Ebensee: Stollenanlage Rindbach

josef

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#1
Eine "Stollenanlage in Rindbach" wurde 2005 im "Zement - Pläne und Details" Thread kurz erwähnt (# 9 u. # 10), danach war aber bis jetzt nichts mehr zu hören (lesen...)!

Nun tauchen in diversen Printmedien Artikel über die Errichtung eines "Heilklimazentrums, Heilstollens usw. ..." in der Stollenanlage Rindbach auf:


Kronenzeitung Oberösterreich:

PROTESTE IN EBENSEE
Aufregung um Pläne für Heilzentrum im KZ-Stollen

Das Stollensystem in Rindbach ist nur über eine sehr schmale Sackgasse erreichbar.
(Bild: Hörmandinger Reinhard)

In der Ebenseer Ortschaft Rindbach gehen die Wogen hoch. Grund sind Pläne eines Unternehmers aus dem Salzkammergut für ein Heilklimazentrum im ehemaligen Stollen des Konzentrationslagers Ebensee. Eine Info-Veranstaltung im Rathaus hätte die Wogen eigentlich glätten sollen. Das Gegenteil ist der Fall.

„Die Veranstaltung war peinlich. Der Unternehmer hat nur gesagt, dass er seine Vision von einem Heilklimastollen verwirklichen möchte. Sonst gab er nur ausweichende Antworten“, ist Reinhold Reisenbichler aus Rindbach fuchsteufelswild. Er wohnt in der Nähe des 382 Meter langen Stollensystems, das im Krieg von Insassen des Konzentrationslagers Ebensee in den Berg gesprengt worden ist.


Aus dem Stollen werden bereits Gesteinsproben entnommen.
(Bild: Hörmandinger Reinhard)

Bad Bleiberg als Beispiel
Jetzt soll ein Therapiezentrum ähnlich jenem in Bad Bleiberg errichtet werden. Dort wird die extrem hohe Luftfeuchtigkeit und die konstante Temperatur von acht Grad zur Heilung von Atemwegserkrankungen und Allergien genutzt.

100 Autos täglich
„In Rindbach ist der Stollen nur über eine Sackgasse erreichbar. Es gibt keinen Parkplatz. Wenn jeden Tag die kolportierten 100 Autos kommen, droht ein Chaos“, meint Reisenbichler.

Anrainer Reinhold Reisenbichler schlägt Alarm.
(Bild: Hörmandinger Reinhard)

Bagger sind bereits angerollt
Viele Anrainer sind verwundert, dass dem ehemaligen Grundstücksbesitzer sogar der Bau einer Holzhütte verweigert wurde, naber ach dem Verkauf an den Unternehmer die Bagger nun Unmengen an Gestein aus dem Stollen herausholen dürfen. „Uns wurde gesagt, dass die Proben notwendig sind, um festzustellen, wofür der Stollen exakt genutzt werden kann“, so Reisenbichler.

Bundesdenkmalamt informiert
Die Anrainer haben jedenfalls das Bundesdenkmalamt kontaktiert. Laut Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichte Museums Ebensee, sei das Stollensystem „eines der letzten historischen Zeugnisse der Häftlingszwangsarbeit“.

Die Anrainer lassen ihrem Unmut freien Lauf.
(Bild: Hörmandinger Reinhard)


24.09.2019 15:30 |
BUNDESLÄNDER>OBERÖSTERREICH
Mario Zeko Aufregung um Pläne für Heilzentrum im KZ-Stollen


Tips-Bezirk Gmunden:

Ein geplanter Heilstollen in der Salinengemeinde löst Unruhe aus

Foto Hörmandinger: die Anrainer der Zufahrtsstraßen haben keine Freude damit

EBENSEE. Ein Ebenseer Unternehmer plant in der Ortschaft Rindbach die Errichtung eines Heilstollens. Die begonnenen Baggerarbeiten haben die Anrainer ordentlich verunsichert.

Die Strandbadstraße im Ebenseer Ortsteil Rindbach ist im Grunde genommen eine enge Sackgasse. Anrainer fürchten aufgrund des geplanten Heilstollens um ihre Wohn- und Lebensqualität und haben sich mit dieser Verunsicherung an die Öffentlichkeit gewendet.

