Winzer Krems arbeiten NS-Vergangenheit auf

#1
Winzer Krems arbeiten ihre Geschichte doch auf
Die Winzer Krems wollen ihre Vergangenheit nach anfänglichem Zögern doch aufarbeiten. Anlass dafür ist die Veröffentlichung des Romans „Der Wein des Vergessens“, der von der „Arisierung“ des Weingutes Riede Sandgrube erzählt.
„Der Wein des Vergessens“ von Bernhard Herrman und Robert Streibel erschien Ende August im Residenz-Verlag. Laut Buchbeschreibung war das Weingut Riede Sandgrube in der Wachau 1938 im Besitz des jüdischen Geschäftsmanns Paul Robitschek, sein Partner war August Rieger. „Die Denunziationen erleichtern die Arisierung jenes Besitzes, der zur Grundlage der berühmten Winzergenossenschaft Krems wird“, hieß es. Dieser NS-Raub sei bis heute nie Thema der Forschung gewesen.
Historikerin Bailer-Galanda als Beraterin beauftragt
Nun wollen die Winzer Krems die Vergangenheit aufarbeiten. Zur Aufarbeitung wurde laut einer Aussendung der Winzer die Historikerin und ehemalige Leiterin des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW), Brigitte Bailer-Galanda, als Beraterin beauftragt. „Allzu lang waren wir uns der historischen und moralischen Problematik nicht bewusst und wollen uns nun den kritischen Fragen dieser Zeit aufrichtig stellen. Wir bedauern, dass wir nicht bereits früher angemessen reagiert haben“, hieß es am Donnerstag vonseiten des Vorstandes der 1938 gegründeten Winzergenossenschaft. Diese habe im Vorfeld ein Gespräch mit den Autoren sowie die Aufarbeitung noch abgelehnt, wie auch der „Kurier“ und die „Niederösterreichischen Nachrichten“ berichteten.

Helge Kirchberger
Das Weingut der Winzer Krems
Es bestehe großes Interesse daran, die gegenwärtig in Romanform gegossenen Zusammenhänge auch wissenschaftlich aufzuarbeiten, teilten die Winzer Krems mit. In den kommenden Wochen sollen dafür entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden.
Bestürzung im Team des Festivals Glatt & Verkehrt
Begrüßt wurde die Entscheidung, sich nun mit dem Thema auseinanderzusetzen, vor allem vonseiten des Festivals Glatt & Verkehrt, das seit seiner Gründung 1997 an der Sandgrube 13 seinen wichtigsten Standort hat. Zuvor hieß es in einer Aussendung, das Team habe „mit großer Bestürzung“ von diesem Teil der Geschichte der Sandgrube 13 erfahren. „Zur Grundhaltung von Glatt & Verkehrt gehört es seit Anbeginn, kulturelle Vielfalt und Weltoffenheit in Form von musikalischen Ideen auf die Bühne zu bringen und erlebbar zu machen. Jede Art von Verschweigen oder Verharmlosung der Vorgänge zur Zeit des Nationalsozialismus lehnen wir ab“, wurde festgehalten.
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Publiziert am07.09.2018
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josef

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#2
Nun wurde der Druck auf die Geschäftsleitung anscheinend doch zu groß und man entschloss sich die richtigen Schritte einzuleiten! Eine ordentliche Aufarbeitung der Unternehmensgeschichte ist jedenfalls ehrlicher als herumzulavieren und die Fakten zu verschleiern!

Vor einigen Tagen sah die Angelegenheit noch anders aus! Dazu ein Artikel aus den "Bezirksblättern - Ausgabe Krems":

01.09.2018
Die „arisierte“ Sandgrube 13

5 Bilder

Bernhard Herrman und Robert Streibel. Die Autoren des Buches "Der Wein des Vergessens" (Residenz Verlag)
Foto: Ingrid Streibel-Zarfl

Die Winzergenossenschaft Krems will nicht über ihre „Arisierung“ sprechen.
Das Buch „Der Wein des Vergessens“ ist ein dokumentarischer Roman, wie man ihn sich brisanter und spektakulärer nicht ausdenken könnte.
Sie trinken gerne Wein, Sie kennen die Sandgrube 13 , beim nächsten Schluck eines Weines der Winzergenossenschaft vergessen Sie nicht, dass Sie einen Wein trinken, der seine Ursprünge in einer „Arisierung“ hat, von der die heute in der Winzergenossenschaft Tätigen nur eines wollen, dass alles dem Vergessen anheimfallen soll.

