josef

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#1
Bin durch die Ortsangabe der Ziegelei -> grenze weinviertel/waldviertel... im Thread http://www.unterirdisch-forum.de/index.php?threads/ziegelöfen.9667/#post-81056 wieder an noch zu klärende Punkte betreffend Recherchen über 1944-45 erfolgte und geplante Errichtung von Kleinraffinerien („Ofen-Anlagen“) erinnert worden.

Lt. dem von E.Geilenberg (-> Geilenbergplan) entwickelten „Mineralölsicherungsplan“ sollten ursprünglich folgende "Ofen"- Anlagen in Österreich gebaut werden:

Ofen XV - XVI in Spitz a.d. Donau - Deutsche Erdöl Aktiengesellschaft (DEA)
Ofen XVII - XVIII in Petzenkirchen - DEA
Ofen XXIII - XXX in Ebensee - Rhenania Ossag
Ofen XXXII - XXXIII in Hauskirchen (Zistersdorf) - SS
Ofen XXXIV - XXXV in Mauthausen - Deutsche Vacuum


Aus amerikanischen Nachkriegsberichten, Dokumenten der Mineralölwirtschaft und „vor Ort“ recherchierten Daten geht aber hervor, dass die "Ofen"- Anlagen tatsächlich in folgenden Orten gebaut wurden:

Ofen XI - XII Türnitz
Ofen XIII - XIV Weitenegg
Ofen XV - XVI Spitz a.d. Donau
Ofen XVII - XVIII Petzenkirchen
Ofen XXIII - XXX Ebensee
Ofen XXXI - XXXII Statzendorf
Ofen XXXIII - XXXIV Hauskirchen


Siehe dazu auch:
Geilenbergprogramm: http://www.geheimprojekte.at/info_geilenberg.html
„Ofen-Anlagen“: http://www.geheimprojekte.at/deckname_ofen.html
Nun wieder zurück zur Ziegelei an der Grenze Weinviertel/Waldviertel bzw. meiner Frage zu Ziersdorf:

Bei meinen Forschungen zum Thema stieß ich auf vor mehr als 20 Jahren veröffentlichte Artikel über die „Ofen-Anlagen“ von DI. Rudolf Hauptner in

„Unsere Heimat – Zeitschrift des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich“ – Heft 2/1991 unter dem Titel „ Kleinraffinerien in Niederösterreich aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges“

und in

„Österreichische Ingenieur- u. Architekten-Zeitschrift (ÖIAZ)“ - Heft 5/1991 mit dem Titel „Unterirdische Rüstungswerke in Niederösterreich“.

In beiden Beiträgen schreibt Hauptner, dass er vom seinerzeitigen Werksleiter der ehemaligen Raffinerie Kagran in Wien 22. -> http://www.geheimprojekte.at/firma_raffinerie-erdoel_wien.html DI. Hammer, Auskunft bekam, dass dieser mit der Planung für eine Kleinraffinerie („Ofenanlage“ ?) im Bereich eines Ziegelofens in Ziersdorf betraut wurde.
Dazu Textauszug aus Artikel „Unsere Heimat-Zeitschrift für Landeskunde…“ Heft 2/1991 – Seite 185:
…neben den Dokumenten liegt auch ein Bericht von Hptm.Dipl.Ing. Hammer, Betriebsleiter im Werk Kagran der Deutschen Vacuum AG vor, der sich mit der Erkundung von Auslademöglichkeiten für einen aus Kottbus im Bahntransport anrollenden Kessel im Bahnhof Ziersdorf befaßt. Demnach war eine Ofen-Anlage in der Ziegelei Ziersdorf geplant. …
Über weitere Planungen einer weiteren (teilweisen ?) Verlagerung der Raffinerie Kagran ins NÖ. – Alpenvorland (Innerfahrafeld – Traisental) kommt ein eigener Bericht.
Ähnlich der Bericht über Ziersdorf in der ÖIAZ, Heft 5/1991 – Seite 172:
Der ehemalige Betriebsleiter im Werk Kagran der Deutschen Vacuum AG, Hptm. Dipl.Ing. Hammer war mit vorbereitenden Maßnahmen zur Errichtung der „Ofen“- Anlagen in Ziersdorf in der Ziegelei und in Innerfahrafeld betraut.
Darum also meine Frage zu Ziersdorf, angeblich gab es im Nahbereich des Ortes 2 Ziegeleien, kam aber noch nicht dazu, genaueres „vor Ort“ zu erkunden. Müsste jedenfalls den üblichen Standortgepflogenheiten der übrigen „Ofen“-Anlagen an der Bahnstrecke (FJB) gelegen sein…

lg
josef
 
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#2
Mein Beitrag löst zwar nicht die offenen Fragen, trotzdem möchte ich hier ein dieses Thema berührendes Schreiben, vom 9. November 1944, gerichtet an die Fachgruppe Erdölgewinnung, wiedergeben:

Betr.: Anlage "Ofen" im Erdölfeld Neusiedl-Hauskirchen.