Anrainer gehen auf die Barrikaden
40 Bewohner haben sich nun offiziell zur „Bürgerinitiative Strandbadstraße“ zusammengeschlossen, um ihre Interessen zu wahren. Reinhold Reisenbichler (Bild) ist Sprecher der Bewohner der Strandbadstraße und der Hugo-Wolf-Straße: „Die Verkehrssituation im betroffenen Ortsteil ist durch das Freizeitzentrum Rindbach speziell im Sommer, was Verkehrsaufkommen und auch Lärm betrifft, bereits mehr als angespannt. Wir sind überzeugt, dass die beiden Straßen keine zusätzliche Frequenz durch etwaige künftige Stollenbesucher mehr verkraften können. Absurd erscheint außerdem, dass dem Vorbesitzer der Stollenanlage sogar der Bau einer Holzhütte verwehrt wurde, nun aber in der Seeuferschutzzone auf einem Grundstück mit Flächenwidmung “Wald„ ein touristisches Projekt realisiert werden soll.“

Stollensystem in Berg gesprengt
Das 382 Meter lange Stollensystem wurde in den Kriegsjahren 1944/45 von Insassen des KZ Ebensee in den Berg gesprengt und war als Pumpenstollen zur Wasserversorgung der Stollenanlage A (Hatschek-Steinbruch) vorgesehen. Wolfgang Quatember, Leiter des Zeitgeschichte Museums Ebensee, sieht im Stollensystem „eines der letzten historischen Zeugnisse der Häftlingszwangsarbeit in Österreich.“

Vision verwirklichen
Bei einer Infoveranstaltung im Rathaussaal präsentierte der Unternehmer Anton Putz, der „eine Vision verwirklichen“ möchte, sein geplantes Vorhaben und teilte mit, dass die bisherigen Baggerungen als Sicherungs- und Vorbereitungsarbeiten zu sehen seien. Ob und wofür der Klimastollen exakt genutzt werden kann, sollen Messungen über einen längeren Zeitraum noch zeigen.
Thomas Leitner, Tips Redaktion, 24.09.2019 11:09 Uhr
Ein geplanter Heilstollen in der Salinengemeinde löst Unruhe aus


OÖ.Nachrichten

SALZKAMMERGUT
Klimastollen: Anrainer skeptisch gegenüber Projekt
23. September 2019 00:04 Uhr

Anton Putz informierte.Bild: Hörmandinger

EBENSEE. Vergangene Woche wurde das Projekt im Rathaussaal vorgestellt.
Wie in den Salzkammergut-Nachrichten berichtet, plant der Ebenseer Unternehmer Anton Putz in der Ortschaft Rindbach die Einrichtung eines Klimastollens, was bei den betroffenen Anrainern, die sich zwischenzeitlich in einer Bürgerinitiative formiert haben, Unruhe ausgelöst hat. Vergangene Woche stellte Putz sein Projekt im Rathaussaal vor. Der Unternehmer, Bürgermeister Markus Siller und der Geologe Peter Baumgartner informierten über Details.

Der Grundeigentümer möchte "eine Vision verwirklichen", wie er sagte. Die bisherigen Baggerungen seien als Sicherungs- und Vorbereitungsarbeiten zu sehen. Ob und wofür der Klimastollen exakt genutzt werden kann, sollen Messungen über einen längeren Zeitraum zeigen, erörterte Putz.
Die angrenzenden Bewohner der 1944/45 errichteten Stollenanlage Rindbach waren beim Infoabend zahlreich vertreten und brachten ihre Skepsis und Bedenken zum Ausdruck. (hörm.)
Klimastollen: Anrainer skeptisch gegenüber Projekt
 
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josef

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#2
Nun einige aus den Medienberichten herausgefilterte Infos zu der Stollenanlage:
...Bewohner der Strandbadstraße und der Hugo-Wolf-Straße (-> Tips-Bez.Gmunden)
Den genannten Straßenverläufen nach müsste die Anlage sich im Bereich des markierten Berghanges befinden:

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Ausschnitt Google-Maps


Ebenfalls aus dem Artikel von Tips-Bez.Gmunden:
Das 382 Meter lange Stollensystem wurde in den Kriegsjahren 1944/45 von Insassen des KZ Ebensee in den Berg gesprengt und war als Pumpenstollen zur Wasserversorgung der Stollenanlage A (Hatschek-Steinbruch) vorgesehen.
 