Wenn es nach der »Winzergenossenschaft Krems« ginge, dann hätten Sie nur ein Buch mit leeren Seiten in Händen. Das Umblättern wäre nur eine andere Form des Schweigens.
In insgesamt drei E-Mails an den Vorstand der Winzergenossenschaft hatten die Autoren Bernhard Herrman und Robert Streibel (erstmals am 15. September 2015) um ein Gespräch gebeten, in dem sie über das Vorhaben des Buches und ihre Recherchen berichten wollten. Der zentrale Satz der letzten elektronischen Post vom 31. Juli 2017 lautete: »In unserer Beschäftigung mit der Vergangenheit und der NS-Zeit geht es uns nie darum, die nachfolgende Generation für etwas verantwortlich zu machen, wichtig ist es jedoch, dass sich jedes Unternehmen seiner Geschichte stellt.«

"Lassen Sie uns in Ruhe.."
Die Reaktion auf das letzte E-Mail kam prompt am Morgen des folgenden Tages: ein Anruf von Direktor Franz Ehrenleitner, Geschäftsführer und – laut Homepage der Winzer Krems – »Denker und Lenker« des Unternehmens, sowie Träger des Ehrenrings der Stadt Krems. Seine Botschaft war klar und im Befehlston gehalten: »Lassen Sie uns endlich damit in Ruhe! Ich will Ruhe, ein für alle Mal! Wir haben darüber nichts zu sagen, ich will mich damit nicht beschäftigen, ich bin ein christlich denkender Mensch, ich habe viel Gutes getan, ich blicke in die Zukunft. Ich fordere Sie auf, uns in Ruhe zu lassen! Wenn Sie das nicht tun, werden wir unsere Schritte unternehmen! Wir blicken in die Zukunft. Wir sollten selbstbewusster sein, wir Österreicher. Immer schauen wir in die Vergangenheit. Ich weiß, dass alles für rechtens erklärt wurde, und das ist es. Wen interessiert das? Mich nicht. Es ist schon viel, dass ich Sie anrufe. Ich will mich nicht mit Ihnen treffen.

Was soll das für einen Sinn haben? Warum? Ich habe dafür keine Zeit. Ich bin 1954 geboren. Wer gibt mir meine beiden Onkel zurück, die im Krieg gefallen sind? Mein Vater ist schwer krank aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekommen, das ist emotional für mich. Es gibt keine Zeitzeugen, die wirklich wissen, wie es gewesen ist, aber ich sage Ihnen, ich werde mit Ihnen nicht sprechen und mich auch nicht mit Ihnen treffen, und kein Mitarbeiter der Winzer Krems wird mit Ihnen sprechen. Ich muss nicht über diese Dinge sprechen, mich interessieren auch keine Tätowierungen, auch wenn viele Menschen heute tätowiert sind. Und wenn ich nichts über die Homosexuellenehe sagen will – bin ich deswegen ein schlechter Mensch? Ich bin kein Politiker, ich muss nichts sagen und ich will nichts sagen. Manche Dinge kann ich nicht ändern, und wenn ein Erdrutsch in Chile ist, so will ich das nicht sehen, denn ich kann nichts tun. Ständig werden wir mit solchen Meldungen bombardiert.« Auf den Einwand, dass die »Winzer Krems« durch diese Gesprächsverweigerung vielleicht in einem schlechten Licht erscheinen könnten, meinte Vorstand Ehrenleitner, dass die »Winzer Krems« schon ganz andere Dinge überlebt hätten. »Wir haben auch den Weinskandal überlebt und hatten gar nichts damit zu tun gehabt. Ich bin nicht verantwortlich für das, was passiert ist, Punkt! Aus!

Lassen Sie uns in Frieden! Es geht doch immer um Wiedergutmachung, um Zahlungen! Das ist doch immer so, da müssen dann die Firmen zahlen. Lassen Sie uns in Frieden. Wen interessiert das heute?« Mit dem Weinskandal haben die »Winzer Krems« tatsächlich nichts zu tun, mit ihren eigenen Ursprüngen schon. Die »Winzergenossenschaft Krems« – gegründet im Sommer des »Anschlussjahres 1938« – war nur durch die »Arisierung« des Weingutes der jüdischen Eigentümer Paul Josef Robitschek und seiner Mutter Johanna ermöglicht worden.

