Riesige Solarparks in Wüsten sollen bald grünes Methanol zur Klimarettung herstellen
Das deutsch-österreichische Unternehmen Obrist Group will mit "Gigaplants" weltweit fossile Energien durch grünes Methanol ersetzen – und nebenbei große Mengen CO2 aus der Luft ziehen
Auf 280 Quadratkilometern in der Wüste könnten Gigaplants bald mithilfe von Sonnenstrom, Wasser und CO2 grünes Methanol herstellen, so die Idee der Obrist Group.
Obrist Group
Der Name klingt wie aus einem Fantasyfilm, die Bilder sehen aus wie Science-Fiction. Gigaplants heißen die Anlagen, die, wenn es nach einem österreichischen Unternehmen geht, bald die Lösung für das weltweite CO2-Problem sein sollen: gewaltige Solarparks, die sich auf jeweils 280 Quadratkilometer Fläche erstrecken, ungefähr so groß wie München, nur nicht in Deutschland, sondern in den Wüsten in Ägypten, Namibia oder den USA.
Dort, wo den ganzen Tag die Sonne scheint, Platz zur Genüge vorhanden ist und sich Landwirte und Umweltschützer nicht um die Nutzung des Bodens streiten. Solarparks, die mit Sonnenenergie jedes Jahr Millionen Tonnen grünes Methanol herstellen sollen, um damit weltweit Öl und Gas zu ersetzen. Die nebenbei mehr CO2 aus der Luft ziehen, als bei der Verbrennung des Methanols am Ende wieder entsteht, und damit helfen sollen, den Klimawandel zurückzudrehen. Ist das alles völlig verrückt oder tatsächlich umsetzbar?
Wenig Beachtung
Hinter der Idee der Gigaplants steckt das deutsch-österreichische Technologieunternehmen Obrist Group mit Sitz in Lindau und Lustenau. Auf seinem Laptop klickt Mitarbeiter Thorsten Rixmann durch die Folien seiner Präsentation, befüllt mit bunten Diagrammen und Fotos von glänzenden Autos, chinesischen Männern in Anzügen und eingerahmten Auszeichnungen. "Ich bin gerade erst von einer Autoshow in China zurückgekommen. Es ist traurig, dass man uns im Ausland mehr zuhört als hier in Österreich", sagt Rixmann.
Rixmann ist stolz auf die Ideen und Technologien seines Unternehmens: das Hyper-Hybrid-Konzept für E-Autos, bei dem die Wagen zwar mit Elektromotor fahren, aber wie Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, Anlagen zur CO2-Abscheidung aus der Luft und neuerdings die Gigaplants. In der Präsentation hat Rixmann die Technologien mit einzelnen Bildern entlang einer Kurve in einem Diagramm angeordnet, immer weiter ansteigend auf der Y-Achse, der "weltweiten Relevanz", jedoch ohne genaue Beschreibung, woran sich diese Relevanz misst.
Vergleich mit Desertec
Neues Vorbild für die CO2-neutrale Technikutopie der Obrist Group ist ein Buch, das wohl den Anstoß für die Gigaplants gegeben hat – vielleicht aber auch umgekehrt. Auf dem Cover erhebt sich eine Wüste, darüber der Titel Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reue: Klimarettung Ja – Deindustrialisierung Nein. Autor ist der 87-jährige deutsch-luxemburgische Wissenschaftsjournalist Jean Pütz. In dem Buch plädiert er für grünes Methanol als Weltenergieträger. Die Anlagen dafür sollen in den Wüsten dieser Erde gebaut werden.
"Ja, wir glauben an die Sonne", sagt Rixmann. Es gebe keinen anderen Ort auf der Welt, wo so viel Sonnenenergie verfügbar ist und Sonnenstrom so wenig kostet wie in der Wüste. Die Idee, Wüstenstrom künftig besser zu nutzen, ist nicht neu. Schon das Projekt Desertec verfolgte dieses Ziel und wollte den Sonnenstrom einerseits lokal verfügbar machen, andererseits mit Hochspannungsleitungen in Industrieregionen weltweit verteilen. Mehr als die Idee wurde aus dem Projekt jedoch nie.
