Bevor im "Village im Dritten" auf den ehemaligen
Aspanggründen in Wien die Bagger auffuhren, kamen die ganz schweren Geräte. Große Bohrer wühlten sich 150 Meter in die Tiefe, um Platz für Erdwärmesonden zu schaffen. Mittlerweile ist davon kaum noch etwas zu sehen – bis auf pink angesprayte Rohre, die alle paar Meter aus dem Erdboden ragen und von den rund 500 Bauarbeitern, die auf der Großbaustelle derzeit zugange sind, sorgsam umschifft werden.
500 Arbeiter sind auf der Baustelle aktuell zugange. Bis 2027 soll das Village im Dritten fertig sein. Vieles, was das Viertel besonders machen wird, ist unter der Erde verborgen.
KnollConsult
Anmerkung: Zum Vergleich das Lubi aus den 1930iger Jahren im Vorbeitrag! Das aktuelle Bild ist in Richtung Osten aufgenommen (Arsenal rechts außerhalb des Bildes), also am alten Foto Ansicht von links nach rechts...
Im Herbst werden die Bohrer noch einmal anrücken und auf anderen Baufeldern weitere Sonden setzen. Insgesamt gibt es im Viertel dann 500 davon, die zum größten Erdwärmesondenfeld des Landes zusammengeschlossen werden. Damit werden die 1900 Wohnungen und Gewerbeeinheiten, ein Schulcampus und Kindergärten, die im Village im Dritten gebaut werden, versorgt.
Strom vom Dach
Es ist ein Projekt der ARE mit Entwicklern wie der UBM und gemeinnützigen Bauträgern wie Heimbau und Arwag. Wo sich aktuell elf Kräne drehen, soll ein internationales Vorzeigeprojekt in puncto Nachhaltigkeit aus dem Boden wachsen. Der Strom für die hauseigenen Wärmepumpen soll zum Teil von den Photovoltaikanlagen auf den Dächern kommen. Im Sommer wird die Abwärme der Häuser im Erdreich gespeichert und die Wohnungen damit um ein paar Grad abgekühlt. An die Fernwärme ist das Village im Dritten außerdem angeschlossen. Sicher ist sicher.
Bei der Erdwärme geht es, wie oft im Leben, um die Balance: "Was ich entnehme, muss ich auch wieder zuführen", sagt Michaela Deutsch, Geschäftsbereichsleiterin Energiedienstleistungen bei der Wien Energie. Wärme, die im Sommer zugeführt wird, wird im Winter wieder entnommen. Ist die Rechnung nicht ausgeglichen, also wird dem Erdreich mehr Wärme entzogen, als im Sommer gespeichert wurde, wird die Wärmequelle nach und nach weniger und es wird mehr Stromeinsatz notwendig – und das führt in weiterer Folge natürlich zu höheren Kosten, erklärt Deutsch.
Keine Hochhäuser
Die Wien Energie hat gemeinsam mit der ARE als Projektgesellschaft am Standort die gesamte Energieversorgung konzipiert. Manche Bauträger seien in dieser Hinsicht weiter als andere, sagt Deutsch, es gebe Lernprozesse auf allen Seiten: "Die Susi-Sorglos-Variante, es kommt irgendeine Wärmeversorgung, die einfach nur funktionieren soll und weiter nichts, ändert sich gerade." Es habe viel Koordination vor Ort gebraucht – vor allem beim Zeitplan, damit man sich mit anderer notwendiger Infrastruktur wie Wasser- und Kanalanschlüssen nicht in die Quere komme.
Laut Gerd Pichler, Leiter der ARE Projektentwicklung, wurden bestimmte Maßnahmen, etwa der Voraushub, vorgezogen, um dann möglichst zügig mit dem Hochbau beginnen zu können – so sei es auch zu keinem Zeitverlust gekommen.
Ende des ersten Halbjahres 2025 sollen die ersten Wohnungen übergeben werden, bis 2027 das gesamte Projekt abgeschlossen sein. Das Projekt beschäftigt die ARE schon viel länger: Der städtebauliche Wettbewerb fand 2015 statt. Damals waren die Zeiten noch anders: Ursprünglich waren auf dem Areal zwei Hochhäuser geplant, "und zwei große innenliegende Verkehrsflächen", sagt Pichler; beides sei heute überholt. Stattdessen wird das Viertel verkehrsberuhigt, im Zentrum liegt ein zwei Hektar großer Park.
Platz für Eidechsen
Die ersten Bäume wurden bereits 2021 gepflanzt. Sie wurden zum Schutz vor Baufahrzeugen eingezäunt – ebenso wie eine rund 800 Quadratmeter große Fläche inmitten der Baustelle, die ausgewiesenes Eidechsen-Habitat ist und Teil des Parks werden soll. Geplant sind auch Urban Gardening und ein fixer Platz für das Bienenzentrum Wien, das derzeit als Zwischennutzungsprojekt mit 30 Bienenvölkern im Areal vertreten ist.
Der Ehrgeiz, hier Großes zu schaffen, ist fast greifbar. "Aber die Klimawende schaffen wir nur gemeinsam in der Bestandsstadt", sagt Michaela Deutsch. Sie ist dennoch überzeugt, dass diese bis 2040 zu schaffen ist. Die besten Lösungen seien immer jene, die nicht nur für ein Haus, sondern für mehrere Objekte oder gleich das gesamte Grätzel gedacht werden.
Aber das sind dann die ganz dicken Bretter. 500 Bohrlöcher auf der Wiese sind nichts dagegen.
(Franziska Zoidl, 29.2.2024)