Alles begann mit einer versperrten Kiste
Den Vorstand der »Winzer Krems« hat die eigene Unternehmensgeschichte nicht interessiert, die Autoren aber sehr wohl. Am Anfang der Vorgeschichte steht ein kleines Haus in Salzburg-Elsbethen, das Bernhard Herrman von seiner kinderlosen Cousine Ingrid Herzog 2008 geerbt hatte. Im Nachlass fand sich auch eine versperrte Metallkassette, eine Art Mini-Tresor, 40 cm lang, 30 cm breit, 30 cm hoch. Der Inhalt bestand aus Briefen, Dokumenten, amtlichen Schreiben und Fotos. Einige der Adressaten und fotografisch Abgebildeten waren Bernhard Herrman bekannt, die meisten nicht. In den Schrift stücken tauchte immer wieder der Name »August Rieger« auf. Diesen Namen kannte er aus Erzählungen seiner Mutter. Sie hatte immer von einem »Baron Rieger« geschwärmt, von seiner stattlichen Erscheinung, seiner sonoren Stimme und seinem imponierenden Auftreten. Aber sie sprach auch von gewaltigen Schulden und davon, dass er einen jüdischen Geliebten gehabt hätte, einen Wiener Weingroßhändler. Auch Albert, der Mann ihrer Schwester Margarethe, sei mit dem Baron »innig« gewesen. Und dann gab es in der Kassette einige Schreiben mit Hakenkreuzstempel, datiert von 1938, in denen es um »Paul Josef Israel Robitschek« ging, Weinhändler und Eigentümer des »Sandgruben-Gutes Krems«. Der Name »Sandgrube« machte die Autoren stutzig.
War »Sandgrube 13« nicht die Adresse der »Winzergenossenschaft Krems«, des niederösterreichischen Vorzeigebetriebs schlechthin, der seinen Wein höchst erfolgreich in alle Welt exportiert? War nicht der 2002er-Jahrgang unter großem Presserummel vom Vorstand Ehrenleitner als Wein für den Wiener Opernball präsentiert worden?

Was aber hatte jener Paul Josef Israel Robitschek mit der »Sandgrube 13« zu tun? Was mit der »Winzergenossenschaft Krems«? Die Neugier war geweckt. Ob sich auf der Homepage der »Winzer Krems« vielleicht ein Hinweis auf diesen Paul Josef Israel Robitschek fände? Unter der Rubrik »Geschichte« fand sich dort zwar kein Hinweis auf ihn, aber ein Satz machte stutzig: »1938 gründeten verantwortungsbewusste Winzer der Hauerinnung Krems und Stein die WINZER KREMS.« Da stellte sich sofort die Frage: Worin bestand im Jahr des sogenannten »Anschlusses« Österreichs an Nazi-Deutschland die »Verantwortung« der Gründungswinzer in Krems? Auffallend war der Beiname »Israel«. Denn den Beinamen »Israel« oder »Sarah« erhielten von den Nazis ausschließlich Juden und Jüdinnen. Dass Paul Josef Robitschek mit den Winzern Krems etwas zu tun hatte, war damit klar.

Tauchgang Geschichte
Also lag es nach einigen Gesprächen und Überlegungen für die Autoren nahe, gemeinsam den historischen Tauchgang in ein offenbar sehr gut verstecktes Stück Kremser Wirtschaftsgeschichte zu unternehmen. Dafür standen Tausende Seiten an Dokumenten zur Verfügung: Tagebücher, Briefe, der Arisierungsakt »Winzer Krems / Paul Josef und Johanna Robitschek« der NS-Vermögensverkehrsstelle, lagernd im Österreichischen Staatsarchiv, NS-Gauakten, Gestapo- und Volksgerichtshofakten, Akten der Rückstellungskommission sowie Aussagen von Zeitzeugen und direkten Nachkommen der Familie Robitschek in Caracas / Venezuela und in den USA, in Florida und in New York. Also gab es doch – anders als Herr Ehrenleitner vermutete – außer den historischen Dokumenten auch Zeitzeugen, die wissen, wie es damals wirklich gewesen ist.

