China: Fertige, in Fertigstellung befindliche und projektierte Megaprojekte

josef

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#21
Hoher Preis für Xis Traumstadt
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Geht es darum, rasch neue Gebäude in die Höhe zu ziehen, dann ist China weltweiter Vorreiter. Ein Prestigeprojekt ist die Planstadt Xiong’an. Nicht nur in Sachen Hightech, sondern auch als Beispiel für Nachhaltigkeit soll sie den „Millennium-Plan“ des chinesischen Präsidenten Xi Jingping manifestieren. Doch als große Überschwemmungen kürzlich Xiong’an bedrohten, wurde die Stadt zu einem hohen Preis gerettet.
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Denn seit Ende Juli und Anfang August haben Peking sowie die umliegende Provinz Hebei, in der Xiong’an liegt, mit den Folgen der Rekordregenfälle und Überschwemmungen zu kämpfen, die Dutzende von Menschenleben gefordert hatten. Über 1,5 Millionen Menschen mussten fliehen. In den wichtigsten städtischen Gebieten von Xiong’an, in denen Dutzende von Staatsunternehmen ihren Sitz haben bzw. künftig haben sollen, wurden allerdings keine größeren Überschwemmungen gemeldet.

Zu den Prioritäten der Entscheidungsträger gehörte es laut „CNN“, die Hauptstadt Peking sowie Xiong’an „absolut sicher“ vor den Regenfällen zu machen, die vor etwa einem Monat die Flüsse im Hügelland nördlich von Peking zum Übertreten gebracht hatten. Ende Juli sei dann beschlossen worden, „Hochwasserrückhaltezonen“ in Hebei zu fluten – Gebiete, in denen Hunderttausende von Menschen leben.

Vorwürfe von Bewohnern
Zhuozhou, eine Stadt südlich von Peking, wurde dabei am schlimmsten getroffen. Straßen, Häuser und Wohnviertel wurden von meterhohen Wassermassen überflutet. In den sozialen Netzwerken beklagten einige Bewohnerinnen und Bewohner, sie seien nicht gewarnt worden. Andere sagten, die Evakuierungsaufforderungen seien zu spät gekommen oder hätten nicht erklärt, wie ernst die Lage sei.




picturedesk.com/Eyevine/China Center for Resources Satel, picturedesk.com/Eyevine/China Center for Resources Satel
Ein Vorher-nachher-Bild von Xiong’an zeigt die Bebauung des Gebiets

Auch in Bazhou, einer weiteren Stadt in Hebei, wurden Siedlungen und Ackerland überschwemmt. Dutzende von Einwohnerinnen und Einwohnern protestierten laut Videos in den sozialen Netzwerken vor den Büros der Stadtverwaltung und forderten Entschädigungen. Auf einem roten Transparent stand etwa: „Gebt mir mein Zuhause zurück. Die Überschwemmung wurde durch das Ableiten des Hochwassers verursacht, nicht durch starke Regenfälle.“ Nach chinesischem Recht haben Überschwemmungsopfer Anspruch auf Entschädigung für 70 Prozent der entstandenen Schäden.

Provinzchef: Hebei „Graben“ für Peking
Sogar einige Beamte deuteten an, das Ziel der Hochwasserableitung sei gewesen, den Schaden in Peking und Xiong’an sowie der strategisch wichtigen Hafenstadt Tianjin so gering wie möglich zu halten. Vor allem der Parteichef von Hebei, Ni Yuefeng, verärgerte einige in der Kommunistische Partei Chinas (KPCh), als er beklagte, dass seine Provinz als „Graben“ für Peking herhalten müsse. Die Zensurbehörde löschte seine Äußerungen später aus dem chinesischen Internet.

Nach Ansicht einiger von „CNN“ befragter Expertinnen und Experten waren offiziell verschiedene Faktoren ausschlaggebend dafür, wie und wohin das Hochwasser umgeleitet wurde – darunter die Geschwindigkeit und die Stärke der Fluten, der Pegelstand der umliegenden Stauseen sowie bestehende Richtlinien und Vorschriften zum Hochwassermanagement. Angesichts der mangelnden Transparenz seitens der chinesischen Behörden bleibe es allerdings unklar, warum genau die Entscheidungen getroffen worden seien, die zu den Überschwemmungen in Hebei geführt hätten, so der Sender.

APA/AFP/Jade Gao
Andere Städte und Dörfer in der Provinz Hebei wurden stark überschwemmt

In Vorbereitung auf die starken Regenfälle Ende Juli hatte allerdings Chinas Minister für Wasserressourcen, Li Guoying, Beamte angewiesen, Pläne zur Umleitung des Hochwassers zu erstellen, um „das Hochwasser außerhalb des Stadtgebiets von Xiong’an zu halten und den Druck auf die dort neu gebauten Dämme zu verringern“.

