Erster Weltraumraketenstart per Flugzeug über britischem Gebiet und ab 2024 erster britischer Weltraumbahnhof auf den Shetlandinseln

josef

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#1
START ME UP!
Montag startet die erste Weltraumrakete von britischem Boden – per Flugzeug
Die Mission mit musikalischem Namen ist nach mehreren Verzögerungen für 23.16 Uhr mitteleuropäischer Zeit geplant und befördert Kleinsatelliten ins All

So sieht die Rakete "Launcher One", getragen von einer umgebauten Boeing 747, aus.
Foto: Reuters / Gene Blevins

Es wird kein Raketenstart, wie man ihn von den großen Trägerraketen der Nasa kennt, aber nichtsdestotrotz der erste auf britischem Boden: Am Montag soll die Rakete "Launcher One" in den Weltraum fliegen. Wie das Partnerunternehmen der britischen Weltraumbehörde, Virgin Orbit, am Freitag bestätigte, ist der Start der Mission mit dem Namen "Start Me Up" für 23.16 Uhr MEZ geplant.

Dabei transportiert eine modifizierte Boeing 747 von Virgin Orbit die Rakete vom Spaceport Cornwall aus in die Luft, bevor sie aus eigener Kraft weiterfliegt. An Bord sind mehrere staatliche und kommerzielle Kleinsatelliten, die die Rakete in ihre geplante Umlaufbahn bringen soll.

Alle Tests seien erfolgreich verlaufen, hieß es in der Mitteilung. Ob der anvisierte Termin eingehalten werden könne, hänge aber von verschiedenen Faktoren wie zum Beispiel dem Wetter ab. Die Mission sollte eigentlich schon vor Weihnachten starten, musste aber wegen technischer Probleme verschoben werden.

Musikalischer Neustart
Mit dem ersten Satellitenstart von britischem Boden beginne eine neue Weltraumepoche für Großbritannien, sagte der stellvertretende Chef der UK Space Agency, Ian Annett. Das werde neue Karrieremöglichkeiten schaffen, zu höherer Produktivität führen und die nächste Generation von Weltraum-Profis inspirieren, so Annett weiter.

"Start Me Up" ist auch ein Songtitel der englischen Rockband The Rolling Stones. Komponiert wurde das 1981 erschienene Stück von Mick Jagger und Keith Richards. Die Band unterschrieb einst beim Musiklabel Virgin Records – das ebenso zur Virgin Group gehört wie das US-Raumfahrtunternehmen Virgin Orbit, das Flugzeug und Rakete bereitstellt.
(red, APA, 6.1.2023)
Montag startet die erste Weltraumrakete von britischem Boden – per Flugzeug
 

Stoffi

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#2
Ich bin In gerade in England, mit Blick auf Cornwall … Ich weiss es ist kein „klassischer“ Raketenstart, aber wäre es theoretisch möglich den Start der Rakete in der Luft zu sehen ?
 

josef

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#3
Nach Raketenstart von Jumbojet: Britische Weltraummission verfehlt Erdumlaufbahn
Das Unternehmen Virgin Orbit berichtete von einer "Anomalie", die es verhindert habe, die Umlaufbahn zu erreichen


Die am Montagabend gestartete Boeing-Maschine sollte neun Satelliten in die Erdumlaufbahn bringen.
Foto: REUTERS/ HENRY NICHOLLS

London – Eine historische britische Weltraummission ist in der Nacht auf Dienstag gescheitert. "Wir scheinen eine Anomalie zu haben, die uns daran gehindert hat, die Umlaufbahn zu erreichen", schrieb das Unternehmen Virgin Orbit, das den Raketenstart aus Cornwall im Südwesten Englands organisiert hatte, im Kurzbotschaftedienst Twitter.