Bisher: Verfälschte & verharmloste Geschichte
Jedenfalls war es sehr anders, als Hans Frühwirth in seinem Buch »Der Kremser Wein und die Kremser Weinkultur« (2005) die Leserinnen und Leser glauben machen möchte, wenn er behauptet: »Der Keller des 1938 geflüchteten Paul Robitschek, von einem Treuhänder verwaltet, war frei. Er wurde zu einem der damaligen Zeit entsprechenden Preis angekauft. Dass es kein ›unredlicher Erwerb‹ war, wurde 1947 von einem Beamten des Volksgerichtshofes bestätigt.« Und weiters suggeriert Frühwirth unterschwellig das Klischee der »jüdischen Gier und Unredlichkeit«: »Trotzdem forderte 1946 der nunmehr in Venezuela beheimatete Robitschek die Rückstellung des Kellers ein. Die völlige Erfüllung seiner Forderung (eine Million) hätte die Genossenschaft schwer geschädigt oder sogar zu deren Auflösung geführt. (…) Im Juni 1948 kam nach einem Lokalaugenschein unter dem damaligen Obmann Gottfried Preiß ein Vergleich zustande: Die WG zahlte einen Abschlagsbetrag von S 600.000 und kauft e damit den Keller zum zweiten Male.« Frühwirth erwähnt nicht, dass der angeblich »der damaligen Zeit entsprechende« Kaufpreis von 22.000 Reichsmark auf ein Sperrkonto überwiesen worden und so dem Fiskus des Dritten Reiches zugefallen war und nicht den jüdischen Eigentümern.
Erstaunlich an Frühwirts Text über die Winzergenossenschaft Krems ist auch, dass das Wort »Nationalsozialismus« kein einziges Mal vorkommt. Frühwirth blendet damit ganz bewusst die Gründungsgeschichte aus, die Profi teure in Krems, die antijüdische NS-Gesetzgebung (»Entjudung«) und deren dramatische Auswirkungen auf das Schicksal der jüdischen Eigentümer der Sandgrube und das ihrer Freunde.

Es ist Zeit für die Wahrheit
Nach achtzig Jahren ist es nun Zeit, die Wahrheit über die Gründungsgeschichte der Winzergenossenschaft im Sommer 1938 ans Licht zu bringen. Der Roman „Der Wein des Vergessens“ erzählt eine unglaubliche Geschichte von Verrat und Treue, Liebe und Geschäft, Vernichtung und Verdrängung. Dass es für ein Paradeunternehmen in Niederösterreich im Jahr 2018 noch möglich ist seine Geschichte zu verschweigen ist wohl das Unglaublichste an dieser Geschichte.

Bernhard Herrman, Robert Streibel: Der Wein des Vergessens. Roman. Wien Residenz Verlag 2018,
280 Seiten. € 24,- (Ab 28. August im Buchhandel)

Und der Weingut Eschenhof Holzer hat einen eigenen "Wein des Vergessens" gekeltert. Die Nachfrage danach ist so groß, dass in Kürze der Wein auch elektronisch bestellt werden kann.
Die „arisierte“ Sandgrube 13
 

josef

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#3
Robert Streibel ist die fundierte Aufarbeitung von brisanten Themen aus der NS-Zeit zu verdanken, dies besonders mit Bezug auf den Bezirk und die Stadt Krems! Diese für die Wahrheitsfindung wichtigen und notwendigen Arbeiten finden in manchen Kreisen naturgemäß nicht die erforderliche Unterstützung...

Und noch Infos zum Co-Autor Bernhard Herrman
 
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josef

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#4
Winzer Krems mit historischem Treffen
Da die Winzer Krems ihre Vergangenheit nun doch aufarbeiten, kam es am Donnerstag zu einem historischen Treffen. Der Nichte des ehemaligen jüdischen Besitzers der Sandgrube wurde versprochen, sich der eigenen Geschichte zu stellen.
Bei Winzer Krems wird derzeit nicht nur Wein gelesen, sondern auch ein soeben erschienenes Buch, das für gehöriges Aufsehen sorgt. In dem dokumentarischen Roman „Der Wein des Vergessens“ von Bernhard Herrman und Robert Streibel geht es nämlich um die Gründungsgeschichte des erfolgreichen Weingutes und die damit verbundene Arisierung eines jüdischen Besitzgutes. Eine Tatsache, die achtzig Jahre lang im Dunkeln war, jetzt aber historisch aufgearbeitet werden soll - mehr dazu in Winzer Krems arbeiten ihre Geschichte doch auf (noe.ORF.at; 6.9.2018).