Wasser aus der Luft
Die Gigaplants sollen nun alles anders machen. "Anstatt wie bei Desertec Strom um die Welt zu schicken, soll mit dem Sonnenstrom vor Ort Methanol erzeugt werden", sagt Rixmann. Methanol ist eine klare, farblose Flüssigkeit, ein Alkohol, der einen Menschen je nach Dosis zuerst blind macht und dann umbringt, der sich aber als synthetischer Kraftstoff sehr gut dafür eignet, Autos, Schiffe oder Flugzeuge anzutreiben.
Die Herstellung ist allerdings nicht ganz einfach und ziemlich energieintensiv. Dafür braucht es zuerst Wasserstoff. Diesen sollen die Gigaplants mit Sonnenstrom und Wasser mittels Elektrolyse vor Ort herstellen. Schon hier drängt sich die erste Frage auf: Wo soll in der Wüste plötzlich das Wasser für die Wasserstoffproduktion herkommen? Die Antwort laut der Obrist Group: aus der Luft. Schon eine Luftfeuchtigkeit von zehn Prozent wie in der Wüste genüge, um genug Wasser für die Herstellung von Wasserstoff zu erhalten.
"Rein theoretisch und technologisch ist das durchaus möglich", sagt Ulf-Peter Apfel, Wissenschafter am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Deutschland, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Wasserstoff beschäftigt, zum STANDARD. Allerdings sei in der Praxis noch nicht genau erprobt, wie effizient dieser Prozess gelinge.
CO2-Abscheidung aus Luft
Aus dem Wasserstoff sollen die Gigaplants mithilfe von CO2 dann Methanol erzeugen. Dieses CO2 soll die Anlage ebenfalls vor Ort durch CO2-Abscheidung direkt aus der Luft gewinnen. "Wir verwenden dafür Natronlauge, die sowohl CO2 als auch Wasser aus der Luft zieht und die sehr günstig ist", sagt Rixmann. Rund 6,2 Millionen Tonnen CO2 soll jede Gigaplant jedes Jahr aus der Luft ziehen – das entspricht ungefähr dem jährlichen CO2-Ausstoß von einer Million Österreicherinnen und Österreichern.
Ein Großteil des CO2 soll in die Herstellung von Methanol fließen – rund vier Millionen Tonnen Methanol sollen die Gigaplants pro Jahr erzeugen. Der Rest könnte beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffen verwendet werden. "Die Anlagen wären damit CO2-negativ", sagt Rixmann. Würde die Welt in den kommenden Jahren genug Gigaplants bauen – genug bedeutet in diesem Fall mehrere Tausend um dutzende Billionen Dollar –, ließen sich nicht nur fossile Energien vollständig durch grünes Methanol ersetzen, sondern auch der CO2-Gehalt in der Atmosphäre bis 2150 wieder auf das Niveau von 1950 bringen, so die Berechnungen des Unternehmens.
Hoher Energieaufwand
All das verschlingt jedoch gewaltige Mengen an Energie. "Die CO2-Abscheidung aus der Luft ist nicht sehr effizient, weil das CO2 in der Luft sehr verdünnt ist", sagt Karin Föttinger, Wissenschafterin am Institut für Materialchemie der TU Wien, zum STANDARD. CO2-Abscheidung aus der Luft sei daher mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Hinzu komme der Energieaufwand bei der Herstellung von Wasserstoff.
Rixmann schätzt, dass beim Umwandlungsprozess von Wasser und CO2 zu Methanol in den Gigaplants rund 70 Prozent der Energie "verloren gehen". Das sei jedoch egal, da in der Wüste genug Sonnenstrom vorhanden ist. "Am Schluss wäre das Methanol dennoch günstig und würde rund 50 Cent pro Liter kosten." Unter Berücksichtigung der geringeren Energiedichte sei das in etwa vergleichbar mit dem Preis von Benzin und Diesel.
