Marinetechnologie
China stellt das größte Roboterkriegsschiff der Welt vor
Die Jari-USV-A Orca ist ein autonomes und bis unter den Rumpf mit Raketen, Kanonen und Drohnen bewaffnetes Stealth-Kriegsschiff
Die Jari-USV-A Orca ist offiziell die größte Seekriegsdrohne der Welt.
Screenshot / Social Media China
Seit Monaten rätselte die Fachwelt über einen seltsamen Trimaran, also ein Boot mit drei Rümpfen, das in einer chinesischen Werft lag. Der erste Verdacht, dass es sich dabei um ein autonomes Drohnenkriegsschiff handelt, wurde mittlerweile bestätigt. Westliche Beobachter hatten das Schiff auf Satellitenaufnahmen ausgemacht, bevor es von einem Tag auf den anderen verschwunden war.
Bei der Airshow im 130 Kilometer entfernten Zhuhai tauchte das mysteriöse Schiff wieder auf und hatte plötzlich einen Namen: Die Orca wurde der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Allzu viele Details wurden von der chinesischen Marine allerdings nicht verraten. Nur so viel: Das Schiff wurde in der Werft von Guangzhou in Südchina gebaut, wo auch unlängst ein noch völlig unbekanntes Trägerschiff in See stach.
Offiziell handelt es sich bei der Orca um ein unbemanntes Wasserfahrzeug, also eine Seedrohne mit der offiziellen Kennung Jari-USV-A.
Eine Drohne mit Menschen an Bord
Das Schiff dürfte aber nicht völlig ferngesteuert agieren, verfügt es doch wie jedes andere Marineschiff auch über eine ganz klassische Brücke, von wo aus Menschen das Kommando übernehmen können. Ob sich die Besatzung immer an Bord befindet, ist aktuell noch unklar. Möglich ist auch, dass die Brücke ein Zugeständnis an die Gepflogenheiten der internationalen Seefahrt ist und die Besatzung das Ruder übernimmt, sobald die Orca in stärker befahrene Seefahrtsstraßen einfährt. Außerdem ist wahrscheinlich, dass nichtchinesische Hafenbehörden der Orca die Einfahrt verweigern könnten, wenn diese nicht von einem menschlichen Kapitän kommandiert wird, heißt es bei European Security and Defense.
Trotz der menschlichen Besatzung ist die Orca damit die größte Seekriegsdrohne der Welt. Die Orca ist 58 Meter lang und hat eine Verdrängung von 381 Tonnen. Selbst die Sea Hunter und Sea-Hawk-Drohnen der US Navy sind um etwa zwei Drittel kleiner als das futuristische chinesische Boot. Nur die Ghost Fleet Overlord der USA dürfte noch größer sein, dabei handelt es sich aber nur um eine Testplattform und kein einsatzbereites Kriegsschiff.
Auf einer Landeplattform am Heck der Orca befindet sich eine Rotordrohne, also ein unbemannter Minihubschrauber, der laut chinesischen Angaben Aufklärungsaufgaben erfüllen soll. Das passt auch zur offiziellen Missionsbeschreibung: Die Seedrohne soll Patrouillen fahren können, Überwasserkriegsführung beherrschen, U-Boote und Flieger abwehren können. Laut den Angaben aus China soll die Orca auch für die "Erkundung von Seeschlachtfeldern" dienen und als Boot zur Seerettung umkonfiguriert werden können.
Diese Fülle an Aufgaben wiederum deutet laut einem Bericht des Maritime Executive darauf hin, dass die Orca wohl mit unterschiedlichen modularen Missionspaketen ausgestattet werden kann. Vereinfacht gesagt wird das Schiff für jede Rolle im laufenden Einsatz neu konfiguriert und mit austauschbaren Waffen- und Ausrüstungspaketen ausgestattet. Schließlich ist bei einer Aufklärungsmission andere Ausrüstung nötig als bei einem Einsatz zur U-Boot-Abwehr.
Die USA haben dieses Konzept in den 2010er-Jahren mit ihren Küstenkampfschiffen erstmals angedacht, sind letztlich aber daran gescheitert, und die Schiffe sind nun fest mit einer vordefinierten Ausrüstung ausgestattet. Die amerikanische Ghost-Shark, ein Roboter-U-Boot des Rüstungsunternehmens Anduril, soll ebenfalls über verschiedene Missionspakete verfügen.
Bis unter den Rumpf bewaffnet
Chinesischen Medien zufolge hat die Orca eine Höchstgeschwindigkeit von 74 km/h (rund 40 Knoten) und eine Reichweite von rund 7408 Kilometern (4000 nautische Meilen). Durch die Bauform als Trimaran soll das Schiff auch in seichten Gewässern wie der Taiwanstraße einsatzfähig sein. Angeblich hat das Roboterkampfschiff einen Tiefgang von lediglich zwei Metern.