Sumpfgebiet mit „Standortvorteil“?
Dass das Gebiet anfällig für Hochwasser ist, wusste man allerdings schon davor. Xiong’an liegt tief und zeichnet sich durch eine Sumpflandschaft aus. Schon in der Planungsphase kamen „CNN“ zufolge Experten, die Grund und Boden des Gebiets bewertet hatten, zu dem Schluss, dass bei einer Bevölkerungszahl von fünf Millionen etwa die Hälfte im Falle eines Jahrhunderthochwassers gefährdet sein würde.

„Das neue Gebiet hat einen offensichtlichen Standortvorteil und verfügt über reiche Landressourcen, aber es gibt auch einige Probleme wie zum Beispiel den Mangel an Trinkwasserquellen, die starke Verschmutzung von Flüssen und das hohe Risiko von Hochwasserkatastrophen“, heißt es dazu in einer von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften veröffentlichten Bewertung.

picturedesk.com/Eyevine/Yan Yan Xinhua
Xiong’an ist Insidern zufolge ein Lieblingsprojekt des chinesischen Präsidenten

Der prominente Ingenieur und Politiker Xu Kuangdi, ehemaliger Bürgermeister von Schanghai, spielte jedoch die Bedenken herunter. Er erwähnte etwa die traditionelle chinesische Philosophie und die nationale Bedeutung des Feuchtgebiets als Schauplatz von Guerillakämpfen gegen die eindringenden japanischen Truppen während des Zweiten Weltkriegs.

Moderne Dämme und Schwammstadt-Merkmale
Trotz allem ist Xiong’an mit modernen Dämmen ausgestattet, wie die Website der Bezirksregierung zeigt – anders als viele andere Städte in Hebei. Dazu gehört diverse Infrastruktur, die großen Wassermengen standhalten kann, sowie Funktionen einer Schwammstadt, etwa durchlässige Oberflächen, die Wasser absorbieren.

Präsident Xi nannte als einen der Hauptgründe für die Errichtung von Xiong’an einst, die Hauptstadt Peking wirtschaftlich entlasten zu wollen. Konzepte der Urbanisierung und Nachhaltigkeit sollten dabei im Vordergrund stehen. Expertinnen und Experten gehen laut „CNN“ aber vielmehr davon aus, dass eine wachsende Bevölkerung und die zunehmende wirtschaftliche Entwicklung das ohnehin bestehende Risiko der Auswirkungen von Naturkatastrophen in der Region verschärfen werden – ebenso wie die menschengemachte Klimakrise, die extreme Wetterereignisse häufiger, intensiver und unvorhersehbarer macht.
26.08.2023, vogl, ORF.at

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Hochwasser in China: Hoher Preis für Xis Traumstadt
 

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#22
ERNEUERBARE VERZEHNFACHEN
Wie China bis 2060 klimaneutral werden kann
Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt verfügt bereits über große Mengen erneuerbarer Energie, muss diese aber massiv ausbauen. Das bringt Konflikte um Flächennutzung

Eine Solaranlage in der Region Ningxia im Norden Chinas. Für derartige Großanlagen wird es im Osten an Flächen fehlen.
AFP/STR

In vielen Diskussionen um Maßnahmen gegen den Klimawandel spielt China eine entscheidende Rolle. Was kleine Länder oder Einzelpersonen tun, sei irrelevant, solange Supermächte wie China ihren Kurs nicht ändern. China ist aktuell der größte Emittent von Treibhausgasen weltweit. Fast ein Drittel des globalen CO2-Ausstoßes kommt inzwischen von dort. Den Ausstoß Chinas in den Griff zu kriegen, wird also tatsächlich entscheidend sein, um die Erderwärmung so weit zu begrenzen, dass eine katastrophale Entwicklung vermieden werden kann.

Eine neue Studie, die nun im Fachjournal "Proceedings of the National Academy of Sciences" erschien, betrachtet nun die Maßnahmen, die in China nötig wären, um das Land bis 2060 klimaneutral zu machen.

Chinas Energiepolitik steht vor allem wegen des Baus neuer Kohlekraftwerke in der Kritik, ist Energiegewinnung aus Kohle doch ist im Vergleich zu anderen fossilen Energieträgern besonders problematisch, weil dabei noch größere Mengen CO2 anfallen als bei Öl und Gas. Doch parallel investiert China auch groß in erneuerbare Energie. Offiziell strebt China nämlich CO2-Neutralität an. Der Weltklimarat rechnet mit einem Rückgang des Anteils an Energie aus Kohle in China auf 35 Prozent im Jahr 2040. 2017 waren es noch 60 Prozent. Der Höhepunkt des CO2-Ausstoßes soll laut Plänen Chinas von 2020 bald erreicht sein, bis 2060 will man komplett CO2-neutral sein.