Ich habe ihre mit Schreiben vom 23.8.44 gegen obigen Standort vorgebrachten Bedenken dem Arbeitsstab Geilenberg zur Kenntnis gebracht.
Nachdem Herr Geilenberg in der Zwischenzeit selbst Gelegenheit hatte, diesen Standort in Augenschein zu nehmen, wurde entschieden, es bei demselben trotz gewisser Bedenken zu belassen. Gleichzeitig legte Herr Geilenberg fest, dass keine weiteren Ofen-Anlagen im Ölfeld mehr errichtet werden dürfen.
Im Auftrag
gez. Fehr
LG Zwölfaxinger
 

josef

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#3
Renato besten Dank für die Info!
Gleichzeitig legte Herr Geilenberg fest, dass keine weiteren Ofen-Anlagen im Ölfeld mehr errichtet werden dürfen
Diese Anordnung könnte der Grund für die Nichterrichtung der ursprünglich in den "Mineralölsicherungsplänen" vorgesehenen Ofen-Anlage in Groß-Schweinbarth sein...? Ziersdorf liegt zwar wie das "Ölfeld" im Weinviertel, ist aber vom Revier weit entfernt.


In diversen mir bekannten Unterlagen werden über die tatsächlich errichteten "Ofen" - Standorte hinaus noch folgende Orte als mögliche Standorte solcher Kleinraffinerieanlagen in Österreich genannt:

Mauthausen - wurde nicht gebaut, war in den Erstplanungen vorgesehen
Groß Schweinbarth – wurde nicht (mehr ?) gebaut, im “Geilenberg-Programm” vorgesehener Standort
Ziersdorf – tauchte in den angesprochenen Fachzeitschriften auf –> glaubwürdige Angaben vom Werksleiter Hammer der Raffinerie Kagran, kam nicht mehr zur Ausführung
Innerfahrafeld – wird von Hauptner als “Ofen”-Anlage bezeichnet, war aber lt. Hammer als Verlagerung (von Teilen ?) der bestehenden Raffinerie Kagran geplant
Gemünd-Echsenbach – in “Geilenberg-Dokumenten” als möglicher Standort genannt, dürfte Echsenbach bei Gmünd im Waldviertel gemeint sein, nichts gebaut
St. Aegyd am Neuwald – fälschlich in einigen Büchern genannt (auch von L.Banny) – dürfte eine Verwechslung mit nahen Ofenstandort Türnitz sein, in St. Aegyd begann der Bau einer "KFZ-technischen Versuchsanstalt der SS mit KZ-Nebenlager".


lg
josef
 
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Bunker_Sammler

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#4
Ofen Anlagen

Guten Abend...

mir liegt eine Veröffentlichung von Kurt Grasser vor, der die "Ofen Anlagen" beschreibt.

Vermutlich hat er in einem Archiv die Bautagebücher über diese Anlagen ausfindig gemacht.

Das Buch / Heft findet man des öfternen mal auch bei e-bay.

Mit besten Grüßen
Bunker-Sammler
 

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#5
Ziegelofen Ziersdorf - "Reserve Ölteich"

In einem Dokument über "Die Ziegelöfen des Bezirkes Hollabrunn - Geschichte und Geologie" fand ich zu Ziersdorf an Stelle der ursprünglich angenommenen 2 Ziegeleinen gleich Hinweise zu 12 ehemalige Ziegelöfen im Ortsbereich!

Der in einem Artikel bei „Unsere Heimat-Zeitschrift für Landeskunde…“ Heft 2/1991 zitierte Ziegelofen als vorgesehener Standort einer projektierten "Ofen-Anlage" trägt in der Auflistung die Nummer VII. Laut den unter Ziegelofen VII angeführten Grundstücks-Nummern lag dieser direkt südwestlich der Gleisanlagen des Bahnhofes Ziersdorf -> GELBE Umrandung am NÖGIS-Bild.