josef

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#9
Auszug aus "Mitteilungen des Landesvereins für Höhlenkunde in OÖ. - 1989/1":
(Kapitel "Die Ebenseeer Stollenanlagen" v. Dietmar Kuffer, S. 9)
Am südöstlichen Ende des Traunsees in Rindbach wurde ein kleineres Stollensystem in das "Kögerl" bei der Loiperngrube getrieben. Das Stollensystem wurde durch einen breiten offenen Kanal mit dem Traunsee verbunden und sollte angeblich der Wasserversorgung dienen.
 

josef

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#10
Heikle Heilung im KZ-Stollen
In Ebensee soll in einem von KZ-Häftlingen errichteten Stollen ein Klimastollen zur Heilung von Atemwegserkrankungen entstehen. Das hat zu einem Aufschrei geführt

Die Häftlinge wurden aus ganz Europa nach Ebensee gebracht – und mussten in den Stollen arbeiten.
Foto: Putz

Man merkt dem kleinen Ortsteil heute noch an, dass hier einst Reich und vielleicht auch Schön die Sommerfrische genossen. Gut einen Kilometer vom Ebenseer Ortskern entfernt, am Südufer des Traunsees, prägen prachtvolle Villen das Landschaftsbild. Rindbach war an der Wende zum 20. Jahrhundert das Zentrum der Sommerfrische in Ebensee. Ein beliebtes Refugium bekannter Künstler und finanzkräftiger Bankiers.

Den Umbruch und damit das radikale Ende der Sommerfrische bringt das Jahr 1938. Etliche Villen am See werden von den Nationalsozialisten enteignet. Insbesondere der Ortsteil Rindbach wird, durch seine Nähe zum ab November 1943 errichteten Konzentrationslager Ebensee, ein begehrter Wohnort von NS-Bonzen.

Besitzerwechsel
Am Ende der Strandbadstraße führt ein schmaler Wiesenweg wenige Meter hin zum sogenannten Kögerl. Ein kleiner Felskogel in Ufernähe, der Licht und Schatten des Traunsee-Ortes widerspiegelt. Auf dem Felsen steht die altehrwürdige "Villa Kögerl", im Felsen befindet sich ein rund 382 Meter langes Stollensystem. In den Kriegsjahren 1944/45 von Insassen des KZ Ebensee in den Berg gesprengt und als Pumpenstollen zur Wasserversorgung der KZ-Stollenanlage A vorgesehen. Ursprünglich sollte dort eine unterirdische Raketenfabrik entstehen, letztlich hatte aber der Bau einer bombensicheren Destillationsanlage zur Erzeugung von kriegsnotwendigem Benzin und Diesel Vorrang. Insgesamt kamen zwischen 1943 und 1945 8500 Menschen im KZ Ebensee ums Leben.

Rund um diesen Pumpenstollen ist jetzt in Ebensee eine heikle Diskussion entbrannt. Die Anlage wechselte im heurigen Frühjahr den Besitzer. Der ortsansässige Unternehmer Anton Putz erwarb den Berg – und plant, einen Klimastollen für Patienten mit Atemwegserkrankungen einzurichten. Was aber den Rindbachern sauer aufstößt. Einerseits befürchtet man ein deutliches höheres Verkehrsaufkommen, andererseits erachtet man den Wandel vom NS-Stollen zum Klimastollen als unangebracht und pietätlos.

Hakenkreuz im Stein
Gerald Steinkogler klettert über die Reste einer kleinen Steinmauer. Dort, wo einst ein Wasserschacht aus dem Stollen führte, steht heute ein kleines Marterl. An der moosigen Felswand sind zahlreiche Einkerbungen erkennbar. "Da ist ein Hakenkreuz eingeritzt. Vieles ist nicht mehr zu erkennen, aber vielleicht haben sich auch Zwangsarbeiter hier verewigt." Steinkogler ist unmittelbarer Anrainer – und höchst aktives Mitglied der "Bürgerinitiative gegen den Heilstollen".

"Furchtbar" sei das Ganze hier. "Wer will sich zur Erholung in einen ehemaligen Nazi-Stollen legen? Die Bilder im Kopf müssen doch grauenhaft sein, wenn ich da drinnen die Augen schließe", zeigt Steinkogler Unverständnis. Vor allem vermisst der Rindbacher die historische Aufarbeitung: "Es wurden bereits umfangreiche Baggerarbeiten durchgeführt. Doch die historische Begleitung dieser Tätigkeiten fehlt völlig." Offensichtlich werde "jegliche Berührung mit den nationalsozialistischen Ursprüngen und wohl auch die Auseinandersetzung mit den dort erlittenen menschlichen Tragödien nicht nur vermieden und abgelehnt, sondern völlig ignoriert".