Das Wasser für die Wasserstoffproduktion sowie das CO2 für die Methanolproduktion sollen bei den Gigaplants aus der Luft gewonnen werden.
Obrist Group
Globale Methanolwirtschaft
Der Vorteil von Methanol im Vergleich zu Wasserstoff: Es ist wesentlich einfacher zu lagern und zu transportieren, sagt Föttinger. Während Wasserstoff etwa besonders dicht verpackt und gut isoliert werden muss, um nicht zu entweichen, sei dies bei Methanol nicht erforderlich. Methanol könne daher sehr einfach auf allen Transportwegen, die derzeit auch für fossile Energien verwendet werden, etwa über Pipelines, Lkws oder per Schiff, verteilt werden.
Für Rixmann ist das der größte Vorteil gegenüber der E-Mobilität und der Elektrifizierung generell. "Für E-Autos und für die Elektrifizierung brauchen wir eine völlig neue globale Infrastruktur. Bei E-Fuels nutzen wir eine Infrastruktur, die bereits da ist." Das könne die Energiewende nicht nur in Europa vorantreiben, sondern weltweit. "Ohne den Verbrenner können wir die Mobilität nicht klimaneutral umbauen."
Viele Einsatzmöglichkeiten
Tatsächlich gibt es für Methanol einige Einsatzmöglichkeiten: "Vor allem in der Schifffahrt, die schwer zu elektrifizieren ist, wird grünes Methanol in Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen", sagt Wissenschafter Ulf-Peter Apfel. Aber auch als Treibstoff für Flugzeuge, Lkws oder Autos oder in der chemischen Industrie könne der Bedarf deutlich steigen. Sowohl Apfel als auch Föttinger halten Projekte wie die Gigaplants zur Herstellung von grünem Methanol daher für sehr sinnvoll.
"Der Teufel steckt jedoch im Detail", sagt Apfel. Wie gut die einzelnen Technologien in solchen Gigaplants aufeinander abgestimmt und wie effizient diese sind, müsse sich erst noch in der Praxis zeigen.
Bald erste Prototypen
Denn noch wurde keine einzige Gigaplant gebaut. "Wir suchen noch nach weiteren Investoren", sagt Rixmann. Es gebe bereits einen Lizenzvertrag mit den amerikanischen Technologieunternehmen EWU Tech und DSE Green Technology. Gemeinsam wolle man die Technologie hinter den Gigaplants bald in Projekten in Namibia, Ägypten und den USA verwirklichen. "Wir sind auch im Gespräch mit verschiedenen Regierungen zu den Gigaplants", sagt Rixmann. In drei bis vier Jahren könne es erste kleinere Prototypen-Anlagen geben, bis 2040 wolle man namhafte große Mengen an grünem Methanol erzeugen.
Von der Umstellung auf eine Methanolwirtschaft sollen auch die Wüstenländer selbst profitieren. "Die Staaten sollen die Anlagen selbst bauen und finanzieren. Wir stellen nur die Technologie bereit", sagt Rixmann. Die Gigaplants sollen nicht nur Arbeitsplätze vor Ort schaffen, sondern auch zur lokalen Energieversorgung beitragen. Das Ziel: kargen Wüstenregionen wie einst durch die Erdölwirtschaft einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren.
"Machbar ist das durchaus", sagt Apfel. Es bleibe nur noch die Frage, wann es tatsächlich kommen wird. "Ich habe schon einige Ankündigungen gesehen, von denen viele am Ende nicht umgesetzt wurden." Vor allem in dieser Hinsicht müssen sich die Gigaplants erst noch von Desertec unterscheiden.