Interessant ist der Hinweis auf die Verwendung des anschließenden Grundstückes mit der Nr. 2952/4 (Ziffernsturz ? -> lt. NÖGIS 2925/4 -> ROTE Umrandung) als "Reserve-Ölteich" während des Krieges! Dieser wurde nach dem Krieg von der russischen Besatzung leergepumpt und waggonweise abtransportiert!

Dazu stellt sich sie Frage: Was verbirgt sich hinter dem Begriff "Reserve-Ölteich"?

- Wurde da eine Tongrube einer Ziegelerzeugung an Stelle von Tanks als "Reserve-Lagerbecken" für Rohöl verwendet?
- Wurde das von den Sowjets abtransportierte Öl einer Raffinerie zur weiteren Verarbeitung zugeführt (SMV...?)?
- War so eine Ton- (Lehm-)Grube soweit dicht, dass es zu keiner Versickerung in den Boden kam?
- Wie waren die Sicherheitsaspekte eines solchen "Ölteiches" - wie z.B. Brandschutz? Abgesehen von den damals sicher zweitrangigen Umweltvorkehrungen?
- Oder war dort "nur" eine Deponie für Raffinerie-Rückstände, die dann von den Russen "anderwertig" entsorgt wurden...?
Also Fragen über Fragen...

Vielleicht kann jemand Klarheit in die Sache bringen?

1. Hinweis zu Ziersdorf - Ziegelofen VII (Quelle: https://opac.geologie.ac.at/wwwopacx/wwwopac.ashx? )command=getcontent&server=images&value=AL0024_117_A.pdf
2. Textauszug
3. NÖGIS - Grundstücksnummern
4. NÖGIS - Detail, gelb-> Ziegelofen, rot -> "Ölteich"
5. u. 6. NÖGIS - Höhenscan
 

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josef

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#7
Im Textauszug steht aber 2952/4 und nicht 2925/4.
Siehe dazu auch meinen Hinweis:
Verwendung des anschließenden Grundstückes mit der Nr. 2952/4 (Ziffernsturz ? -> lt. NÖGIS 2925/4 -> ROTE Umrandung)...
Oder findest Du ein an die Grundstücke des Ziegelofenareals angrenzendes Grundstück mit Nr. 2552, Teilfläche 4?
Oder habe ich es übersehen...?

lg
josef
 

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#8
Da die CIA-Leute den Russen auch in ihrer Besatzungszone ordentlich auf die Finger schauten, sah ich mich in den freigegebenen Akten um und fand 2 Dokumente. Da taucht neben dem Ölteich Ziersdorf ein weiterer Öllagerteich in Ladendorf bei Mistelbach auf!

1. Lt. dem Dokument geht nicht eindeutig hervor, wie groß die Lagerkapazität aus der Kriegszeit -> "Reserve Ölteich" war. Angeblich haben lt. CIA-Bericht die Russen ein "Doppelbecken" für 30.000 m³ mit "Tonboden" errichtet. Ab Dezember 1952 wurde der Inhalt des Ölteichs abgepumpt und in die Tschechoslowakei verbracht. Es handelte sich lt. dem 2. Dokument um zähflüssiges "Heizöl" -> "Masut", wobei der Teichinhalt erst mittels "Dampfleitungen" aufgetaut bzw. verflüssigt werden musste. Der Dampf dazu und auch für den Antrieb der Pumpe kam von Lokomotiven.
2. Quellenhinweis des CIA-Dokuments.

3. Weiterer Bericht mit dem Hinweis auf "Masut", welches als Raffinationsrückstand in den Raffinerien anfällt und in den Teichen zwischengelagert wurde, um im Winter als Heizöl verwendet oder durch weitere Destillationsstufen später in Raffinerien nochmals weiterverarbeitet zu werden. (-> Siehe z.B. "Dachs"-Anlagen zur Weiterverarbeitung der Rückstände von "Ofen-Anlagen")

In diesem CIA-Akt wird dann noch von 4 Öllagerteichanlagen in Österreich berichtet: Moosbierbaum (Betonbecken) und 3 weiteren unbefestigten Teichbecken in Ziersdorf, Ladendorf und einem (noch ?) unbekannten Ort. Wobei die Anlage in Ladendorf von den Russen auch noch erweitert wurde.
4. Quellenhinweis des CIA-Dokuments.
 