Gerüchte um Nazi-Schatz
Und es gebe auch Zweifel, ob es denn überhaupt um einen Heilstollen gehe. Steinkogler: "Die Gerüchte halten sich hartnäckig, dass da drinnen ein Metallcontainer von den Nazis versenkt wurde. Und der Herr Putz hat das Geld und kennt erfahrene Schatzsucher."

Anton Putz hat mittlerweile in seinem Geländewagen Platz genommen. Gespräche über "seine Vision" führt der pensionierte Unternehmer gern vor Ort. Wieder geht es die Strandbadstraße entlang, diesmal führt der Weg aber nicht über die Wiese, sondern direkt über den privaten Grund des Unternehmers. Putz öffnet das Schloss am Tor zum Stolleneingang. Mit dem Erstrahlen der Scheinwerfer offenbart sich ein beachtliches, weitverzweigtes Stollensystem. "Ich habe zufällig vor gut einem Jahr die Heilstollen in Oberzeiring besucht und war begeistert. Da habe ich gewusst, dass ich so etwas in Ebensee auch machen möchte." Die Bedingungen seien hier ideal: "Acht Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit." Und die historische Belastung? "Bitte nicht die Nazi-Keule. Ich habe vor dem Kauf Kontakt mit dem Zeitgeschichte-Museum Ebensee gehabt. Und der Doktor Quatember hat gesagt, dass er grundsätzlich keine Bedenken hat, solange die Geschichte des Stollens entsprechend ausgeschildert wird." Und der Schatz? "Das ist überhaupt das Lächerlichste, was ich je gehört hab."

"Positive Nachnutzung"
Wolfgang Quatember hat seit 1988 das Museum und die KZ-Gedenkstätte Ebensee aufgebaut. "Das Stollensystem in Rindbach stellt neben den Stollenanlagen A und B in Ebensee eines der letzten historischen Zeugnisse der Häftlingszwangsarbeit in Österreich dar" und besitze als Baudenkmal durchaus Relevanz, sagt Quatember. Er fühlt sich instrumentalisiert: "Ich will mich nicht vor den Karren spannen lassen, weder von Putz noch von der Bürgerinitiative." Er wolle sich einer "vernünftigen Nutzung" nicht verschließen: "Zu sagen, da darf überhaupt nichts passieren, wäre zu billig." Aber: "Eine Nutzung zu Erinnerungs- und Gedenkzwecken wäre mir bedeutend lieber als eine, die nur dem Tourismus und der Profitmaximierung dient." Voraussetzung für jegliche Nutzung sei eine Einbindung der KZ-Gedenkstätte Mauthausen (zu der die Gedenkstätte Ebensee gehört), des Denkmalamtes und von Überlebendenverbänden.

Unterstützung bekommt Anton Putz aus dem Ebenseer Rathaus. Bürgermeister Markus Siller hat mit einer "positiven Nachnutzung" kein Problem. Die Bürgerinitiative würde nur "die Nazi-Keule vorschieben". Siller: "Bei einer Gedenkveranstaltung hab ich noch keinen von denen gesehen. Die wollen doch eigentlich nur ihre heilige Ruhe in Rindbach haben." Natürlich sei eine wissenschaftliche Begleitung bei so einem Projekt wichtig. "Aber kein KZ-Häftling wird wieder lebendig, wenn wir den Stollen nicht nutzen." Dann dürfe man in Ebensee nicht einmal das Trinkwasser nutzen: "Denn die Brunnen wurden von KZ-Häftlingen errichtet."

Denkmalamt plant Gutachten
Die Frage, wie mit derartigen Relikten aus der NS-Zeit umgegangen werden soll, ist "kompliziert", merkt der Historiker Bertrand Perz an. Auch wenn viele Anlagen, die von Zwangsarbeitern errichtet wurden, nach Kriegsende nahtlos weitergenutzt wurden und zum Teil auch heute noch von Unternehmen genutzt werden, müsse man sich fragen, ob ein Stollen zur Heilung von Krankheiten mit der Geschichte dieses "Unortes" vereinbar sei. "Das ist ein großer Kontrast." Es bedürfe bei einem derartig geschichtsträchtigen Objekt eines Aushandlungsprozesses – auch wenn es sich in Privatbesitz befinde.