Die am späten Montagabend an Bord eines umgebauten Boeing-747-Flugzeugs gestartete Rakete war die erste, die von britischem Boden aus ins All gebracht wurde. Sie sollte neun Satelliten in die Erdumlaufbahn bringen, die der Entdeckung von Schleusern und der Wetterbeobachtung dienen sollten. Gut 10.600 Meter über dem Atlantik löste sich die Rakete von der Boeing 747, wenig später sollte sie die Satelliten auf ihre Erdumlaufbahn bringen.

Exklusiver Club
Doch als die Rakete in die Umlaufbahn eintreten und die Satelliten absetzen sollte, twitterte Virgin Orbit, es scheine eine "Anomalie" zu geben. Das Unternehmen erklärte, es werde "baldmöglichst" weitere Informationen teilen.

Mit der Mission wollte Großbritannien dem exklusiven Club an Staaten beitreten, die in der Lage sind, Raketen in die Erdumlaufbahn zu bringen. Dieses Vorhaben ist nun zunächst gescheitert.

Private Weltraumbahnhöfe
Die um 22.02 Uhr Ortszeit (23.02 Uhr MEZ) gestartete Boeing-Maschine kehrte wie geplant zum Weltraumbahnhof Cornwall am Flughafen Newquay zurück. An dem Weltraumbahnhof ist außer der britischen Weltraumbehörde auch das Unternehmen Virgin Orbit des britischen Milliardärs Richard Branson beteiligt.

Satelliten wurden lange Zeit nur von staatlichen Institutionen ins All gebracht. Mittlerweile werden die meisten Weltraumbahnhöfe in Europa aber privat betrieben. Die Branche hat mit der Gründung zahlreicher kleiner Raumfahrt-Start-ups einen massiven Zuwachs erfahren. Schätzungen zufolge werden zwischen 2022 und 2031 rund 18.500 kleine Satelliten mit einem Gewicht unter 500 Kilogramm ins All gebracht. Im vorherigen Jahrzehnt waren es hingegen nur etwa 4.600.
(APA, red, 10.1.2023)
Nach Raketenstart von Jumbojet: Britische Weltraummission verfehlt Erdumlaufbahn
 

josef

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#4
FLUGZEUG ALS MUTTERSCHIFF
Warum die abgestürzte Weltraumrakete Launcher One zugleich altmodisch und revolutionär ist
Das Projekt hätte der Beginn der britischen Raumfahrt sein sollen, bald soll es einen neuen Anlauf geben. Die Technologie dahinter hat eine lange Geschichte
Mit der Raketenwissenschaft ist es so eine Sache. Im englischen Sprachgebrauch gilt sie als sehr kompliziert, sodass "keine Raketenwissenschaft" zu sein ein Synonym für Einfachheit ist. Der Serien-Physiker Sheldon Cooper aus "Big Bang Theory" schmäht sie hingegen selbst als lächerlich einfach im Vergleich zu anderen Wissenschaftsfeldern. Es stimmt, dass Raketentechnik mehr Ingenieurskunst als Wissenschaft ist, in Stufen aufgebaute Raketen sind seit den 1950er-Jahren State of the Art, Revolutionen sucht man vergeblich.

Dass es anders geht, trat in den vergangenen Jahren durch ein Weltraumtourismusprojekt ins öffentliche Bewusstsein. Ein Raumschiff des US-amerikanischen Unternehmens Virgin Galactic brachte 2021 eine Gruppe von Menschen an den Rand des Weltraums. Das VSS Unity genannte Raumschiff wurde von einem eigens konstruierten Flugzeug in eine Höhe von rund zehn Kilometern transportiert, bevor es ausgesetzt wurde und seinen Raketenantrieb startete. Es ist kein Zufall, dass auch der in dieser Woche unternommene Versucht eines ersten Weltraumflugs von britischem Boden aus diese Technologie nutzte.


