Tulln: Kamelskelett aus der Zeit der Türkenkriege gefunden

josef

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Ein im Zuge einer archäologischen Grabung in Tulln bereits 2006 gefundenes gut erhaltenes Tierskelett, welches ursprünglich für die Reste eines Pferdes gehalten wurde, entpuppte sich nach nunmehriger genaueren Überprüfung als ein Kamelskelett:
Tulln: Kamel-Skelett aus Zeit der Türkenkriege gefunden

Ein 2006 in Tulln ausgegrabenes Skelett wurde anfangs für ein Pferd oder Rind gehalten. Bald entpuppte es sich als bisher für Mitteleuropa einzigartiger Fund.
02.04.2015 | 09:12 | (DiePresse.com)
Im Zuge einer archäologischen Grabung wurde 2006 in Tulln (Niederösterreich) das vollständige Skelett eines Kamels entdeckt. Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Wien haben das aus der Zeit der zweiten Türkenkriege im 17. Jahrhundert stammende Tier untersucht und festgestellt, dass es sich um eine Kreuzung aus Dromedar und Trampeltier gehandelt hat, berichten sie im Fachjournal "Plos One".

In einer umfangreichen archäologischen Ausgrabung im historischen Stadtkern von Tulln hatten Archäologen des Bundesdenkmalamtes zwischen 2006 und 2007 Funde aus 2000 Jahren Stadtgeschichte gemacht. Freigelegt wurden ein Gräberfeld aus dem späten ersten bis vierten Jahrhundert nach Christus, eine umfangreiche mittelalterliche Bebauung, ein Golddepot aus dem Dreißigjährigen Krieg, römische Siedlungsreste - und eben das vollständige Skelett eines Kamels.

Ursprünglich für Pferd oder Rind gehalten
"Das erst teilweise freigelegte Skelett wurde ursprünglich für ein Pferd oder ein großes Rind gehalten", so der Archäozoologe Alfred Galik vom Institut für Anatomie, Histologie und Embryologie der Vetmeduni in einer Aussendung. Knochenmerkmale zeigten aber schnell, dass es sich um ein Kamel handelte.
Funde von Kamelknochen in Europa waren bereits bekannt. So wurden beispielsweise in Mauerbach bei Wien, Serbien und Belgien einzelne Knochen gefunden, sie sind bereits ab der Römerzeit nachweisbar. Ein komplettes Kamelskelett war für Mitteleuropa bis dahin aber einzigartig.

Zeitlich eingeordnet werden konnte das Skelett durch weitere Funde in unmittelbarer Nähe. So grenzte ein sogenannter "Rechenpfenning" aus der Zeit König Ludwig XIV. den Fund auf die Jahre 1643 bis 1715 ein. Ein mit dem mittelalterlichen Allheilmittel Theriakum gefülltes Fläschchen aus der "Apotheke zur Goldenen Krone" in Wien, die zwischen 1628 bis 1665 existierte, wurde ebenso am Ausgrabungsort gefunden.

Reit- und Transporttiere im Osmanischen Heer
Die Kamele waren wichtige Reit- und Transporttiere im Osmanischen Heer, bei Bedarf wurde ihr Fleisch auch gegessen. Das dürfte bei dem in Tulln gefundenen Skelett nicht der Fall gewesen sein - es war vollständig und wurde nicht in seine Einzelteile zerlegt. Galik könnte sich vorstellen, dass es aus einem Tauschhandel stammte, die Bevölkerung damals aber nicht wusste, womit man das exotische Tier füttert oder ob es zum Verzehr geeignet wäre. Möglicherweise sei das Kamel auch eines natürlichen Todes gestorben und dann ungenutzt vergraben worden.

Die DNA-Analysen zeigten, dass es sich bei dem Tier um eine Kreuzung zwischen Dromedar (Mutter) und Trampeltier (Vater) handelte. Diese genetische Diagnose stimmt auch mit den morphologischen Merkmalen des Skeletts überein. "Zur damaligen Zeit war diese Kreuzung nichts Ungewöhnliches. Hybriden waren genügsamer, ausdauernder und größer als ihre Mutter- und Vatertiere. Für das Heer waren diese Tiere also besonders geeignet", erklärte Galik. Weiters fanden die Forscher heraus, dass das Kamel männlich, etwa sieben Jahre alt und höchstwahrscheinlich kastriert war.

02.04.2015 | 09:12 | (DiePresse.com)
Text u. Bilder: http://diepresse.com/home/panorama/..._backlink=/home/panorama/oesterreich/index.do
 

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