Der Streit um den Stollen in Rindbach ist bereits zum Bundesdenkmalamt vorgedrungen. Man wolle das gesamte Areal erforschen, um dann zu entscheiden, welche Teile schützenswert sind, heißt es auf Anfrage. Derzeit stehen nur die in öffentlichem Eigentum befindlichen Stollen und die Überreste des ehemaligen Konzentrationslagers unter Denkmalschutz. 2020/21 soll ein Gutachten über die Gesamtanlage erfolgen. In den letzten Jahren haben sich die Denkmalschützer verstärkt den Arealen von ehemaligen Konzentrationslagern gewidmet und etwa Überreste des KZ Gusen und des Nebenlagers Redl-Zipf unter Schutz gestellt. Das Denkmalamt habe aber auch bei geschützten Objekten keine Mitsprache bei der Art der Nutzung, sofern die schützenswerte Substanz dadurch nicht beeinträchtigt wird, betont man.

Es bedürfe besserer gesetzlicher Regulierungen, wie mit Bauwerken aus der NS-Zeit umzugehen ist, fordert Wolfgang Quatember: "Bisher hat sich niemand für den Stollen interessiert. Und jetzt steht man da, und weiß nicht, wie man damit umgehen soll."
(Karin Krichmayr, Markus Rohrhofer, 29.10.2019)

Wissen: Schweres Erbe
Wie schwer man sich tut, mit dem Nazi-Erbe umzugehen, und wie heikel die Nachnutzung von historisch entsprechend belasteten Objekten ist, zeigt sich kurioserweise an einem maroden Haus in Braunau. Das Gebäude mit der Adresse Salzburger Vorstadt ist das Geburtshaus eines Mannes, der die Welt ins Verderben stürzte: Am 20. April erblickte hier Adolf Hitler das Licht der Welt. Mit Kriegsende ging das Gebäude wieder in Privatbesitz über, seit frühen Kreisky-Zeiten war das Innenministerium Hauptmieter. Zuletzt stand das Haus viele Jahre leer, die Besitzerin weigerte sich standhaft, entsprechende Adaptierungen vorzunehmen. Debattiert wurde unter anderem die Verwendung als Wohnhaus oder die Einrichtung eines "Haus des Friedens". 2016 plädierte der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) überhaupt für einen Abriss, im selben Jahr wurde die Eigentümerin aufgrund des öffentlichen Interesses enteignet und entschädigt. Das Haus steht heute noch – und es steht immer noch leer.
Ein Beispiel, wie Nachnutzung von NS-Bauten durchaus funktionieren kann, zeigt sich in der einstigen "Führerstadt" Linz. Der "soziale" Wohnbau der Nationalsozialisten hat keine andere Stadt in Österreich so nachhaltig geprägt. Zwischen 1938 und 1945 wurden 11.000 Wohnungen errichtet. Die sogenannten Hitlerbauten sind bis heute fixer Bestandteil der Wohnlandschaft der Stahlstadt – kaum aber Teil ethisch-historischer Debatten über den Umgang mit den braunen Flecken im Stadtbild.
(mro)


Nachlese:
Ehemaliges KZ Gusen: Streit um Verlegung eines Massengrabs
Dritter unbekannter Stollen im Steinbruch des KZ Buchenwald entdeckt

Spekulationen über geheime Stollen im KZ Gusen irritieren Forscher

Heikle Heilung im KZ-Stollen - derStandard.at
 

josef

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#11
Auch der ORF-OÖ. berichtet zum Thema:
Wobei aber anzumerken ist, dass das Titelbild nicht den Stollen in Rindbach sondern den "Gedenk- und Ausstellungsstollen" der Anlage Zement B (Stollen 5) zeigt!

Kritik an Plänen für Heilstollen in KZ-Stollen

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Nach jahrelanger Auseinandersetzung um Hitlers Geburtshaus in Braunau sorgt nun eine mögliche Nachnutzung eines weiteren historisch belasteten Ortes in Oberösterreich für Diskussionen. In Ebensee soll in einem von KZ-Häftlingen errichteten Stollen ein Heilstollen für Atemwegserkrankungen entstehen.
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Der Geschäftsführer des Zeitgeschichte Museums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee, Wolfgang Quatember, bestätigte entsprechende Medienberichte über einen derartigen Plan. Im vergangenen Jahr wurde jener Stollen in dem Ortsteil Rindbach, der sich in Privatbesitz befindet, verkauft. Der neue Eigentümer sei im April dieses Jahres zu ihm gekommen und habe mit ihm über seine Absichten gesprochen, berichtete Quatember.