ORF
Die Nichte des ehemaligen jüdischen Sandgrube-Besitzers Paul Robitschek ist für das Treffen extra aus Venezuela angereist

In einem geerbten Haus fand einer der beiden Autoren zahlreiche Dokumente, die eine Zeitreise ermöglichten, eine Zeitreise ins Jahr 1938, nach Krems: Die Riede Sandgrube - eines der berühmtesten Weingüter der Wachau - befand sich damals im Besitz des jüdischen Geschäftsmannes Paul Robitschek. Sein Geschäftspartner ist August Rieger, der gleichzeitig aber auch der Liebespartner von Robitschek war. Es kam zur Denunziation, die die Arisierung jenes Besitzes erleichtert, der zur Grundlage der erfolgreichen und berühmten Winzergenossenschaft Krems wurde.

Winzergenossenschaft gab ein Versprechen ab
Ein Kapitel, das bis jetzt im Dunkeln geblieben ist, und auch im Laufe der Entstehung des dokumentarischen Romans zeigte sich die Winzergenossenschaft alles andere als kooperativ. Doch vor kurzem kam dann das Umdenken. Nun will man sich doch ganz offensiv seiner Vergangenheit stellen, sagte Franz Ehrenleitner, der Geschäftsführer der Winzergenossenschaft Krems.


ORF

Im Sinne der offensiven Aufarbeitung kam es in Krems am Donnerstag zu einem Treffen mit der in Venezuela lebenden Nichte von Paul Robitschek. Juana Robitschek wurde von ihrer Cousine begleitet. Sie wurde vom Führungsteam der Winzergenossenschaft begrüßt, dann wurde ihr ein Brief übergeben. In diesem Brief wurde ihr das Versprechen von Seiten der Winzergenossenschaft gegeben, dass man sich den Teilen der eigenen Geschichte stellen wird. „Ich habe nichts über diese Vergangenheit meiner Familie gewusst. Es ist sehr bewegend hier, ich bin sehr emotional und habe gerade auch geweint“, sagte Juana Robitschek nach dem Treffen gegenüber noe.ORF.at.

Auch die beiden Autoren, Bernhard Herrman und Robert Streibel, waren bei dem Treffen mit dabei. Sie zeigten sich zuversichtlich und erfreut, dass ihr Buch bei den Winzern Krems zu einem Umdenken geführt habe. So soll also aus dem „Wein des Vergessens“ doch noch der „Wein der Erinnerung“ werden.

Benedikt Fuchs, noe.ORF.at

Link:
Publiziert am 14.09.2018
Winzer Krems mit historischem Treffen
 

josef

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#5
Winzer Krems arbeiten NS-Vergangenheit auf

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Mit einem Mahnmal in den Weinbergen stellen sich die Winzer Krems ihrer NS-Vergangenheit. Das Buch „Wein des Vergessens“, das für große Aufregung unter den Winzern sorgte, hatte im Vorjahr den Anstoß dazu gegeben.
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Wein aus der Sandgrube 13 gilt heute als weltweiter Exportschlager. Doch der Wein hat eine dunkle Vergangenheit. Die nun vorliegenden Ergebnisse seien ein „Schlussstrich unter das Verdrängen“, versprach Franz Bauer, Obmann der Winzer Krems, bei einer Pressekonferenz in der Sandgrube 13. Die Winzergenossenschaft Krems sei am 3. Juli 1938, also „genau vor 81 Jahren“ gegründet worden. „Über das große Unrecht, das damals geschah, wurde viel zu lange geschwiegen.“

Denn die Gründung der Winzergenossenschaft, am 3. Juli 1938, beruht auf dem Eigentum des jüdischen Weinhändlers Paul Robitschek – eine Kellerei mit drei Gebäuden, Inventar und etwa 2,2 Hektar Grund. Robitschek wurde 1938 durch die Nationalsozialisten enteignet und musste nach Südamerika flüchten. Das belegt auch der Zwischenbericht.