Die Rakete vor ihrer Montage auf das Trägerflugzeug.
Foto: Virgin Orbit via AP

Dahinter steht nämlich, wie auch im Fall des genannten Beispiels für Weltraumtourismus, ein Unternehmen aus der vom britischen Milliardär Richard Branson gegründeten Virgin Group. Was eine Demonstration einer Alternative für Raumflüge hätte sein sollen, endete spektakulär: Zwar gelang die Auskopplung vom Trägerflugzeug, einer umgebauten Boeing 747. Doch der Versuch der Rakete, eine Erdumlaufbahn zu erreichen, scheiterte. Noch nicht einmal die Position des Absturzes ist bekannt.

Verbleib ist ein Rätsel
Was genau geschah, ist noch unklar und wird derzeit von einem britischen Untersuchungsteam für Luftfahrtunfälle analysiert. Bislang ist laut dem britischen "Guardian" bekannt, dass die Rakete statt der 27.400 Kilometer pro Stunde, die nötig sind, um die Nutzlast in eine Umlaufbahn der Erde zu bringen, nur etwa 17.700 km/h erreichte.

Dass bisher nicht mehr Satelliten auf diese Weise gestartet wurden, ist eigentlich überraschend angesichts der Tatsache, dass die Technologie doch einige Vorteile bietet. Immerhin bestreiten wir ja auch Fernreisen per Flugzeug und nicht mittels Raketen. Den Auftrieb der Luft zu nutzen ist vergleichsweise effektiv. Außerdem kann das Fluggerät wieder landen – eine Fähigkeit, die ausgebrannte Raketenstufen erst seit kurzem und noch nicht sehr gut beherrschen.


Eine umgebaute Boeing 747 brachte die Rakete in eine Höhe von fast elf Kilometern, wo sie ausgekoppelt wurde und aus eigenem Antrieb weiterflog.
Foto: REUTERS/Henry Nicholls

Die Idee, ein kleineres Fluggerät von einem großen Mutterschiff aus zu starten, ist deutlich älter als die Raumfahrt. Um die Luftaufklärung flexibler zu machen, baute die US-Armee in den 1930er-Jahren zwei Zeppeline, die als Flugzeugträger fungierten und bis zu fünf kleine Aufklärungsflieger tragen konnten. Diese leichten Flugzeuge besaßen kein eigenes Fahrwerk, sondern dockten im Flug an eine Halterung an der Unterseite des Luftschiffs an, mit deren Hilfe sie hochgezogen und im Rumpf verstaut werden konnten. Sowohl die USS Akron als auch ihr Nachfolgeschiff, die USS Macon, stürzten letztendlich ab und besiegelten das Ende dieser spektakulären Technologie.

In den 1930er-Jahren gab es mehrere Zeppeline, die als Flugzeugträger fungierten, etwa die USS Akron und die USS Macon. Sie bildeten das Mutterschiff für bis zu fünf kleine Aufklärungsflugzeuge.
AIRBOYD

Von da an kam das Konzept vor allem für Testflugzeuge mit Raketentriebwerk zum Einsatz. Das Raketenflugzeug X-15 startete 1967 von einem B-52-Bomber und beschleunigte mit seinem Raketentriebwerk auf 7.274 Stundenkilometer. 1990 gab es schließlich einen ersten Raumflug, der von einem Flugzeug als Mutterschiff aus startete. Immerhin 44 Missionen bestritt dieses "Projekt Pegasus" bisher. Die Fracht darf 443 Kilogramm wiegen.

Die möglichen veränderten Triebwerksformen bieten Vorteile, etwa einen Geschwindigkeitsbonus beim Auskoppeln. Dem stehen verschiedene Nachteile gegenüber, auf die Space-X-Gründer Elon Musk im Zuge eines Vortrags bei der Royal Aeronautic Society hinwies. Dazu gehören die Deltaflügel von Pegasus, die nötig sind, um auf eine steilere Flugbahn umzuschwenken.