Umsetzung
Wie das gehen könnte, untersuchte nun eine Forschungskooperation der Tsinghua-Universität in Peking und der University of California San Diego. "Wir wissen, dass China ein sehr ehrgeiziges Ziel verfolgt, um CO2-neutral zu werden. Wir wollten herausfinden, was das genau erfordert", sagt Studienautor Michael Davidson von der School of Global Policy and Strategy und der Jacobs School of Engineering der UC San Diego.

Startpunkt war die Erstellung eines Modells eines möglichen CO2-neutralen Energieversorgungsnetzes für China im Jahr 2060. Dieses speiste man in eine Computersimulation, die untersuchen sollte, wie die Umstellung aussehen müsste. Die Simulation betrachtete das gesamte Netz aus Kraftwerken und Übertragungsleitungen in Parzellen mit einer Größe von 20 bis 30 Quadratkilometern.


Ein über dem Wasser erbautes Solarkraftwerk in Taizhou im Osten Chinas.
AFP/STRINGER

Verzehnfachung für Erneuerbare
Ein Ergebnis war, dass China in den kommenden Jahrzehnten Wind- und Solarkraftwerke mit einer Leistung von je zwei bis vier Terawatt errichten muss. Zum Vergleich: Die Leistung aller österreichischen Kraftwerke beträgt insgesamt 28 Gigawatt, also weniger als ein Hundertstel davon. Für China bedeutet das, dass es seine Kapazitäten zur Erzeugung von Wind- und Solarstrom verzehnfachen muss. Energie aus Sonne und Wind ist bekanntermaßen nicht durchgehend verfügbar, sondern Schwankungen durch Wetter, Tages- und Jahreszeiten unterworfen. Zusätzlich braucht es daher große Speicherkapazitäten, sowie eine Verdoppelung oder Verdreifachung der Kapazitäten an Hochspannungsleitungen.

Im Zuge der Arbeit des Teams zeigte sich, dass damit verschiedene Konflikte verbunden wären. Im Osten Chinas ist in den Küstenregionen etwa nicht genügend Fläche vorhanden, um diese Anlagen zu errichten. Sie müssten in kleinen Einheiten auf vorhandenen Gebäuden installiert werden. China muss sich zudem einem Problem stellen, das auch aus Österreich bekannt ist. Die Forschenden fordern, die Energiepolitik besser zu koordinieren und landesweit auszurichten, statt sie Ad-hoc-Entscheidungen der Lokalregierungen zu überlassen. 80 Prozent der Photovoltaikfläche und 55 Prozent der Windräder müssten in einem Umkreis von etwa 150 Kilometern um große Ballungszentren errichtet werden. Das könne nur koordiniert funktionieren.

Abhängigkeit von Kohle
Wie ernst es China mit seinen selbst gesteckten Zielen ist, ist dabei nicht völlig klar. Eine Vereinbarung auf einen Ausstieg aus der Energiegewinnung durch Kohle bekämpfte China bei der letzten UN-Klimakonferenz in Dubai. China ist weiterhin stark auf Kohle angewiesen und will sich diese Option offenhalten. Noch schlechter steht es um Indien und einige südostasiatische Staaten. Laut dem Weltklimarat werden sie weiterhin viel Energie aus Kohle gewinnen und dafür sorgen, dass 2050 80 Prozent des weltweiten Kohleverbrauchs auf das Konto dieser Staaten gehen wird.

Aus Europa sind die Nachrichten vergleichsweise ermutigend, hier sank der CO2-Ausstoß auf das Niveau der 1960er-Jahre. Nicht eingerechnet sind allerdings in Drittstaaten entstandene Emissionen von eingeführten Produkten – Drittstaaten wie China.
(Reinhard Kleindl, 27.2.2024)
Wie China bis 2060 klimaneutral werden kann
 

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#23
Energie
China investiert Milliarden in den Bau neuer Atomkraftwerke
In keinem Land befinden sich derzeit so viele Nuklearreaktoren in Bau wie in China. Alternative Energieformen haben nur einen kleinen Anteil am Energiemix
21. August 2024, 16:48

China setzt verstärkt auf nukleare Energie. In keinem anderen Land befinden sich derzeit so viele Nuklearreaktoren in Bau wie in China.
Foto: Imago

Als Japan im vergangenen Jahr damit begann, nuklear belastetes Wasser, das zur Kühlung der Reaktoren von Fukushima verwendet worden war, in den Pazifik abzuleiten, schäumte man in China noch. "Der Ozean ist ein gemeinsames Gut der Menschheit, nicht Japans Abwasserkanal", hieß es aus dem chinesischen Außenministerium. Japan konterte: Was die chinesischen Atomkraftwerke an Abwasser ins Gelbe Meer leiteten, sei weitaus schädlicher.

