Zeitreise durch die hochkomplexe geologische Vergangenheit Kärntens

josef

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#1
Kärnten einst: Wüste, Meer und Vulkan
Kärnten ist reich an unterschiedlichen Gesteinsarten. Diese bunte Vielfalt an Steinen ist ein Spiegelbild der hochkomplexen geologischen Vergangenheit unseres Landes, die von Wüsten, Vulkanen und Meeren erzählt.

Eine Zeitreise binnen fünf Sekunden? Mithilfe der Gesteinssäule vor der Pädagogischen Hochschule in Klagenfurt lässt sich das machen. Hier liegen 500 Millionen Jahre Erdgeschichte Kärntens vor einem. Die ältesten Schichten sind am Fuße der Säule abgebildet, die jüngsten Gesteine ganz oben. Die Idee zur Gesteinssäule hatte Helmut Zwander vom Naturwissenschaftlichen Verein. „Steine haben eine unglaubliche Ausstrahlung. Ich glaube, in jedem von uns steckt noch ein kleiner Steinzeitmensch.“


ORF/Kaltenbrunner

Drei große geologische Einheiten in Kärnten
Demnach gibt es in Kärnten drei große geologische Einheiten. Zwander: „Der allergrößte Teil von Kärnten gehört zum sogenannten Ostalpin: Koralm, Saualm, Klagenfurter Becken, die Gailtaler Alpen. Ganz im Süden haben wir einen schmalen Streifen, das ist das Südalpin und dann gibt es noch eine kleine Einheit, das Tauernfenster, das haben wir ganz im Nordwesten Kärntens, dort wo der Großglockner ist.“

Grundsätzlich erzählt die Säule die geologische Geschichte Kärntens, auch wenn nur Steine aus dem Süd- und Ostalpin darin eingemauert wurden. „Das war mit dem Tauernfenster nicht machbar, weil es einfach nirgends richtig dazu gepasst hätte.“


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Gesteinssäule vor der Pädagogischen Hochschule in Klagenfurt

Das Ostalpin allein ist sehr vielfältig, es stellt die größte geologische Einheit in Kärnten dar und nimmt deshalb auch den größten Teil der Säule ein. „Allein im Umfeld von St. Veit haben wir auf etwa 100 Quadratkilometer 100 verschiedene Gesteine.“

Roter Sandstein wie in Australien
Wenn man die Einteilung in Ost- und Südalpin weglässt, ist das unterste Gestein das Urgestein, das man bereits aus der Schule kennt. Claudia Dojen, sie ist die Leiterin der geologischen Abteilung beim Land Kärnten: „Man sieht verschiedene Gebirgsbildungen, die hier durch rote Ziegelsteine abgebildet sind und Störungen anzeigen. Dann haben wir Abbildungen von marinen Gegebenheiten, also wo Kärnten wirklich unter Meer lag. Es wird dann immer festländischer, man sieht roten Sandstein wie es ihn auch am Ayersrock in Australien gibt. Kärnten lag festländisch in einem wüstenhaften Gebiet, das war vor etwa 300 Millionen Jahren.“

Seeigel und Ammoniten aus dem Kärntner Meer
Aus dieser Zeit gibt es auch die ältesten fossilen Spuren. Gleich danach wird Kärnten auch schon wieder marin. „Das Meer schwappt wieder über und wir haben hier Kalkablagerungen. Kalke entstehen nur im Meer. In der Säule selber sehen sie ganz zuletzt Seeigel und Ammoniten, das sind Verwandte der Kopffüßer wie Kraken.“

Darüber sind auf der Gesteinssäule noch dunkelgraue Stein eingemauert, wo man Abdrücke von Austern sieht. Diese Steine kommen aus dem Lavanttal, stammen aus dem Miozän und sind ungefähr sieben Millionen Jahre alt.

Dojen: „Auch sehr schön aus dem Eozän sind die Nummoliten. Das sind sogenannten Kammerlinge, sehr große Einzeller. Aus einem ganz ähnlichen Gestein desselben Alters sind z.B. die Pyramiden von Gizeh gebaut worden. Ganz zum Schluss ist die Eiszeit abgebildet. Sie hinterlässt uns die Drauschotter, die in einem großen Kieselstein wiedergegeben ist.“

Vulkan kam bei Kollnitz an die Oberfläche
Beim Ostalpin ist vor allem ein Überbleibsel eines Vulkans sehr auffällig. Er wird auf der Gesteinssäule in schwarz dargestellt und sieht fast so aus wie eine verkümmerte Palme. Es ist der Vulkan von Kollnitz, das ist in der Nähe von St. Paul im Lavanttal. "Der Vulkan steigt im Miozän auf, durchbricht alle Gesteinsschichten und ergießt sich oben.“