Zwölf Millionen Dollar
Dennoch setzte man bei Virgin Orbit auf das Mutterschiff-System. Das eigens für den Weltraumtourismus entwickelte Flugzeug erwies sich als zu klein, um konkurrenzfähig Nutzlast ins All zu bringen, weshalb eine 747 wortwörtlich zum Tragen kam. So kann die Rakete, die trotz des Starts vom Flugzeug aus dreistufig ist, theoretisch 300 Kilogramm Ladung in 500 Kilometer Höhe bringen.

Ein Video des Starts einer X-15 von ihrem Mutterschiff.
NASA Armstrong Flight Research Center

Die Kosten pro Flug betragen laut Angaben des Unternehmens zwölf Millionen Dollar. Für Virgin Orbit könnte der Misserfolg nun zum Problem werden. Das Magazin "Ars Technica" rechnet vor, dass das Unternehmen vermutlich in Geldnot steckt. Milliardär Branson hat Mittel zugeschossen und sich dafür Firmenrechte gesichert. Virgin Orbit beansprucht trotz des Misserfolgs den ersten Weltraumflug eines europäischen Landes für sich – schließlich sei der Start geglückt.

Diese Einschätzung dürfte sich nicht durchsetzen. Den Verlust der Rakete redet die britische Weltraumagentur UKSA klein. Das Raumschiff sei vermutlich ins Wasser gestürzt, Gefahr habe keine bestanden. Beim Unternehmen will man dem Konzept jedenfalls treu bleiben und Großbritannien als Weltraumnation etablieren. Dass die Technologie funktioniert, konnte Virgin Orbit 2021 demonstrieren, als man im Auftrag der US-Weltraumagentur Nasa sieben Satelliten ins All brachte.

Die Lorbeeren für den ersten Raumflug von Europa aus könnte sich stattdessen das schwedische Unternehmen SSC sichern, das am Freitag einen eigenen Weltraumbahnhof einweihte. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen feierte dies als "unabhängiges europäisches Tor zum Weltraum". Von dort aus werden allerdings konventionelle Raketen starten.
(Reinhard Kleindl, 14.1.2023)
Warum die abgestürzte Weltraumrakete Launcher One zugleich altmodisch und revolutionär ist
 

josef

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#5
SPACE-BREXIT
2024 sollen erste Raketen von britischem Weltraumbahnhof ins All starten
Der Saxavord Spaceport im Norden der Shetlandinseln erhielt als erster britischer Weltraumbahnhof eine Startlizenz für Satellitentransporte
Im kommenden Jahr sollen erstmals zivile Raketen aus Großbritannien ins All starten. Der kleine private Weltraumbahnhof Saxavord Spaceport auf der Insel Unst im Norden der schottischen Shetlandinseln erhielt am Wochenende die Genehmigung für bis zu 30 Raketenstarts jährlich, der erste Flug soll voraussichtlich im Sommer 2024 erfolgen. Unter den ersten Kunden sind die deutschen Unternehmen Rocket Factory Augsburg und Hyimpulse, die Kleinsatelliten ins All schicken wollen.


Von der malerischen Insel Unst sollen künftig bis zu 30 Raketen jährlich ins All starten.
SaxaVord UK Spaceport

Privatisierte RAF-Station
Das Gelände des Weltraumbahnhofs im Nordosten der von rund 650 Menschen bewohnten Insel Unst beherbergte ursprünglich eine Radarstation der Royal Air Force, die bis 1947 in Betrieb war. Inzwischen ist das Areal in Privatbesitz, 2022 wurde nach jahrelanger Planung eine Baugenehmigung für den Weltraumbahnhof erteilt. Die abgeschiedene nördliche Lage bietet Vorteile beim Start von Satelliten in polare Umlaufbahnen. Nach Fertigstellung soll der erste Weltraumbahnhof auf europäischem Boden außerhalb Russlands drei Startrampen, eine Bodenstation und ein Flugkontrollzentrum umfassen.