Tatsache ist jedenfalls, dass China immer stärker auf Atomkraft setzt. Wie Montag bekannt wurde, hat die Regierung nochmals fünf neue Nuklearreaktoren genehmigt. Die Projekte befinden sich in den Provinzen Jiangsu, Shandong, Guangdong, Zhejiang und Guangxi. Das Investitionsvolumen liegt bei rund 220 Milliarden Renminbi, umgerechnet etwa 30 Milliarden Euro. Derzeit dauert es etwa 50 bis 60 Monate, bis solche Reaktoren fertiggestellt werden.

China überragt alle
In keinem anderen Land befinden sich derzeit so viele Nuklearreaktoren in Bau wie in China. Von 2019 bis 2021 genehmigte Peking jedes Jahr den Bau vier neuer Reaktoren. In den Jahren 2022 und 2023 waren es jeweils zehn. Derzeit trägt Atomkraft nur knapp 2,4 Prozent zum Energiemix Chinas bei. Bei der Stromerzeugung sind es fünf Prozent.

Der Anteil aber wird in den kommenden Jahren sowohl absolut wie relativ stark zunehmen. Knapp 450 Milliarden US-Dollar hat Peking investiert, um in den kommenden 35 Jahren 150 neue Atomkraftwerke ans Netz zu bringen. Die hohe Anzahl ist damit zu erklären, dass China vor allem auf Kraftwerke der vierten Generation, sogenannte "Minireaktoren", setzt. Deren Leistung liegt zwischen 200 und 300 Megawatt. Viele Analysten sind der Meinung, dass China damit zum "König der Atomkraft" aufsteigt und auch die USA hinter sich lassen wird.

140 Milliarden US-Dollar wiederum hat das Land allein 2023 in den Ausbau von Solar- und Windenergie investiert – mehr als jedes andere Land auf der Welt. Der Anteil von Kohle an der Primärenergieerzeugung ist von 70 Prozent im Jahr 2010 auf 55 Prozent im Jahr 2022 gefallen, der Anteil aus regenerativen Energiequellen wie Wasser auf über 16 Prozent gestiegen.

Kohle und Wind
Bei genauerem Hinsehen trübt sich das Bild vom sauberen China: Gefallen ist der Kohleverbrauch in den vergangenen Jahren nicht, der Anstieg hat sich nur etwas verlangsamt. Und 2020 wurden in China neue Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 29 Gigawatt (GW) in Betrieb genommen – fast doppelt so viel wie im Rest der Welt zusammen. Bei den erneuerbaren Energien wiederum macht Wasserkraft mit Abstand den größten Teil aus.

Der Grund, weshalb China genau diese Energiequellen ausbaut, ist geostrategischer Natur. Trotz der aktuellen Wachstumsdelle wächst die chinesische Wirtschaft mit vier bis fünf Prozent im Jahr. Die Energienachfrage könnte sogar noch schneller zunehmen, da Datenzentren für künstliche Intelligenz überproportional viel Strom brauchen.

Da die geopolitischen Spannungen mit den meisten Nachbarn Chinas in den vergangenen Jahren zugenommen haben, sind vor allem die Energieträger attraktiv, die im eigenen Land vorhanden sind. Öl nämlich muss importiert werden (das erklärt in Teilen auch das stärkere Engagement Pekings im Nahen Osten). Im Konfliktfall mit den USA könnten diese China wohl von Öllieferungen abschneiden. Kohle ist in Mengen vorhanden, aber endlich. Zudem war die Luftverschmutzung in den chinesischen Städten zu einem immer größeren Problem geworden, der auch die Legitimität der Kommunistischen Partei zu belasten begann. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Luftqualität in vielen Metropolen deutlich gebessert, da viele Anlagen modernisiert und Filter eingebaut wurden. Solar- und Windkraftanlagen werden vor allem in der Region Xinjiang produziert – allerdings meist unter dem Einsatz von Kohleenergie. Zudem ist der energetische Erntefaktor der Anlagen oft geringer als bei Kohle oder Atomkraft.

Nuklearenergie ist damit für Peking eine Art Königsweg: Sie hat das Potenzial, den stark wachsenden Energiebedarf zu decken, ohne dabei große Umweltschäden zu verursachen. Zu einem atomaren Unfall wie in Fukushima 2011 ist es in China bisher nicht gekommen.
(Philipp Mattheis, 21.8.2024)
China investiert Milliarden in den Bau neuer Atomkraftwerke
 
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