„Hohes Maß an Sensibilität gefordert“
Grundsätzlich lehne er das Projekt nicht ab. Es sei jedoch ein hohes Maß an Sensibilität gefordert. Es müsse nicht unweigerlich pietätlos sein, wenn die Geschichte des „belasteten Objektes“ entsprechend aufgearbeitet und dokumentiert werde. Er habe jedenfalls dem Besitzer geraten, „alle Beteiligten an einen Tisch zu holen“: neben den behördlichen Vertretern vor allem auch das Mauthausen Memorial sowie das Internationale Mauthausen Komitee, um die Meinungen der Überlebenden-Verbände einzuholen.
„Nicht mehr als Vision des neuen Besitzers“
Eine Bürgerinitiative kämpft inzwischen gegen das Projekt. Zum einen empfinde sie es als untragbar, in einen ehemaligen Nazi-Stollen zur Erholung zu gehen. Zum anderen werde in Rindbach das Verkehrsaufkommen noch weiter zunehmen. Schon jetzt sei die Parkplatzsituation vor allem an Wochenenden, wenn Tagesausflügler in den Ortsteil direkt am Traunsee kommen, mehr als angespannt. Den Verkehr sieht auch Bürgermeister Markus Siller (SPÖ) als die „wirkliche Herausforderung“, sollte der Heilstollen tatsächlich Realität werden. Davon sei man aber derzeit noch weit entfernt.
Für den Bürgermeister ist er aktuell nicht mehr als „eine Vision des neuen Besitzers“. Aktuell werden Messungen im Stollen durchgeführt, ob das Klima überhaupt eine entsprechende Heilgüte besitze. Die Messungen sollen noch mehrere Monate dauern. Danach wisse man mehr, so das Ortsoberhaupt.

Rund 8.500 Menschen zu Tode gekommen
Im KZ Ebensee als Außenlager des KZ Mauthausen sind zwischen 1943 und 1945 rund 8.500 Menschen zu Tode gekommen. Die Häftlinge mussten Stollenanlagen mit einer Fläche von mehr als 40.000 Quadratmetern in den Berg treiben. Es sollte ein Stollennetz errichtet werden, „das für die vor Luftangriffen sichere Unterbringung der vom Heereswaffenamt betriebenen Raketenversuchsanstalt im norddeutschen Peenemünde vorgesehen war“, informiert das Mauthausen Komitee auf seiner Website. Im Stollen Nummer fünf befindet sich seit 1997 eine dokumentarische Ausstellung und seit 2001 informiert das Zeitgeschichte Museum Ebensee über die Lagergeschichte.

Link:
Kritik an Plänen für Heilstollen in KZ-Stollen
 
#13
Und warum baut man dann Wohnhäuser auf dem größten Deportationsbahnhof in Wien Rennweg... Alles eine Frage des Geldes. Dann soll man Ebensee auch eine Möglichkeit eröffnen, nicht immer nur als KZ Standort in den Medien zu erscheinen.
Natürlich ist die Geschichte des Stollens zu dokumentieren.
Mir ist dann noch das Haus des Meeres in Wien eingefallen, Flakturm, durch in Mehrzahl Kriegsgefangene erbaut... Glaube nicht, dass die Besucher sich drum scheren. Nachnutzung ja, bei vorheriger Dokumentation.
 
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Geist

Worte im Dunkel
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#14
Ebenseer Luftkurort im KZ-Stollen unmittelbar vor Genehmigung

Genehmigungsverfahren gehen Mitte Juli ins Finale – Entwurf sieht "Eratmen des Ortes" vor

Markus Rohrhofer

4. Juli 2021, 18:23


Die Häftlinge wurden aus ganz Europa nach Ebensee gebracht – und mussten in den Stollen mit bloßen Händen arbeiten.
Firma Putz

Linz – Anton Putz hat eine Vision. Der pensionierte Unternehmer aus Ebensee hat vor geraumer Zeit im Ortsteil Rindbach einen Stollen gekauft, der in den Kriegsjahren 1944/45 von Insassen des KZ Ebensee in den Berg getrieben wurde. Gemeinsam mit seinem Sohn will Putz nun daraus einen Klimastollen für Menschen mit Atemwegserkrankungen machen, DER STANDARD berichtete.