(Jakob Pallinger, 14.6.2024)
Riesige Solarparks in Wüsten sollen bald grünes Methanol zur Klimarettung herstellen
Das deutsch-österreichische Unternehmen Obrist Group will mit "Gigaplants" weltweit fossile Energien durch grünes Methanol ersetzen – und nebenbei große Mengen CO2 aus der Luft ziehen

Auf 280 Quadratkilometern in der Wüste könnten Gigaplants bald mithilfe von Sonnenstrom, Wasser und CO2 grünes Methanol herstellen, so die Idee der Obrist Group.
Obrist Group
Der Name klingt wie aus einem Fantasyfilm, die Bilder sehen aus wie Science-Fiction. Gigaplants heißen die Anlagen, die, wenn es nach einem österreichischen Unternehmen geht, bald die Lösung für das weltweite CO2-Problem sein sollen: gewaltige Solarparks, die sich auf jeweils 280 Quadratkilometer Fläche erstrecken, ungefähr so groß wie München, nur nicht in Deutschland, sondern in den Wüsten in Ägypten, Namibia oder den USA.
Dort, wo den ganzen Tag die Sonne scheint, Platz zur Genüge vorhanden ist und sich Landwirte und Umweltschützer nicht um die Nutzung des Bodens streiten. Solarparks, die mit Sonnenenergie jedes Jahr Millionen Tonnen grünes Methanol herstellen sollen, um damit weltweit Öl und Gas zu ersetzen. Die nebenbei mehr CO2 aus der Luft ziehen, als bei der Verbrennung des Methanols am Ende wieder entsteht, und damit helfen sollen, den Klimawandel zurückzudrehen. Ist das alles völlig verrückt oder tatsächlich umsetzbar?
Wenig Beachtung
Hinter der Idee der Gigaplants steckt das deutsch-österreichische Technologieunternehmen Obrist Group mit Sitz in Lindau und Lustenau. Auf seinem Laptop klickt Mitarbeiter Thorsten Rixmann durch die Folien seiner Präsentation, befüllt mit bunten Diagrammen und Fotos von glänzenden Autos, chinesischen Männern in Anzügen und eingerahmten Auszeichnungen. "Ich bin gerade erst von einer Autoshow in China zurückgekommen. Es ist traurig, dass man uns im Ausland mehr zuhört als hier in Österreich", sagt Rixmann.
Rixmann ist stolz auf die Ideen und Technologien seines Unternehmens: das Hyper-Hybrid-Konzept für E-Autos, bei dem die Wagen zwar mit Elektromotor fahren, aber wie Verbrenner mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden, Anlagen zur CO2-Abscheidung aus der Luft und neuerdings die Gigaplants. In der Präsentation hat Rixmann die Technologien mit einzelnen Bildern entlang einer Kurve in einem Diagramm angeordnet, immer weiter ansteigend auf der Y-Achse, der "weltweiten Relevanz", jedoch ohne genaue Beschreibung, woran sich diese Relevanz misst.
Vergleich mit Desertec
Neues Vorbild für die CO2-neutrale Technikutopie der Obrist Group ist ein Buch, das wohl den Anstoß für die Gigaplants gegeben hat – vielleicht aber auch umgekehrt. Auf dem Cover erhebt sich eine Wüste, darüber der Titel Wohlstand und Wirtschaftswachstum ohne Reue: Klimarettung Ja – Deindustrialisierung Nein. Autor ist der 87-jährige deutsch-luxemburgische Wissenschaftsjournalist Jean Pütz. In dem Buch plädiert er für grünes Methanol als Weltenergieträger. Die Anlagen dafür sollen in den Wüsten dieser Erde gebaut werden.
"Ja, wir glauben an die Sonne", sagt Rixmann. Es gebe keinen anderen Ort auf der Welt, wo so viel Sonnenenergie verfügbar ist und Sonnenstrom so wenig kostet wie in der Wüste. Die Idee, Wüstenstrom künftig besser zu nutzen, ist nicht neu. Schon das Projekt Desertec verfolgte dieses Ziel und wollte den Sonnenstrom einerseits lokal verfügbar machen, andererseits mit Hochspannungsleitungen in Industrieregionen weltweit verteilen. Mehr als die Idee wurde aus dem Projekt jedoch nie.