Zu den Waffensystemen der Orca gehören neben der Drohne Berichten zufolge auch Schiffsabwehrraketen und Boden-Luft-Raketen, die höchstwahrscheinlich aus Vertikalstartern zwischen der Brücke und dem Turm abgefeuert werden können. Modelle des Schiffes zeigen außerdem eine versteckte Kanone mittleren Kalibers hinter einer Klappe im Bug.
Laut dem Hersteller, der China State Shipbuilding Corporation, können im Missionsmodul noch mehr Starter für Lenkwaffen untergebracht werden. Laut dem staatlichen Schiffsbauer soll das Boot darüber hinaus über Stealth-Eigenschaft verfügen. Das Unternehmen hat zuvor bereits Seedrohnen entworfen und gebaut. Diese ähnelten aber stark der Sea Hunter aus den USA. Die Orca ist nicht nur deutlich größer, sie stellt auch eine völlig neue Entwicklung dar.
Elektronische Kriegsführung
Der Orca verfügt über einen integrierten Mast, in dem mehrere Radaranlagen untergebracht sind. Mit der sogenannten AESA-Technologie (Active Electronically Scanned Array) soll es der Orca möglich sein, mehrere Ziele gleichzeitig zu erfassen und zu bekämpfen. Über die Möglichkeiten des Kriegsschiffs zur elektronischen Kriegsführung kann aktuell nur spekuliert werden. Rechteckige Aufhängungen am Mast deuten aber laut The War Zone darauf hin, dass die Orca mit Zusatzmodulen zur Störung feindlicher Elektronik oder elektronischer Gegenmaßnahmen ausgestattet werden kann.
Und wer sich nun fragt, wofür das Kürzel "Jari" in "Jari-USV-A Orca" steht: Es dürfte sich dabei um die Abkürzung für das Jiangsu Automation Research Institute handeln, das bereits Seedrohnen entwickelt hat. Diese fielen mit 20 Tonnen Verdrängung und 15 Meter Länge im Vergleich zur Orca geradezu winzig aus.
(Peter Zellinger, 13.12.2024)
China stellt das größte Roboterkriegsschiff der Welt vor
China stellt das größte Roboterkriegsschiff der Welt vor
Die Jari-USV-A Orca ist ein autonomes und bis unter den Rumpf mit Raketen, Kanonen und Drohnen bewaffnetes Stealth-Kriegsschiff

Die Jari-USV-A Orca ist offiziell die größte Seekriegsdrohne der Welt.
Screenshot / Social Media China
Seit Monaten rätselte die Fachwelt über einen seltsamen Trimaran, also ein Boot mit drei Rümpfen, das in einer chinesischen Werft lag. Der erste Verdacht, dass es sich dabei um ein autonomes Drohnenkriegsschiff handelt, wurde mittlerweile bestätigt. Westliche Beobachter hatten das Schiff auf Satellitenaufnahmen ausgemacht, bevor es von einem Tag auf den anderen verschwunden war.
Bei der Airshow im 130 Kilometer entfernten Zhuhai tauchte das mysteriöse Schiff wieder auf und hatte plötzlich einen Namen: Die Orca wurde der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Allzu viele Details wurden von der chinesischen Marine allerdings nicht verraten. Nur so viel: Das Schiff wurde in der Werft von Guangzhou in Südchina gebaut, wo auch unlängst ein noch völlig unbekanntes Trägerschiff in See stach.

Offiziell handelt es sich bei der Orca um ein unbemanntes Wasserfahrzeug, also eine Seedrohne mit der offiziellen Kennung Jari-USV-A.
Eine Drohne mit Menschen an Bord
Das Schiff dürfte aber nicht völlig ferngesteuert agieren, verfügt es doch wie jedes andere Marineschiff auch über eine ganz klassische Brücke, von wo aus Menschen das Kommando übernehmen können. Ob sich die Besatzung immer an Bord befindet, ist aktuell noch unklar. Möglich ist auch, dass die Brücke ein Zugeständnis an die Gepflogenheiten der internationalen Seefahrt ist und die Besatzung das Ruder übernimmt, sobald die Orca in stärker befahrene Seefahrtsstraßen einfährt. Außerdem ist wahrscheinlich, dass nichtchinesische Hafenbehörden der Orca die Einfahrt verweigern könnten, wenn diese nicht von einem menschlichen Kapitän kommandiert wird, heißt es bei European Security and Defense.
