Historisches Erscheinungsbild des ehemaligen Schleusengebäudes am Brigittenauer Sporn wurde gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt rekonstruiert

josef

Administrator
Mitarbeiter
#1
Otto-Wagner-Haus wird saniert
1676191743300.png

In Wien wird jetzt ein Juwel des Wiener Jugendstils saniert: der Sitz der Wiener Gewässer im ehemaligen Schleusengebäude am Brigittenauer Sporn. Die Jugendstilfassade des Otto-Wagner-Baus soll wieder originalgetreu hergestellt werden.
Online seit heute, 7.05 Uhr
Teilen

Die von Otto Wagner Ende des 19. Jahrhunderts geplante Anlage besteht aus der Schemerlbrücke mit Wehr, dem Krandepot und dem Schleusengebäude. Die Anlage liegt zwischen Donau und Donaukanal. Bevor die Wiener Gewässer einzogen, war in den Jahren 2016 und 2017 das Dach und das Innere saniert worden. Nun folgt die Sanierung der Fassade und der Fenster. Die Arbeiten starteten Mitte Jänner mit der Einrüstung des Gebäudes und sollen bis Jahresende abgeschlossen sein.

Wiener Wildnis
Die Sanierung der Jugendstilfassade orientiert sich am historischen Originalzustand

Fassade soll wieder weiß werden
In den vergangenen zehn Jahren wurde das historische Erscheinungsbild gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt (BDA) rekonstruiert. Dabei bestätigte sich, dass Otto Wagner das Gebäude monochrom weiß errichtete, während die Fenster braun gestrichen waren. Die in grün gehaltenen Elemente werden jetzt im Zuge der Sanierung wieder weiß gestrichen.

Das Schleusengebäude steht unter Verwaltung der Donauhochwasserschutz-Konkurrenz (DHK). Es wurde ursprünglich als Teil des Wiener Hochwasserschutzes errichtet. Die Stadt Wien, selbst in der DHK vertreten, ist zu zwei Drittel Miteigentümerin des Gebäudes.


Wiener Wildnis
Mauersegler nisteten in den Blechblumen unter dem Dach

Ersatznistplätze für Mauersegler
Streng geschützte Mauersegler, die nur wenige Monate zum Brüten von Zentralafrika nach Europa kommen, brüteten am Otto-Wagner-Gebäude. Bei der ersten Sanierung des Schleusengebäudes wurden zahlreiche Nistplätze an den Jugendstilornamenten – den Blechblumen unter dem Dach – entdeckt. Zum Schutz der Tiere werden die Blechblumen nun versetzt und außen an das Gerüst an zwei Seiten des Gebäudes in gleicher Höhe montiert. So bleiben die Nistplätze erhalten. Die Brutzeit beginnt im Mai und dauert bis zu einem Monat. Bereits Mitte Juli beginnen die ersten Mauersegler wieder abzuziehen.
12.02.2023, red, wien.ORF.at
Otto-Wagner-Haus wird saniert
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#2
Einige historische Ansichtskarten aus der Sammlung der ÖNB:

Karte aus 1908:
1676213866095.png
Panoramablick auf den "Brigittenauer Sporn" auf die Abzweigung des "Donaukanals" vom Hauptstrom mit dem markanten "Otto Wagner Bauwerk und der Schleusenanlage. Im Vordergrund die Gleise des Bahnhofes Nussdorf der Franz-Josefs-Bahn.
https://akon.onb.ac.at/#center=u2ede71kb128&zoom=13&id=AKON_AK020_592

Karte aus 1911:
1676214668922.png
Gebäude der K.u.k. Donauinspektion (Verwaltungsgebäude der „Donau-Regulierungs-Commission“ ) - "Schleusengebäude mit Nussdorfer Wehrbrücke", auch "Schemerlbrücke" genannt, über den Donaukanal
https://akon.onb.ac.at/#center=u2ede71kb128&zoom=13&id=AKON_AK041_174

Karte aus 1929:
1676215758145.png
Situation direkt am Nussdorfer Donauufer vor der Abzweigung des Donaukanals beim Eisstoss 1929
https://akon.onb.ac.at/#center=u2ede71kb128&zoom=13&id=AKON_AK032_313
 

josef

Administrator
Mitarbeiter
#3
Otto-Wagner-Bau erstrahlt in neuem Glanz
1704621408408.png
Das historische Otto-Wagner-Gebäude am Brigittenauer Sporn erstrahlt in neuem Glanz. Bei den Arbeiten des ehemaligen Schleusengebäudes wurde auf eine originalgetreue Sanierung geachtet. Die grünen Farbakzente – über Jahre mit Otto Wagner verbunden – verschwanden.
Online seit heute, 6.00 Uhr
Teilen
Ende des 19. Jahrhunderts plante Otto Wagner die Nußdorfer Schleusen- und Wehranlage, zu dem das Schleusengebäude gehört. In den vergangenen zehn Jahren wurde das Schleusengebäude genauestens untersucht und das historische Erscheinungsbild gemeinsam mit dem Bundesdenkmalamt rekonstruiert, berichtete die Stadt in einer Aussendung.

Fotostrecke mit 4 Bildern
Wolfgang Czernilofsky
Wolfgang Czernilofsky

viadonau / Johannes Zinner

Wolfgang Czernilofsky

Weiße statt grüne Elemente
Dabei wurde festgestellt, dass das Gebäude in der Ursprungsform monochrom weiß war. Daran hat man sich bei der Sanierung von Fassade, Ornamenten sowie Fenstern orientiert. Vor kurzem wurde sie abgeschlossen. Die bislang grün gehaltenen Elemente erstrahlen in Weiß, die Außenfenster sind nun braun gefärbt. Die dunkelgrüne Farbe war lange als Markenzeichen Otto Wagners bezeichnet worden, Untersuchungen zeigten jedoch, dass die Farbe erst später zum Einsatz kam.