Gericht verhinderte rechtmäßigen Kauf
Robitschek übertrug seinen Besitz vor der Flucht noch an seinen stillen Teilhaber, August Rieger. Der Kaufvertrag wurde aber vom Gericht – rechtswidrig – nicht eingetragen, erzählt Historikerin Brigitte Bailer-Galanda, die die Aufarbeitung leitete: „Und in der Folge haben dann die Winzer Krems mit Hilfe vor allem der landwirtschaftlichen Organisationen des NS-Staates alles daran gesetzt, die Genehmigung dieses Kaufvertrages zu verhindern, um selbst eben die Kellerei erwerben zu können."
Während Paul Robitschek die Flucht vor der nationalsozialistischen Verfolgung gelang, wurde sein Mutter im März 1943 im Ghetto Theresienstadt „im eigentlichen Sinn“ ermordet, erklärte Bailer-Galanda. Nach offizieller Lesart verstarb die Frau infolge der Haftbedingungen. Paul Robitschek führte der persönliche Fluchtweg über Italien und Frankreich nach Caracas in Venezuela, wo er 1955 starb.

ORF/Sailer
Als Erinnerung an die Familie Robitschek und zugleich als Mahnmal wurde in den Weinbergen eine Gedenktafel angebracht

Erben erhalten Entschädigung
Nach der NS-Zeit bekamen die Erben zwar 600.000 Schilling, „inwiefern dieser Betrag tatsächlich angemessen war, kann aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilt werden", fasst Bailer-Galanda den etwa 150 Seiten starken Bericht zusammen. Dieser soll im Herbst fertiggestellt werden und wird nach Angaben der Winzer Krems anschließend unter anderem auf der Unternehmenshomepage veröffentlicht.
Die Aufarbeitung erfolgte mit den beiden Autoren, Bernhard Herrmann und Robert Streibel, die mit ihrem Buch „Wein des Vergessens“ im Vorjahr den Anstoß dazu gaben. Doch als sie die Winzer mit ihrer Geschichte konfrontierten, zeigten sich diese anfangs „nicht diskussionsbereit“, wie Franz Ehrenleitner, Geschäftsführer der Winzer Krems, zugab: „Zu ferne schien uns das Geschehene. Es hat einige Zeit gebraucht, um zu verstehen: Wer seine Geschichte nicht kennt oder leugnet, hat auch keine Grundlage die Zukunft in Anstand zu meisten.“

„Kampf gegen Antisemitismus“
Als sichtbares Zeichen der Erinnerung und als Mahnmal wurde nun eine Gedenktafel für Robitschek und seine Mutter enthüllt. Für seine Nichte Juana-Charlotta Robitschek, die bis vor einem Jahr nichts von der Geschichte wusste, war es ein besonderer Moment: „Ich bin dankbar, dass sie ihre Untaten erkannt haben, die sie vor vielen Jahren gemacht haben, und ich denke, die zukünftige Generation soll darüber Bescheid wissen, weil das der einzige Weg ist, um gegen Antisemitismus und für Toleranz zu kämpfen. “ Die Geschichte soll künftig auch bei Führungen Thema sein. Damit wird aus dem „Wein des Vergessens“ doch noch der „Wein der Erinnerung“.
Stefan Sailer, noe.ORF.at
Link:
Wissenschaft: Winzer Krems arbeiten NS-Vergangenheit auf
 

josef

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#6
NS-Aufarbeitung: Versöhnungsbesuch am Weingut

Die Winzer Krems sind Österreichs größer Qualitätsweinproduzent. Doch ihre Geschichte hat auch Schattenseiten: Früher gehörte das Weingut einem jüdischen Geschäftsmann, später wurde es von den Nazis arisiert. Die heutigen Nachfahren waren nun in Krems zu Besuch.
Online seit gestern, 17.24 Uhr
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Es war ein Treffen im Zeichen der Versöhnung. Für die Nachfahren von Paul Robitschek war der Besuch bei den Winzern Krems auch eine Reise in die Geschichte der jüdischen Familie. Robitscheks Nichte Juana aus Venezuela wusste etwa lange Zeit gar nichts über das Leben ihres Onkels im Krems in den 1930er-Jahren. Erst in jüngster Vergangenheit wurde seine tragische Geschichte aufgearbeitet.