Der nationale und internationale Aufschrei ist angesichts der historischen Belastung groß. Dennoch könnten die Projektbetreiber jetzt einen entscheidenden Schritt in Richtung Realisierung machen. Für 19. Juli hat die zuständige Bezirkshauptmannschaft Gmunden im Rathaus Ebensee die Verhandlung rund um eine Betriebsstätten genehmigung angesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Behörde grünes Licht gibt, ist hoch. Bereits eine Vorprüfung verlief nämlich für die Projektbetreiber positiv.


Kommunaler Konsens

Auch vonseiten der Gemeinde steht man der umstrittenen Nachnutzung des Stollens nicht ablehnend gegenüber. "Nötig ist aber ein Austausch mit der Gedenkstätte Ebensee, um eine historische Aufarbeitung sicherzustellen. Und es braucht einen Konsens mit der Bevölkerung vor Ort etwa hinsichtlich der Parkplatzsituation", stellt Bürgermeisterin Sabine Promberger (SPÖ) im STANDARD-Gespräch klar. Seien diese Voraussetzungen gegeben, könne man "über alles gut reden". Grundsätzlich habe man aber als Gemeinde keine Parteienstellung. Promberger: "Wenn Herr Putz nichts von uns braucht, wird es schwierig."

Der umtriebige Pensionist zeigt sich aber auf Nachfrage ohnehin konsensbereit. Überhaupt habe sich die Aufregung rund um das Projekt "gelegt". Auch die Details über eine begleitende historische Aufarbeitung seien geklärt. Putz: "Das Mauthausen Komitee hat mir schriftlich mitgeteilt, dass die Geschehnisse offen thematisiert werden müssen. Etwa mit Gedenktafeln im Eingangsbereich. Und dagegen habe ich gar nichts." Gestoßen hat sich das Mauthausen Komitee übrigens auch am geplanten Namen "Heil-Stollen". Putz: "Auch kein Problem, es wird ohnehin ein Klimastollen."

Eingereicht wurden von Putz übrigens auch bereits die Unterlagen für eine nötige Bauverhandlung. Ein Blick darauf lässt erahnen, wie es künftig in Rindbach unter Tage aussehen könnte.

Der Vorentwurf stammt von der Linzer Künstlerin und Architektin Isa Stein und trägt den Titel "Atmen". In dem modern gestalteten Eingangsbereich soll die "Historie des Ortes" an die Wände projiziert werden. Gesamt ist im Berg ein anregendes "Spiel mit Erde, Luft, Wasser" angedacht. Konkret: "gehen, den Ort eratmen, sich wahrnehmen, hören". (Markus Rohrhofer; 04.07.2021)
Quelle: Ebenseer Luftkurort im KZ-Stollen unmittelbar vor Genehmigung
 

josef

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#15
Atemnot im braunen Klimastollen
Verwerfliche Geschichtslockerheit zeigt sich in Ebensee bei dem Projekt zur Heilung von Atemwegserkrankungen im KZ-Stollen


KOMMENTAR Markus Rohrhofer 4. Juli 2021


Das KZ Ebensee war wie Gusen ein Außenlager des Konzentrationslagers Mauthausen.
Foto: Thomas Schiel/memorial-museum.org

Braunau, St. Georgen an der Gusen, Mauthausen. Orte in Oberösterreich, die an der Last der braunen Vergangenheit schwer tragen. Allein die jahrzehntelange Diskussion rund um Hitlers Geburtshaus zeigt, wie schwierig das Thema Nachnutzung in Zusammenhang mit NS-Relikten ist.

Besonders heikel wird die Situation, wenn auf dem braunen Fundament neues Leben entstanden ist. 1943 wurde Ebensee zum Schauplatz jener NS-Vernichtungspolitik, die vom Tod durch Arbeit geprägt war. In dem Mauthausen-Außenlager mussten Häftlinge unter grausamen Bedingungen Stollensysteme für eine geplante Raketenproduktion errichten. Dieses dunkle Kapitel prägt den Ort bis heute. Ungebrochen gilt es in Ebensee und anderen betroffenen Gemeinden, den schwierigen Spagat zwischen Vergangenheit und Zukunft zu meistern. Im Sinne des "Nie wieder" für ein neues Leben.