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#9
CIA-Dokument über "Masut" Lieferungen in die CSR Oktober u. November 1952:

Fand ein weiteres CIA-Dokument über Lieferungen von österreichischen Raffineriereststoff- Lagerstandorten in die damalige Tschechoslowakei. Die Daten beziehen sich auf die Liefermengen der Monate 10. und 11. 1952 von den Depots der Raffineriestandorte
- Moosbierbaum
- Schwechat und
- Lobau (Tanklager u. Raffinerie)
sowie vom "Ölteich" Ladendorf.

Im Anhang der Aufzeichnungen wird angeführt, dass Ladendorf der Lagerort für die Raffinerie Korneuburg war.

Lieferungen ab dem "Ölteich" Ziersdorf kommen in der CIA-Akte nicht vor, da diese, wie weiter oben zu sehen, erst Ende Dezember 1952 erfolgten. Jedenfalls dürften die Raffinerie-Rückstände (Masut) in der damaligen CSR weiterverarbeitet worden sein, da als Empfangsorte Bratislava und Pardubice aufscheinen, wo es ebenfalls Raffinerien gab (und heute noch gibt).

Beim "Ölteich Ladendorf" bin ich bisher noch auf keinen konkreten Hinweis einer Nutzung bereits während der Kriegszeit wie bei Ziersdorf (-> Reserve Ölteich) gestoßen. Dieser könnte durchaus erst durch die SMV nach Kriegsende angelegt worden sein...?
 

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josef

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#10
War heute auf der B4 unterwegs und schaute in Ziersdorf vorbei:

1. Zufahrt zur ehemaligen "Reserveölteichanlage". Zu etwa einem Drittel ist die ehemalige Tongrube des Ziegelwerkes mit der Zwischennutzung als "Ölteich" während des Krieges und in der Besatzungszeit bereits verfüllt. Wobei der NO-Teil (Bahnseite) bereits an das umliegende Niveau angeglichen ist, der Restteil der Grube ist auf unterschiedliche Höhen angefüllt bzw. planiert. Der Abschnitt, welcher derzeit als Aushubmaterial-Deponie dient, ist mit einem provisorischen Bauzaun eingefriedet.
2. Rechts erkennt man die bereits voll verfüllte Seite Richtung Bahnhof...
3. Der rückwertige Abschnitt wurde von der Natur zurückerobert.
4. Dort ist ein Teil zur Hälfte der ehemaligen Tiefe aufgefüllt und planiert und wird als Bogenschießplatz verwendet.
5. Links davon ist noch annähernd die ursprüngliche Tiefe vorhanden. Die Fläche dürfte als Veranstaltungsplatz genützt worden sein.
6. Die Reste einer Theke aus Paletten...
7. Blick in die Gegenrichtung zum voll aufgefülten NO-Teil.
8. Die Seitenwand aus Löss bildet fast senkrechte Wände.
9. Eine verwachsene Betonabdeckung deutet auf einen Sickerschacht (Beobachtungsbrunnen...?) hin. Jedenfalls dürften keine ölhältigen Rückstände vorhanden sein, da im Altlastenkataster nichts zu finden ist.
10. Nochmals ein Blick über die tiefsten Teile der Grube.

(Alle Aufnahmen 29.04.2018)
 

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#11
Fortsetzung "Reserveölteich" Ziersdorf:

11. Ein am folgenden GE-Bild sichtbares Fundament (?) an der OW-Ecke ist heute nicht mehr erkennbar, dürfte unter der Anschüttung verschwunden sein.
12. GE-Bild mit Fundament. Der NO-Teil Richtung Bahnhof ist zur Gänze verfüllt.
13. GE-Bild Übersicht.
14. Gebäude-Altbestand des ehem. Ziegelofens (Wohngebäude) gegenüber Bahnhof -> gelber Kresis auf GE-Bild.
 

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#13
Ergänzung zum "Öl-Lagerteich Ladendorf"
Beim "Ölteich Ladendorf" bin ich bisher noch auf keinen konkreten Hinweis einer Nutzung bereits während der Kriegszeit wie bei Ziersdorf (-> Reserve Ölteich) gestoßen. Dieser könnte durchaus erst durch die SMV nach Kriegsende angelegt worden sein...?
Dieser "Ölteich" wurde wie aus nachfolgendem Artikel aus "Schienenverkehr aktuell - Heft 1/2020" ersichtlich, bereits 1944 angelegt:

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1577378354406.png
(Quelle: SVA Heft 1/2020 S. 44f.)
 
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