal erwähnte. Abgesehen davon ist zu lesen, dass zwar Straßen und Pässe gesperrt wurden, die feindlichen Soldaten konnte das jedoch nicht aufhalten:
Da nämlich verließen sie die besser befestigten und gewöhnlichen Verbindungswege, überquerten auf unglaubliche Art mit der Schnelligkeit und Gewandtheit ihrer Pferde wie mit Pegasus alle unwegsamen, weglosen und abseits liegenden Passagen in Berg und Fels und zwangen uns ab da die weiter außerhalb verstreuten Besatzungen zu einem Korps zu vereinen und alle Kräfte nur auf die Verteidigung des Klosters und der daran angrenzenden Stadt zu konzentrieren. (Fritz 2005: 113f.)​
Auch die Inschrift eines Votivbildes, das die Gemeinde Türnitz im Juni 1684 der Kirche in Sonntagberg stiftete, erwähnt mit keinem Wort die Mauer bei Freiland (Überlacker 1968: 94).

Es ist daher sehr fraglich, ob diese Mauer tatsächlich im Jahr 1683 erbaut wurde oder ob sie überhaupt eine Rolle im Kampf gegen den osmanischen Gegner gespielt hat. Ebenso muss offen bleiben, welchen anderen Zweck sie hatte. Es kann nur gesagt werden, dass sie als Erinnerung bestimmte Funktionen in der jeweiligen Gegenwart erfüllte: Sie konnte im Konflikt um den Namen des Heimatortes und zur Stärkung der lokalen Identität ebenso eingesetzt werden wie zur Betonung bäuerlichen Kampfgeistes. Nicht zuletzt eignet sich die Geschichte auch dafür, den Schrecken anderer historischer Ereignisse zu verdeutlichen, wenn auf einer St. Pöltner Informations- und Reklame-Website die Erzählung mit folgender Anmerkung der Autorin endet:
Jahrhunderte später wurde das oberte [!] Traisental wieder Schauplatz heftiger Kämpfe und hier endete auch dann der Zweite Weltkrieg. (landeshauptstadt.at)​
 
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