Klare moralische Grenzen

Und doch gibt es klare moralische Grenzen. Und die sind eindeutig überschritten, wenn etwa das ehemalige Eingangsgebäude des KZ Gusen heute als privates Wohnhaus genutzt wird. Leben am einstigen Tor zur "Hölle der Höllen": offensichtlich nicht für alle Menschen unvorstellbar. Diese verwerfliche Geschichtslockerheit zeigt sich auch in Ebensee bei dem Projekt zur Heilung von Atemwegserkrankungen im KZ-Stollen. Bei dem Gedanken an die Zwangsarbeiter, die sich dort mit bloßen Händen durch den Berg graben mussten, bleibt normal denkenden Menschen fast die Luft weg.
(Markus Rohrhofer, 4.7.2021)
Atemnot im braunen Klimastollen
 

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#17
Aufregung über Stollen in Ebensee
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In Ebensee will ein Unternehmer in einem von KZ-Häftlingen errichteten Stollen eine Kur für Lungenkranke anbieten. Das Projekt stößt auf Widerstand, weil es Bedenken wegen der historischen Belastung gibt und weil eine Zunahme des Verkehrs befürchtet wird.

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250 Meter ist der Stollen im Ortsteil Rindbach lang. Auf zwei Ebenen wurden 1944 die Gänge in den Berg geschlagen, um eine nahegelegene Raffinerie mit Kühlwasser zu versorgen. Jetzt will Anton Putz den Stollen touristisch nutzen. Gleichbleibende Temperatur und Luftfeuchtigkeit seien ideal, um bei Atemwegserkrankungen Linderung zu verschaffen, so der Unternehmer im Gespräch mit dem ORF Oberösterreich.

Betreiber hat keine Bedenken
Dass der Stollen von Häftlingen des Konzentrationslagers in Ebensee errichtet wurde, ist für Putz kein Problem. Er habe zum Beispiel bei „jenen Leuten, die jährlich bei den Gedenkfeiern kommen“ angefragt und die hätten gesagt „macht endlich etwas Gescheites draus, wir stehen hundertprozentig hinter euch, wenn ihr so etwas macht“.

Geschichte der Stollen muss sichtbar gemacht werden
Aufgrund der historischen Belastung des Stollens wurde das Projekt auch vom Zeitgeschichtlichem Museum Ebensee, das auch in Kontakt mit dem Mauthausen Komitee steht, geprüft. „Wir haben immer den Standpunkt vertreten, dass eine Nutzung möglich ist, es muss nur eine Kontextualisierung stattfinden“, sagt Museumsdirektor Wolfgang Quatember. Im Eingangsbereich müsse für jeden gut sichtbar, das „historische Entstehen durch KZ-Häftlinge dokumentiert sein“.

Widerstand wegen Verkehrsproblemen
Trotzdem stößt das Projekt auf Widerstand. Schon jetzt ist der Ortsteil Rindbach direkt am Traunsee vom Verkehr völlig überlastet. Anrainer befürchten, dass sich die Situation weiter verschärft. Es werde Verhandlungen geben, sagt die Bürgermeisterin von Ebensee, Sabine Promberger (SPÖ), die Gemeinde könne nicht entscheiden, ob es eine Genehmigung gibt oder nicht. Sie sei aber der Meinung, dass nioch mehr Verkehr für die Bevölkerung untragbar sei.
ORF
Anton Putz ist optimistisch, dass er die Stollen für Lungenkranke verwenden kann

Der Projektbetreiber zeigt sich trotz Widerstands zuversichtlich, am 19. Juli die Betriebsstättengenehmigung zu erhalten. Er rechnet mit 100 bis 150 Gästen pro Tag, für die er, falls möglich und notwendig, einen Shuttledienst einrichten will.
05.07.21, Red, ooe.ORF.at
Aufregung über Stollen in Ebensee
 

Bergwacht9902

Well-Known Member
#18
"Von Häftlingen erschaffen,....kein Problem".
Da sträuben sich mir die Haare.
Und dann ein Shuttle-Service.
Über den Personenkreis die jährlich zur Gedenkfeier kommen, kann man natürlich nichts sagen, was sie dazu meinen.
Wer ist dann ethisch dafür zuständig? Die letzten Angehörigen der damals inhaftierten?
Sehr heikles Thema diese Nachnutzung.
Gruß
 
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