Wasser aus der Luft
Die Gigaplants sollen nun alles anders machen. "Anstatt wie bei Desertec Strom um die Welt zu schicken, soll mit dem Sonnenstrom vor Ort Methanol erzeugt werden", sagt Rixmann. Methanol ist eine klare, farblose Flüssigkeit, ein Alkohol, der einen Menschen je nach Dosis zuerst blind macht und dann umbringt, der sich aber als synthetischer Kraftstoff sehr gut dafür eignet, Autos, Schiffe oder Flugzeuge anzutreiben.
Die Herstellung ist allerdings nicht ganz einfach und ziemlich energieintensiv. Dafür braucht es zuerst Wasserstoff. Diesen sollen die Gigaplants mit Sonnenstrom und Wasser mittels Elektrolyse vor Ort herstellen. Schon hier drängt sich die erste Frage auf: Wo soll in der Wüste plötzlich das Wasser für die Wasserstoffproduktion herkommen? Die Antwort laut der Obrist Group: aus der Luft. Schon eine Luftfeuchtigkeit von zehn Prozent wie in der Wüste genüge, um genug Wasser für die Herstellung von Wasserstoff zu erhalten.
"Rein theoretisch und technologisch ist das durchaus möglich", sagt Ulf-Peter Apfel, Wissenschafter am Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) in Deutschland, der sich seit vielen Jahren mit dem Thema Wasserstoff beschäftigt, zum STANDARD. Allerdings sei in der Praxis noch nicht genau erprobt, wie effizient dieser Prozess gelinge.
CO2-Abscheidung aus Luft
Aus dem Wasserstoff sollen die Gigaplants mithilfe von CO2 dann Methanol erzeugen. Dieses CO2 soll die Anlage ebenfalls vor Ort durch CO2-Abscheidung direkt aus der Luft gewinnen. "Wir verwenden dafür Natronlauge, die sowohl CO2 als auch Wasser aus der Luft zieht und die sehr günstig ist", sagt Rixmann. Rund 6,2 Millionen Tonnen CO2 soll jede Gigaplant jedes Jahr aus der Luft ziehen – das entspricht ungefähr dem jährlichen CO2-Ausstoß von einer Million Österreicherinnen und Österreichern.
Ein Großteil des CO2 soll in die Herstellung von Methanol fließen – rund vier Millionen Tonnen Methanol sollen die Gigaplants pro Jahr erzeugen. Der Rest könnte beispielsweise zur Herstellung von Kunststoffen verwendet werden. "Die Anlagen wären damit CO2-negativ", sagt Rixmann. Würde die Welt in den kommenden Jahren genug Gigaplants bauen – genug bedeutet in diesem Fall mehrere Tausend um dutzende Billionen Dollar –, ließen sich nicht nur fossile Energien vollständig durch grünes Methanol ersetzen, sondern auch der CO2-Gehalt in der Atmosphäre bis 2150 wieder auf das Niveau von 1950 bringen, so die Berechnungen des Unternehmens.
Hoher Energieaufwand
All das verschlingt jedoch gewaltige Mengen an Energie. "Die CO2-Abscheidung aus der Luft ist nicht sehr effizient, weil das CO2 in der Luft sehr verdünnt ist", sagt Karin Föttinger, Wissenschafterin am Institut für Materialchemie der TU Wien, zum STANDARD. CO2-Abscheidung aus der Luft sei daher mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Hinzu komme der Energieaufwand bei der Herstellung von Wasserstoff.
Rixmann schätzt, dass beim Umwandlungsprozess von Wasser und CO2 zu Methanol in den Gigaplants rund 70 Prozent der Energie "verloren gehen". Das sei jedoch egal, da in der Wüste genug Sonnenstrom vorhanden ist. "Am Schluss wäre das Methanol dennoch günstig und würde rund 50 Cent pro Liter kosten." Unter Berücksichtigung der geringeren Energiedichte sei das in etwa vergleichbar mit dem Preis von Benzin und Diesel.