Er ist der einzige erhaltene Vulkanschlot, den wir in Kärnten haben. Dojen: "Es wird mehr gegeben haben, übriggeblieben ist aber nur dieser. Im steirischen Vulkangebiet haben wir ähnliche Erscheinungen, dort ist er aber sehr viel häufiger.“


ORF/Kaltenbrunner

Eisenkappler Granit als geologische Besonderheit
Beim Südalpin ist vor allem der Eisenkappler Granit zu erwähnen, weil Kärnten nicht unbedingt für seinen Granit bekannt ist - im Gegensatz zum Waldviertel, erklärt Helmut Zwander. Der Eisenkappler Granit ist sehr spröde. „Er kann nicht für den Straßenbau verwendet werden, weil er sofort zerbröseln würde. Es kommen viele Geologen aus ganz Österreich nach Bad Eisenkappel, um einmal dieses Granitvorkommen und andere Gesteine um Umfeld kennenzulernen.“

Der Granit ist ein Tiefengestein, das in der Erdkruste langsam ausgekühlt ist. "Was dieses Gestein vorher war und wie alt es vorher war, das wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass vor etwa 15 Millionen Jahren die Granitbildung abgeschlossen war.“

Lehrbehelf für Geologiestudenten
Natürlich erzählen die Steine noch viel, viel mehr. Wer Lust hat, kann die Gesteinssäule vor der Pädagogischen Hochschule in Klagenfurt jederzeit besuchen. Die Säule ist nicht nur ein Publikumsmagnet, sondern dient den Geologiestudenten als Lehrbehelf. Claudia Dojen: „Vor allem wenn man als Geologe neu in ein Bundesland kommt und sich nicht auskennt, ist es wunderbar, so eine Gesteinssäule zu haben, wo man auf einen Blick die komplette Abfolge aus dem Cambrium oder Vitium bis hinauf zu heute sich anschauen kann.“
http://kaernten.orf.at/radio/stories/2756724/
 

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#2
Als Kärnten noch ein Sumpf war
Kärnten war vor 300 Mio. Jahren eine von Wäldern bedeckte Sumpflandschaft, außerdem lag es weiter südlich als heute und es war um zehn Grad wärmer. Fundstücke aus den verschiedensten Epochen kann man im Botanischen Garten sehen.

Vor mehr als 300 Millionen Jahren dürfte es in Kärnten sehr mystisch ausgesehen haben. Eine Sumpflandschaft mit dichten Wäldern bedeckte das Land. Die Bäume standen halb im Wasser und waren verwandt mit unseren heutigen Bärlapp-Pflanzen, die nur ein paar Zentimeter erreichen. Damals waren sie jedoch zirka 20 Meter hoch und hatten zwei Meter dicke Stämme.

Kärnten lag einmal weiter südlich
„Vor 15 Millionen Jahren war das Klima deutlich wärmer als heute und Kärnten lag deutlich südlicher, etwa am 36. Breitengrad. Teilweise wuchsen in den heimischen Wäldern sogar Palmen“, so der Botaniker Felix Schlatti, wobei es schwierig sei zu rekonstruieren, wie der Unterwuchs unter diesen Bäumen ausgesehen habe. „Aus den festen Holzanteilen entstand Braunkohle, während von dem Unterwuchs sehr wenig erhalten blieb.“

Das Wetter verschlechterte sich und die Temperaturen sanken drastisch. Vor zirka drei Millionen Jahren war es ungefähr gleich warm wie heute, danach begann die Eiszeit.

Flora starb durch Kälte aus
„Vor zwei Millionen Jahren hatten wir den ersten Eisvorstoß, der Biber genannt wurde. In dieser Biber-Eiszeit starben viele Arten aus. Das war eines der prägendsten Aussterbeereignisse der Kärntner Flora“, sagte Schlatti. Alle 1.000 Jahre veränderte sich die Landschaft komplett. Im Atlantikum vor ungefähr 7.000 Jahren lag auch die Waldgrenze wesentlich höher. Vor ca. 4.000 Jahren wurden die Eichenwälder von den Buchen verdrängt. Zu dieser Zeit sahen die Wälder ähnlich aus wie heute. Zur gleichen Zeit setzte die Jungsteinzeit ein.

Zwei Drittel Kärntens mit Eis bedeckt
Vor ca. 20.000 Jahren war Kärnten zu zwei Drittel mit Eis bedeckt und ein Drittel war eisfrei. „Es betraf vor allem die östlichen Teile des Landes die Koralpe, die Saualpe und auch die Karawanken. Hier wuchsen teilweise Steppenpflanzen und das Klima war deutlich trockener als heute. Beispielsweise mit Gräsern oder mit Beifußarten, wie wir sie heute in zentralasiatischen Steppen finden. Andererseits aber auch mit Tundrapflanzen, das sind genau die Arten die man heute als arktoalpin bezeichnet, die also in der Arktis als auch in alpinen Bereichen vorkommen“, so Schlatti.