Die 75-Jährige will die Erinnerung an ihren Onkel bewahren, erzählte sie bei ihrem Besuch in Krems. "Ich denke, dass meine Familie hier ziemlich wichtig war. Sie haben viel für das Land getan, das gibt mir ein gutes Gefühl“ so Juana Robitschek gegenüber noe.ORF.at.

ORF
Die Nachfahren Paul Robitscheks besuchten die Sandgrube 13 in Krems

„Haben Vergangenheit wissenschaftlich aufgearbeitet“
Erst 2018 hatte der dokumentarische Roman „Der Wein des Vergessens“ den Anstoß für die Aufarbeitung dieses dunklen Kapitels in der Gesichte der Sandgrube 13 gegeben. Das Grundstück hatte sich bis zum Jahr 1938 im Besitz des jüdischen Weinhändlers Paul Robitschek und dessen Partner August Rieger befunden. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war es zur Denunziation und Arisierung jenes Besitzes gekommen. Paul Robitschek musste nach Südamerika fliehen. Nach dem Krieg war er mit der Summe von 600.000 Schilling entschädigt worden.
Nach anfänglichem Widerstand stellten sich die Winzer Krems diesem Teil ihrer Geschichte. „Wir haben die Vergangenheit wissenschaftlich aufgearbeitet und sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir freuen uns, das wir künftig ein gutes Verhältnis zur Familie Robitschek haben", sagte der stellvertretende Obmann der Winzer Krems, Anton Brandstetter, beim Besuch der Nachfahren Robitscheks. Auch Historiker und Mitautor des Buches „Der Wein des Vergessens“, Bernhard Herrmann, betonte: „Es ist sehr schön für mich zu sehen, dass die Mitglieder der Familie Robitschek heute Gäste der Sandgrube sind und dass das ohne Animositäten abläuft."

ORF
Eine steinerne Gedenktafel erinnert am Weingut an Robitschek

Erinnerungen an Paul Robitschek
Auch die Nachfahren des Weinhändlers freuten sich über den Besuch, naturgemäß rief er aber sehr unterschiedliche Gefühle bei ihnen hervor. Robitscheks Urgroßneffe Leo meinte etwa: „Es ist schön zu sehen, was unsere Familie hier mitgeschaffen hat. Aber ich habe auch zwiespältige Gefühle, weil uns dieser Ort weggenommen wurde. Dennoch ist es gut, die Erinnerung wiederzubekommen."

In der Sandgrube 13 erinnert eine steinerne Gedenktafel an das Schicksal von Paul Robitschek. Dort heißt es unter anderem: „Im Bewusstsein ihrer historischen Verantwortung widmet die Winzer Krems diese Tafel dem Gedenken an Paul und Johanna Robitschek und bekräftigt ihr Bekenntnis zu Toleranz, Vielfalt sowie der Unteilbarkeit der Menschenrechte.“ Auch eine Ausstellung über jüdische Familiengeschichten im Museum für Alltagsgeschichte in Neupölla beleuchtet noch bis 27. August Robitscheks Leben.

Man müsse die Zeit des Nationalsozialismus in Erinnerung behalten, betonte Juana Robitschek bei ihrem Besuch in Krems. „Ich glaube es ist sehr wichtig, weil wenn wir die Vergangenheit vergessen, kann es wieder passieren. Es soll in der Schule gelehrt werden, was in dieser Zeit geschehen ist“, so die Nichte des früheren Besitzers.
07.08.2023, Christian Postl, noe.ORF.at

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NS-Aufarbeitung: Versöhnungsbesuch am Weingut
 

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#7
Anbei der Endbericht, wie er auf der Hompage veröffentlicht wurde.
Der Endbericht wurde mit dem Zusatz "Jegliche Weiterverwertung dieser Dokumente bedarf der Zustimmung der Autoren und der Winzer Krems"veröffentlicht.
Quelle

Anmerkung: nachdem die Verlinkung oder, wie hier, die Dokumente unverändert dem gleichen Publikum zugänglich gemacht werden, ist keine Weiterverwertung gegeben sondern unterstützt die Autoren und die Winzer Krems in deren Bemühungen einer objektiven Aufarbeitung der historischen Vorgänge.
 

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