Das Wasser für die Wasserstoffproduktion sowie das CO2 für die Methanolproduktion sollen bei den Gigaplants aus der Luft gewonnen werden.
Obrist Group
Globale Methanolwirtschaft
Der Vorteil von Methanol im Vergleich zu Wasserstoff: Es ist wesentlich einfacher zu lagern und zu transportieren, sagt Föttinger. Während Wasserstoff etwa besonders dicht verpackt und gut isoliert werden muss, um nicht zu entweichen, sei dies bei Methanol nicht erforderlich. Methanol könne daher sehr einfach auf allen Transportwegen, die derzeit auch für fossile Energien verwendet werden, etwa über Pipelines, Lkws oder per Schiff, verteilt werden.
Für Rixmann ist das der größte Vorteil gegenüber der E-Mobilität und der Elektrifizierung generell. "Für E-Autos und für die Elektrifizierung brauchen wir eine völlig neue globale Infrastruktur. Bei E-Fuels nutzen wir eine Infrastruktur, die bereits da ist." Das könne die Energiewende nicht nur in Europa vorantreiben, sondern weltweit. "Ohne den Verbrenner können wir die Mobilität nicht klimaneutral umbauen."
Viele Einsatzmöglichkeiten
Tatsächlich gibt es für Methanol einige Einsatzmöglichkeiten: "Vor allem in der Schifffahrt, die schwer zu elektrifizieren ist, wird grünes Methanol in Zukunft eine sehr wichtige Rolle spielen", sagt Wissenschafter Ulf-Peter Apfel. Aber auch als Treibstoff für Flugzeuge, Lkws oder Autos oder in der chemischen Industrie könne der Bedarf deutlich steigen. Sowohl Apfel als auch Föttinger halten Projekte wie die Gigaplants zur Herstellung von grünem Methanol daher für sehr sinnvoll.
"Der Teufel steckt jedoch im Detail", sagt Apfel. Wie gut die einzelnen Technologien in solchen Gigaplants aufeinander abgestimmt und wie effizient diese sind, müsse sich erst noch in der Praxis zeigen.
Bald erste Prototypen
Denn noch wurde keine einzige Gigaplant gebaut. "Wir suchen noch nach weiteren Investoren", sagt Rixmann. Es gebe bereits einen Lizenzvertrag mit den amerikanischen Technologieunternehmen EWU Tech und DSE Green Technology. Gemeinsam wolle man die Technologie hinter den Gigaplants bald in Projekten in Namibia, Ägypten und den USA verwirklichen. "Wir sind auch im Gespräch mit verschiedenen Regierungen zu den Gigaplants", sagt Rixmann. In drei bis vier Jahren könne es erste kleinere Prototypen-Anlagen geben, bis 2040 wolle man namhafte große Mengen an grünem Methanol erzeugen.
Von der Umstellung auf eine Methanolwirtschaft sollen auch die Wüstenländer selbst profitieren. "Die Staaten sollen die Anlagen selbst bauen und finanzieren. Wir stellen nur die Technologie bereit", sagt Rixmann. Die Gigaplants sollen nicht nur Arbeitsplätze vor Ort schaffen, sondern auch zur lokalen Energieversorgung beitragen. Das Ziel: kargen Wüstenregionen wie einst durch die Erdölwirtschaft einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren.
"Machbar ist das durchaus", sagt Apfel. Es bleibe nur noch die Frage, wann es tatsächlich kommen wird. "Ich habe schon einige Ankündigungen gesehen, von denen viele am Ende nicht umgesetzt wurden." Vor allem in dieser Hinsicht müssen sich die Gigaplants erst noch von Desertec unterscheiden.
(Jakob Pallinger, 14.6.2024)