Natur durch Menschenhand stark verändert
Silberwurz, alpine Weiden oder die Zwergbirke seien damals auch recht häufig gewesen - heute hingegen seien die Zwergbirken wieder in ganz kleine Bereiche, in Moore zurückgedrängt worden, so der Botaniker Schlatti.

"Die Menschen begannen, das Land ganz stark zu verändern. Es entstanden Ackerflächen mit Kulturpflanzen und Unkräutern, Weideflächen und Wiesenflächen, mit speziellen Wiesenpflanzen. Der Wald wurde verändert und insgesamt stieg auch die Artenvielfalt. Die Menge an verschiedensten Standorten erhöhte sich deutlich.

Link:

Publiziert am 14.02.2017
http://kaernten.orf.at/radio/stories/2825496/
 

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#3
Kärntner Seen sind Eiszeit zu verdanken
Rund ein Kilometer Eis hat drei Viertel Kärntens bedeckt. Vor 115.000 bis 10.000 Jahren herrschte die Eiszeit „Würm“. Deutliche Spuren sind heute noch einige Seen, die aus so genannten Toteislöchern entstanden.

Die Geografin Iris Hansche veröffentlichte die Publikation „Die Spuren der letzten Eiszeit in Kärnten“ und zeigt heute noch sichtbare Reste im Land. Ein Gletscher transportiert sehr viel Gestein und Geröll mit. Ein Teil der Materialien befindet unterhalb des Gletschers, aber auch an den Seiten. Es gebe zwei Kategorien, die Abtragungsspuren und die Ablagerungsspuren, wie sie am Kreuzbergl zu sehen sind, so Iris Hansche.


Iris Hansche/Josef Mörtl
Gletscherschliff am Kreuzbergl


Nicht nur am Kreuzbergl in Klagenfurt schürfte der Gletscher das Gestein ab, sondern überall, wo sich Gletscher ausbreiteten. Das war in fast ganz Kärnten der Fall, nur das Lavanttal war eisfrei - mehr dazu in
Im Lavanttal lebten Elefanten und Hundebären. In St. Nikolai bei Keutschach, bei der Kirche, befinde sich wunderbarer Gletscherschliff, wo man den polierten Fels erkennen könne.

Gut zugängliche Abtragungen am Forstsee
Beim Forstsee gibt es ebenfalls Gletscherschliff zu sehen, so Hansche: „Am Ostufer findet man abgeschliffene Felsformationen, man kann direkt hingehen und die Abtragungen sehen.“ Viele Gletscherschliffe sind natürlich wieder mit Erdreich zugedeckt und damit nicht mehr sichtbar. Der riesige Gletscher hinterließ jedoch noch viel markantere Spuren: „Die größte Form ist ein U-Tal. Drau- und Gailtal waren ursprünglich ausgefüllt mit riesigen Gletschern. Sie wirkten sehr erosiv und schufen die Form dieser Täler durch Abtragung.“

Die Eismassen trugen nicht nur Gestein ab, sondern lagerten auch auch Material ab, wenn sie schmolzen. Diese Ablagerungen können mehrere hundert Meter erreichen.


Iris Hansche
Gletscherreste in St. Nikolai


Bei Rinkenberg bei Bleiburg findet sich eine Endmoräne. Moränen erkennt man am Material, das sei unsortiert, soll heißen, es gebe große und kleinere Steine, manche rund, manche kantig. Eine weitere Form der Ablagerungen sind Findlinge, die vom Gipfel abbrechen, auf das Eis fallen und weiter transportiert werden. Wenn das Klima wieder wärmer wird und der Gletscher zu schmelzen beginnt, lagert er die großen Gesteinsbrocken ab. „Das ist oft ein ganz anderes Gestein, als es in der Gegen vorkommt, weil es weit transportiert wurde. Ein Beispiel ist der Weiberzahl in Pritschitz.“


ORF
Der Hafnersee war einst ein Eisloch


Toteislöcher wurden zu Seen
Toteislöcher werden ebenfalls durch Ablagerungen gebildet, so Hansche: "Wenn ein Gletscher schmilzt, brechen große Brocken Eis ab, das Toteis. Mit dem Schmelzwasser wird dieses Gestein abtransportiert und um und auf den Eisbrocken abgelagert.

„Diese Eisbrocken sind von der Sonne geschützt und schmelzen langsamer als der Gletscher. Wenn sie geschmolzen sind, entstehen Mulden im Boden, die sehr groß sein können.“ Manche dieser Mulden füllen sich dann mit Wasser. Ein Beispiel ist das Meerauge im Bodental. „Es gibt viele Toteislöche, die heute Seen sind wie der Magdalenensee, Zollnersee oder Hafnersee.“ Auch der Vassacher See ist so ein ehemaliges Toteisloch.

Publiziert am 11.05.2017
http://kaernten.orf.at/news/stories/2841508/
 
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