Die Aufsichtsbehörde Civil Aviation Authority (CAA) erteilte am Sonntag die Startlizenz und bestätigte damit, dass der private Weltraumbahnhof die Sicherheits- und Umweltbedingungen erfülle. Jährlich dürfen bis zu 30 Starts stattfinden. Bisher wurden rund 34,9 Millionen Euro in die Entwicklung des Projekts investiert.

Weiterer schottischer Spaceport
Der zuständige CAA-Direktor Tim Johnson sprach von einem bahnbrechenden Moment für die Branche. "Dies markiert den Beginn eines neuen Kapitels für die britische Raumfahrt, da Raketen bald Satelliten von Schottland aus in die Umlaufbahn bringen könnten", sagte Johnson.

Der Saxavord Spaceport ist einer von mehreren geplanten Weltraumbahnhöfen im Vereinigten Königreich, das nach dem EU-Austritt auch im All nach mehr Unabhängigkeit von Europa strebt, wenngleich Großbritannien weiterhin Mitglied der Europäischen Weltraumorganisation ist. Ein weiterer geplanter britischer Weltraumbahnhof liegt ebenfalls in Schottland, auf der Halbinsel A' Mhoine in der Grafschaft Sutherland, seit Mai 2023 wird dort gebaut. Die europäische Weltraumbehörde (Esa) betreibt ihren Weltraumbahnhof Kourou in der französischen Überseeregion Französisch-Guayana.
(dare, APA, 18.12.2023)

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Saxavord Spaceport

2024 sollen erste Raketen von britischem Weltraumbahnhof ins All starten
 

josef

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#6
RAUMFAHRT
Nördlichste Shetland-Insel soll zum britischen Cape Canaveral werden
Inmitten der weithin unberührten Schönheit des hohen Nordens Schottlands soll schon in Kürze ein "Spaceport" errichtet und operativ werden
Wer den nördlichsten Punkt des Vereinigten Königreiches erreichen will, braucht Zeit und Geduld. Das Fährschiff vom nordschottischen Ölhafen Aberdeen braucht zwölf Stunden zum Hafen von Lerwick, dem Hauptort der Shetland-Inseln. Erst gut anderthalb Autostunden und zwei kurze Fährfahrten später kommen die Reisenden auf der Insel Unst an. Dort gibt es ein Kulturzentrum und ein Wikingermuseum, das an die Vorfahren der heutigen Einwohner erinnert. Die meisten Besucher wollen irgendwann auch zum nördlichsten Aussichtspunkt auf einem vorgelagerten Felsen mit dem wunderlichen Namen Muckle Flugga. Wer hier geradeaus schaut, hat den Nordpol im Visier.


Spektakuläre Küstenlinie mit Meeresklippen – bald aber vielleicht schon Startrampe der europäischen Raumfahrt.
IMAGO/imageBROKER/alimdi / Arter

Zu den Touristenattraktionen der Insel mit dem "mystischen Charisma", von dem die Tourismusbehörde schwärmt, zählt auch eine Radarstation auf dem mit 290 Metern höchsten Punkt der Insel – und neuerdings ein Raumfahrtbahnhof. Kurz vor Weihnachten hat die zuständige Behörde für Zivilluftfahrt CAA dem Spaceport Saxavord, malerisch auf der Halbinsel Lamba Ness gelegen, die Genehmigung erteilt. Damit hat Unst im Wettrennen um den ersten lizenzierten Ort, von dem aus Raketen vertikal gezündet werden können, in Westeuropa die Nase vorn. Schon im kommenden Jahr sollen vom "britischen Cape Canaveral" aus 30 Raketen starten.

