Zugang zum unterirdischen Fluss Timavo (wieder-)entdeckt

Geist

Worte im Dunkel
Mitarbeiter
#1
Höhlenforscher aus Triest machten einen Sensationsfund

Hartnäckige Abenteurer konnten einen bisher unbekannten unterirdischen Abschnitt des Flusses Timavo entdecken.





Georg Lux
Leitender Digitalchef Redaktion Ktn., Mitglied der Chefredaktion
1. April 2024,
16:00 Uhr

Ausgerechnet in der tatsächlich so bezeichneten Grotta Luftloch haben die Höhlenforscher der „Società Adriatica di Speleologia Trieste“ (SAS) einen wahrlich langen Atem bewiesen. Seit 23 Jahren suchen sie in dem Schacht in der Nähe des Dorfes Trebiciano bei Triest immer neue Wege nach unten. Jetzt sind die nimmermüden Italiener fündig geworden: In 300 Meter Tiefe entdeckten sie einen bisher unerforschten Abschnitt des Flusses Timavo.

Der Timavo gilt als eines der letzten großen Rätsel unseres fast bis in den letzten Winkel ausgeleuchteten Planeten. Er „entspringt“ spektakulär und mit ungeheurem Druck aus einer Felswand bei Duino nordwestlich von Triest. Nach nur zwei Kilometern mündet der Timavo in die Adria, was ihm die Bezeichnung „kürzester Fluss der Welt“ eingebracht hat. Fälschlicherweise. Denn der Timavo ist, wie man mittlerweile weiß, zu einem Großteil die Fortsetzung des Flusses Reka. Dieser verschwindet, aus Kroatien kommend, in den Höhlen von Škocjan in Slowenien. Erst 30 Kilometer entfernt taucht die Reka als Timavo bei Duino wieder auf. Der unterirdische Flusslauf dazwischen ist bis heute weitgehend unerforscht.

Entsprechend groß ist die Freude der Höhlenforscher über die Entdeckung des Timavo-Teilstücks am Ende der Luftloch-Höhle bei Trebiciano. Sie haben dafür in den vergangenen 23 Jahren große Strapazen auf sich genommen, die auch schon Thema einer TV-Dokumentation des Senders „National Geographic“ waren. „An manchen Stellen ist der Schacht so schmal gewesen, dass nur eine Hand durchgepasst hat“, berichtet SAS-Präsident Marco Restaino. Er war an der Entdeckung der Höhle im Jahr 2000 ebenso beteiligt wie jetzt am Vorstoß zum Flusslauf und schwärmt: „Für uns ist ein Traum wahr geworden.“

Der Timavo am Ende der Luftloch-Höhle soll in den kommenden Monaten weiter mit Booten erkundet werden. Im Wasser sind die Forscher auf Grottenolme gestoßen. „Das bedeutet, dass es hier zum Glück noch keine schädlichen Einflüsse von außen gibt. Die extrem seltenen Tiere können nur in einer wirklich intakten unterirdischen Umwelt leben“, sagt Restaino. Für ihn hat die Entdeckung über die naturwissenschaftlichen Aspekte hinaus auch eine große historische Bedeutung. „Der Karst zwischen Triest und Ljubljana gilt als Wiege der modernen Höhlenforschung. Wir sind stolz darauf, die Spuren wahrer Pioniere weiterzuverfolgen.“


Ein Grottenolm. Die Tiere sind extrem selten © Blocher

Auch der deutsche Name der Luftloch-Höhle soll an die Vorgänger der Entdecker von heute wie Anton Friedrich Lindner erinnern. Der Kontrollor der k. k. Bergwerks-Produkten-Verschleiß-Faktorei in Triest war schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf der Suche nach dem unterirdischen Verlauf des Timavo, um diesen für die Trinkwasserversorgung der Stadt anzuzapfen. Lindner wurde 1841 tatsächlich – übrigens ebenfalls in der Nähe von Trebiciano – fündig. Er stellte mit seinem Vorstoß in 322 Meter Tiefe zwar einen Weltrekord im Erkunden einer Schachthöhle auf, der 80 Jahre lang halten sollte, konnte daraus aber nicht den erwarteten Nutzen für Triest ziehen. Es gab damals noch keine Pumpen, mit denen es möglich war, Wasser über eine so große Distanz zu fördern.

Schon 1840 entdeckte Lindner auf der Suche nach dem Timavo die Grotta Gigante, eine der weltweit größten Tropfsteinhöhlen. Sie ist seit den 1950er-Jahren ganzjährig für Besucher geöffnet. Der Zugang befindet sich im Dorf Sgonico nördlich von Triest.

Die sogenannte Timavo-Quelle bei Duino und die archäologischen Funde in der Umgebung werden in einem Kapitel des Buches „Vergessene Paradiese - Entdeckungen, Ausflüge und Abenteuer im Alpen-Adria-Raum“ (Styria-Verlag) beschrieben. Es im Kleine-Zeitung-Shop und im Buchhandel erhältlich.

von Georg Lux

Georg Lux, Leitender Digitalchef Redaktion Ktn., Mitglied der Chefredaktion
Quelle mit Fotos und einem Video: Nach 23 Jahren : Höhlenforscher aus Triest machten einen Sensationsfund
 
Oben