Alle Fenster, auch die großen Glasfronten in dem „Laterne“ genannten Hochwasserbeobachtungs-Aufbau am Dach, wurden zur Gänze mit modernen mehrschichtigen Fensterverglasungen versehen. Dadurch soll die Energieeffizienz erhöht worden sein. In dem Gebäude ist die Zentrale der Magistratsabteilung Wiener Gewässer untergebracht.
07.01.2024, red, wien.ORF.at
Otto-Wagner-Bau erstrahlt in neuem Glanz
 
#4
Rückbau des Otto Wagner Schleusengebäude in das optische Erscheinungsbild von 1899.
Seit über 10 Jahren durfte ich das Otto Wagner Schleusengebäude verstehen und kennenlernen. Es entspringt einer interessanten Zeit mit neuen Materialien (Eisen, Beton) mit noch unbekannten Konstruktionen, wenige Vorschriften und wenig Erfahrungen.
Einige Konstruktionsbereiche sind mit heutigen statischen Möglichkeiten nicht nachvollziehbar und dennoch steht das Haus.
Viele Befundungen haben die monochrome Ausführung 1899 in einem "weiß" bestätigt.
Die Fenster wurden im historischen Erscheinungsbild mit dem Spagat einer zeitgemäßen modernen Technik realisiert. Im Labor und vor gemessen mit einer Einsparung der Energieverluste von bis zu 75 Prozent. Die äußere zweifärbige braune Eichenoberfläche entspricht der Ausführung von 1899.
Die Romanzement Zierteile restauriert und befestigt, die Verputzflächen komplett neu als Kalkputz hergestellt. Zehn Fassader mit einer Verputzausbildung beim Bundesdenkmalamt haben mit viel Freude am Ergebnis Großartiges geleistet.
Vor den Arbeiten erfolgte eine 3D Bestandsvermessung mit einer Drohne.
Die Wiederherstellung des gegliederten Verputz erfolgte mit einer maximalen Abweichung von 1mm - sensationell für eine Bauleistung.
Die Farbe und die Anstreichtechnik in "Achtern" aufgetragen mit einer Rosshaarbürste wurde in mehreren Versuchen festgelegt.
Das "Resedagrün" ist wieder verschwunden, war diese Farbe doch erst in den 50 Jahren nach der Deutschen DIN 1844 als Grundierung / Rostschutz im Maschinenbau festgelegt worden, lange nach dem Tod von Otto Wagner (1918).

Am 10.3.2024 wird im Bezirksmuseum Brigittenau, Dresdnerstraße 79, 1200 Wien eine Ausstellung zum Otto Wagner Schleusengebäude eröffnet.
 

Anhänge

#6
Grundsätzliche Frage:
Warum hat man damals so ein großes Haus für die Schleuse benötigt?
Danke,
Daniel
In diesem Gebäude war die technische Verwaltung und Dienstwohnungen untergebracht. Für die Bedienung des Nadelwehr waren zB je Winde zwei Mann an den Kurbeln, zwei Mann für das Ein und Aushängen der Ketten erforderlich. Es gab zwei Winden bei den Nadeln. Zwischen den Nadeln (II-Trägern) wurden Schütze, an Ketten hängend auf zwei Ebenen abgesenkt. Damit konnten die Schütze, die auf Rollen liefen, über die zwei Ebenen kaskadierend bewegt werden, somit der Wasserdurchfluß genau eingestellt werden.
Die Schütze und die Winden waren im niedrigen Gebäude, dem Kettenmagazin untergebracht. Auf Schienen wurden die Winden bzw. die Wagen mit den Schützen bewegt. Für den Betrieb der Kettenwinde waren zwei Mann erforderlich. Zwei weitere Personen brachten die Schütze zum Absenkort. Dafür gab es zwei auf Schienen fahrbare Portalkräne.
Dazu musste die Schmiede und die Schlosserei und die Kettenprüfanlage bedient werden.
Oben in der Aussichtswarte sah man bis zur Kurve der Donau bei Korneuburg hinauf. Da erfolgte die Beobachtung von Hochwasser und Eisstößen.
Das Schwimmthor von Engerth war damals auch in Betrieb. Das wurde gedreht versenkt und nach der Gefahr mittels Dampfpumpe leergepumpt und zurückgedreht.
Die Dampfpumpe war die ganze Saison befeuert, damit die wasserführenden Teile innerhalb des Schwimmthor nicht einfrieren konnten. Für das Ausdrehen, Absenken usw. waren ca. 20 Personen erforderlich.

Diese Themen sollen bei der Ausstellung im Bezirksmuseum Döbling im 2. Halbjahr 2024 im Detail mit Fotos und Beschreibungen erklärt werden.
 
#10
Grundsätzliche Frage:
Warum hat man damals so ein großes Haus für die Schleuse benötigt?
Danke,
Daniel
In der Zeitschrift EXTRABLATT
des Döblinger Heimat-Kreis gibt es in der Ende Jänner 2024 erscheinenden Ausgabe einen längeren Artikel zum Schleusengebäude mit der Beschreibung, wie das Otto Wagner Gebäude erkundet, erforscht und verstanden wurde.
Damit wurde die Grundlage geschaffen, das Gebäude optisch in den historischen Urzustand versetzen zu können.
Für nähere und auch spezielle Fragen bin ich unter czw712@gmail.com erreichbar
https://www.wien-doebling.at/neu/?page_id=448
 
Oben