Raumfahrt statt Ökotourismus
Eigentlich hatten die Saxavord-Besitzer, das Ehepaar Debbie und Frank Strang, an Ökotourismus gedacht, als sie der Royal Air Force vor 15 Jahren das Gelände einer früheren Radarstation abkauften. Seither hat aber die privat organisierte kommerzielle Raumfahrt an Bedeutung gewonnen. Abgelegene Orte wie Unst, nördlich vom russischen Sankt Petersburg und etwa auf gleicher Höhe mit Anchorage in Alaska gelegen, haben dabei gute Chancen, weil von hier aus die Flugroute zu einer polaren Umlaufbahn günstig gelegen ist. "Location, location, location", sieht Strang denn auch als Geheimnis künftigen Geschäftserfolgs. Sein Team sei "sehr stolz auf das Vertrauen der Regierung", das sich in der Genehmigung ausgedrückt habe. Schon sieht der Londoner Verkehrsminister Mark Harper das Königreich "in der vordersten Reihe von Innovationen in der Raumfahrt".

Gemach, gemach. Ähnlich große Töne spuckten die Briten zu Jahresbeginn, als vom Spaceport Cornwall aus ein horizontaler Start von einem Trägerflugzeug aus erprobt wurde. Die teure Rakete verschwand samt Traglast im Atlantik, das verantwortliche Unternehmen Virgin Orbit ging prompt pleite.

Die britische Raumfahrtagentur UKSA lässt sich davon nicht entmutigen. Erst kürzlich stellte sie Unst sowie vier weiteren möglichen Spaceports in Schottland neue Förderungen von umgerechnet 7,7 Millionen Euro in Aussicht. Die Raumfahrt gilt als zunehmend wichtige Zukunftsbranche. Schon heute beschäftigen im Königreich rund 2.200 Firmen insgesamt knapp 49.000 Menschen und machen dabei einen Umsatz von umgerechnet 20,2 Milliarden Euro. Satelliten jeder Größe werden hier hergestellt, mussten aber für ihren Transport ins Weltall bisher stets exportiert werden. Ein oder mehrere heimische Spaceports würden also eine wichtige strategische Lücke schließen.

Chance auf Jobs
Auf Unst träumt Saxavord-Projektmanagerin Elizabeth Johnson schon von "Arbeitsplätzen für die nächsten 50, 60 Jahre". In den vergangenen Jahren mussten viele junge Leute die Insel verlassen, weil ihnen die wirtschaftliche Grundlage fehlte. Dazu trug auch die Schließung der gewaltigen Royal-Air-Force-Radarstation von Saxavord bei, die einst bis zu ein Drittel der Inselbevölkerung von rund 700 Menschen beschäftigte. Dass ausgerechnet auf diesem Gelände nun wieder Betrieb herrscht, freut Johnson: Sie hoffe darauf, hat die Managerin der BBC gesagt, "dass wir wieder lokale Arbeitskräfte beschäftigen können".

Doch zunächst einmal müssen die Reisen in die erdnahe Atmosphäre und darüber hinaus gelingen. Die Hoffnungen der Unster ruhen dabei unter anderem auf einem deutschen Unternehmen mit Sitz im schwäbischen Neuenstadt. HyImpulse möchte 2024 seine suborbitale Rakete SR75 von Unst aus starten, die CAA-Genehmigung dafür liegt bereits vor. Wenn alles gutgeht, wäre dann 2025 die Rakete SL1 mit einem Traggewicht von bis zu 500 Kilo für echte Weltraumflüge an der Reihe. Zu möglichen Saxavord-Kunden zählen außerdem die deutsche Rocket Factory Augsburg sowie die in der schottischen Hauptstadt Edinburgh ansässige Firma Skyrora.

Deren Technikerinnen und Ingenieure haben in den vergangenen Monaten die wilde Schönheit von Unst kennengelernt. Für einen erfolgreichen Start werden sie einen der seltenen einigermaßen windstillen Tage im Nordatlantik abwarten müssen. Die Unster Radarstation maß einst den britischen Rekord für eine Windbö bei immerhin 317 km/h. Kurz darauf fiel das Messgerät dem heulenden Orkan zum Opfer.
(Sebastian Borger aus London, 6.1.2024)
Nördlichste Shetland-Insel soll zum britischen Cape Canaveral werden
 
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