Trotz der menschlichen Besatzung ist die Orca damit die größte Seekriegsdrohne der Welt. Die Orca ist 58 Meter lang und hat eine Verdrängung von 381 Tonnen. Selbst die Sea Hunter und Sea-Hawk-Drohnen der US Navy sind um etwa zwei Drittel kleiner als das futuristische chinesische Boot. Nur die Ghost Fleet Overlord der USA dürfte noch größer sein, dabei handelt es sich aber nur um eine Testplattform und kein einsatzbereites Kriegsschiff.
Auf einer Landeplattform am Heck der Orca befindet sich eine Rotordrohne, also ein unbemannter Minihubschrauber, der laut chinesischen Angaben Aufklärungsaufgaben erfüllen soll. Das passt auch zur offiziellen Missionsbeschreibung: Die Seedrohne soll Patrouillen fahren können, Überwasserkriegsführung beherrschen, U-Boote und Flieger abwehren können. Laut den Angaben aus China soll die Orca auch für die "Erkundung von Seeschlachtfeldern" dienen und als Boot zur Seerettung umkonfiguriert werden können.
Diese Fülle an Aufgaben wiederum deutet laut einem Bericht des Maritime Executive darauf hin, dass die Orca wohl mit unterschiedlichen modularen Missionspaketen ausgestattet werden kann. Vereinfacht gesagt wird das Schiff für jede Rolle im laufenden Einsatz neu konfiguriert und mit austauschbaren Waffen- und Ausrüstungspaketen ausgestattet. Schließlich ist bei einer Aufklärungsmission andere Ausrüstung nötig als bei einem Einsatz zur U-Boot-Abwehr.
Die USA haben dieses Konzept in den 2010er-Jahren mit ihren Küstenkampfschiffen erstmals angedacht, sind letztlich aber daran gescheitert, und die Schiffe sind nun fest mit einer vordefinierten Ausrüstung ausgestattet. Die amerikanische Ghost-Shark, ein Roboter-U-Boot des Rüstungsunternehmens Anduril, soll ebenfalls über verschiedene Missionspakete verfügen.
Bis unter den Rumpf bewaffnet
Chinesischen Medien zufolge hat die Orca eine Höchstgeschwindigkeit von 74 km/h (rund 40 Knoten) und eine Reichweite von rund 7408 Kilometern (4000 nautische Meilen). Durch die Bauform als Trimaran soll das Schiff auch in seichten Gewässern wie der Taiwanstraße einsatzfähig sein. Angeblich hat das Roboterkampfschiff einen Tiefgang von lediglich zwei Metern.
Zu den Waffensystemen der Orca gehören neben der Drohne Berichten zufolge auch Schiffsabwehrraketen und Boden-Luft-Raketen, die höchstwahrscheinlich aus Vertikalstartern zwischen der Brücke und dem Turm abgefeuert werden können. Modelle des Schiffes zeigen außerdem eine versteckte Kanone mittleren Kalibers hinter einer Klappe im Bug.
Laut dem Hersteller, der China State Shipbuilding Corporation, können im Missionsmodul noch mehr Starter für Lenkwaffen untergebracht werden. Laut dem staatlichen Schiffsbauer soll das Boot darüber hinaus über Stealth-Eigenschaft verfügen. Das Unternehmen hat zuvor bereits Seedrohnen entworfen und gebaut. Diese ähnelten aber stark der Sea Hunter aus den USA. Die Orca ist nicht nur deutlich größer, sie stellt auch eine völlig neue Entwicklung dar.
Elektronische Kriegsführung
Der Orca verfügt über einen integrierten Mast, in dem mehrere Radaranlagen untergebracht sind. Mit der sogenannten AESA-Technologie (Active Electronically Scanned Array) soll es der Orca möglich sein, mehrere Ziele gleichzeitig zu erfassen und zu bekämpfen. Über die Möglichkeiten des Kriegsschiffs zur elektronischen Kriegsführung kann aktuell nur spekuliert werden. Rechteckige Aufhängungen am Mast deuten aber laut The War Zone darauf hin, dass die Orca mit Zusatzmodulen zur Störung feindlicher Elektronik oder elektronischer Gegenmaßnahmen ausgestattet werden kann.
Und wer sich nun fragt, wofür das Kürzel "Jari" in "Jari-USV-A Orca" steht: Es dürfte sich dabei um die Abkürzung für das Jiangsu Automation Research Institute handeln, das bereits Seedrohnen entwickelt hat. Diese fielen mit 20 Tonnen Verdrängung und 15 Meter Länge im Vergleich zur Orca geradezu winzig aus.
(Peter Zellinger, 13.12.2024)